• Zur deutschen „Wired“.

    Natürlich hätte ich es besser wissen können. Die deutsche Ausgabe von „Wired“ kann nicht eine grundlegend andere „Wired“ sein, wie das amerikanische Original. Ein Magazin, das von vielen so genannten Geeks geschrieben wird und sich an Wannabe-Geeks richten soll. An die Kategorie von Möchte-gern-Geeks, die vom neuesten Nippes und Gadget in den üblichen Kanälen noch nichts mitbekommen haben und im Gegensatz zu den echten Geeks den Krempel, der da angeboten wird, potentiell auch viel eher kaufen geht. Demzufolge überrascht es überhaupt nicht, dass die Erstausgabe der deutschen „Wired“ nicht im Einzelverkauf erhältlich ist, sondern als Beilage zur Zeitschrift „GQ“ erscheint, einem der bunten und glücklicherweise völlig belanglosen Magazine für so genannte Männer.

    So überraschen die Artikel, die nichts mit Netzkultur zu tun haben, auch überhaupt nicht. Von einem „Wissenschaftler, der in einem 140 Jahre alten Labor versucht, den besten Gin der Welt zu brennen“. Oder einem Artikel, der in gefühlten fünf Sätzen erklären möchte, wie „nasse Hunde, Ratten und Bären helfen, die perfekte Waschmaschine zu konstruieren“. Das ist DMAX-Niveau, wobei glücklicherweise (noch) die American Chopper und die ganz furchtbaren Ludolfs fehlen.

    Die wirklich interessanten Geschichten erkennt man sehr einfach: Es sind allsamt bereits in der Blogosphäre bekannte Gesichter, die auch in der „Wired“ keine grundsätzlich andere Haltung darlegen und deren „Wired“-Artikel vermutlich zu den kürzesten Artikeln gehören, die sie je geschrieben haben. Die einzig wirklich interessante Rubrik, die „Fünf Stimmen“, in denen fünf Kolumnisten über „eine neue Zeit und ihre Menschen“ philosophieren, hat einen guten Ansatz, der allerdings nicht über die reicht berichterstattende Erklärweise hinausreicht. Doch halt: An einer Stelle wird es dann doch fast philosophisch: Bei einer Vorstellung von Menschen, die mutmaßlich die Welt verändern wollen und offenkundig daher als Geeks tituliert werden und denen das Magazin in bester Schlagzeilenmanier die Welt geben möchte.

    Der Rest der elektronischen Ausgabe auf dem iPad, die ich gekauft habe, ist hochgradig nerviges Geklickere, Gezapple und akustisch nervtötendes Generve, das das Ding auf schlappe 660 Megabyte aufbläht. Und penetrante BMW-Werbung mit Autos, die es nicht zu kaufen gibt. Aber das ist dann schon wieder für viele Menschen geekig genug.

    Die deutsche „Wired“ braucht, so wie das amerikanische Original, schlicht kein Mensch, weil sie trotz vieler Seiten, bunten Bildern und einem hier und da recht kreativen Layout eigentlich nichts sagt, was man als die vermeintliche Zielgruppe nicht schon mal im Web irgendwo gelesen hätte. Und daher ist die „Wired“ eher ein Magazin für Menschen, die sich dazugehörig fühlen, aber möglichst keinen Aufwand betreiben wollen oder von alldem keine Ahnung haben, aber etwas hippes Papier auf dem Interlübke-Regal ausgelegt sehen wollen.

  • Obama 2012 – Start eines Wahlkampfdossiers.

    Im Januar 2009, kurz nachdem Barack Obama als US-Präsident eingeführt wurde und wir in Pforzheim mit dem Oberbürgermeisterwahlkampf angefangen haben, ist mir eines sehr unangenehm aufgefallen: Da habe ich nun fast ein Jahr lang den Online-Wahlkampf von Barack Obama als Zuschauer mit begleitet, einige sehr interessante Beobachtungen gemacht, viele Dinge gelernt und einige Rückschlüsse gezogen und hatte kaum Notizen und Screenshots. Das habe ich zwar dann noch im Januar nachgeholt, aber eine zentrale Erkenntnis war, dass das Online-Campaigning von Barack Obama ständig in Bewegung war. Und Bewegung bedeutet, dass vieles, mit dem begonnen wurde, schon während des Wahlkampfes eingestampft wurde und neue Dinge an den Start gingen.

