• Sprechen und integrieren.

    Als Deutscher mit Migrationshintergrund bin ich mit den größten Hürden der Migration bestens bewandert. Zum Teil weil ich viele Migranten kenne und natürlich auch, weil ich selbst mit genügend Situationen mit Migrationshintergrund konfrontiert werde. Dass sehr viele Migrationsprobleme vor allem einen einzigen Grund haben, dürfte einleuchtend sein: Die gemeinsame Sprache. Ich zeichne den „normalen Problempfad“ hier mal auf:

    Name und Mensch.

    Wenn ich mit Menschen im Internet Kontakt aufnehme, passiert das vornehmlich per E-Mail oder anderen Übermittlungssystemen, die schriftliche Nachrichten transportieren. Und wenn man auf diese Weise kommuniziert, fällt dem Empfänger als erstes immer der Name des Absenders ins Auge. Der ist in meinem Falle, kaum zu übersehen, nicht urdeutsch, sondern klingt zuerst einmal ausländisch. Osmanisch. Türkisch. Manchmal geht auch Albanisch durch, gelegentlich auch mal Griechisch.

    Daraus bildet sich der Empfänger immer schon ein erstes Bild. Der Mensch, von Natur aus immer bemüht, möglichst schnell eine Einschätzung einer Lage zu bekommen, kann da gar nicht anders. Nun gibt es hier zwei grundsätzliche Arten, wie man als Absender einer Information an diese Situation herangeht: Ich kann diesen Vorgang negativ sehen und als Hürde, die mich als türkischstämmigen Menschen bei einer Kontaktaufnahme oder einem Geschäft benachteiligt oder ich kann diesen Vorgang positiv sehen und als Chance, diese Kontaktaufnahme einzigartig zu machen. Den Begriff „Alleinstellungsmerkmal“ kann man so oder so sehen.

    Eine echte Benachteiligung …

    Wo man als Migrant eine echte Benachteiligung spürt, ist bei der Sprache – nämlich immer dann, wenn man sie kann oder nicht. An sich bringe ich ein weitgehend treffsicheres Wissen an deutscher Rechtschreibung und Grammatik mit und das ist bei Migranten bzw. bei Menschen mit nicht völlig deutschem Namen wichtig. Wichtiger als bei einem Otto Normalverbraucher. Bringe ich im Geschäftsleben eine flapsige Rechtschreibung mit – und eine schlechte Rechtschreibung kann man durchaus von Flüchtigkeitsfehlern unterscheiden – geht das sofort auf das Minuskonto.

    Ebenso geht es gerade bei Akquisen dann darum, sich an Verfahren nochmal eine Portion pingeliger zu halten, als üblich. Wenn ich bei einer Kaltakquise schreibe, dass ich mich in den nächsten Tagen telefonisch melden will, muss ich das zwingend auch in den nächsten zehn Tagen tun. Von Migranten wird mitunter eine noch etwas „deutschere“ Einstellung im Geschäftsleben erwartet. Sagen tut das selbst selbstverständlich niemand.

    … als echter Vorteil.

    Aber, das ist nun das Alleinstellungsmerkmal: Wenn die Sprache im Geschriebenen sitzt und dann auch das telefonische Nachfassen als Fortführung zum Schreiben funktioniert, das vielleicht sogar „kanak-sprach-frei“ und in der völlig üblichen Art von Smalltalk, wie man es von einem guten Telefonmenschen erwartet, dann geht die Benachteiligung sofort als Bonus auf und zwar in doppelter Ausführung. Der Anrufer hat sich in der Regel etwas anderes als Stimme vorgestellt (sagt das natürlich auch in den seltensten Fällen) und jede Art von Normalität geht spätestens in Verbindung mit einem nicht ganz üblichen Namen als positiver Wert in die Erinnerung, wenn man es sich nicht wirklich mit einem groben Schnitzer selbst verscherzt.

    Sprich: Die zunächst eher als Benachteiligung empfundene ausländische Herkunft kann man sehr einfach zu einem echten Vorteil ausarbeiten und muss dafür keinen Cent mehr investieren. Das funktioniert – so meine Erfahrung – weit über die Grenze des Visitenkartenäquators hinaus. Die Mnenmonik des menschlichen Verstandes, also das Bilden von Eselsbrücken zum Speichern von Informationen im menschlichen Verstand, ist mit solchen Kombinationen von Namen, Schreiben und Handlungen besser, als mit dem Abheften von Visitenkarten.

    Die Ich-Marke.

    Ein Freund von mir ist Macit Karaahmetoglu. Der Nachname ein echter Zungenbrecher, er selbst Rechtsanwalt mit eigener Großkanzlei in Ditzingen mit über zehn Rechtsanwälten. Nach Rechtsanwalt Karaahmetoglu kann man natürlich auch im Telefonbuch suchen, aber es geht auch mit „türkischer Anwalt aus Ditzingen“. Oder „Presserecht Stuttgart“. Oder „Anwalt mit eigener Kolumne in der türkischen Tageszeitung Hürriyet“. Oder „türkischer Bundestagskandidat“.

    Er muss gar nicht stimmgewaltig sein oder die buntere Visitenkarte haben, sondern es muss eine echte Sprachgewalt mitbringen, die dafür sorgt, bei richtiger Anwendung und dem richtigen Selbstmarketing einen ganz eigenen und unverwechselbaren Werbeeffekt zu erzeugen. Wofür andere mitunter viel Geld investieren, um eine eigene, unverwechselbare Marke aufzubauen, kann man mit einem sinnvoll eingesetzten Migrationshintergrund und dem Willen, den eben auch „anders“ einzusetzen, punkten und Marken-Building betreiben.

    Also: Die Basis allen Tuns ist die einheitliche Sprache. Kann man die, dann ist der Weg frei, diese auch umfänglich einsetzen zu können. Dann spricht man besser, dann schreibt man besser – dann kommuniziert man besser. Und dann muss man an sich nur noch das tun, was man gern tut und sich regelmäßig vor Augen halten, dass man etwas anders darüber zu sprechen hat, als der Bauch das vielleicht tun würde.

  • GE und der Verkäufer namens Agent Smith.

    Okay, liebe Leute bei General Electric (GE), dem US-Technologiekonzern und vielleicht das US-Technologieunternehmen, das Technologie quasi erfunden hat – eine kleine Ansage von mir vorab: In der The-Matrix-Filmtrilogie ist die Figur des Agent Smith der Protagonist der „Bad Guys“. Er ist sozusagen das menschliche Antlitz des Bösen, den Wächtern der Matrix, also der computergenerierten Scheinwelt des Maschinenregimes, die nur dazu da sind, mögliche rebellische Kräfte der Menschen, die wehrlos und unwissend in der Matrix hängen, schnell und unbürokratisch zu beseitigen.

    Kurzum: Agent Smith und seine Freunde sind doof und eine Projektion für die böse Maschinenwelt, die unerbittlich dafür steht, die Menschheit gnadenlos zu unterjochen und sie zur Stromerzeugung – also zum eigenen Machterhalt – zu missbrauchen. Wenn man das Grundkonzept der Matrix-Philosophie verinnerlicht und auch alle drei Filme gesehen und begriffen hat, weiß man, dass Agent Smith nicht so recht dazu taugt, technologischen Fortschritt freundlich zu verkaufen.

    Um so mehr staune ich über die aktuelle Marketingstrategie, die GE auf seiner internationalen Facebook-Seite und auf weiteren Social-Media-Kanälen aktuell fährt. Unter dem Motto und Hash-Tag „#brilliantmachines“ begrüßt die Facebook-Seite schon mit Agent Smith in der Titelgrafik:

    "Agent Smith" als Protagonist auf der Facebook-Seite von GE

    Das Motto muss dabei wie Hohn klingen, vor allem wenn man sich dabei die singsang-pflegende Stimme oder auch Synchronstimme von Hugo Weaving, dem ursprünglichen Schauspieler des Agent Smith, vorstellt: „Brillante Maschinen verändern die Art und Weise unseres Arbeitens.“ Oder vielleicht sollte man sich den Satz auch nur mit einem Zusatz vorstellen, der die wahre Ausweglosigkeit des Satzes im Matrix-Kontext besser darstellt: „Brillante Maschinen verändern die Art und Weise unseres Arbeitens, Mr. Anderson.“

    Sprich, Kollege Anderson bzw. der mit Anderson symbolisierte freie Mensch: Die Maschinen machen ab sofort die Welt – entweder bist du auf unserer Seite oder automatisch auf der anderen.

    But wait … there is more to tell.

