• Hektik am Morgen.

    Es gibt wenig üblere Momente als morgens schlaftrunken aufzuwachen, einen Blick auf den Wecker zu werfen und von Null auf 100 in ungefähr 100 Millisekunden zu kommen. Verdammt, hatte ich nicht einen Termin heute morgen? Wieso hat der blöde Wecker denn nicht geklingelt? Verdammt, schon in 40 Minuten. Und verdammt, allein zum Hinfahren brauche ich 60. Und hat mir mein Kontakt nicht eingebleut, bitte superpünktlich zu sein, was bei einer Anfahrt von 50 Kilometern von Pforzheim bis nach Stuttgart-Innenstadt wirklich eine aufregende Geschichte sein kann, wenn man nicht mit einem großzügigen Zeitkorridor arbeiten will?

    Schon während dem Gang ins Badezimmer läuft der Notfallplan. Kontakt anrufen, Verspätung ankündigen. Muss ich etwas mitnehmen? Handy aufgeladen? Dem Herr sei Dank, wenigstens ist das Auto aufgetankt. Hoffentlich macht der Verkehr auf der A8 keine Spirenzien.

    Im Badezimmer werfe ich schon das Heißwasser an und mache einen Kontrollblick in den Spiegel, um da einen ziemlich angebissenen Besim zu sehen. Zum Rasieren bleibt mal absolut gar keine Zeit, Kaffee fällt auch aus. Zwischen Badezimmer und Anziehen geht maximal eine Scheibe Brot.

    Und dann hat es Klick gemacht und ich habe nach langen Jahren wieder einmal dieses unbeschreibliche Gefühl gehabt, dass der Regisseur im Hintergrund frohlockt, die Szene im Kasten ist und ich wieder ausatmen darf: Verdammt, es ist ja Sonntag. Und nicht Montag. 😉

  • Im Test: SonyEricsson XPERIA X1.

    Ein offenbar treuer Leser dieses Blogs (der es übrigens nicht wünscht, genannt zu werden, an was ich mich deshalb auch halten werde) hat mitbekommen, dass mein HTC Touch Pro auf Werkstatttour ist und mir deshalb bis zum Ende der Tournee ein nagelneues SonyEricsson XPERIA X1 zur Verfügung gestellt. Das trifft sich hervorragend, denn ursprünglich war das XPERIA X1 mein Wunschtelefon, bevor ich das Touch Pro kennengelernt hatte.

    Eines muss man den SonyEricsson-Entwicklern lassen: Sie haben ein hochwertig daherkommendes Mobiltelefon gebaut. Der Bildschirm ist metallumrahmt, ebenso die Tastatur, die dann hervorkommt, wenn der Bildschirm nach oben hochgeschoben wird. Das geschieht „satt“, es knarzt und klemmt nichts, da zwischen Tastatur und Bildschirm ein Spalt von ca. einem Millimeter steht. Die Tasten selbst sind ebenfalls aus Metall und machen einen Eindruck, als ob es sich um einen Geldautomaten handelt. Ein noch hochwertigeres Gehäusekonzept muss man wirklich lang suchen. Da stört auch der etwas schmale Stift nicht, der nicht ganz so gut in der Hand liegt, wie es die Länge des Stiftes ahnen lässt.

    In Sachen Konnektivität gibt es dann wieder ein paar Dinge, die gut und schlecht sind. Gut ist, dass es eine richtige Klinkenbuchse für handelsübliche Ohrhörer gibt. Das ist ja im Mobilfunkbereich schon fast selten geworden. Gut ist auch, dass die Mini-USB-Buchse eine echte Mini-USB-Buchse ist, somit das XPERIA X1 auch per USB geladen werden kann. Die Buchse ist aber links oben am Mobiltelefon angeordnet, so dass es von Hause aus keine sinnvollen Docking-Lösungen geben wird, bei denen man das Mobiltelefon hochkant in eine Dockingstation einsetzen und gleichzeitig anbinden kann. Bei so einem hochwertigen Gerät mit einem synchronisierenden Betriebssystem wirklich ein Minuspunkt. Einsetzbar ist ferner eine MicroSD-Karte zur Erweiterung des 256-MB-großen Speichers.

