• Stairway to Heaven.

    So, Folks, dieses Video hier ist für die ganz Harten unter uns. Also die, die Fleisch roh essen, Eier aus Stahl haben – und gern mal auf Fernsehtürme klettern. Empfehlung: Video trotz der miesen Auflösung auf Fullscreen stellen und das Ding genießen:

    http://www.youtube.com/watch?v=n8oD5J7jUnI

    Und jetzt stellen wir uns vor: Wir wachen morgens auf und befinden und urplötzlich und unerklärbar mitten auf diesem Fernsehturm… have fun and good luck. 😉

    Update am 08.10.2010: Offensichtlich haben es sich die Jungs nochmal überlegt und bekämpfen wieder die Veröffentlichung des Videos, zumal auch die Blog-Einträge nun alle verschwunden sind. Da hat wohl jemand einen auf den Deckel bekommen. Nur bringen wird es niemandem etwas, da es den Film in zig Inkarnationen schon in YouTube gibt. Da dies kaum noch zu verhindern ist, habe ich jetzt einfach mal eine andere Inkarnation verlinkt. Falls das Filmchen hier nicht mehr zu sehen, ist, bitte mir kurz Bescheid geben, suche ich eben eine andere Inkarnation… Katz und Maus geht immer.

    Update 2 am 18.09.2010: Respekt nochmal vor den Machern, die haben nämlich beschlossen, dass sie die Veröffentlichung des Videos nicht mehr bekämpfen, weil es nach einer Veröffentlichung in YouTube praktisch zwecklos ist, zudem wurde das Video bereits im US-Fernsehen ausgestrahlt. Deshalb gibt es das Video hier wieder verlinkt.

    Update 18.09.2010: Leider gibt es das Video nicht mehr auf YouTube und das hat einen delikaten Grund. Der Hauptdarsteller des Filmchens hat inzwischen das Problem, dass er von Kollegen darauf angesprochen wird und er Sorge hat, dass er von Auftraggebern darauf angesprochen werden könnte. Der angenehm offene Blog-Beitrag von TheOnLineEngineer.org zu dieser Situation ist an der Stelle etwas schmalsilbig, aber offensichtlich geht es darum, dass der Kletterer nicht durchgehend abgesichert ist, wie es hierzulande üblich ist. Nun ja, okay – das Ding ist online, hat zehntausende Abrufe hinter sich und ist damit an sich schon unters Volk gebracht. Die Devise „Augen zu und durch“ wäre die vermutlich bessere, aber das liegt nicht in meiner Entscheidungsgewalt.

  • Facebook-Marketing at it’s best.

    Meine heimliche These ist, dass das beste Facebook-Marketing immer noch die Menschen machen, die keine Marketing-Fuzzis sind, nichts mit SEO am Hut haben, keine „Consultans“ sind und noch nicht mal ansatzweise ahnen, dass sie Facebook eigentlich hochprofessionell einsetzen.

    Aktuelles Beispiel ist ein Cousin zweiten Grades von mir. Dieser Cousin lebte in seiner Jugend in Deutschland, spricht dementsprechend gut Deutsch und zog dann vor knapp 15 Jahren wieder in die Türkei und lebt nun dort in Antalya. Dort betreibt er ein Geschäft für Schmuck. Antalya ist eine von Tourismus geprägte Stadt, Schmuck ist demnach weitgehend eine Saisonware und lebt mindestens zu Dreiviertel von vorbeiflanierendem Zufallsgeschäft und einem Viertel Stammkundschaft. Was man vor Ort kaum befeuern kann (außer man setzt auf nervende und in vielen Städten schon verbotene „Botschafter“, die Touristen bedrängen, das Ladengeschäft zu besuchen), lässt Raum für einfache, aber hochwirksame Ideen. Und hier kommt Facebook ins Spiel.

    Mein Cousin macht nämlich jeden Unsinn mit und hat darüber hinaus ein Facebook-Profil. Und ein Ergebnis davon sind Fotos, das ihn mit Touristen (und vor allem mit Touristinnen :-)) zeigt und das im Profil einer offensichtlichen Schmuckkäuferin hochgeladen wurde. Auf diesem Bild sind alle abgebildeten Freundinnen verlinkt. Und eben auch mein Cousin, mit dem Bildhinweis, dass das der nette, deutsch sprechende Schmuckverkäufer in Antalya war: (Sorry für die Anonymisierungen, sieht albern aus, lässt sich aber nicht ändern):

    That’s it. Höflich und unvergesslich beim Kunden bleiben, sich auf einem Gemeinschaftsfoto verewigen lassen, auf das eigene Facebook-Profil verweisen und dann einfach machen lassen. Ergebnis sind sieben Verlinkungen von Personen in vier Facebook-Profilen der fotografierten Personen und ein somit gebildetes Netzwerk, das über tausende Kilometer reicht. Der Moment als ewiges Aushängeschild.

    Mache diese Wirksamkeit bitte einmal jemand mit traditionellen Medien nach, ohne dass es ein Euro kostet.

  • Das Ende des Amazon Marketplace für Hobbyverkäufer.

    Ältere Musikalben kaufe ich schon seit Jahren über den Amazon Marketplace, also auf dem Gebrauchtwarenmarkt. Das ist in der Regel gewaltig günstiger und gottlob legal, auch wenn der Musikindustrie durch Gebrauchtverkäufe durchaus ein Batzen Geld flöten geht. Der Amazon Marketplace ist auch wieder meine Verkaufsplattform für Musik und PlayStation-Spiele. Das ist insofern praktisch, dass das Spielen von Konsolenspielen so nur ein Teil dessen kostet, was das Spiel im Laden kostet. Spiel kommt günstiger daher und wird nach dem Spielen auch wieder für ein paar Euro verscherbelt.

    Zumindest beim Thema Musik hat sich der Marketplace aber unangenehmerweise offensichtlich weitgehend erledigt und dafür ist wohl Kollege Computer verantwortlich. Gegen den darf man nämlich im Preiskampf fechten und das geht für den Menschen immer nachteilig aus.