    Das passiert mir nicht noch einmal, zumal mit dem kommenden Wahlkampf von Obama sicherlich wieder Kampagnengeschichte geschrieben wird. Ich habe deshalb beschlossen, hier in meinem Weblog ein Wahlkampfdossier zu beginnen, in dem ich Dinge aus dem kommenden Wahlkampf von Barack Obama thematisiere. Das wird sicherlich kein komplettes Wahlkampfhandbuch, was dank der kulturellen Unterschiede (sehr, sehr vorsichtig ausgedrückt) auch nicht sonderlich nützlich wäre. Augenmerk will ich auf die Kernpunkte legen und vor allem versuchen, die zeitliche Organisation der einzelnen Stadien nachzuvollziehen. Und natürlich: Screenshots, Screenshots, Screenshots.

    Erkennbar wird das Dossier am Kampagnenlogo, mit dem ich die Artikel kennzeichnen werde.


    Alle Teile meines Dossiers zu Obama 2012 unter dem Stichwort „Obama 2012“.

  • Der 11. September 2001.

    Der 11. September 2001 ist so ein Tag, der sich, um mal eine häufig verwendete Formulierung zu verwenden, „tief in das kollektive Gedächtnis der Menschheit eingebrannt hat“. Also, sprechen wir darüber und rekapitulieren den Tag, so belanglos er für viele Menschen auch war. Ein bis dato völlig normaler Dienstag, 11. September 2001. Schreibt darüber, ihr habt noch zwei Tage Zeit.

    Der 11. September 2001 war im Büro ein relativ ereignisloser Tag. Am Wochenende zuvor fand in Pforzheim eine Schmuckmesse statt und am Vormittag kümmerte ich mich darum, die dort eingesetzt und am Vortag abgebaute Hardware wieder „plattzumachen“ und in unser Lager zurückzuräumen. Der Nachmittag kündigte sich als ein zunächst langweiliger Dienstagnachmittag an.

    Das erste, was mich gegen 15 Uhr wunderte, war, dass der obligatorische Blick auf die Website von SPIEGEL Online plötzlich nicht mehr so wollte, wie gewünscht. Der erste Aufruf funktionierte gar nicht mehr, danach kamen bruchstückenhaft mal die Titelzeile, mal einzelne Bilder. Die nächste Nachrichten-Website funktionierte ebenfalls nicht und als Systemadministrator macht man dann eben eine Konsole auf und schaut sich mal mit ping, traceroute und ein Blick auf die Routingtabelle die Online-Welt mal von der untersten Ebene an, ob nicht irgendetwas im Netzwerk im Argen liegt. Lag es nicht, zumindest nicht bei uns.

    Der wahre Grund wurde klar, als dann SPIEGEL Online eine halbwegs vollständige Seite übermittelte. Das erste Bild vom World Trade Center mit dem rauchenden Nordturm ist wohl einer der Web-Bilder, die sich in vielen Köpfen zu diesem Zeitpunkt fest eingebrannt haben. Und tatsächlich dachte man zunächst an einen fatalen Unfall, was schon schlimm genug war – aus der damaligen Gedankenperspektive. Nebenbei telefonierte ich mit einer Dame einer Beratungsfirma, die für eine Vortragsserie Fachleute zu irgendeinem Thema suchte und aus unerfindlichen Gründen auf mich gekommen war. Man unterhielt sich angeregt, im Hintergrund eben die ersten gegenseitigen Fragen: „Haben Sie schon gehört?“ – „Was da wohl passiert sein könnte?“

