Wer glaubte, dass Sabine Leutheusser-Schnarrenberger in ihrem zweiten Anlauf als Justizministerin ebenso resolut auf die Bürgerrechte pocht und wie damals, bei der Einführung des Großen Lauschangriffes, den Mut hat, den Bettel lautstark hinzuwerfen, glaubt auch an den Weihnachtsmann. Zum einen ist die FDP mangels Profil und Vertrauenswürdigkeit derzeit eher eine Partei, die unter “ferner lief” zählt und zum anderen hat man als Berufspolitiker auch irgendwann seine eigenen Schäfchen ins Trockene zu bringen und dazu sollte man dann schon noch ein paar Tage Minister(in) bleiben. Davon hatten wir es im Januar schon mal.
So biegt man sich als flexible Politikerin eben alles einfach mal so hin, wie man es braucht und verkauft das dann einfach als Erfolg. Dabei ist das, was Sabine Leutheusser-Schnarrenberger mit ihren Vorschlägen in Sachen Kampf gegen Raubkopierer an den Tag legt, nichts anderes als ein einseitiger Kotau Erster Klasse vor der Content-Industrie, der voll auf die Kosten der Internet Service Provider geht.
Denn da Netzsperren mit Frau Ministerin nicht zu machen sind, soll es wieder die guten, alten Stoppschilder richten, die man auch hübsch in die Kamera halten kann. Das ungeliebte Aufstellen dieser Schilder soll nun in der Gedankenwelt der Frau Leutheusser-Schnarrenberger nicht mehr der Staat tun, sondern der Internet Service Provider des Kunden, so bald der Kunde Urheberrechtsverstöße begeht.
Das herauszufinden, ist freilich eine weitgehend unlösbare, aber in allen Fällen heftig technikintensive Angelegenheit:
- Internet Service Provider bekommen eine Aufgabe aufgebürdet, die sie technisch vor große Herausforderungen stellt. Denn pauschal gesperrt werden darf nicht, einfach nach Diensten oder IP-Adressen gefiltert werden kann nicht. Also muss man Datenpakete inhaltlich analysieren und Datenströme zusammenpuzzeln, wir sind also bei der Deep Packet Inspection. Das ist ein rechtlich hartes Unterfangen, weil man dies ja pauschal für alle tun muss und das ist dann auch eine technische Herausforderung, die eine schöne Stange Geld kosten dürfte. Und eine Schnüffelinfrastruktur bekommt Vater Staat dann auch gleich noch dazu.
- Mit keiner Technik dieser Welt lässt sich in allen Fällen ein eindeutiger Urheberrechtsverstoß beweisen, maximal nur ein Verdacht. Beispiel: Ich ziehe in einer Tauschbörse ein Album. Das ist ein Urheberrechtsverstoß im Sinne der Inhaltsanbieter, wenn ich dafür nicht bezahle. Was ist jedoch, wenn ich das Album bereits anderweitig gekauft habe? Das hört sich blöd an, ist es aber gar nicht, wenn man bedenkt, dass es viele Menschen gibt, die zu Hause Tonnen von Musik-CD haben und die Arbeit leid sind, alle Alben nach und nach in MP3-Dateien zu konvertieren. Wir kommen so also in eine Welt, in der Automaten Verdachtsmomente melden und ein System der Ahnungsarmut betreiben. Man nimmt also durchaus in Kauf, dass Konsumenten pauschal die ureigensten Rechte genommen werden und unter Umständen Dinge nicht mehr tun sollen, obwohl sie das dürften. Na wunderbar: Ein System der Angst beschert den Inhaltsanbietern dann vielleicht sogar noch den ein oder anderen Euro zusätzlich. Heil dem Begriff der Grauzone!
Auf dem Weg zu wirklich funktionierenden und zukunftsträchtigen Finanzierungslösungen wie eine Kulturflatrate ist das, was Sabine Leutheusser-Schnarrenberger da als Durchbruch verkauft, ein glatter Rückschritt nach Gestern. Immerhin aber so ziemlich der letzte Schritt, denn weiter nach hinten geht es nur noch mit echten Sperren und Gefiltere. So robben wir uns jetzt wenigstens so langsam an die Kante der Klippe. Muss man ja auch schon als Fortschritt sehen bei dieser Bundesregierung, auch wenn sie ja eigentlich das Gegenteil beabsichtigt.
Eine mögliche Aussicht tröstet: Über den nächsten Schritt hin zu einem vernünftigen Vergütungssystem wird hoffentlich weder eine Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, noch eine schwarz-gelbe Bundesregierung entscheiden. Ist auch besser so, die Damen und Herren sind mit der Thematik einfach überfordert.
Schreibe einen Kommentar