    Die Physiognomie des Amazon Marketplace

    Die Funktionsweise des Marketplace ist relativ einfach: Man suche in Amazon das Produkt und lasse sich „alle Angebote“ anzeigen. Dort sind dann neben den offiziellen Amazon-Angeboten auch Verkaufsangebote von anderen Anbietern an, die wiederum ihr Produkt klassifizieren in Neu- oder Gebrauchtware. Jeweils das günstigste Angebot steht oben. Zu diesem Verkaufspreis kommen dann pauschal 3 Euro hinzu, die die eigentliche Marge für Amazon darstellen.

    Ziel für einen Verkäufer ist, mit dem Verkaufspreis möglichst weit nach oben zu kommen, also ein für den Käufer günstiges Angebot zu machen. Das muss bei häufig bestellten Waren (sieht man im Verkaufsrang) nicht unbedingt das allergünstigste sein, allerdings gehören Musik-CD tatsächlich immer häufiger zu Waren, bei denen das Verhältnis zu Angebot und Nachfrage nicht mehr stimmt – zu viel Angebot für zu wenig Nachfrage. Die Folge ist, dass die Preise sinken. Jeder, der seine gebrauchte CD irgendwie loswerden möchte, versucht, den günstigsten Preis anzubieten, um überhaupt seine CD irgendwann einmal loszuwerden.

    Das funktionierte soweit zumindest lange Zeit in der Form, dass es durchaus möglich war, ein solches günstigstes Angebot auch eine Weile als wirklich günstigstes Angebot zu halten. So lange nur Menschen im Marketplace unterwegs waren.

    Großhändler im Amazon Marketplace

    In der Zwischenzeit ist der Amazon Marketplace für Musik CD weitgehend kaputt. Das liegt in erster Linie an einigen Großhändlern, die sich darauf spezialisiert haben, Musik CD für irrwitzig niedrige Preise zu versenden. Wenn beispielsweise so manch Angebot für 1 Euro auf den Weg geht, dazu dann 3 Euro Verkaufsgebühr kommen, erhält der Verkäufer kaum mehr als 4 Euro Vergütung von Amazon, aus denen dann auch noch Versandmaterial, Porto und das verpackende Personal zu bezahlen sind.

    Das hört sich wenig an, ist aber verhältnismäßig brauchbares Geld. Der Anbieter bezahlt nämlich als Premiumanbieter nur einen monatlichen Fixbetrag an Amazon und finanziert keinen weiteren Online-Shop. Die Verkaufsware kauft der Anbieter in der Regel in größeren Loten auf, muss sie lediglich einmal eingangskontrollieren und braucht dann nur noch ein großes Lager. Aus diesem Lager heraus wird dann der Amazon Marketplace beschickt.

    Zur goldenen Regel, dass der wahre Gewinn eines Kaufmannes im Einkauf liegt, kommt noch eine Besonderheit hinzu: Wundert sich niemand so recht, warum im Amazon Marketplace viele Großhändler in den USA beheimatet sind, die auch aus den USA liefern, die Ware aber tatsächlich dann gebrauchte, deutsche Ware ist? Mir fehlt zwar der konkrete Beweis und meine Anfragen hierzu an einige Großhändler wurden erwartungsgemäß auch nicht beantwortet, aber ich fresse einen Besen, wenn der Wareneinkauf in diesem Geschäftsmodell nicht durch den klassischen Einkaufsturbo beschleunigt wird, nämlich dem guten, alten Umsatzsteuerbetrug, in dem für den Verkauf der Gebrauchtware ins EU-Ausland die Umsatzsteuer nicht anfällt.

    Der Mensch und der Roboter

    Für den Gelegenheitsverkäufer ergibt sich aber noch ein Problem: Er kämpft bei der Preisgestaltung seiner eigenen Angebote offensichtlich mit Robotern, die regelmäßig automatisiert die Preise so anpassen, dass deren Angebote stets die günstigsten bleiben. Das habe ich mit einigen eigenen Angeboten einmal ausprobiert, in dem ich meine Angebote zu den günstigsten machte und die Angebote der Großhändler sich etwa alle ein, zwei Stunden dementsprechend anpassten und genau 1 Cent billiger wurden, als meines. Machte ich dann mein Angebot um zwei Cent billiger, um wieder das günstigste Angebot anzupreisen, war dies wieder nur für eine Dauer von ein paar Stunden so, bis der Großhändler wieder um 1 Cent günstiger war.

    Die Gegenprobe war ebenfalls erfolgreich: Machte ich mein Angebot dann einfach um 10 Cent teurer, passten einige Großhändler ihr Angebot auch dementsprechend an, dass sie zwar immer noch das günstigste Angebot hatten, aber die Marge dann wieder auf 1 Cent verkürzten. Es existiert also tatsächlich eine Logik in Form eines Roboters, der ständig die Konkurrenzangebote für eingestellte Waren beobachtet und die Preise anpasst.

    Mit so einer computergesteuerten Konkurrenz ist der menschliche Verkäufer, der lediglich ein paar CD zum Verkauf anbietet, natürlich im Nachteil. Angebot zu groß, Nachfrage zu klein und dann auch noch ein Preisroboter am Start. Schade.

    Alte Musik CD loswerden?

    Tatsächlich ist es so, dass ein Berg von Musik CD so unverkäuflich sind, wie ein Haufen schlechtsortierter Ziegelsteine. Der Markt ist völlig übersättigt, die Nachfrage auch nach älterer Musik verschiebt sich immer mehr in den Handel mit herunterladbaren Musikdateien und gerade ehemals populäre Alben sind im Gebrauchtmarkt selten noch den Materialpreis der CD, Hülle und des Booklets mehr wert.

    Die einzige Alternative ist tatsächlich daher nur noch der Flohmarkt (bei dem man auch noch darauf aufpassen muss, wie viele professionelle Händler dort eigene Stände haben) oder der Verkauf von vollständigen Sammlungen für Schweinepreise an professionelle Aufkäufer. Damit befeuert man zwar den Markt der Großhändler nochmal gewaltig, aber anders wird man das Zeug nicht mehr los, außer auf dem Recyclinghof.

  • Das iPad als elektronisches Käsebrettchen.