    Man darf nicht vergessen: Wikipedia – gab es nicht. Google News – gab es nicht. Facebook, Twitter und Co. – Zukunftsmusik. Wir hatten weitgehend nur unsere Nachrichten-Websites. Sehr schnell zeigte sich, dass wir in unserem hochvernetzten Büro so ziemlich alleine standen. Kein Radio, kein Fernsehen und alle Nachrichten-Websites standen komplett unter Last und waren nicht erreichbar. Schöne neue Welt. Ich warf dann meinen IRC-Client an und walkte etwas im IRCNet herum. In meinem „Stamm-Kanal“ namens „#stuttgart“ gab es dann Hinweise auf diverse IRC-Channels, in denen von Freiwilligen eine Berichterstattung geliefert wurde. Und diese Kanäle waren damals in riesigen Dimensionen gefüllt, mehrere tausend rein lesende IRC-Nutzer, einige wenige „Ops“, die schrieben.

    Ich mag heute nicht mehr bewerten, was an Information über diese Kanäle im Kopf landete oder nicht, dazu ist die Zeit viel zu weit weg und die immer schlimmer werdenden Eindrücke waren zu stark, um es noch auf die tatsächliche Informationsquelle zurückzuführen. Der Nachmittag hatte aber jedes Potential, um so richtig mies zu werden. Mein Chef lag mit einer Erkältung zu Hause flach und irgendwann gegen 16 Uhr rief er im Büro an. Er hatte einen Fernseher zu Hause und berichtete in wenigen Worten die Situation. Beide Türme eingestürzt, das Pentagon brennt, viertes Flugzeug offenbar abgestürzt, deprimierende Bilder, überschlagende Nachrichtenlage, ganz schlimm. Seine deprimierte Stimmlage bei diesem Telefongespräch ist auch so ein Splitter, der diesen Tag im Nachhinein charakterisierte.

    Was gespenstisch war an diesem Tag: Nach 15 Uhr passierte nichts mehr. Niemand rief mehr an, es kamen keine Mails mehr (was nicht an der Technik lag), im Büro sprach keiner mehr, draußen ebbte auf der ansonsten starkbefahrenen Kreuzung der Verkehr ab und der Parkplatz vor dem Supermarkt war ab 16 Uhr leer. Dass sich Menschen bei Großkatastrophen kollektiv zurückziehen und instinktiv nach Hause zu gehen scheinen, das habe ich an diesem Tag eindrucksvoll erlebt. Um 17 Uhr zogen wir dann, ebenfalls eine Geschichte, die danach nie wieder vorkam, den Stecker und machten kollektiv das Büro zu. Ein Anruf bei meinem Chef, dass wir jetzt einfach nur noch gehen wollen und er nicht einen Augenblick zögerte. Ja, geht nach Hause.

  • Entstörung in Sachen Bluetooth-Maus.

    Dass ich jemals außerhalb der Telefonwelt mal den Begriff „Entstörung“ verwende… 🙂

    Anyway… ich habe mir vor einer Weile eine Bluetooth-Maus für mein Notebook gekauft. Anforderung dabei war, dass die Maus ohne Bluetooth-Dongle zu kommen hat, immerhin hat mein HP Elitebook einen eingebauten Bluetooth-Empfänger und wegen eigenwilliger Produktpolitik eines Mausherstellers baue ich hier keine zusätzlichen Bluetooth-Netzwerke auf. Die Wahl fiel daher auf eine Microsoft-Maus, nämlich eine „Microsoft Bluetooth Notebook Mouse 5000 v1.0“, die ich stolz für schlappe 5 Euro bei eBay ersteigert habe. Dort verkauft mit dem Hinweis, dass sie Spirenzien machen würde und deshalb als kaputt verkauft wird.

    Die Maus selbst war dann tatsächlich nagelneu und unbenutzt und funktioniert seitdem auch einwandfrei. Das Problem war auch sehr einfach einzugrenzen und dürfte so vermutlich häufig auftreten. Es hat nämlich etwas mit Stand-By, Hibernation und der Energieverwaltung zu tun, also dem Wiederauferstehen einer schlafengelegten Windows-Sitzung.

