Das Ende des Amazon Marketplace für Hobbyverkäufer.

Ältere Musikalben kaufe ich schon seit Jahren über den Amazon Marketplace, also auf dem Gebrauchtwarenmarkt. Das ist in der Regel gewaltig günstiger und gottlob legal, auch wenn der Musikindustrie durch Gebrauchtverkäufe durchaus ein Batzen Geld flöten geht. Der Amazon Marketplace ist auch wieder meine Verkaufsplattform für Musik und PlayStation-Spiele. Das ist insofern praktisch, dass das Spielen von Konsolenspielen so nur ein Teil dessen kostet, was das Spiel im Laden kostet. Spiel kommt günstiger daher und wird nach dem Spielen auch wieder für ein paar Euro verscherbelt.

Zumindest beim Thema Musik hat sich der Marketplace aber unangenehmerweise offensichtlich weitgehend erledigt und dafür ist wohl Kollege Computer verantwortlich. Gegen den darf man nämlich im Preiskampf fechten und das geht für den Menschen immer nachteilig aus.

Die Physiognomie des Amazon Marketplace

Die Funktionsweise des Marketplace ist relativ einfach: Man suche in Amazon das Produkt und lasse sich „alle Angebote“ anzeigen. Dort sind dann neben den offiziellen Amazon-Angeboten auch Verkaufsangebote von anderen Anbietern an, die wiederum ihr Produkt klassifizieren in Neu- oder Gebrauchtware. Jeweils das günstigste Angebot steht oben. Zu diesem Verkaufspreis kommen dann pauschal 3 Euro hinzu, die die eigentliche Marge für Amazon darstellen.

Ziel für einen Verkäufer ist, mit dem Verkaufspreis möglichst weit nach oben zu kommen, also ein für den Käufer günstiges Angebot zu machen. Das muss bei häufig bestellten Waren (sieht man im Verkaufsrang) nicht unbedingt das allergünstigste sein, allerdings gehören Musik-CD tatsächlich immer häufiger zu Waren, bei denen das Verhältnis zu Angebot und Nachfrage nicht mehr stimmt – zu viel Angebot für zu wenig Nachfrage. Die Folge ist, dass die Preise sinken. Jeder, der seine gebrauchte CD irgendwie loswerden möchte, versucht, den günstigsten Preis anzubieten, um überhaupt seine CD irgendwann einmal loszuwerden.

Das funktionierte soweit zumindest lange Zeit in der Form, dass es durchaus möglich war, ein solches günstigstes Angebot auch eine Weile als wirklich günstigstes Angebot zu halten. So lange nur Menschen im Marketplace unterwegs waren.

Großhändler im Amazon Marketplace

In der Zwischenzeit ist der Amazon Marketplace für Musik CD weitgehend kaputt. Das liegt in erster Linie an einigen Großhändlern, die sich darauf spezialisiert haben, Musik CD für irrwitzig niedrige Preise zu versenden. Wenn beispielsweise so manch Angebot für 1 Euro auf den Weg geht, dazu dann 3 Euro Verkaufsgebühr kommen, erhält der Verkäufer kaum mehr als 4 Euro Vergütung von Amazon, aus denen dann auch noch Versandmaterial, Porto und das verpackende Personal zu bezahlen sind.

Das hört sich wenig an, ist aber verhältnismäßig brauchbares Geld. Der Anbieter bezahlt nämlich als Premiumanbieter nur einen monatlichen Fixbetrag an Amazon und finanziert keinen weiteren Online-Shop. Die Verkaufsware kauft der Anbieter in der Regel in größeren Loten auf, muss sie lediglich einmal eingangskontrollieren und braucht dann nur noch ein großes Lager. Aus diesem Lager heraus wird dann der Amazon Marketplace beschickt.

Zur goldenen Regel, dass der wahre Gewinn eines Kaufmannes im Einkauf liegt, kommt noch eine Besonderheit hinzu: Wundert sich niemand so recht, warum im Amazon Marketplace viele Großhändler in den USA beheimatet sind, die auch aus den USA liefern, die Ware aber tatsächlich dann gebrauchte, deutsche Ware ist? Mir fehlt zwar der konkrete Beweis und meine Anfragen hierzu an einige Großhändler wurden erwartungsgemäß auch nicht beantwortet, aber ich fresse einen Besen, wenn der Wareneinkauf in diesem Geschäftsmodell nicht durch den klassischen Einkaufsturbo beschleunigt wird, nämlich dem guten, alten Umsatzsteuerbetrug, in dem für den Verkauf der Gebrauchtware ins EU-Ausland die Umsatzsteuer nicht anfällt.

Der Mensch und der Roboter

Für den Gelegenheitsverkäufer ergibt sich aber noch ein Problem: Er kämpft bei der Preisgestaltung seiner eigenen Angebote offensichtlich mit Robotern, die regelmäßig automatisiert die Preise so anpassen, dass deren Angebote stets die günstigsten bleiben. Das habe ich mit einigen eigenen Angeboten einmal ausprobiert, in dem ich meine Angebote zu den günstigsten machte und die Angebote der Großhändler sich etwa alle ein, zwei Stunden dementsprechend anpassten und genau 1 Cent billiger wurden, als meines. Machte ich dann mein Angebot um zwei Cent billiger, um wieder das günstigste Angebot anzupreisen, war dies wieder nur für eine Dauer von ein paar Stunden so, bis der Großhändler wieder um 1 Cent günstiger war.

Die Gegenprobe war ebenfalls erfolgreich: Machte ich mein Angebot dann einfach um 10 Cent teurer, passten einige Großhändler ihr Angebot auch dementsprechend an, dass sie zwar immer noch das günstigste Angebot hatten, aber die Marge dann wieder auf 1 Cent verkürzten. Es existiert also tatsächlich eine Logik in Form eines Roboters, der ständig die Konkurrenzangebote für eingestellte Waren beobachtet und die Preise anpasst.

Mit so einer computergesteuerten Konkurrenz ist der menschliche Verkäufer, der lediglich ein paar CD zum Verkauf anbietet, natürlich im Nachteil. Angebot zu groß, Nachfrage zu klein und dann auch noch ein Preisroboter am Start. Schade.

Alte Musik CD loswerden?

Tatsächlich ist es so, dass ein Berg von Musik CD so unverkäuflich sind, wie ein Haufen schlechtsortierter Ziegelsteine. Der Markt ist völlig übersättigt, die Nachfrage auch nach älterer Musik verschiebt sich immer mehr in den Handel mit herunterladbaren Musikdateien und gerade ehemals populäre Alben sind im Gebrauchtmarkt selten noch den Materialpreis der CD, Hülle und des Booklets mehr wert.

Die einzige Alternative ist tatsächlich daher nur noch der Flohmarkt (bei dem man auch noch darauf aufpassen muss, wie viele professionelle Händler dort eigene Stände haben) oder der Verkauf von vollständigen Sammlungen für Schweinepreise an professionelle Aufkäufer. Damit befeuert man zwar den Markt der Großhändler nochmal gewaltig, aber anders wird man das Zeug nicht mehr los, außer auf dem Recyclinghof.


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Kommentare

Eine Antwort zu „Das Ende des Amazon Marketplace für Hobbyverkäufer.“

  1. Avatar von Wolfgang

    Besim dein „Umsatzsteuerbetrug“ funktioniert nicht. Natürlich gibt es an der Grenze die Umsatssteuer zurück. Aber wenn die Ware zum Beispiel in die USA geht wird dort eine Einfuhr-VAT fällig. Ansonsten gebe ich dir Recht. Gebrauchte Ware wirst du nicht mehr los.

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