    Okay, zuerst dachte ich, dass sich da jemand einen schlechten Scherz erlaubt hat. Hacker und Crasher gibt es ja genug auf der Welt, dumme Marketing-Hiwis auch und ruckzuck hat man Müll auf der eigenen Facebook-Seite und merkt das vielleicht auch erst, wenn der Aufsichtsrat das nächste Mal tagt. Also schaute ich mich mal weiter um: Und ja, Agent Smith taucht noch einmal auf, vor drei Wochen am 14. Mai in Form eines lustigen Ratespieles:

    Ratespiel mit Agent Smith auf der Facebook-Seite von GE

    Und am 13. Mai in Form eines Bildes mit darübergelegtem Text, der so aussehen soll, als ob die Person auf dem Bild genau den Text sagt oder denkt:

    "Maschinen helfen Leuten? Faszinierend." aus der Facebook-Seite von GE

    Übersetzt sagt Agent Smith also hier: „Maschinen helfen Menschen? Faszinierend.“ Man beachte auch ruhig einmal einige der Kommentare rechts auf dem Screenshot.

    Der Gag mit dem Bild kam bei den Social-Media-Leuten von GE so gut an, dass es noch ein weiteres gibt, vom 23. April:

    "Brillante Maschinen analysieren Milliarden von Datensätzen, damit Ihre Welt besser funktioniert. Faszinierend" aus der Facebook-Seite von GE

    Bizarr, oder? Aber es geht noch bizarrer. Wenn man nämlich so richtig mit den Mitteln spielt, die in der Matrix-Trilogie die Schlüssel zu Sprüngen in den Welten sind. Zum Beispiel die blaue und rote Pille, die Morpheus Neo anbietet, um damit entweder in der Traumwelt zu bleiben, oder in die Realität befreit zu werden. Freilich … wenn Agent Smith einem Kind einen blauen oder roten Lolli anbietet, will man nicht so recht wissen, was für eine Fährte dahintersteckt:

    Agent Smith auf der Facebook-Seite von GE

    Oder wenn ein Bild das zeigt, was ein Patient in einem mit brillanten Maschinen versorgten Krankenhaus ist – ein Besitzer eines Armbandes mit Barcode, vermutlich auch noch eingelegter Elektronik, aber keinem sichtbaren Namen: „Hardware verbindet mit innovativer Software, um Ihren Krankenhausaufenthalt angenehm zu machen“:

    Agent Smith auf der Facebook-Seite von GE

    Vielleicht auch einfach mit einem grundsätzlichen Satz im Untersuchungsraum am Ultraschallgerät: „In Krankenhäusern verbindet sich Hard- und Software, um uns als Agenten des Guten zu dienen“:

    Agent Smith auf der Facebook-Seite von GE

    Oder wenn Agent Smith plötzlich auf dem Bildschirm eines Magnetresonanztomographen (MRT) erscheint, während ein Patient durchleuchtet wird:

    Agent Smith auf der Facebook-Seite von GE

    Tatsächlich sind die vier letzten Bilder Screenshots aus einem Film zur Kampagne, den GE hat produzieren lassen und der am 13. April veröffentlicht wurde:

    http://www.youtube.com/watch?v=loinY8MmVq8

    Der Postingfrequenz nach ist die Agent-Smith-Kampagne wohl eher eine kurzfristige Show, aber dennoch:

    WTF …?

    Das muss man sich wirklich fragen und kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Natürlich ist man als ironisch denkender Mensch versucht, der Kampagne das gehörige Maß an Ironie abzugewinnen, um nicht wirklich entsetzt zu sein. Allerdings funktioniert das nicht:

    Agent Smith stellt in der Kampagne die Technologien so dar, als ob sie ein Werk der Matrix wären, die dazu dienen, es den Menschen so komfortabel wie möglich zu machen. Dieser Stil wird so auch in der Matrix-Trilogie geführt, allerdings immer mit dem Hintergedanken, dass diese Behauptungen sarkastischer Natur sind. Sicherlich mag die Matrix komfortabel erscheinen, aber sie erscheint eben nur. Jeglicher Komfort in der Matrix ist ja nur dazu da, den Menschen die heile Welt vorzugaukeln, die eigentlich gar nicht existiert. Unterstrichen wird diese Darstellung dann auch noch dadurch, dass die Technik möglichst bedrohlich, fremdartig und steril dargestellt wird, von der der Mensch eigentlich gar nicht fliehen kann. Jeder, der einmal in einem echten MRT gesteckt hat, weiß, wie sich das anfühlt und das man so einen Ausflug selten in einem positiven Zusammenhang macht. Wer da in so einen lauten und fürchterlich wirkenden Apparat hinein muss, der hat ein Problem, mitunter auch ein lebensbedrohliches. Ungut, wenn dann auch noch Agent Smith auf dem Bildschirm erscheint und darüber spricht, wie toll die Maschinen doch sind.

    Tatsächlich will GE mit der Kampagne an anderer Stelle ziemlich ironiefrei ihr Programm „Agiletrac“ an den Mann bringen, bei dem Krankenhäuser mit hochentwickelter (GE-)Technik und weiterer Vernetzung noch kostengünstiger und noch besser für ihre Patienten da sein können. Da wird dann auch die letzte geschmackliche Grenze überschritten und echte Argumente mit matrix-angehauchtem Design vermittelt. Stell‘ dir vor, du bekommst morgen Besuch und es steht Agent Smith vor deiner Haustüre und will dir Gesundheit verkaufen:

    "GE Healthcare" Marketingmaterial im The-Matrix-Design

    Alles ziemlich scary, etwas gruselig und nicht sonderlich angenehm. Da finde ich die Marketingkampagne von GE Deutschland mit der Behauptung, dass sie unter anderem das „GE“ in „GErmany“ seien, fast schon befreiend lustig.

  • Ein Jahr mit dem ICD.

    Nun ist ziemlich genau ein Jahr her nach meinem Kurzurlaubsspaß in der Berliner Charité und mit dem 10. Mai ist nun auch der „Geburtstag“ meines ICD, meines implantierten Kardioverters/Defibrillators, durch. Unbedingt feiern will ich das Gerätchen nicht gerade, allerdings kann man zu seinem ersten Geburtstag ruhig mal Bilanz führen.

    Was hat der ICD denn so gemacht in der Zeit?

    Kurzum: Nichts relevantes. Eine Therapie im Sinne von Behandeln von Tachykardien war bis dato nicht notwendig. Es gab schlicht keine zu behandelnden Tachykardien. Das liegt hauptsächlich daran, dass ich seit der Implantation begleitend auch noch einen Betablocker in Tablettenform einnehme, der Rhythmusstörungen verhindern soll. Das tut er auch weitgehend zuverlässig. Es gibt zwar immer noch das ursprüngliche Herzstolpern, das jedoch in einem deutlich geringeren Maße als vorher.

    Was hin und wieder einmal auftgetreten ist, ist die umgekehrte Funktion des ICD, eine so genannte Bradykardie-Therapie. Das ist genau das, was ein normaler Herzschrittmacher tut – wenn der Puls zu langsam ist, gibt es kleinste Impulse vom Schrittmacher, um die Herzfunktion wieder auf Tempo zu bekommen. Mein Herz erreichte die im ICD konfigurierte Schwelle von 40 Schlägen pro Minute gelegentlich nachts, so dass hier der ICD dann gelegentlich mal tätig wurde. Einmal habe ich die Auswirkungen auch gespürt, ich bin nämlich mit Herzklopfen aufgewacht. Aber wie gesagt, eine Bradykardie-Therapie ist problemlos, zumal in meinem Fall auch nicht wirklich notwendig, so dass die Schwelle beim letzten ICD-Check auch weiter nach unten gesenkt wurde. Im jetzigen Zustand gibt es auch nachts keinen Grund, meinem Herz Tempo zu machen, selbst wenn es zeitweise die Schwelle von 40 Schlägen pro Minute unterschreitet.

    De facto hat der ICD in seinem ersten Jahr also nichts zu tun gehabt.

    Wie geht’s dem Herz denn so?

    Gut. Bewegungstechnisch gibt es keinerlei Einschränkungen, ich bin genauso belastbar, wie vorher auch. Nach der Implantation hat es gut vier Monate gedauert, bis ich tatsächlich wieder auf Leistung war, aber ich will nicht sage, dass diese vier Monate wirklich schlimm waren, es gab eher mental was zu machen. In diesen ersten Monaten muss sich zum einen das Herz erholen und zum anderen der Organismus an die Einnahme von Betablockern gewöhnen, so dass sich das alles nach und nach einspielt und dann auch funktioniert.

    Ärztemäßig bin ich inzwischen auch auf einem Rhythmus, der das alles unterstreicht: Zum Internisten geht es zwecks großem Blutbild alle vier Monate, zum Kardiologen und zur ICD-Gerätekontrolle alle sechs Monate. Da bei uns in Pforzheim leider kein Kardiologe direkt auch ICD-Gerätschaften kontrolliert, sind die letzten beiden Fälle getrennte Arbeiten, d.h. zur ICD-Gerätekontrolle muss ich in Pforzheim ins Klinikum. Da dauert der Check zwar kaum länger als eine Viertelstunde, dennoch wird man aber offiziell (ambulant) eingewiesen und kann locker mindestens eine Stunde Aufenthalt einplanen. Aber nun gut, gibt auch hier schlimmeres.