    Das Problem macht sich folgendermaßen bemerkbar: Hat man eine Windows-Sitzung frisch gestartet, funktioniert die Maus ohne Probleme. Die Probleme tauchen erst auf, wenn eine Windows-Sitzung mit Stand-By oder Hibernation eingefroren und wieder gestartet wurde. Da funktionieren Mäuse ohne Dongles nicht mehr so zuverlässig und verlieren gern einmal die Verbindung. Das kann man dann akut nur noch dadurch beheben, in dem man die Bluetooth-Schnittstelle in der Windows-Sitzung hardware-seitig und dann auch noch die Bluetooth-Maus neu startet. Und selbst dann dauert es meist nicht lange, bis die Maus schon wieder nicht funktioniert.

    Das Rätsels Lösung ist ein rein notebook-technisches, nämlich das Energiesparen. Standardmäßig sind auch die Netzwerkschnittstellen in die Energiesparpläne von Windows eingebunden und werden beispielsweise bei Nichtnutzung – je nach Energiesparplan – vorübergehend deaktiviert. Das mag mitunter nicht jede Bluetooth-Maus, weshalb übrigens einige Maushersteller gern eigene Dongles liefern, um genau hier nicht in solche Schwierigkeiten zu tappen.

    Dabei ist die Lösung eigentlich sehr, sehr einfach. Im Geräte-Manager lässt sich für jedes Peripheriegerät die Berechtigung für Windows in Sachen Energieverwaltung separat konfigurieren. Und erfahrungsgemäß ist die Bluetooth-Schnittstelle kein wirklicher Energiefresser, zumal sich bei allen gängigen Notebooks die Funkschnittstelle nochmal gesondert deaktivieren lässt und das auch für die Bluetooth-Schnittstelle gilt, unabhängig davon, ob sie aus der windowsschen Energieverwaltung genommen wurde oder nicht.

    Aber nun eine Kurzanleitung für Windows Vista und 7, wie man die Bluetooth-Schnittstelle aus der Windows-Energieverwaltung nimmt:

    1. Klick auf den Start-Button.
    2. Im Startmenü rechte Maustaste auf „Computer“.
    3. Dort „Eigenschaften“ auswählen, es öffnet sich das „Basisinformationsfenster“.
    4. In diesem Fenster dann links auf „Geräte-Manager“, es öffnet sich derselbige.
    5. Im Geräte-Manager gibt es dann eine Gruppe namens „Bluetooth-Funkgerät, die mit einem Klick auf das vorangehende Pluszeichen aufklappen.
    6. Das Bluetooth-Gerät des Notebooks mit der rechten Maustaste anklicken, „Eigenschaften“ auswählen.
    7. Im Eigenschaftsfenster ganz rechts den Reiter „Energieverwaltung“ auswählen.
    8. Dort gib es dann den Punkt „Computer kann das Gerät ausschalten, um Energie zu sparen“. Hier den Haken raus, alles mit OK bestätigen, Geräte-Manager wieder schließen.
    9. Glücklich sein.

     

  • Google Tasks auf iOS und Android.

    Einer der Dinge, die mich  von Anfang an in Apples Mobilbetriebssystem iOS und auch in Android gestört haben, war eine fehlende ToDo-Verwaltung. Es ist mir unverständlich, wie man ansonsten alle PIM-Anwendungen wie Kalender, Kontakte, Notizzettel integrieren kann, dann aber eine simple ToDo-Verwaltung außen vor lässt.

    Das Ergebnis auf beiden Plattformen ist dementsprechend desolat: Es blühen die Todo-Anwendungen von Drittanbietern und sie blühen in der Regel mehr schlecht als recht. Die eine Gruppe an solchen Apps macht es mit der Verwaltung entweder zu einfach oder viel zu kompliziert, die meisten Apps synchronisieren mit keinem gängigen Dienst und die wenigsten Apps sind kostenlos und im Gegenzug dafür sogar richtig unverschämt teuer. ToDo-Verwalten für 5 oder gar mehr Euro?