    Sei gut einem Vierteljahr habe ich nun ein iPad im Einsatz. Und in der Zwischenzeit vergehen tatsächlich Tage, in denen ich das iPad nicht ein einziges Mal in die Hand nehme. Ist das nicht schade? 699 investierte Euro, die mich eigentlich nur an einem Tag der Woche nicht schmerzen, nämlich am Sonntag, wenn ich den SPIEGEL der jeweils nächsten Woche vorab auf dem iPad lesen kann, wozu es sich übrigens bestens eignet?

    Ich wollte eigentlich viel mehr über dieses Gerätchen schreiben, von dem der Hersteller uns glauben machen will, dass es, wie immer, nichts anderes als eine Revolution darstellen soll. Ich habe auch tatsächlich – glaubt es mir oder glaubt es mir nicht – mehrere Anläufe getan, aber mir fällt einfach kaum etwas dazu ein. Außer Ärger über die eher miese Verarbeitung, da der Spalt zwischen Frontscheibe und Gehäuse offenbar so undicht ist, dass es schon mehrere Staubkörnchen geschafft haben, sich hinter der Frontscheibe vor dem eigentlichen Bildschirm einzunisten. Warten wir mal ab, wie lange mir Apple nun neue iPads schickt, bis mal ein staubdichtes darunter ist.

    Die Umkehr des Anforderungsverhältnisses zwischen Soft- und Hardware

    Das große Problem beim iPad: Es ist im Prinzip ein höchst langweiliges Gerät, wenn man schon ein iPhone hat. Das liegt nicht daran, dass es einfach zu bedienen ist, sondern daran, dass man bei Apple tatsächlich so einfallslos ist, das Bedienkonzept vom iPhone einfach auf das iPad zu übertragen, ohne zu berücksichtigen, dass ein iPad ganz anders eingesetzt wird, als ein iPhone.

    Das beste Beispiel ist hierbei die fehlende Möglichkeit, eine individuellen Startschirm mit einfügbaren Widgets abzubilden. Also die Idee, das iPad einzuschalten und einen Bildschirm zu bekommen, auf dem man die neuesten Nachrichten eingeblendet bekommt, vielleicht das Wetter, Kochrezepte, die nächsten Termine und so weiter. Es ist beim iPad einfach eine ultratrockene und langweilige Geschichte, wenn man das Ding anmacht und es mich im Prinzip fragt, welches Programm ich jetzt starten möchte.

    Dass niemand bei Apple auf die Idee kommt, dass ich nicht ein Programm öffnen will, sondern einen Überblick haben möchte, erschreckt mich zutiefst, weil es zeigt, dass man bei Apple nicht wirklich in einer modernen Informationswelt angekommen ist. Und letztendlich bleibt das iPad-Feeling auch genau hier stecken. Es ist einfach ein großes iPhone, das unter den üblichen Apple-Mikrokosmos-App-Kindergarten-Krankheiten leidet. Nichts funktioniert app-übergreifend. PDF-Dateien kann man entweder in der iBooks-Anwendung ablegen (was eine sehr bescheuerte Möglichkeit ist) oder man kauft sich eine App wie beispielsweise GoodReader. Dann aber in iBooks vielleicht schon abgelegte PDF-Dateien in GoodReader importieren? Geht nur über den PC bzw. Mac, obwohl doch alle Dateien schon auf dem iPad sind!

    Und auch hier sind die Interaktionsmöglichkeiten wieder einmal nur auf das unsägliche iTunes beschränkt, wenn App-Hersteller nicht die Gnade besitzen, wenigstens einen eigenen Webserver zu integrieren, um den Dateitransfer innerhalb eines Netzwerkes per HTTP zu ermöglichen. Das ist übertragungstechnische Steinzeit, die man auf dem iPhone vielleicht noch mit Unzulänglichkeiten entschuldigen könnte – auf einem Gerät wie das iPad, das eigentlich in einem Haushalt eine Brückenfunktion zwischen Telefon, Fernseher und Computer erfüllen soll, ist es einfach Banane und macht das iPad in Teilen etwa so nützlich wie einen Aibo. Mit dem Unterschied, dass ein Aibo einen Steckplatz für Speicherkarten hat und das iPad nicht.

    Ich will Dateien einfach verschieben können, die ich auf dem PC lese und per iPad auf dem Sofa fertiglesen möchte. Ist das so kompliziert? Es gibt inzwischen genügend visionäre Ideen, wie man wirklich interoperabel arbeiten könnte, das iPad bringt endlich die richtige Hardware-Mischung und Performance mit und dann kann es nicht, weil es im software-technisch im Prinzip so kaputtreglementiert ist, wie ein Windows 3.11. So vernetzungsfähig wie ein Käsebrettchen.

    Noch einen Mangel? Gern doch: Stichwort „Multibenutzerfähigkeit“. Es gibt, so wie beim iPhone auch, nur einen Benutzer. Beim iPhone, das gemäß der „I“-Theorie auch meist nur von einem Menschen bedient wird, mag das angemessen sein, beim iPad prellt es hart, da ein iPad eigentlich ein ideales Haushaltsgerät für mehrere Menschen sein könnte – wenn man eben Benutzer einrichten könnte, mit denen die individuellen Benutzereinstellungen auch tatsächlich individuell verwaltet werden könnten. Kann das iPad bzw. das iOS jedoch nicht. Jedes dumme Windows kann das inzwischen, bessere Sat-Receiver machen das, Kaffeeautomaten, Ergometer, Autos. Wir leben in einer immer stärker individualisierbaren Welt, die nicht aus Einheitsmenschen und Ein-Personen-Familien besteht – bei Apple scheint das, zumindest beim Thema iPad vorüberzugehen. Möglicherweise versucht man das als kranke Motivation zu verkaufen, dass man jedem Familienmitglied ein eigenes iPad spendiert. Oder man begreift nicht, in welche Art und Weise sich diese Welt zu entwickeln gedenkt. Ich befürchte letzteres.