    Andererseits: Es ist ein ziemlich gutes Gefühl, wenn einem regelmäßig das Blut komplett gecheckt wird und zusätzlich noch das Organ, das bei vielen Menschen unbemerkt viele Probleme macht und bei richtig großen Problemen ziemlich wenig Zeit auf Behandlung lässt. Man geht das Thema Herz und Herzkrankheiten ganz anders an und eigentlich kann man wirklich nur jedem empfehlen, sich sein eigenes Herz einfach mal untersuchen zu lassen, vor allem wenn man Rhythmusstörungen hat.

    Wie geht’s dem Kopf so mit dem ICD in der Brust?

    Auch bei diesem Thema wie das so üblich ist. Man muss sich nach der Implantation eines ICD eine ganz Weile mit dem Gedanken erst einmal anfreunden, da plötzlich ein Gerät in der Brust zu haben, das nichts anderes wie ein Lebensretter sein soll, wenn es mal hart auf hart kommt, also zu lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen, Kammerflimmern etc. kommen sollte. Das ist zwar weiterhin in meinem Fall so schnell nicht zu erwarten und war auch anfangs so prognostiziert, aber dennoch ist es eben eine Sache, die man mit sich ausmachen muss.

    Mir geholfen hat Fachliteratur und die Beschäftigung zu diesem Thema allgemein. Leider ist es nach wie vor so, dass es zum Thema ICD, Defibrillation, Herzrhythmusstörungen etc. eine Menge geschriebenen Mist weit und breit gibt. Einschlägige Medizinforen sind für solche Sachen kaum zu gebrauchen und sicherlich nichts für Menschen, die etwas zur Hypochondrie neigen.

    Moderne ICD-Gerätschaften sind zuverlässig und lösen nicht allenhalber Therapien aus. Die Entwicklung in diesem Bereich hat in den letzten Jahren gewaltige Sprünge gemacht und macht es auch heute noch. Zudem werden bei Nachsorgeuntersuchungen die Geräte regelmäßig geprüft und bei Bedarf auch umkonfiguriert und angepasst. Der Gedanke, dass es doch mal „knallen“ könnte, ist natürlich da, der ist allerdings inzwischen sehr weit hinten im Gedächtnis. Im Laufe der Zeit gewinnt man durchaus Vertrauen in die moderne Technik, die man da mit sich trägt und möchte sie eigentlich nicht missen, wenn man in der Zeitung von Todesfällen aufgrund Herzstillständen und dem Plötzlichen Herztod liest. Im Zweifelsfall steht man mit Kammerflimmern und ohne einen Defibrillator bzw. ohne jemanden, der einen externen Defibrillator (sofern vorhanden) bedienen will, ziemlich einsam da.

    Wie ist es denn so im alltäglichen Leben? Muss ich auf etwas verzichten?

    Ich nicht. Tauchen ist nicht erlaubt und man muss bei allen Aktivitäten etwas aufpassen, die eine dauerhaft starke Beanspruchung des linken Arms bedeuten, aber ansonsten gibt es keine Einschränkungen. Und ich wüsste jetzt auch nichts, was mir in den letzten 12 Monaten schwer fiel. Wenn man mal davon absieht, dass mit Betablockern die Herzleistung künstlich in einer Art „Käfig“ gehalten wird und das Herz nicht ganz so schnell losschlagen wird, wie es eine plötzliche Leistungsanforderung gern hätte.

    In Sachen ICD ist es im übrigen auch so, dass zwar jeder ICD-Hersteller vor magnetischen Feldern, Handys in der Nähe des Implantates warnen – passiert ist mir bisher nichts. Tatsächlich stand ich (zunächst unbemerkt) vor einem mächtigen Gleichrichter, bin Elektroauto gefahren, hatte diverse Handys auf der „falschen“ Seite am Ohr, bin durch Diebstahlwarnanlagen gelaufen und es ist nichts passiert. Die heutige Technik der ICD ist hinreichend entwickelt, mit solchen Störfeldern offensichtlich zuverlässig umgehen zu können. Man darf sich da nicht wahnsinnig machen lassen.

    Einzige Einschränkungen sind tatsächlich echte Magnete, die, wenn sie auf die Stelle gelegt werden, unter der der ICD implantiert ist, gewollt die Funktion des ICD unterbrechen (allerdings auch dann keine unkontrollierte Therapie o.ä. auslösen). Die Reaktion auf bestimmte Magnetstärken ist dabei gewollt, denn das ist letztendlich eine Möglichkeit zum eventuellen Stoppen von Therapieversuchen, wenn befürchtet wird, dass der ICD defekt ist und nicht notwendigerweise eine Therapie abgegeben hat. Sprich: Mit einem Magneten kann man den ICD vorübergehend „not-abschalten“. Keinen Magneten an die Brust hängen zu sollen, ist aber jetzt nicht unbedingt eine echte Einschränkung.

    Und wie geht’s jetzt weiter?

    (Ich stelle diese Frage ketzerisch, weil sie immer wieder tatsächlich so gestellt wird.)

    Was soll weitergehen? Mein Herz schlägt weiterhin die allermeiste Zeit von allein und macht das auch so gut und zuverlässig, wie bei den meisten anderen Menschen auch. Es kann theoretisch natürlich auch genau so in Herzflimmern übergehen, wie das auch anderen Menschen passieren kann. Ich habe lediglich den Vorteil, dass ich den in so einem Fall dringend notwendigen Defibrillator schon dabei habe. Über die Definition „herzkrank“ lasse ich gern mit mir streiten, denn so einfach ist das nicht. Krank im Sinne von „krank“ bin ich jedenfalls nicht und der ICD ist, wie gesagt, nur für den Fall der Fälle da.

    Es gibt also wenig, auf das ich jetzt warten müsste, um wieder „gesund“ zu werden. Die ursächlichen Herzrhythmusstörungen in Form des gelegentlichen Herzstolperns werden mich auch weiterhin begleiten, so wie das bei den meisten Menschen, die solches Herzstolpern haben, ebenfalls so bleibt und in den meisten Fällen auch keine Auswirkungen auf deren Leben haben.

    Ich bin also zwar bei mindestens drei Ärzten Dauerpatient und regelmäßiger Besuch deren Praxen, aber so richtig krank bin ich nicht (was im übrigen auch die Ärzte bemühen, so darzustellen). Es ist also alles vor allem eine Frage der Vorsorge und da stellt sich nicht die Frage, wann man wieder gesund „wird“, sondern wie man gesund bleibt.

    Was kann man mit einem ICD besonders gut?

    Über Gesundheit und über sein Herz reden. Mir ist es in der Vergangenheit gar nicht so recht aufgefallen, wie wenig Platz unsere Gesundheit in unserem täglichen Leben hat. Wir wollen zwar alle gesund sein und bleiben, tun dafür aber gar nicht so wirklich viel und reden darüber noch viel weniger. Wenn mich jemand fragt, wie es meinem Herzen geht, dann ist das immer aus dem Blickwinkel, dass ich da ja „irgendein Herzproblem“ habe.

    So eine Frage tut mir nicht weh, aber ich stelle so eine Frage dann einfach gern auch mal andersherum: Wie geht es eigentlich deinem Herzen? Du hast Herzrhythmusstörungen? Warum gehst du nicht einfach mal zu deinem Arzt oder zu einem Kardiologen? Ein EKG ist schnell gemacht und ich empfehle dir auch gern einen meiner Ärzte, denen du einen Gruß von mir ausrichten kannst usw. Gesund sein ist im Prinzip nur der Zustand, relativ wenig krank zu sein und sehr viel kann man da auch selbst beeinflussen, in beide Richtungen.

  • Das Corporate Weblog als Verkaufsraum.

    Bei all dem Bohei, das wir drüben im Gerstelblog, dem Corporate Weblog des Pforzheimer Autohauses Gerstel, machen, blieb immer eine Frage etwas schmerzhaft unbeantwortet: Haben wir es jemals geschafft, ein Auto über das Blog zu verkaufen? Okay, zweifellos wertvolle Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung in Social-Media-Netzwerken hin oder her, aber gefährlich wird immer die ultimative Frage: Können wir mit Social-Media-Aktivitäten nachvollziehbar einen direkten, hochwertigen Lead generieren, der dann im Verkaufsprozess auch tatsächlich landet?

    Ich war immer davon überzeugt, dass das geht. Als Realist weiß ich allerdings, dass es dazu ein paar Dinge braucht, in etwa sogar in dieser Reihenfolge:

    • Ein Unternehmen, dass ein Corporate Weblog will und auch daran arbeiten kann.
    • Ein echtes Standing aller Chefs und Mitarbeiter zum eigenen Unternehmen und zur eigenen Marke.
    • Der unbedingte Wille zur direkten Öffentlichkeitsarbeit.
    • Atem. Viel Atem.
    • Ein vernünftiges, rational und emotional aufladbares Verkaufsprodukt.
    • Eine Geschichte drumherum.
    • Ein passendes Wording.
    • Blitzschnelle Reaktion auf einen Lead.