    Meine private und geschäftliche ToDo-Verwaltung läuft unter Google Tasks, das von Google bis vor kurzem noch ziemlich stiefmütterlich behandelt wurde, inzwischen aber sogar eine offizielle API hat. Wenn man mit dem Umstand lebt, dass Google Tasks kein eigenes Webinterface hat und derzeit nur via Google Mail oder über ein Widget in iGoogle bedienbar ist, kann man damit ganz gut leben. Seine Klasse spielt Google Tasks schon allein dadurch aus, dass es extrem simpel ist und die Verschachtelung von Aufgaben einfach dadurch realisiert, in dem Aufgaben einfach „unter“ bestehende Aufgaben geschoben werden und mit frei definierbaren Aufgabenkategorien gearbeitet werden kann. An umfangreiche Priorisierungen hat man einfach keinen Gedanken verschwendet, das realisiert man einfach durch das Verschieben von Aufgaben nach oben oder nach unten oder vergibt Aufgaben einen festen Fälligkeitstermin. So einfach kann es gehen.

    Wenn man Google Tasks mit einer iOS- oder Android-App synchronisieren will, fällt glücklicherweise der größte Teil der ToDo-Apps gleich durchs Raster – die meisten nutzen Google Tasks nicht zum synchronisieren. Das macht die Auswahl dann auch gleich leichter. Gelandet bin ich dann bei zwei Apps namens „GoTasks“. Witzigerweise heißt nämlich die beste App für die Synchronisierung von Google Tasks für iOS genauso wie die App für Android, obwohl beide Apps miteinander nichts zu tun haben und jede App von einem anderen Programmierer gepflegt wird, die dann wiederum aber beides Russen sind. Zufälle.

    Beide Apps kosten nichts, beide sind werbefrei, beide funktionieren sowohl auf Smartphones, als auch auf Tablets und beide funktionieren zuverlässig, auch mit Google-Apps-Konten:

    Einen kleinen Wermutstropfen gibt es lediglich für GoTasks für Android: Offenbar lässt sich die App nicht auf allen Android-Gerätschaften finden. Auf meinem Samsung Galaxy S2 mit Android 2.3.4 ist es nicht auffindbar und im Web-Market wird angezeigt, dass mein Gerät nicht kompatibel sei. Es funktioniert aber, wenn man die App schon vorher installiert hat, sie ist also soweit kompatibel. Falls jemand mit Android die App nicht findet, bitte einfach mal kurz melden.

  • Ikea-Katalog auf dem iPad in Übergröße.

    Den Ikea-Katalog gibt es nun auch auf dem iPad. Nachdem der geneigte Selbstschrauber letztes Jahr schon das zweifelhafte Vergnügen hatte, den Katalog auf dem iPhone in Briefmarkengröße zu bestaunen, nun also in einem dem echten Katalog würdigeren Format. Die App selbst ist drei Megabyte groß. Der nachzuladende Katalog dann doch ein Tick größer, auch wenn nicht wirklich 1 Petabyte:

    Wirklich viel angenehmer ist der Download aber auch dann nicht, auch wenn man richtigerweise das „MB“ gegen „Bytes“ ausgewechselt hat. Immerhin gilt der Katalog ein Jahr lang.

  • Kein Fundamentalismus bei der Diskussion zur Vorratsdatenspeicherung!

    Ich habe es ja insgeheim so kommen sehen. Nach der Notbremse des Bundesverfassungsgerichts, die Vorratsdatenspeicherung komplett so lange auszusetzen, bis eine verfassungsverträglichere Neuregelung entworfen und am Start ist, würde es extrem schwierig werden, überhaupt wieder zu einer Speicherung von Verkehrsdaten zu kommen. Auf Fundamentalisten auf allen Seiten ist da Verlass.