    Ein erbärmliches Trauerspiel, das mich richtig ärgert. Denn hier wird erst gar nicht versucht, dem Benutzer ein Gerät zu verkaufen, mit dem er Grenzen ausloten kann – es ist die Grenze selbst und die ist nicht etwa hardwaretechnischen Fähigkeiten geschuldet, sondern der Unfähig- oder Boshaftigkeit des Herstellers der Software. Ich sehe kein wirkliches Argument, mit dem ich derzeit davon zu überzeugen wäre, dass Apple mit dem iPad ein tolles und ein nützliches Gerät verkaufen will. Und im Bezug auf Apple sehe ich eigentlich auch kein Land in Sicht.

    Wie geht es weiter mit dem Tablet-Computing?

    Ehrliche Ansage: Ich habe Anfang des Jahres mal prognostiziert, dass das iPad eine innovationsarme Totgeburt ist. Diese Aussage wandle ich so um, dass das iPad eigentlich ein endlich funktionsfähiger Vertreter der Tablet-Welt ist und alle Chancen hätte, zu einem echten Haushaltsgerät zu werden, wenn es nicht so unfassbar quälend unter der völligen Einfallslosigkeit von Apple leiden würde. So Sachen wie ein frei konfigurierbares Dashboard, Multiuser-Fähigkeit, vorinstallierten einfachen Office-Anwendungen würden das an sich hübsch verpackte Gerätchen tatsächlich zu einem Evergreen werden lassen.

    Dass Apple sich darauf besinnt, darf getrost bezweifelt werden. Tatsächlich bringt es Apple inzwischen fertig, alle zwei Monate ein Versionsupdate seines iOS-Betriebssystems herauszubringen, das neben den obligatorischen Bugfixings zur Jailbreak-Abwehr eigentlich keine weiteren Innovationen mitbringt, die andere Mobilbetriebssysteme nicht schon längst können. Und als ob das nicht schon genügt, werden so „revolutionäre“ Dinge wie die Möglichkeit zur Erstellung von „HDR-Fotos“ implementiert. Pardon, interessiert kein Schwein.

    Es bleibt abzuwarten, wie sich die Konkurrenz anstellt und mit dem Paradigma umgeht, dem Benutzer nicht einfach ein Telefon-OS hinzustellen, sondern ein echtes, halbwegs vernetzbares, interoperables, zugängliches Gerät zu ermöglichen, mit dem sich einfach Daten austauschen lassen und das tatsächlich mehreren Benutzer im Haushalt einen Mehrwert bieten können.

    Ich sehe da tatsächlich kein wirkliches Zuhause für ein kaputtes Mini-OS wie Apples iOS, Googles Android oder ein auf 16-Bit-Prozessoren herunterdividiertes Linux. Tablets brauchen ein vernünftiges und „erwachsenes“ Betriebssystem und lediglich eine touch-fähige und bedienbare Oberfläche, mit der dann die Hardware wirklich harmonieren kann. Und dann funktioniert der Tablet-Markt am ehesten. Wenn überhaupt.

    Denn so Geräte wie das iPad tun für diesen Marktsegment nichts, außer auf eine eher seichte Metaebene zu unterhalten. Benutzer haben das Gerät in der Hand und tippen in der nun wirklich nicht originellen Notizblock-Anwendungen Texte. Malen unbeholfene Bilder mit einer Adobe-Anwendung, die den Anschein hat, aus der Entwicklungsumgebung eines Praktikanten zu kommen. Klimpern Klavier auf einer Klavieranwendung oder schauen sich in einer 3D-Demo an, wie schön die Welt sein könnte – ja wenn sie nicht reglementiert wäre.

    Sie ist es aber. Und so lange wir das nicht verstehen, dass ein disneyland-artiges Betriebssystemkonglomerat nun wirklich nicht geeignet dafür ist, eigene Ideen auszutüfteln und eigene Grenzen auszuloten, so lange werden wir auch weiterhin nur davon träumen, was in dem oben verlinkten Video passiert und nebenher weiterhin Dateien über iTunes in iPads stecken müssen.

  • Fiktion trifft Realität im ZDF.

    Als am Sonntag im eher ermüdenden Heute-Journal ein investigativ angehauchter Beitrag kam, in dem behauptet wurde, dass angeblich neue Informationen in Dänemark aufgetaucht seien, die eine vermutete Zusammenarbeit zwischen dem Autor Günther Wallraf und der DDR-Staatssicherheit nähren würden, war ich, ich gebe es zu, schon im Dämmerzustand. Ob das an der unsäglichen Maybrit Illner liegt, die im Stile einer Narkoseärztin Nachrichten verliest und dabei nervtötende Zischlaute wie ein defektes DECT-Mobilteil loslässt oder am Tatort, der kurz zuvor in der ARD verstrahlt wurde – keine Ahnung.

    Jedenfalls kam dieser Beitrag, der mit einem Interview eines Historikers der Süddänischen Universität namens Thomas Wegener Friis begann. Anmoderiert wurde dies von der Journalistin mit dem Satz, dass Friis die seltene Gelegenheit bekommen habe, einen Blick in das Archiv des dänischen Geheimdienstes zu werfen. Untermalt wurde diese Anmoderation mit einer 180°-Grad-Drehung um Herrn Friis herum, höchstwahrscheinlich am Ort des Geschehens. Dieses Bild endete mit der Sicht zum Gebäude, in dem sich, wenn man die Dramaturgie des Artikels richtig interpretiert, wohl das Archiv des dänischen Geheimdienstes befinden soll:

    Ein Gebäude von vielen auf dieser Welt. Allerdings nicht unbedingt für die Leute, die sonntagabends gern die vorwiegend skandinavischen oder britischen Krimis anschauen, die ironischerweise genau nach diesem Heute-Journal im ZDF ab 22 Uhr beginnen. Denn dieses Gebäude kommt in einer dänischen Krimiserie vor, nämlich in Livvagterne, die in Deutschland unter dem Titel „Protectors – Auf Leben und Tod“ geführt wird:

    Der runde Gebäudeteil ist im ZDF-Beitrag ganz hinten zu erkennen (Bild für eine Großansicht anklicken), sehr deutlich sind aber die vier großen Fensterfronten und die kleineren Fenster zu erkennen, die identisch mit dem Gebäude in der Fernsehserie ist. Dort ist dieses Gebäude übrigens das Hauptquartier einer Spezialeinheit des dänischen Geheimdienstes, die zum Personenschutz eingesetzt wird.