    Et voilà: Das erste echte Gerstelblog-Auto, ein Opel Adam.

    How we did it.

    Beim Autohaus Gerstel hat es eine Weile gedauert, bis es zum ersten direkten Lead in Sachen Autoverkauf kam. Es gab zwar schon in den vergangenen Monaten immer wieder Leads, die aus dem Internet und dem näheren Gerstelblog-Umfeld zu kommen scheinten, allerdings haperte es vor allem an einer Sache: An einem emotional aufladbaren Verkaufsprodukt. Einen Opel emotional aufzuladen, das ist ein Herkules-Job, den leider viele Autohändler – meine Einschätzung – weitgehend aufgegeben haben.

    Dabei ist in den letzten drei Jahren, in denen ich die Marke Opel von Berufswegen ja recht genau beobachte, gewaltiges dort passiert.

    • Ein großes Stück der Krise der Automobilindustrie ist über General Motors und Opel hereingebrochen und während sich die anderen großen Marken mit der Automobilkrise jetzt dann beschäftigen dürfen, hat Opel dieses Thema zu einem großen Teil schon durch.
    • In den vergangenen Monaten kamen eine Reihe von neuen Modellen auf den Markt, die sich sehen lassen können: Der Opel Ampera als funktionierendes Elektrofahrzeug, der Opel Astra GTC als flotter (und leider viel zu wenig beachteter) Flitzer, der Opel Mokka als günstiger SUV, der Opel Cascada als Cabriolet und eben der Opel Adam als Lifestyle-Fahrzeug im Segment des Mini One, des Fiat 500, des VW Up und des Citroen DS3.

    Gerade der Opel Adam ist ein spannendes Auto, weil in diesem Segment, in dem dieses Auto positioniert ist, einiges sehr anders läuft. Einen Mini One kauft man nicht wegen eines günstigen Preisleistungsverhältnisses, sondern weil man so ein Auto offensichtlich haben will, egal was es unterm Strich dann kostet. Das Auto ist in diesem Lifestyle-Segment nicht einfach nur ein Fortbewegungsmittel, sondern ein Stilelement. Hier braucht es im Fahrzeugverkauf weniger den Ingenieur, der die Motorentechnik auf dem Effeff erklären kann, sondern eher den Berater, der sich mit dem Lifestyle des potentiellen Interessenten auseinandersetzen kann.

    Dieses Auto lässt sich emotional aufladen und zwar bestens. Als kleiner „Herzensbrecher“, als „urbanes Stadtauto“, als „Abschleppwagen“, „klein und oho„, als „Baby-Opel“. Als defensiv wirkendes Kleinauto mit einem sympathischen Aussehen und vielen Individualisierungsmöglichkeiten gibt diese Karre Raum, es lieb zu haben. Damit muss man erst einmal klarkommen, wenn man lange Jahre Autos verkauft hat, die quasi den Standard in Sachen langweilige Autos definierten.

    Aber dann? Ein solches Auto und eine solche Marke wie Opel nimmt einem Emotionen und auch gut gewürzte Ironie nicht übel – ganz im Gegenteil. Das entsprechend positionierte Auto steht mittendrin und streckt dabei – sinnbildlich gesehen – die Zunge heraus. Und das erzeugt wiederum genau die Menge an Sympathie, die den Kreis wieder schließen lässt.

  • 15 Jahre netplanet.org.

    Mit dem heutigen Tage ist die Domain „netplanet.org“, die Haupt-Domain für das Internet-Lexikon und auch für dieses Weblog, genau 15 Jahre alt. Tatsächlich im Jahre 1998 wirklich von Hand beim damaligen Monopolisten Network Solutions registriert und tatsächlich damals doch schlappe 70 US-Dollar per Kreditkarte bezahlt. Online. Das war damals auch der erste Einsatz meiner extra für diesen Zweck angeschafften Kreditkarte und meine damalige Hausbank fand diesen Online-Kauf mit meiner privaten Kreditkarte nicht sehr witzig, weil die Zahlung zu einer späteren Nachfrage und beinahe zu einer Kartensperrung führte. Mit privaten Kreditkarten zahlte man damals nicht im Internet.

    Die Registrierungs lief übrigens nicht über ein Webformular o.ä. ab, sondern mit einer E-Mail und einem darin einkopierten Vorlagetext, den man dort auszufüllen hatte. Und zwar penibelst genau, selbstverständlich keinesfalls als HTML-Datei. Und als Ergebnis der Registrierung kam eine E-Mail-Bestätigung zurück (irgendwann morgens um vier Uhr) und einige Tage später ein Brief mit Rechnung.

    Und siehe da: Ich habe in meinem Akten sogar noch die damalige Registrierungsbestätigung und Rechnung gefunden (und ein Klick macht alles groß):

    Rechnung von Network Solutions für die Domain "netplanet.org" aus dem Jahre 1998.

    Bezahlen konnte man dann eben per Kreditkarte oder auch per Scheck. Für letzteres lag sogar noch ein Rückumschlag bei. Und ich habe sogar noch den Briefumschlag aufgehoben, in dem all das einst zugeschickt wurde:

    Briefumschlag von Network Solutions

    Zweifellos inzwischen historische Stücke Papier, denn im geschäftlichen Umfeld sind rechnungsrelevante Unterlagen nach zehn Jahren nicht mehr archivpflichtig und solch Registrierungsgefledder ist bei den meisten Providern schon längst in den Schredder gewandert.

  • Fernbusfahren – anschnallen und los.

    Die Busfahrt nach und von Berlin, von denen ich vor einigen Tagen schon mal kurz schrieb, waren beileibe keine Gänge nach Canossa. Auch wenn meine erste Fernbusreise eine Art Selbstversuch war – Fernbusreisen tut nicht weh. Ganz im Gegenteil.

    In meinem Fall habe ich eine Buslinie von MFB MeinFernbus genutzt, nämlich die Linie Nr. 15 von Freiburg nach Berlin. Bei dieser Linie kann man die Haltestelle in Karlsruhe nutzen, die im Zentralen Omnibusbahnhof in Karlsruhe liegt, direkt neben dem Hauptbahnhof (südlicher Eingang).

    Das Ticketing.

    Zum Ticketing auf der Website von MFB muss man nicht viel erklären, das ist eben eine Online-Bestellung, die mit Karte oder PayPal bezahlt wird. Je früher eine Busfahrt gebucht wird, desto eher kommt man in den Genuss eines günstigen Preises. In meinem Fall wäre der günstigste Preis für eine Fahrt 25 Euro gewesen. Für die Hinfahrt waren jedoch wegen des höheren Buchungsaufkommens 35 Euro fällig. Zusammen kam ich mit beiden Fahrten dennoch auf sehr anschmiegsame 60 Euro. Das würde mit dem Auto nicht mal für das Benzin für eine Hinfahrt reichen und in Sachen Bahn war das günstigste Angebot das Veranstaltungsticket der Republica mit 99 Euro. Kurzum: MFB schlug jedes Angebot um Längen.

    Platzreservierungen sind übrigens (noch) nicht möglich, es gilt das Prinzip, dass man sich nach dem Einsteigen einen Platz sucht. Überbucht werden die Busse wohl nicht, bei der Hinfahrt war der Bus ausgebucht, allerdings mindestens zwei Plätze nicht belegt. Generell gibt es aber die Möglichkeit, auch noch kurzfristig beim Fahrer buchen zu können, was aber natürlich immer das Risiko enthält, dass man bei einem ausgebuchten Bus eben nicht mitfahren kann. Stehplätze gibt es übrigens keine. 😉

    Der Bus und die Hinfahrt.

    Der Komfort des Reisebusses hat mich überrascht. In Sachen Linienverkehr besitzt MFB keine eigenen Busse, sondern kooperiert mit teilweise langjährig tätigen Busunternehmen. Die Linie 15 wird vom Unternehmen Auto-Hummel aus Kirchzarten mit eigenen Bussen bedient, die tatsächlich nur Linienverkehr für MFB fahren und mit der typischen grünen Beklebung durch das Land rollen.

    In meinem Fall war das ein Setra-Doppeldecker neuester Bauart. Und zwar supersauber, Komfortsitze, Klimaanlage, Viersternebus mit Toilette und WLAN. Letzteres funktioniert mit einem UMTS-Router, der sich mit Vodafone verbindet und recht zuverlässig funktioniert (wenn man mal von den Vodafone-Funklöchern in Thüringen absieht). Auf der Hinfahrt habe ich den Fehler gemacht, unten zu sitzen, was bei einem Doppeldecker für gewöhnlich mit etwas unkomfortableren Sitzkomfort daherkommt, dafür hatte ich vor der Nase jedoch einen Tisch. Muss man alles für sich abwägen, zumindest gibt es ja freie Sitzplatzwahl.