    Und da sind wir dann auch angekommen. Bei jeglicher Diskussion darüber, ob und wie lange man Verkehrsdaten speichern soll, findet sich eine ziemlich genau umgrenzte Gruppe von so genannten Netzaktivisten, die lauthals „Jehova!“ rufen und den absoluten Worst Case – nämlich gar keine Verkehrsdaten zu haben – als weiterhin begehrenswerten Zustand zu erhalten und vermischen hier wirklich alles. Der Begriff „Vekehrsdaten“ ist dabei herrlich einfach, man müssen schlicht verbieten, Verkehrsdaten zu speichern. Und das ist keine wirklich gute Idee, weil genau diese Forderung den Schäubles, Zensursulas und Friedrichs dieser Welt in ihrer in Endlosschleifen gesungenen Das-Internet-darf-kein-rechtsfreier-Raum-sein-Schlager in die Hände spielt.

    Wir Netzaktivisten wollen keine Daten gespeichert haben. Die Leute, die von der Gesellschaft Angst haben und zufälligerweise an der Macht sind, wollen alle Daten gespeichert sehen. Irgendwo in der Mitte müssen wir uns treffen. Das ist Demokratie.

    Wir müssen die Grundlagen dafür schaffen, dass Ermittlungsbehörden im Ernstfall tatsächlich ein Datenbestand zur Verfügung steht, mit dem bei einer konkreten oder möglichen Straftat durch die Analyse von Verkehrsdaten aus Telekommunikationsdiensten eine Ermittlungs möglich sind. Dazu gehört – meiner Meinung nach – die zeitlich genau definierte Speicherung und Bereithaltung von reinen Verbindungsdaten beim jeweiligen Diensteanbieter  (da hatten wir einst einmal mal die 80 Tage, mit denen alle sehr gut leben konnten). Damit lässt sich ein Großteil von Straftaten zumindest soweit nachvollziehen, dass man auf den Besitzer des Zuganges kommen kann. 80 Tage halte ich auch nicht für daneben, es hat sich in meiner Erfahrung als Systemadministrator, der hin und wieder Auskunftsanfragen von Ermittlungsbehörden bearbeitet hat, gezeigt, dass dies eine ausreichende Zeit für Ermittlungsbehörden ist.

    Alles, was darüber hinausgeht, ist dann eine Geschichte, die im Einzelfall durch Ermittlungsbehörden nur mit richterlichem Beschluss eingefordert werden darf und immer zeitlich beschränkt sein muss. Dazu gehören Abhörmaßnahmen, die Speicherung von erweiterten Verkehrsdaten wie Positionsdaten von Handys oder Zugriffe auf Postfächer o.ä. Das sind nach allgemeiner Auffassung nämlich immer massive Eingriffe in die Privatsphäre von Benutzern und die haben immer Ausnahmen zu bleiben. Und wir müssen vor allem weg von der unsäglichen Eselei, dass Vorratsdatenspeicherung immer noch unter dem Freifahrtschein namens „Terrorismusabwehr“ fährt. „Terrorismusabwehr“ hat in diesem Komplex nichts mit klassischer Strafaufklärung zu tun, sondern hier werden einfach nur Daten der gesamten Bevölkerung auf Halde gesammelt. Und das darf nicht sein. Wo Datenberge vor sich hinfaulen, da finden sich auch die Mistkäfer sehr schnell.

    Sprich: Etwas weniger Privacy-Paranoia von Seiten der Netzaktivisten und etwas mehr Konsens führt zu viel mehr, als totaler Keine-Daten-Fundamentalismus. Mit der letztgenannten Haltung werden wir von den Law-and-Order-Politikern viel zu einfach abgekanzelt und kaltgestellt.

  • Das gefährliche Outsourcen der Steuerhoheit.

    In der inzwischen unsäglichen E10-Thematik, bei der niemand mehr so richtig durchblickt, wer was wem aufgrund welcher Verfehlungen zu zahlen hat, ärgert mich ein Umstand, der sehr gefährlich für unsere Gesellschaft ist. Das leichtfertige Weggeben der Steuerhoheit an Unternehmen.