    Wer mal zu diesem Gebäude fahren möchte, here we go:
    Größere Kartenansicht

    Dass in Dänemark offensichtlich Fernsehserien über Geheimdienste auch vor echten Geheimdienstgebäuden gedreht werden dürfen, ist bemerkenswert, während hierzulande schon das Drehen von Dorfpolizeistuben einen mittelgroßen Verwaltungsakt auslösen. Unvergessen daher so Winkelzüge, dass beispielsweise Kommissar Bienzle keineswegs in einem Stuttgarter Polizeihochhaus seine Stube hatte, sondern im Gebäude des Südwestrundfunks. 😉

  • BlogCamp Switzerland 5 in Zürich.

    Mit Jan Theofel, Oliver Gassner, Oliver Sigrist und mir begab sich gestern Frühmorgen der Viererbob “Baden-Württemberg 1” in den Eislaufkanal in Richtung Süden, um um Punkt 10 Uhr im Technopark von Zürich auf der Matte zu stehen und dem fünften BlogCamp Switzerland die Aufwartung zu machen. Mit rund 100 angemeldeten Usern, von denen dann am Ende etwa 80 tatsächlich kamen, gehört das BlogCamp Switzerland eher zu den kleineren Barcamps. Wer jedoch die Unkonferenzartigkeit von Barcamps kennt, weiß, dass “weniger” nicht wirklich “weniger” bedeuten muss.

    So war es dann auch. Der Technopark in Zürich gab als Veranstaltungsort einen sehr modernen Charme ab, auch wenn das WLAN anfänglich etwas eierte, dann aber doch funktionierte. Intro und Outtro fanden in einem größeren Vorlesungssaal statt, dessen Name “Fortran” sehr deutlich zeigte, dass man sich im Technopark der Informatik bewusst zu sein scheint. Die eigentlichen Barcamp-Sessions fanden dann in vier Konferenzräumen statt. Oder nennen wir es lieber Hinterzimmer, denn pro Raum passten 30, 40 Teilnehmer hinein, die Vortragstische waren quasi direkt vorne an der Projektionswand und das VGA-Kabel auf dem Vortragstisch im Falle meines Vortrages in Raum C doch immerhin gewaltige 5 Zentimeter lang. 😉

    Dass das BlogCamp gut war, zeigte sich vor allem dadurch, dass alle 16 Sessionslots belegt wurden. Jeweils vier Sessions wurden gleichzeitig in vier Vortragsräumen gehalten und genau vier Zeitscheiben gab es. Zusammenfassung der von mir besuchten Sessions:

    “Facebook killed the Bloggerstar – Über die Zukunft von Blogs” von Ralph Hutter (@pixelfreund)

    Ralph Hutter hat in einem hübschen und flotten Vortrag eine These aufgeworfen, dass seiner Meinung nach Weblogs anfangen, zu einer aussterbenden oder zumindest zu einer kleiner werdenden Informationsmasse im Internet werden. Seine weiterführende These ist die, dass dies vor allem dadurch ausgelöst wird, dass gestandene Blogger, die in der Vergangenheit sehr viel gebloggt haben, immer mehr ihre “Schreibtätigkeit” auf Social Networks ausüben, wobei wir im deutschsprachigen Raum hier derzeit von Facebook reden.

    Allerdings, so Hutter, ist das Aussterben eher als “Marktbereinigung” zu sehen. Potentiell überleben Fachblogs und andere Arten von professionell betriebenen Weblogs eher und sorgen für eine höhere Informationsqualität. Damit geht sicherlich ein Stückweit der Charme der Blogosphäre flöten, der bisher vor allem von Meinungen und Inhalten Einzelner transportiert wurde.

    Seinen Vortrag gibt es auf seiner Website, inklusive einigen Bildern: Facebook killed the Bloggerstar

    “Bloggen im Bürgermeisterwahlkampf” von mir

    Politik 2.0 ist ein erwartungsgemäß ein Nischenthema, deshalb verirrten sich nur ca. 10 Teilnehmer in meine Session. Nichtsdestotrotz waren die Inputs gut, wichtig und interessant, zumal die Nachfrage, was nach der Wahl kommt, stärker im Fokus liegt, als ich “befürchtet” habe. Die entstandene Diskussion fließt daher nahtlos in das ein, was ich zu diesem Thema noch entwickeln will.

    Meinen Vortrag gibt es hier im Blog: Bloggen im Bürgermeisterwahlkampf

    “Channels for delivering health services” von Frank Calberg

    Was der in Zürich lebende Däne Frank Calberg beruflich genau macht, ist mir immer noch nicht ganz klar, aber: Selten habe ich einen so interessanten Vortrag gesehen, wie diesen. Calberg hat in seiner Session einen Überblick darüber gegeben, wie in Zukunft die Kommunikation zwischen Arzt und Patient ablaufen könnte und welche Beispiele es schon heute gibt.

    Und siehe da: Es gibt tatsächlich Lösungsansätze, die Patienteninformationen sinnvoll vernetzen können und von denen sowohl Patient, als auch Arzt profitieren können. Ergänzt durch innovative Arztkonzepte wie beispielsweise einem Ambulanzbus, der ähnlich wie eine fahrbare Bibliothek zu Patienten fahren kann  und eine vollständige Arztpraxis darstellt (hat mir sehr gut gefallen), könnte man tatsächlich die Gesundheitsbranche mit revolutionären Ideen fit machen für eine älter werdende Gesellschaft und Sorge dafür tragen, dass auch in ländlichen Gebieten die medizinische Versorgung sichergestellt werden kann.

    Ein echtes Session-Highlight, das auch davon lebte, dass zwar nur Frank Calberg, Jan Theofel und ich die Session bearbeiteten, aber dafür wir drei eine ausgiebige Diskussion führten.

    Da er seinen Vortrag in seinem Weblog nicht verlinkt hat, hier ein Link auf Slideshare, wo sich sein Vortrag befindet: Channels for delivering health services

    WordPress als Basis für eine Online-Zeitung von Ute Hauth

    Ute Hauth, Chefin des Unternehmens miradlo in Konstanz, hat in ihrer Session vorgestellt, wie mit WordPress eine Online-Zeitung realisiert werden kann. Die Online-Zeitung ist see-online.info und wird von der Journalistin Waltraud Kässer bestückt und das durchaus ambitioniert, denn mit bis zu zehn redaktionellen Artikeln bewegt man sich auf dem Niveau so manch einer Lokalzeitung.