    In Sachen Verköstigung gibt es an Bord (Kalt)Getränke und Snacks, das sind Erdnüsse und Schokoriegel. Auf den ersten Blick ist das nicht sonderlich viel, was an Bord ist, aber offenkundig kaufen auch nur die wenigsten Passagiere ein, obwohl die Preise günstig sind: Die 0,5er-Flasche Mineralwasser kostete zum Beispiel 1,50 Euro inkl. Pfand.

    Das bekommt man zu diesem Preis schon mal an keiner Raststätte, von der während der Fahrt eine angefahren wurde, damit der Fahrer zu seiner gesetzlich vorgeschriebenen Ruhepause von 30 Minuten kommt. Das ist allerdings auch für die Passagiere eine willkommene Pause gewesen, besonders für die Raucher …

    In Sachen Abfahrts- und Ankunftszeit bleibt zu sagen: Pünktlich. Und zwar auf die Minute. Das ist für 660 Kilometer Autobahn bemerkenswert. Alles in allem ging es also um 8:45 Uhr in Karlsruhe los und die Ankunft war um 17 Uhr. Macht 8 Stunden 15 Minuten inkl. Pause und Anfahrten von Haltestellen in Neckarsulm/Heilbronn, Würzburg und Suhl.

    Die Ankunft ist in Berlin am Zentralen Omnibusbahnhof, der findet sich am Messegelände an der Masurenallee. Das ist schon relativ weit vom Zentrum entfernt, aber immer noch recht gut mit der U-Bahn (U2, Kaiserdamm) und 50 Meter Fußweg zu erreichen. Der Busbahnhof selbst ist aber zeitlich irgendwo Anfang der 1980er Jahre stehengeblieben. Man muss hoffen, dass das mittelfristig mal besser wird. Immerhin heißen die Haltestellen schon mal „Gates“ und es gibt eine elektronische Zeittafel.

    Die Rückfahrt.

    Die Rückfahrt war aus mehreren Gründen eine Besonderheit. Das fing schon mal damit an, dass für die Freitagsfahrt ab 13:30 Uhr gleich zwei Busse fuhren, es wurde nämlich mit höherem Passagieraufkommen gerechnet. Zudem waren zwar beide Busse wieder von Auto-Hummel, allerdings beide nicht im MFB-Design (was sich aber noch als Besonderheit erweisen sollte). Praktischerweise wurden aber die Passagiere so aufgeteilt, dass der eine Bus (wieder der Doppeldecker) erst ab Karlsruhe die Haltestellen der Linie 15 anfahren sollte, so dass dieser dann eine halbe Stunde ankommen sollte. Da Freitags auf der Autobahn noch LKW fahren, werden 15 Minuten zur Fahrtdauer hinzugerechnet, so dass unterm Strich die Fahrt 8 Stunden dauern sollte (und auch genau 8 Stunden und eine Minute dauerte).

    Also begann die Rückfahrt für mich im Doppeldecker, diesmal im Design von Auto-Hummel und nochmal eine Kategorie luxuriöser. Wir sprechen von einem Fünfsternebus, Sitzabständen von einem Meter, einem Laminatboden, Panoramadach – und einem kompletten Bistrobereich im Untergeschoss. Vieles habe ich in Sachen Mobilität gesehen, das aber wahrlich noch nicht. Liebevoll gezimmerte Echtholzbänke, eine komplette Küchenzeile mit Kühlschrank, Zapfanlage (!) und Kaffeemaschine und den Kaffee gab es nicht im Pappbecher, sondern in der Porzellantasse. Man glaubt es nicht, wenn man es nicht selbst gesehen hat: Bistrobus von Auto-Hummel

    Die erste Hälfte der Strecke bin ich diesmal im Obergeschoss mitgefahren, direkt vorn in der zweiten Reihe. Und auch wenn ich in meinem Leben schon schätzungsweise 400.000 Kilometer gefahren bin – in einem Doppeldecker mit konstanten 100 Stundenkilometern und quasi ohne Motorengeräusch sanft auf der Autobahn entlangzuschaukeln, ist etwas, was ich noch nicht erlebt habe. Der Sitz neben mir war frei und es fuhr sich mit Abstand angenehmer, als mit der Bahn, weil es einfach ruhig war. Im Zug läuft ja andauernd jemand den Gang entlang – im Reisebus nicht. Es fährt nicht zu langsam und nicht zu schnell und einfach nur konstant.

    Das lag und liegt sicherlich vor allem am Busfahrer, der bei dieser Fahrt schon vom Namen her erkennbar etwas mit dem Unternehmen zu tun haben musste. Mit Herrn Hummel kam ich ab der Jagsttalraststätte ins Gespräch und als echter Schwarzwälder mit Passion für Job und Unternehmen tut er das, was er als Werkstattleiter im eigenen Betrieb ganz gern macht: Selbst den Fernbus steuern. Wenn alles an Material und Fahrer draußen unterwegs ist, muss eben auch mal der Chef ran. Da ich beruflich viel mit Familienunternehmen zu tun habe und letztendlich auch im Ländle wohne, war das für mich weniger komisch, als Herr Hummel zunächst befürchtete, als er mir das erzählte. 😉

    In unserem eineinhalbstündigen Gespräch während der letzten Etappe (ja, man darf offenbar auf Fernbusfahrten dann doch mit dem Fahrer sprechen …) erzählte er mir dann viel davon, was Fernreisen für ihn als Unternehmer bedeutet: Mit MFB gibt es eine einheitliche Plattform, die als Anlauf- und Buchungsstelle fungiert und die Linien vermarktet, die teilnehmende Busunternehmer im Auftrag und mit ihrer Kompetenz betreiben. Und weil der Busunternehmer seinen Teil eben richtig macht, ist zum Beispiel der Bistrobereich im Hummel-Bus nicht einfach gekauft (weil so gar nicht erhältlich), sondern wurde von der eigenen Hauswerkstatt in Handarbeit eingebaut. Ebenso der Fahrradträger, den Hummel inzwischen auch für viele andere Busunternehmer im MFB-Netzwerk produziert und liefert. Genau, es scheint hier der Long Tail durch. Während die Bahn teuer, unflexibel, nervig und gern mal völlig serviceneutral daherkommt, ist hier plötzlich alles anders. Und unterm Strich deutlich billiger.

    Die Ökobilanz.

    Das ist natürlich ein Thema: Wie fällt denn die Fahrt ökobilanztechnisch aus? Nehmen wir doch da mal den obigen Doppeldecker, ein Setra S 431 DT, immerhin so etwas wie der „König der Königsklasse“. Hier kann man den durchschnittlichen Verbrauch bei ungefähr 40 Litern Diesel pro 100 Kilometer festmachen. Sitzen im Bus 50 Passagiere (die Bestuhlung variiert je nach Ausstattung des Doppeldeckers bis hin zu 78 Sitzplätzen), macht das einen Verbrauch von 0,8 Litern Sprit pro Passagier und 100 Kilometern. Die zweimal 660 Kilometer koste ich der Umwelt also etwa 10,6 Liter Diesel. Mit meinem eigenen Auto hätte ich als Alleinfahrer bei durchschnittlich 9 Liter auf 100 Kilometer Verbrauch mindestens 119 Liter Benzin verbrannt.

    Auf Kurzstrecken ist der Bus übrigens auch besser als das Flugzeug, hier kalkuliert man pro Passagier und 100 Flugkilometern mit 7,5 Litern Treibstoff.

    Und die Bahn? Man glaubt natürlich, die Bahn wäre das sparsamste Verkehrsmittel und schlägt auch den Fernbus locker. Aber wenn man dem FAZ-Artikel zur Klimabilanz der Bahn von 2007 hier glauben mag, dann fährt die Bahn die 100 Kilometer pro Passagier durchschnittlich mit rund 2,8 Litern Treibstoff (wenn man den Energieverbrauch entsprechend als Treibstoffverbrauch umrechnet). Das lässt staunen. Okay, die Bahn fährt elektrisch und kann den Strom auch auf ökologische Weise erzeugt einkaufen bzw. produzieren, aber automatisch sparsamer ist die Bahn im Fernverkehr offensichtlich nicht. Zumindest kann der Fernbus hier problemlos konkurrieren, wenn er halbwegs ausgelastet ist.

    Fazit.

    Fernbusreisen sind vorurteilsbelastet, aber gar nicht so schlimm. Die Fahrten dauern zwar meist länger wie Fahrten mit Bahn, Auto oder Flugzeug, allerdings sind sie, wenn man günstig bucht, mitunter unschlagbar günstig. Billiger kommt man mit einem rechtzeitig gebuchten Busticket nicht durchs Land. Komfortabler meist auch nicht.

    Wenn man jetzt noch in Betracht zieht, dass der Fernbusmarkt noch relativ neu ist und sich noch viele Unternehmen, Linien und Angebote etablieren und entsprechenden Wettbewerbsdruck erzeugen wird, darf man gespannt sein, wie sich der komplette Markt der Fernverkehrsmittel in naher und mittlerer Zukunft entwickeln werden. Der Reisende kann hier nur Gewinner sein und das ist bei dem inzwischen teilweise obszönen Preisdiktat der Deutschen Bahn auch dringend nötig.