    Da nun offenbar genügend Autofahrer in Deutschland tatsächlich so doof sind, nicht den günstigeren und weitgehend gleichwertigen E10-Kraftstoff in ihr Auto zu tanken, verkaufen die Mineralölkonzerne nachvollziehbar weniger E10-Kraftstoff und müssen sich auf „Strafzahlungen“ einstellen, die der Gesetzgeber festgelegt hat, wenn ein bestimmter Prozentsatz der Gesamtmenge an verkauftem Kraftstoff nicht mit E10 gedeckt wird. Die Debatte, dass Mineralölkonzerne diese Strafgelder bei ihren Kunden einholen müssen, ist dabei selbstverständlich eine reine Scheindebatte, denn woher sollen diese Strafgelder denn auch sonst kommen?

    Dass die Käufer von E10-Kraftstoff nun über die Hintertüre die Dummheit der Nicht-E10-Käufer bezahlen, ist dabei nur ein Nebenaspekt, der den eigentlichen Skandal geschickt übertönt: Diese Strafzahlungen, die ja direkt an den Staat gehen, sind nämlich nichts anderes wie verdeckte Steuern. Und diese Steuereinnahmen haben den überaus netten Charme, dass der Staat diese Steuern sehr bequem direkt von den Mineralölkonzernen erhält.

    Und es geht weiter: Tatsächlich ist nämlich in diesem Fall nicht nur das Kassieren von Steuern sehr hübsch outgesourced, sondern auch gleich die Steuerhoheit.

    • Bewerben die Mineralölkonzerne den E10-Kraftstoff gut, haben sie logischerweise höhere Marketingausgaben, die sie mit einem Kraftstoff gegenfinanzieren müssen, der ihnen weniger Geld einbringt.
    • Bewerben die Mineralölkonzerne den E10-Kraftstoff nicht gut (und das tun sie aktuell offenkundig nicht), verkaufen sie weiterhin den teuren „normalen“ Kraftstoff, holen sich so einfach mehr Geld vom Kunden und kaufen sich damit frei. Und der Staat verdient auch gleich noch doppelt, nämlich mit den Strafzahlungen und den höheren Steuereinnahmen für den teureren „normalen“ verkauften Kraftstoff.

    Der autofahrende Bürger ist – und das muss man sehr deutlich so sagen – in bester, neoliberaler Denke an die Mineralölkonzerne verkauft worden und die machen jetzt einfach das, was am billigsten für sie ist.

  • Steuern versus Almosen.

    Dass sich auch in Deutschland früher oder später eine Gruppe von Superreichen über die funktionslose Steuerpolitik für ihre Kaste beschwert und den Staat sogar darum bittet, sie endlich vernünftig und höher zu besteuern, war absehbar. Der Hintergedanke ist mehrschichtig, aber sicherlich weiß auch jeder Superreiche, dass sich Straßen und Schulen nicht von allein bauen und dass eine immer stärker hervortretende Steuerungerechtigkeit in einer offenen Gesellschaft vor allem die Superreichen bedroht.

    Dass sich die FDP, die inzwischen weitgehend belanglose Partei der ahnungslosen, uncharismatischen Jungpolitiker und der Wirtschaftsanbiederer, hier auf die Position stellt, dass die Steuergesetzgebung für Superreiche in Ordnung sei und die ja, wenn sie Bedarf nach stärkerer gesellschaftlicher Mitfinanzierung hätten, einfach  Geld an die Staatskasse überweisen können, war durchschaubar und ist vor allem eines: Erschreckend, entlarvend, undemokratisch, menschenverachtend und abscheulich.

    Nee, FDP, Almosen sind und dürfen in einem demokratischen Staat kein Ersatz für Steuern sein, niemals. Nur mit Steuern kann sichergestellt werden, dass jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten das zur Staatsfinanzierung beiträgt, was von der Gesellschaft festgelegt wird. Nur mit Steuern ist sichergestellt, dass sich jeder weitgehend darauf verlassen kann, dass auch der Herr Nachbar genauso behandelt wird. Und nur mit Steuern ist sichergestellt, dass Bedürftige, die Hilfsgelder vom Staat erhalten, dies auch auf eine würdige und vor allem weitgehend neutrale und transparente Weise erhalten und nicht von Almosen und deren Gebern abhängig sind.