    Fazit: WordPress packt das und ist auch für eine Online-Zeitung ein würdiges Redaktionssystem, das sich verhältnismäßig einfach erweitern lässt.

    BlogCamp-Fazit

    Schön war es, das kleine Team des BlogCamp Switzerland rund um Peter Hogenkamp herum hat gute und solide Arbeit geleistet. Klein, fein, nicht überladen und am Ende gab es noch ein nettes “Meet-Out” mit Schokolade aus dem Migros, einem von Frank Calberg gesponserten Kuchen und zwei Paletten 0,5-Liter-Dosenbier Löwenbräu. Letzteres hat zwar so gar nichts mit Zürich oder der Schweiz zu tun, verfehlte aber dennoch nicht seine Wirkung.

    Und Zürich ist um diese Jahreszeit eine Reise wert. Zufälligerweise war just gestern die Eröffnung des “Viadukts”, einer Art Einkaufszentrum, das auf mehreren hundert Metern unter den Bögen einer steinernen Bahnbrücke gebaut wurde und eine Reihe von interessanten und lustigen Geschäften beherbergt. Eine phantastische städtebauliche Idee inmitten eines Arbeiterviertels, die ich mir unbedingt nochmal in Ruhe anschauen muss. Dank an Sam Steiner und Markus Hegi, die uns spontan dorthin zum gemeinsamen Mittagessen mitnahmen.

  • Vortrag zum 5. BlogCamp Switzerland.

    Wenn wir nicht alle verschlafen haben, dürfte ich jetzt gerade auf dem Weg nach Zürich sein, um dort am fünften BlogCamp Switzerland teilzunehmen, bei dem ich als Rookie zum ersten Mal dabei bin. Hierzu habe ich einen Vortrag im Gepäck, der sich mit dem Thema Online-Campaigning im Bürgermeisterwahlkampf beschäftigt und eine Zusammenstellung der wichtigsten Erfahrungspunkte in Sachen Weblog beim Pforzheimer OB-Wahlkampf 2009 von Gert Hager darstellen soll. Wird ein hochkomprimierter Vortrag, bei dem ich mich, wie vorgestern schon befürchtet, schon etwas frage, wie ich das in 20 bis 30 Minuten unterbringen werde, aber wir fahren ja auch nicht in den Streichelzoo.

    Here we go, hier die PowerPoint-Vortragsunterlagen:

    View more presentations from besimk.

    Und hier als PDF: Vortragunterlagen „Bloggen im Bürgermeisterwahlkampf“

    Hinweis: Der Vortrag ist nicht im Namen von Gert Hager entstanden und damit kein offizielles Statement von ihm, der SPD oder der Stadt Pforzheim.

  • Von Horizonten in Parteien und Gesellschaften.

    Hach ja Thilo Sarrazin. Es ist Sommer, es ist wenig los, Thilo Sarrazin ist sowieso seit seinem Jobantritt bei der Bundesbank beruflich unterfordert und darüber hinaus in einem Alter, wo man langsam anfängt, auch den schrägsten Politiker abzuheften und zu vergessen. Im Grunde genommen – und damit könnte meine Rede eigentlich hier schon beendet sein – ist Thilo Sarrazin schon lange abgeheftet und seine Liste der politischen Erfolge ist gering. Eine auf dem Abstellgleis langsam wegfaulende Politikkarriere eines Berufsbremsers, der es irgendwie nie so richtig auf die Schnellbahntrassen geschafft hat.

    Was man bei der Mitarbeit in einer Partei immer berücksichtigen muss, ist der Umstand, dass eine Partei im Idealfall einen Spiegel der Gesellschaft darstellt. Da gibt es hochintelligente Menschen, aber auch eher einfach vernetzte. Der eine ist eher der ruhige Typ, der andere der karrieresüchtige Günstling. Die Begrifflichkeiten “Parteifreund” und “Parteifreundin” haben selten etwas damit zu tun, dass echte Freunde aufeinandertreffen, sondern eben Menschen, die Parteibücher der gleichen Partei besitzen.

    Thilo Sarrazin und wir reden darüber?

    Als ich vorletztes Wochenende in der Vorabveröffentlichung des SPIEGEL gesehen habe, dass der SPIEGEL aus dem kommenden Buch von Sarrazin passagenweise zitiert, habe ich durchaus auch Bauchschmerzen bekommen. Allerdings: Nicht deswegen, weil der SPIEGEL vorab aus einem unsäglichen Buch eines unsäglichen Menschen zitiert, sondern darum, dass es ein unsäglicher Mensch wieder unsägliche Theorien verkündet. Der SPIEGEL hat keine Schuld, der SPIEGEL ist ein Nachrichtenmagazin, das davon lebt, Dinge in die gesellschaftliche Diskussion einzuwerfen. Und das haben sie, wenn man sich die Vorgehensweise des SPIEGEL anschaut, genau so getan, wie ich es von einem Nachrichtenmagazin erwarte. Keine großporigen Vorankündigungen, keine Grundsatzdiskussionen im gleichen Heft, keine Rechtfertigung, keine Gegenreden, keine Zitate der üblichen Gegenredner, nichts.

    Dass der SPIEGEL weit davon entfernt ist, die Haltung von Sarrazin zu teilen, sieht man daran, dass in der nächsten Ausgabe (der von dieser Woche) gleich drei Autoren (davon zwei externe Autoren) drei Aufsätze geschrieben haben, die sich mit Gegenreden gegen Thilo Sarrazins Buch probieren.

    Was ein Problem wird, ist alles das, was andere Medien daraus machen. Suggestivfragen, die auf die kruden Thesen in einer Form wie “Können wir uns Ausländer leisten?” o.ä. aufbauen und wie man sie in der BILD, dem Fachorgan der Gehirntoten, zuhauf lesen konnte, sind da schon weit problematischer. Und dass so manch politische Talkshow es probierte, einem unterforderten Berufsgrantler, der von stinkenden Beamten redet, zu fetten Hartz-IV-Empfängern und unintegrierbaren Moslems, Paroli zu bieten, ist in vielen Fällen gründlich danebengegangen. Aber wir haben es bemerkt.