  • Im Kino: Star Trek „Into Darkness“.

    Witzigerweise fast genau vier Jahre, nachdem ich den vorherigen Film der neuen Generation von Star Trek im Kino anschaute, war der nächste Part fällig. Vier Jahre ist auch in der Star-Trek-Welt eine sehr lange Zeit, vor allem wenn in dieser Zeit keine aktuelle Fernsehserie läuft und auch nichts am Entwicklerhorizont zu sehen ist. In dieser Zeit gab es zwar die Veröffentlichung von „Star Trek Online“, des MMORPG des Franchises, allerdings bleibt diese Art des Entertainments, also das Erzählens und Spielens von Star Trek in einer Online-Umgebung, weiterhin unter seinen Erwartungen und zwar deutlich.

    Wie auch immer: J.J. Abrams, dessen Lensflare-Effekte ich immer noch fürchte, hat sich zumindest schon mal so weit zusammengerissen, dass es kaum noch Lensflare-Effekte in „Into Darkness“ gibt. Und wie soll man es anders sagen: „Into Darkness“ ist noch größer, noch fulminanter, noch farbiger geworden. Auch wenn die Darsteller, allen voran Chris Pine als Captain Kirk und Zachary Quinto als Commander Spock, mit Star Trek sicherlich gewaltig weniger zu tun haben, als Schauspieler der Fernsehserien mit ihren zig Staffeln, merkt man ihnen die Routine in ihrem zweiten Star-Trek-Film an. Kirk ist immer noch ein Chaot und Draufgänger (und muss es auch für immer und ewig sein), aber deutlich weniger zappelig und Spock dafür noch eine Portion ruhiger und würdevoller.

    Das Drumherum glänzt wiederum mit Farben und Effekten. Das beginnt schon am Anfang mit Scharmützeln auf einem bunten Planeten namens Nibiru, auf dem Kirk und Spock buchstäblich die Welt retten, unter Mißachtung der unglaublich fundamentalen Direktiven der Sternenflottendirektiven (nicht fragen, einfach danach suchen). Das führt natürlich bei der Sternenflotte zu Scharmützeln. Spock, der als Vulkanier ja nicht lügen kann, schreibt seinen Bericht wahrheitsgemäß, so dass er als Commander zu einem anderen Schiff versetzt wird und Kirk ebenfalls wieder „Commander-Luft“ atmen muss.

    Das ändert sich, als er aufgrund eines Terroranschlages auf eine Sternenflotteneinrichtung zu einer Sitzung einberufen wird, auf der auch noch ein Attentat begangen wird und bei dem ein Protagonist getötet wird. Und dann nimmt die bei solchen Frechheiten unvermeidliche Antwort der Sternenflotte ihren Lauf.

    In einem ziemlich rasanten Tempo wird da eine Geschichte erzählt, die in Wahrheit aus vielen einzelnen besteht und aus der man früher sicherlich gleich mehrere Spielfilme zusammenbasteln könnte. Dieses Rastlose, das einerseits natürlich schön spannend und unterhaltsam ist, andererseits immer eine Menge Kritik auslöst, weil die „Ruhephasen“ früherer Filme die Stellen waren, wo es moralisch etwas zu lernen gab, ist eine Gewöhnungssache. Ich bin ja immer noch der Meinung, dass Abrams sich nach wie vor nicht traut, auch mal eine Geschichte in Ruhe zu erzählen, andererseits sind für echte Trekkies schon wunderschön am Computer gemalte Warp-Partikelausstöße pure Unterhaltung. Dennoch: Continuity ist etwas, was J.J. Abrams als Makel versteht und so sehen die Sprünge von Story zu Story dann manchmal auch aus. Nicht nur einmal im Film wünscht man sich, dass man bei einer Story doch bitte mal etwas länger bleibt, beispielsweise schon auf dem Planeten Nibiru mit seinen bunten Farben und irgendwie lustig aussehenden Figuren.

    Wer Tiefgang erwartet, ist hier im falschen Kinosaal. Tiefgang gibt es in den Fernsehserien, niemals in den Kinofilmen und da ist es wirklich egal, von welcher Generation Star Trek wir reden. Kirk und Spock waren auch in den früheren Spielfilmen immer etwas mopsiger, lauter und peinlicher und aus dem Blickwinkel heraus sind die jetzigen Kollegen Kirk und Spock und der Rest der Truppe in genau der richtigen Aussteuerung für Star-Trek-Kinofilme. Dass sie für eine Fernsehserie mitunter vielleicht nicht taugen, weil sie zu poliert daherkommen und die echten Lösungen offensichtlich nur darin bestehen, die Feinde umzubringen und zum Abschluß auch noch schnell das eigene Schiff komplett in Schutt und Asche zu legen, ist ein Makel. Den allerdings auch nur noch die alten Trekkies erkennen können. Echte „Entertainment-Diplomatie“ ist leider offenbar out. Ich finde das nicht so toll, aber halftern wir das mal unter „Zeitgeist“ ab. Und in Wirklichkeit waren gerade die Star-Trek-Spielfilme erheblich stärker am jeweils geltenten Zeitgeist der Produktionszeit dran, als man erwartet (und mitunter befürchtet) hatte.

    Aber Schluß mit dem Geheule! Star Trek „Into Darkness“ ist ein unterhaltsamer, sehenswerter Film, fest verwurzelbar im Star-Trek-Universum mit viel Story/Stories. Eine Empfehlung für ein Seriendasein gibt diese Star-Trek-Generation immer noch nicht aber ich bin spätestens nach diesem Film überzeugt davon, dass das auch ganz gut so ist.

  • Berlin, geht doch.

    Eigentlich wollte ich dieses Jahr ja nicht auf die Republica nach Berlin. Das vor allem deshalb, weil ich das mit dem rechtzeitigen Ticketing verpasst habe und ich das vollständig teure Ticket nicht bezahlen wollte. Vor ein paar Wochen twitterte mich aber meine Hausbank, die Comdirect Bank an und fragte, ob ich denn nicht auf die Republica wolle, man würde mir gern ein Ticket schenken. Na gut …

    Berlin im Mai ist ja so ein Ding bei mir seit letztem Jahr. Ich bin ja jetzt wirklich niemand, der sich von einem wie auch immer gelagerten Aberglauben leiten lässt und „Prüfungen“ muss man manchmal eben angehen, ohne groß darüber nachzudenken. Und ich habe mir natürlich auch einen kleinen Schnupfen zugelegt, aber das sitze ich nun wirklich mit einer Pobacke aus.

    Eine Berichterstattung über die Republica erspare ich mir, eigentlich ist mir das alles viel zu voll diesmal und es schreiben auch andere genügend darüber. Die meisten Panels kann man sich auch online anschaue, was muss ich da jetzt auch groß darüber quaken? Wichtig war mir gestern ein Gespräch mit Mitarbeitern der Comdirect Bank an ihrem Stand, zum einen um mich für das Ticket zu bedanken und zum anderem um sie auch für ihre inzwischen recht gut laufende Social-Media-Strategie zu beglückwünschen. Ich bin gern bei dieser Direktbank und natürlich habe ich auch meinen ultimativen Wunsch angebracht, dass sie irgendwann auch mal ein Unternehmensblog starten. Gutes Corporate Citizenship gebietet eine umfassende Unternehmenskommunikation und umgekehrt und die Comdirect Bank kann das sicherlich. Ich bin gespannt.

    Premiere: Berlin per Fernbus.

    Zwar gibt es im Rahmen der Republica auch dieses Jahr wieder Veranstaltungstickets der Deutschen Bahn, aber die Bahn hat es, zumindest dieses Jahr, bei mir leider vergurkt. Denn obwohl ich ein Ticket ohne Zugbindung haben wollte und auf zwei Züge reservieren wollte, in denen schon Oliver Gassner fuhr und wir das für eine gemeinsame Fahrt nutzen wollten, ging das nicht, wenn ich nicht nochmal 30 Euro zusätzlich drauflegen würde – wohlgemerkt: Plus Reservierung. Pardon: Knapp 140 Euro waren mir dann für diese Dreistigkeit zu viel, wenn es ursprünglich ja 99 Euro kosten sollte. So funktioniert Fairness nicht.

    Also wurde es jetzt Zeit, mal mit dem Fernbus nach Berlin zu fahren. Als Kind bin ich ja ganz gern mit dem Fernbus gefahren und letztendlich schaffte es Meinfernbus.de dann einfach mit dem Fahrpreis: Hin und zurück für schlappe 60 Euro. Und zumindest schon mal die Hinfahrt war einfach normal. Gestartet wurde um 8:55 Uhr in Karlsruhe mit 10 Minuten Verspätung und geendet um 17:23 Uhr in Berlin mit schlappen drei Minuten Verspätung.