    Wenn man sich anschauen möchte, wie Almosen eben nicht zur Verbesserung von Lebensumständen dienen, muss man in die klassische Hungerhilfe schauen, die vor allem dadurch geprägt ist, in Nothilfemaßnahmen Nahrungsmittel von einem Punkt der Erde in einen anderen zu schaffen. Davon werden Mägen satt, aber keine Existenzen gegründet. Und vor allem auch niemand vor Ort davon bestärkt, sich mit einer vernünftigen Entwicklungshilfe selbst auf die Beine zu helfen. Wer Entwicklungshilfe kürzt, Almosen stärkt und sich im Selbstverständnis immer noch solidarisch und barmherzig sieht, missbraucht die Begrifflichkeiten Solidarität und Barmherzigkeit gewaltig. Das ist aber tatsächlich der Neoliberalismus in seiner reinsten Form.

    Ein anderes Beispiel ist da noch viel anschaulicher: Die Weltreligionen, und zwar allesamt. Almosen dienen dort nur auf den ersten Blick als Hilfen für Bedürftige, denn auf dem zweiten Blick sind sie nichts anderes wie Instrumente zur Sühne, gesteuert von Religionsführern. Und denen geht es selten darum, dass die Gesellschaft in Erfüllung lebt, sondern dass vor allem der Religionsapparat am Laufen bleibt.

    Deshalb: Ein gerechter Staat kann nur mit einem Steuersystem funktionieren, das grundsätzlich jeder beschickt, der Geld verdient und ausgibt. Almosen sind Luxus und dürfen auch nur Luxus sein.

  • In der Torrent-Kneipe, ganz hinten links.

    Ich bin keiner, der den halben Tag im Torrent-Space verbringt und sich einen Großteil seines virtuellen Vermögens dort zusammenklaubt. Ich kaufe meine Musik, meine Bücher und das bisschen, was ich an Filmen auf DVD habe, gänzlich und ehrlich ein. Zwar mitunter auf dem Gebrauchtmarkt, aber eben gekauft. Ich wüsste sicherlich, wo man sich das alles zusammenklaut, aber es ergibt sich keine Notwendigkeit dafür, weil ich eher „Altes“ höre und schaue und es dafür einen genügend großen Markt gibt.

    Mit sehr wenigen Ausnahmen. Eine Sammlung von alten Science-Fiction-Hörspielen, die einst im öffentlich-rechtlichen Radio liefen, ist so eine Ausnahme. Davon habe ich als Kind einst sehr viele gehört und auch einige auf Cassette aufgenommen, leider gibt es diese Cassetten alle nicht mehr. Aber es gibt ein 20 Gigabyte schweres Torrent mit einer riesigen Sammlung solcher Hörspiele. Hätte ich gern und ist in meinem Torrent-Client auch an oberster Stelle. Seit inzwischen 6 Monaten. Von den insgesamt 10.390 Übertragungspaketen zu je 2 Megabyte hat mein Torrent-Client in diesen 6 Monaten immerhin schon 18 Stück gefunden und heruntergeladen. Fehlen also noch 10.372 Stück. Bei der Download-Rate wäre der Torrent etwa im Jahre 2299 fertig.

    Wenn mein Torrent-Client dann mal wieder ein Paket findet und heruntergeladen hat, geht etwas ganz erstaunliches los. Es melden sich dann nämlich ein paar Minuten später immer die vermutlich gleichen Peers, um sehnsüchtig dieses Paket mit mir zu teilen. Ein Peer aus der Schweiz, einer aus Österreich, einer in den USA und einer aus Deutschland. Wir Fünf sind augenscheinlich die einzigen im riesigen Torrent-Space, die auf diese Datei warten und den Glauben noch nicht gänzlich verloren haben, sie irgendwann noch vor 2299 zusammenzubekommen.

    Das sind dann genau die Typen, die in eurer Stammkneipe ganz hinten links sitzen und jeden Tag da sind, zwei bis vier Pils trinken, wenig sagen und irgendwann wieder gehen.

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