    Migration in der Gesellschaft

    Dazu muss ich gar nicht viel Worte verlieren, denn da ist meine Haltung altbekannt und in übrigens jeder Partei extrem unbeliebt. Migration ist eine Angelegenheit, die immer eine komplette Gesellschaft betreffen muss, wenn es eben Migration sein soll und nicht Assimilation. So weit, so schlecht, denn Migration war seit der Gastarbeitergeneration nie etwas, was bundespolitisch mit höherer Priorität gesegelt wurde, sondern es war immer ein Thema für “Pilotprojekte” oder “beispielhafte Aktionen”. Maximal Ländersache für Landespolitiker, die bei der fraktionsinternen Vergabe der Ausschussplätze bei drei nicht auf dem Baum waren oder für engagierte und sturmfeste Kommunalpolitiker. Oder eben auch für den Migranten selbst, der heutzutage in den höheren Ebenen der Politik einen ähnlichen Seltenheitswert hat, wie eine Giraffe im Pinguinhaus.

    Wir haben als Gesellschaft, die schon immer von Einwanderung gelebt habt, in den letzten 50 Jahren schlicht versagt. Da ist die Äußerung des SPD-Mannes Dieter Wiefelspütz, innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, dass die Integration das “Megathema der nächsten Jahre” sei, eine krasse Untertreibung und gleichzeitig eine obszöne Armutserklärung, die ich jedoch keinesfalls am armen Genossen Dieter festmachen will, weil keine Partei mit dem Thema Integration in den letzten Jahrzehnten halbwegs zugkräftig umgegangen ist. Denn: Integration ist schon seit 50 Jahren das “Megathema”, nur hat man es immer gern mit der Ausrede umschifft, dass “die Gastarbeiter ja irgendwann wieder zurückkehren werden”. Das tun sie in der Tat inzwischen, zumindest ist die Abwanderung von Türken inzwischen höher, als die Zuwanderung – allerdings tun sie es, weil die Türkei für Fachkräfte inzwischen stärker prosperiert, als Deutschland.

    Migration ist aus dieser Sicht daher keine Frage, das “Blut der Deutschen” zu retten, sondern eher eine Lösungsmöglichkeit dafür, langfristig überhaupt noch Blut in Mitteleuropa zu haben.

    Migration in Parteien

    Tatsächlich fängt Migration in der eigenen Partei an und damit ist gar nicht mal das Verhältnis zwischen Deutschen und Ausländern gemeint. Als Ortsvereinsvorsitzender, ein Amt, das mich in der SPD auch einmal bekleidet hat, ging es niemals darum, was für eine Abstammung ich hatte, sondern eher darum, wie ich als Vorsitzender bei Meinungsverschiedenheiten, die es in einer Partei sinnvollerweise immer hat, zuschaue, die Kluft zwischen Arm und Reich, Dumm und Klug, Apfel und Birne etc. am elegantesten so zu einer Melanche zusammenfrisiere, damit alle damit leben und als persönlichen Gewinn mit nach Hause nehmen können.

    Wohlgemerkt: Das ist keine Sache, die nur in der SPD vorkommt, sondern das ist ein Merkmal einer jeden, funktionierenden Partei. Mit offenem Ausländerhass bin ich weder in der SPD, noch aus den Kehlen von Mitgliedern anderer demokratischen Parteien konfrontiert worden. Wohl existiert aber ein latentes Unbehagen gegenüber Dingen, die man nicht wirklich kennt, wie es nun eben bei Menschen auftritt, deren Horizont – ob nun verschuldet oder unverschuldet, eher überschaubare Umfänge hat.

    Wer definiert Ordnung in einer Partei?

    Sagen wir mal so: Wenn ich wegen jedem Blödsinn, den ich in der SPD gehört habe, gegen den Autor des Blödsinnes ein Parteiordnungsverfahren angestrengt hätte, würde ich vermutlich nichts anderes mehr machen, als Begründungen für Parteiordnungsverfahren zu schreiben. Die Auswahl der SPD-Genossen, über die ich mich grundsätzlich aufregen könnte, geht dabei quer von Genossen aus dem Kreis bis hin in den Bundesvorstand.

    Nur, Gegenfrage: Was juckt es mich? Dass es Menschen gibt, die ich für Idioten halte, auf diesem Planeten existieren und ich ihnen damit rein faktisch gesehen auch das Recht eingestehen muss, zufälligerweise auch in der Partei zu sein, in der ich auch bin, ist Tatsache. Und dass es auch durchaus Mitglieder anderer Parteien gibt (ja, sogar der FDP), die ich potentiell besser leiden kann, als so manch SPD-Genossen, ist auch nicht wirklich eine Überraschung – weil es Normalität in unserem gemeinschaftlichen Leben ist. Mit der einen Nachbarin kannst du eben, mit der anderen überhaupt nicht. Ich fahre grundsätzlich defensiv Auto und habe deshalb auch wenig Ärger mit Polizei und Versicherung, obwohl ich BMW-Fahrer für durchgeknallte Fahrer halte, die übrigens das gleiche über Opel-Fahrer denken. So what?

    Ordnung ist da, wo es bei Diskursen nicht nahtlos zur Schlägerei kommt, das haben wir den Affen voraus. Zwar habe ich noch keine zünftige Parteikeilerei in der SPD erlebt, allerdings im Rahmen meiner berichterstattenden Tätigkeit als Kameraassistent in einer anderen Partei und weiß deshalb, dass Parteiarbeit mitunter eine Tätigkeit ist, die sehr tief verwurzelte Urinstinkte des Menschen anspricht.

    Man könnte nun sagen: Als vernünftige Partei, die nicht im Affenhaus tagt, sondern in Kongresszentren, könnte man ja durchaus vernünftig miteinander umgehen und sich ggf. ein Parteiprogramm geben und ein Status. Das ist richtig. Allerdings ist ein Statut dazu da, zu sorgen, dass nicht bei jeder fragwürdigen Entscheidung, die in jeder Partei zwangsläufig andauernd entstehen, sofort die Fäuste fliegen und das Parteiprogramm dazu, um es ständig zu hinterfragen. Beide haben miteinander relativ wenig zu tun und dürfen es auch gar nicht, wenn die Partei nicht zu einem Kuschelverein verkommen soll.