    Ansonsten gibt es nichts zu meckern. Der Doppeldecker war überraschend bequem und die Busfahrt angenehm. Sicherlich ist eine Bahnfahrt kürzer und der Sitzabstand dort mit 92 Zentimetern (im Bus 70 Zentimeter) größer, allerdings stehen in meinem Fall eben 80 Euro Preisunterschied im Raum. Und wer im Fernbus einen Platz am Tisch ergattert, kann sogar komfortabel arbeiten und die Beine ausstrecken (sollte aber zuschauen, wenigstens nicht ganz so penetranten Fußgeruch zu haben …).

    Erfahrung des Tages – MyTaxi.

    Der heutige Dienstag lief nicht ganz so gut an. Ich hatte nämlich etwas verpennt und der Kopf war etwas dick und mir viel um kurz vor halb neun ein, dass ich ja eigentlich um neun Uhr einen Frühstückstermin mit Anne und Andreas hatte. Da fiel schon mal die Anfahrt per U-Bahn in Richtung Potsdamer Platz aus, denn das war nicht zu schaffen. Ein Taxi war die Notlösung. Also, MyTaxi auf das Smartphone installiert, nach fünf Minuten angemeldet gewesen und ein Taxi bestellt und nach weiteren Minuten war das Taxi auch da. Und natürlich, wie sollte es in Berlin auch anders sein, war es ein türkischer Taxifahrer, der den Auftrag annahm:

    MyTaxi Screenshot

    Und diese Taxifahrt wurde eine Fahrt mit Bestimmung. Da Mehmet aus meiner Online-Bestellung ja auch schon meinen Namen wusste, begann nach der Fahrtbestätigung ein Gespräch, das schnell mit seiner Frage umschwenkte, warum ich denn nicht Türkisch sprechen würde. Ich könne es nicht so gut, sagte ich. Das sei doch kein Grund, denn vermutlich könne ich nur so schlecht Türkisch wie er Deutsch und das sei ja auch kein Problem. Das ist richtig …

    So wurde die Fahrt eine echte Gewissensangelegenheit. Wo die Eltern denn aus der Türkei kämen. Ob wir Geschwister hätten, was arbeitete ich, was mache ich so in Berlin. Ich eierte mich mit meinem Türkisch so durch und musste immer wieder Deutsch einbauen, aber letztendlich machte er es ja nicht anders. Das gibt mir alles ziemlich zu denken. Und das alles „nur“ durch eine online bestellte Taxifahrt! Ich habe Mehmet dann noch schnell die Adresse meines Blogs aufgeschrieben und ein Foto gemacht:

    Mehmet, der Taxifahrer aus Berlin

    Wann kommt man schon dazu, mit einem Taxifahrer sich so tiefsinnig unterhalten zu können und ein Foto zu machen?

    Google Now und Googles Vermutung, warum ich in Berlin bin.

    Auf den Screenshot von Google Now muss man gar nicht sonderlich tief eingehen. Google speichert ja seit Jahren all meine Suchanfragen und stellt daraus genügend Beziehungen her und so hat Google es wohl so verstanden, dass ich, wenn ich heute und wohl auch zukünftig nach Berlin komme, vermutlich das dringende Bedürfnis habe, in die Charité zu fahren, weshalb Google Now schon mal die Routenplanung zurechtlegt:

    Google Know Karte Routenplanung

    Echte Preisfrage: Wie bekomme ich das Google Now wieder ausgeschwatzt? Es nervt nämlich schon etwas.

  • Die gute, alte Terrorkom.

    Dass der Deutschen Telekom das Thema Flatrates schon immer ein Dorn im Auge war, ist nun wahrlich nichts neues. Schon 1998 gab es eine bemerkenswerte Aktion, die am 1. November 1998 in einem „Internetstreik“ mündete und die Forderung hatte, dass die Deutsche Telekom für Internet-Anschlüsse auf Basis von ISDN (DSL steckte damals noch im Beta-Stadium) Flatrate-Angebote starten solle und diese nicht einfach auch nach Zeittakt abrechnet, wie es damals bei normalen Telefongesprächen üblich war. Von Seiten der Deutschen Telekom kamen auch da eine ganze Lawine von Argumenten, warum Flatrates das Telefonnetz schädigen würden und was auch immer und nichts davon war auch nur ansatzweise wahr.

    Denn tatsächlich geht es bei der Deutschen Telekom nur um das Geschäft und sonst nichts. Und selbst das läuft nur bescheiden gut, denn die Unternehmensgeschichte der Deutschen Telekom ist voll mit Geschichten von Unternehmenslenkern, die von einem Weltkonzern träumten, ähnlich wie so Konzerne wie z.B. AOL Time Warner, von dem inzwischen nur noch Bruchteile des damaligen Wertes übriggeblieben sind.

    Größenwahnsinnige Unternehmer, grotesk aufgeblasene Aktienkurse, machtgierige Politiker, unfähige Unternehmenslenker, defekte Businesspläne. Bezahlt mit gewaltigen Milliardenverlusten, die durch ein ehemals steuerfinanziertes und mehrfach vergoldetes Telefonnetz und einem Heer von kündigungsunwilligen Kunden getragen werden, die sich immer noch von einem durch und durch staatstragend organisierten Dienstleister schikanieren, ausbremsen und ausnehmen lassen. Der Begriff „Terrorkom“, der damals im Rahmen der Aktivitäten rund um den Internetstreik in der Netz-Community entstand, ist da gerade richtig.

    Nein, an der Deutschen Telekom lasse ich kaum noch ein gutes Haar. Man hat in dem Unternehmen schon immer verstanden, sich das feinste Netz fremdfinanzieren zu lassen, gleichzeitig aber an entscheidenen Stellen darüber zu jammern, wie schlimm doch die bösen Anbieter im Internet das „gerade noch funktionierende“ Netz der Telekom missbrauchen und nichts dafür bezahlen. Nichts von dem Gejammer der Telekom-Lobbyisten war und ist wahr. Und das wirklich skandalöse daran ist, dass es schon seit mindestens 15 Jahren bekannt und nachvollziehbar ist.

    Vor über drei Jahren habe ich einen Kommentar zu einem Artikel zur Netzneutralität im Netzpolitik-Blog geschrieben, wo ich mir mal die Mühen machte, auf die warme Luft eines Telekomsprechers zu antworten, der mit den üblichen Argumenten gegen die Netzneutralität wetterte. Ich wollte den Kommentar schon immer mal hier weiter ausführen und leider ist der Kommentar immer noch Eins zu Eins so aktuell, wie damals und wie auch schon vor 15 Jahren. Ich habe da noch ein paar Dinge ergänzt:

    1. „Die Telekom verdient beim Kunden in Sachen Internet kein Geld.“

    Dieses Argument stimmt höchstwahrscheinlich nicht, ist aber kaum prüfbar. Fakt ist, dass Datenverkehr im Internet kaum noch etwas kostet. Kostete ein Gigabyte Datenverkehr vor einigen Jahren noch messbare Beträge, so ist der Preis für ein Gigabyte inzwischen auf unter 2 Cent gefallen. Datenverkehr kostet im Internet quasi nichts mehr, weil es einfach viel davon gibt und die zentralen Netze und deren Hardware leistungsfähig genug ist, das alles wirtschaftlich handzuhaben. Dazu kommt ein inzwischen genügend existierender Wettbewerb, der hohe Großhandelspreise von Hause aus verhindert.

    Fakt ist, dass Internet-Anbindungen schon immer ein Mischgeschäft für einen Provider sind. Alle bekommen weitgehend einheitliche Preise, der eine surft mehr, der andere weniger. Mein Nachbar bekommt kaum mehr als 2 Gigabyte im Monat über seinen DSL-Anschluss zustande, während ich 100 Gigabyte locker erreiche und alle zahlen wir den gleichen Preis. Die 100 Gigabyte kosten die Telekom letztendlich aber auch kaum mehr als zwei Euro.

    2. „Die Telekom verdient bei den Anbietern kein Geld.“

    Und das ist sogar richtig, zumindest bei sehr vielen Angeboten von Dienstleistern, die keine direkte Anbindung zur Deutschen Telekom haben. Allerdings ist die Sichtweise genau der Kernpunkt bei der Frage der Netzneutralität. Wer ist eigentlich der „Verschmutzer“ im Internet? Der Anbieter oder tatsächlich doch eher der Konsument, der das Angebot des Anbieters in Anspruch nimmt? Wohl doch eher letzteres! YouTube erzeugt ja nicht von allein gewaltigen Datenverkehr, sondern es sind die Konsumenten, die YouTube-Videos anschauen und sich zum eigenen Rechner schicken lassen. Also müssen die dafür zahlen und, huch, das tun sie ja auch schon, nämlich mit ihrem Internet-Anschluss.

    Die Telekom (und andere Anbieter) hätten aber eben durch die Aufweichung der Netzneutralität es aber auch gern, dass sie auch noch eine Rechnung an Google dafür schicken könnten. Und genau das ist falsch und gar nicht berechtigt.

    Rein technisch gesehen ist Internet für Carrier (das ist die Deutsche Telekom vor allem) ein Einkaufsgeschäft, d.h. man nimmt vorne beim Kunden das Geld ein und schaut zu, sich das Internet von anderen Carriern möglichst günstig einzukaufen bzw. mit denen günstig zu peeren. Das macht die Telekom in der Enterprise-Klasse, die Deutsche Telekom gehört weltweit zu den Global Playern.

    Aber, zugegeben … damit ist eben nur auf einer Seite Geld zu verdienen und das macht genügend Leute, die möglichst einfache Geschäftsmodelle für ihre Netze suchen, richtiggehend krank.

    3. „Google zum Beispiel missbraucht aber so Anbieter die die Telekom und überschwemmt sie mit Traffic.“

    Richtig: Google sorgt für viel Datenverkehr, den Kunden mit der Nutzung seiner Dienste auslösen. Und dieser Datenverkehr kommt bei Telekomkunden tatsächlich auch in das Netz der Deutschen Telekom und ist fremd. Falsch: Google missbraucht die Deutsche Telekom.

    Auf Google schimpfen, ist herzlich einfach, dabei ist Google jemand, der schon lange erkannt hat, dass man als Inhaltslieferant den qualitativen Traffic zu den Kunden bringen muss. Darum betreibt Google weltweit einer der größten eigenen Business-Netzwerke und peert mit vielen Carriern quasi direkt vor Ort. Auch mit der Deutschen Telekom. Google legt also quasi den Datenverkehr, den seine Nutzer auslösen, der Deutschen Telekom direkt vor die Türe. Und an diesem „Private Peering“ verdient vor allem der Netzinhaber, der das vor die Türe gestellt bekommt, also auch die Deutsche Telekom.

    Die Deutsche Telekom hat dieses Private Peering schon immer als Maxime angesehen und hält sich, zumindest im deutschen Raum, von zentralen Peering Points, an denen Provider ihren Datenverkehr untereinander weitgehend neutral austauschen, zurück. Bei ihr gilt das Motto: Wenn ihr in unser Netz wollt, müsst ihr eine eigene, dedizierte Leitung zu uns bauen und die müsst ihr natürlich auch schön bei uns anmieten.

    4. „Die vielen Filme verstopfen das Netz der Deutschen Telekom und machen es unbrauchbar für die restlichen Kunden.“

    Dass viele Entertainment-Angebote viel Datenverkehr auslösen, ist richtig. Dass solche Angebote kommen, war absehbar und das hat die Deutsche Telekom auch schon in ihrem allerersten Prospekt zur Einführung der T-Aktie ja auch so vorhergesehen. Das Problem dabei: Eigentlich wollte die Telekom das große Geld damit verdienen, hat dabei aber lange Jahre übersehen, dass sie für diese Art von Geschäftsmodell keine vernünftigen Angebote präsentieren konnte und dass die Hersteller von Medien das alles eben auch selbst oder mit anderen Dienstleistern machen konnten, die das Geschäft eher zustande brachten.

    Sprich: Es gibt eben jetzt auch Telekom-Kunden, die sich Filme nicht mit den Entertain-Angeboten der Deutschen Telekom anschauen, sondern zum Beispiel über Maxdome oder Lovefilm. Und das nervt die Telekom ganz gewaltig und darum macht sie in ihrer offensichtlichen Verzweiflung einen großen Fehler: Sie will nämlich eigentlich Flatrates abschaffen, aber eben nicht für ihre eigenen Entertain-Angebote. Und das ist ein klarer Fall von Verletzung der Netzneutralität und gleichzeitig die Bestätigung, dass es bei der Abschaffung der Flatrate keineswegs darum geht, die ach so geschundenen Netze zu schützen, sondern vor allem die eigenen Angebote für zusätzliche Dienste.

    5. „Die anderen Anbieter sind nicht besser, sie missbrauchen ja auch die Telekom auf der Letzten Meile.“

    Ein früher häufig angewendetes Argument, dass in der Zwischenzeit von der Telekom jedoch nicht mehr so sonderlich gern verwendet wird, weil an dem Thema aufgrund des Wettbewerbzwanges nicht mehr zu rütteln ist. Und darüber hinaus auch gut und vor allem konkurrenzlos verdient wird.

    Denn tatsächlich ist die Letzte Meile ein richtig gutes Geschäft für die Telekom. Und das selbst dann, wenn man die letzte Meile an die Konkurrenz vermieten muss. Denn die zahlt dafür einen monatlichen Fixbetrag und dafür muss die Deutsche Telekom dann machen: Fast nix. Was über die Leitung passiert, ist im Verantwortungsbereich des Wettbewerbers und wenn die Leitung mal kaputt ist, muss der Wettbewerber die Servicedienstleistung in der Regel bei der Deutschen Telekom einkaufen. Der Service ist vergleichsweise langsam und das überaus praktische dabei ist, dass der Kunde dann in der Regel auf seinen Anbieter schimpft, obwohl mitunter das Problem im Netz der Deutschen Telekom liegt.

    6. „Ja, aber den Netzausbau muss die Deutsche Telekom stemmen, die Wettbewerber nutzen sie da nur aus.“

    Das hört sich zwar plausibel an, denn tatsächlich muss nach der Privatisierung der Deutschen Telekom das Telefonnetz vor allem privatwirtschaftlich unterhalten und ausgebaut werden und nicht mehr aus Steuergeldern. Zumindest theoretisch. Die Praxis ist eine ganz andere.

    Denn praktisch gesehen lässt sich die Deutsche Telekom den Ausbau ihres Telefonnetzes auf dem Land immer wieder doch ganz gern von Menschen bezahlen, die sich zu Interessensgemeinschaften organisieren lassen und gemeinsam einen Netzausbau dadurch finanzieren, dass sie längerfristige Verträge mit der Deutschen Telekom eingehen. Fast okay, aber wenn diese Bildung von Interessensgemeinschaften dann auch noch mit politischen Aktivitäten einhergehen, Aufrufen von Bürgermeistern und Absprachen über Leerrohre und Flächen für Verteiler, die Kommunen kostenlos oder vergünstigt zur Verfügung stellen sollen, dann sind das plötzlich keine Gefälligkeiten mehr, sondern Subventionen. Geredet wird darüber mitunter dann nicht mehr sonderlich viel, denn letztendlich müssen auch Kommunalpolitiker die nächste Wahl wieder gewinnen und das Mitwirken an vernünftigen Internet-Anschlüssen ist immer ein Gewinnerthema. Nur eben unterm Strich nicht immer für den Steuerzahler.

    Und das führt dann zu so absurden Entwicklungen, dass bei Internet-Projekten auf dem weiten Land regelmäßig die Telekom Wettbewerber ausbremst. Die letzte Meile und die Zuführungswege gehören sowieso der Telekom und in Sachen Ausbau bringt die Telekom in der Regel immer mehr Erfahrung mit, als jeder große oder kleine Wettbewerber. Der Rest ist dann letztendlich nur Verhandlungsgeschick und im Notfall gut gesteuertes Hinhalten, denn, wie gesagt, spätestens die nächste Kommunalwahl entscheidet, ob das Thema Internet im Dorf ein Gewinner- oder ein Verliererthema für Amtsträger ist.

  • Der Birthday-Burst 2013.

    Nein, den diesjährigen Birthday-Burst, also eine Übersicht über die Wege der Gratulationen zu meinem Geburtstag am 16. April, habe ich nicht vergessen, sondern ein paar Tage vor mir hergeschoben. Einfach mal keine Lust gehabt. Dafür aber jetzt mal die diesjährige Übersicht mit den Tendenzen zum letzten Jahr:

    • 83 Glückwünsche via Facebook-Timeline. 8 mehr als letztes Jahr.
    • 4 Glückwünsche als Kommentare zu Facebook-Timeline-Posts.
    • 4 Glückwünsche per Facebook-Nachrichten & Messenger.
    • 6 Glückwünsche via Twitter. 6 weniger.
    • 10 Glückwünsche per Telefon. 2 mehr.
    • 10 Glückwünsche via Xing. Auch zwei mehr.
    • 4 Glückwünsche via E-Mail. 2 weniger.
    • 3 Glückwünsche via WhatsApp. 1 mehr.
    • 2 Glückwünsch per Geburtstagskarte via Briefpost. Ha, eine Karte mehr. 🙂
    • 3 Glückwunsch via SMS. 2 mehr, die SMS kommt wieder!

    Tendenz, klar: Facebook wird immer stärker und das scheint auf Kosten von Twitter und weiterhin der E-Mail zu gehen.

    Und es sei auch dieses Mal wieder angemerkt: Ich bin ein lausiger Geburtstagsgratulant, weil ich es schlicht immer wieder vergesse und übersehe und schon große Mühen habe, die vielen Freunde außerhalb der Social-Media-Welt mit Gratulationen zu beglücken. Umso wichtiger war und ist es mir, wenigstens alle diejenigen, die mir gratulieren, ein persönliches Dankeschön zurückzuschreiben. Das dürfte mir weitgehend gelungen sein, mit wirklich sehr viel Tipperei.

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