    Was also tun mit so durchgeknallten Leuten wie Thilo Sarrazin?

    Darüber reden, die wilden Thesen mit vernünftigen Argumenten untermauern oder gegenreden und zur Not solche Leute als vollkommen bescheuerte Idioten titulieren, wie ich es möglicherweise in diesem Fall auch tun würde, weil Thilo Sarrazin vordergründig Missstände darstellen will, diese aber mit Angstthesen umwickelt, sie mit widerlegbaren Zahlen zu untermauern versucht und darüber hinaus keine Lösungsmöglichkeiten aufzeigt, wie ich es von einem politischen Menschen oder gar einem Politiker erwarten würde. Solche Menschen nennt man anderswo auch einfach “Poleten” und gut ist.

    Ihn dafür zu entfernen, weil wir als SPD uns für ihn in irgendeiner Form schämen müssten? Dann müssten wir die halbe Partei hinauswerfen und würden spätestens dann merken, dass die restliche Hälfte dann auch noch geht, weil es keinen Spaß mehr macht.

    Und nochmal: Ist in keiner anderen, demokratischen Partei, egal ob in Deutschland oder in irgendeiner anderen Bananenrepublik, absolut genauso. Wer Liebe und Zuneigung will, und damit bediene ich mich einem sehr alten Zitat, das ich just in einem Parteitag erdacht habe, kauft sich am besten eine Packung Tierfutter und geht in den Streichelzoo, Ziegen füttern.

    Thilo Sarrazin. 65 Jahre alt, kurz vor der Rente. Halbbegabter Landespolitiker, launisch, fern jeglicher Gesellschaft. Lautes Buch geschrieben, laut gebrüllt, daneben gebrüllt, mitten im Gegenwind, zieht den Schwanz ein, gibt den Geläuterten, fliegt vermutlich aus dem warmen Sessel eines geschenkten Vorstandjobs und behält möglicherweise ein Parteibuch doch nicht bis zum bitteren Ende.

    Was stört mich Thilo Sarrazin?

  • Vortrag auf dem BlogCamp Switzerland.

    Am Samstag findet in Zürich das fünfte BlogCamp Switzerland statt. Oliver Sigrist und ich nehmen erstmals daran teil und werden am Samstag in tiefster Frühe unsere Pferde satteln und hinreiten.

    Da das Barcamp-Konzept von der aktiven Partizipation der Teilnehmer lebt, bringen wir etwas mit, nämlich einen Vortrag. Dieser Vortrag wird sich um ein schon etwas älteres Thema drehen, das mir nach wie vor sehr am Herzen liegt, nämlich das Bloggen im Bürgermeisterwahlkampf. Bei 20 bis 30 Minuten Vortragszeit wird das zwar ein Schnellsprechmarathon, aber am Thema soll es nicht scheitern. Die Vortragsunterlagen werden dann am Samstag hier noch veröffentlicht, derzeit bin ich noch dabei, die letzten Dinge einzuarbeiten und das Ding noch etwas aufzuhübschen.

    Und für diesen Vortrag ist es ausnahmsweise noch gut, dass die alte Wahlkampfseite des schon längst gewählten Oberbürgermeister Gert Hager noch online ist, was sich jedoch, so viel sei verraten, demnächst ändern wird. Wer also noch klauen will, so wie das einst die CDU Pforzheim etwas unprofessionell getan hat: Jetzt ist die beste Gelegenheit dazu.

  • Urlaubsvertretungsbloggen.

    Der Science-Fiction-Autor John Scalzi ist gleich in mehrfacher Hinsicht mein Premierenmann des Monats. Zum einen ist er nach langer Zeit der erste noch lebende Autor, von dem ich ein Science-Fiction-Roman gelesen habe, nämlich „Zwischen den Sternen“ (Affiliate-Link). Zum anderen war es das erste Buch, das ein eBook war und auf dem iPad gelesen wurde. Kein wirklicher Genuss, aber dazu demnächst mehr.

    Und zum dritten ist John Scalzi ein moderner Autor, der seit 2002 exzessiv bloggt. Und das nicht einfach nur zu PR-Zwecken in homöopathischen Dosen, sondern direkt auf seiner Website unter http://whatever.scalzi.com und dort richtig viel und unwiderstehlich gut. Wenn man sich Autoren – und vor allem Science-Fiction-Autoren – als eher eigenbrödlerische, stille und seltsam tickende Menschen vorstellt, ist John Scalzi vermutlich genau das Gegenteil. Er schreibt über dies und das, Fotos von Sonnenuntergängen, aus dem Homeoffice, von seiner augenscheinlich bloggenden Katze und er kommentiert Science Fiction. Dass seine Artikel eifrig kommentiert werden, ist ein starker Gradmesser dafür, dass Scalzi es begriffen haben muss, wie man in modernen Zeiten vernünftig mit seinen Konsumenten kommuniziert. Scalzi twittert auch und hat dort immerhin auch über 13.000 Follower, aber sein Meisterstück gibt er zweifellos im Weblog ab.

    Vom 1. August bis Mitte September ist Scalzi im Urlaub. Wow, denkt sich jetzt der geneigte Leser, das muss ja furchtbar interessant sein, wenn Besim das bloggt. Scalzi aber mottet sein Weblog nicht einfach so lange ein, sondern lässt „vertretungsbloggen“ von vier „Aushilfsbloggern“, die er vorher angesprochen und zum Schreiben aquiriert hat. Und das ist eine beneidenswert gute Idee, denn es kommt Input ins Weblog, den Scalzi allein nicht packt und der teilweise auch so gar nichts mit Science-Fiction zu tun hat, aber dennoch interessante Ansichten vermittelt.

    Urlaubsvertretungsbloggen. Interessante Idee. Muss ich mir mal weiter den Kopf darüber zerbrechen, was wir auch dem Thema so machen könnten.

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