    Als Betriebssystem werkelt im XPERIA X1 derzeit Windows Mobile 6.1. Das allein stellt schon einen Teil der Softwareprobleme dar, da Windows Mobile 6.1 schlicht keine Touch-Funktionalitäten von Hause aus mitbringt. Smartphones, die aber eben solche Touch-Funktionalitäten mitbringen, müssen auf Drittsoftware zurückgreifen und sind deshalb auch teilweise sehr unterschiedlich zu bedienen.

    Beim XPERIA X1 merkt man das leider deutlich. Der Stift ist erheblich öfter notwendig, als beim HTC Touch Pro, da beispielsweise die Menüanzeigen nicht größer eingeblendet werden, wie das die HTC-Kollegen bewerkstelligen. Selbst mit filigranen Fingern ist da nichts zu machen. Ärgerlich ist auch das Onscreen-Keyboard, das einfach auf den Windows-Mobile-Standard zurückgreift und der ebenfalls nicht ohne Stift zu bedienen ist. Hier macht sich HTC bei seinen eigenen Geräten deutlich mehr Mühe und hat ein iPhone-ähnliches Onscreen-Keyboard. Verwunderlich ist das alles auch deshalb, weil das XPERIA X1 eigentlich in Zusammenarbeit mit HTC entwickelt wurde und man da ja eigentlich einen Partner hat, der sich in dem Metier blendend auskennt.

    Was beim XPERIA softwaremäßig wiederum toll gelöst ist, ist die Idee der so genannten Panels. Das sind letztendlich eine Art Widgets, die man sich einblenden lassen kann und die unterschiedlichste Ansätze haben. Es gibt Panels, die als „Heute“-Übersicht dienen, als animierte Uhr, als Bildergalerie, als Mediaplayer-Oberfläche oder auch (optional herunterzuladen) als Facebook-Client. Und gerade das Facebook-Panel ist sehr hübsch und auch leider nur – wie die gesamte Panel-Entwicklung – auf dem XPERIA X1 vorhanden. An Bord sind neben den üblichen Windows- und Office-Mobile-Anwendungen auch eine Reihe von zusätzlichen Anwendungen und Spielen. Für moderne Internet-Anwendungen kommt Opera 8.5 daher, ebenso ein Google-Maps-Client.

    Als Fazit kann man sagen, dass das SonyEricsson XPERIA X1 als Windows-Mobile-betriebenes Smartphone sicherlich einer der besten Geräte auf dem Markt ist. Die Verarbeitung ist für ein Mobiltelefon erstklassig, wenn auch nicht an allen Stellen durchdacht. Im direkten Vergleich mit dem HTC Touch Pro kommt das XPERIA X1 jedoch ins Schleudern, denn der Konkurrent ist (auch dank des 4:3-Bildschirmformates) kompakter und die Software dort etwas umfangreicher und durchdachter. Das ist im übrigen auch der Grund, weshalb das Touch Pro immer noch teurer ist, als das XPERIA X1.

  • Pseudo-Film im Fernsehen.

    HAZ, die Hannoversche Allgemeine Zeitung, hat in Twitter gefragt, was eigentlich der seltsame Effekt im ZDF bei Wetten Dass ist, der dort vornehmlich bei Musikbeiträgen im Bild erscheint. Am ehesten kann man diesen Effekt beschreiben, wenn man sich das Bewegtbild als etwas abgehackt vorstellt, wie man es vom Film von Schwenks kennt. Ein reiner Showeffekt, den ich als Antwort in Twitter kurz erklärt habe, mit etwas Ausholen hier aber mal etwas ins Detail gehen mag:

    Das moderne Fernsehen funktioniert (mit der Farbfernsehnorm PAL) mit 25 so genannten Frames, also 25 Vollbildern. Schwenks mit 25 Bildern wären allerdings weitgehend genauso, wie im Kino, also auch ruckelig. Aus diesem Grund arbeitet man beim Fernsehen nicht mit 25 Vollbildern, sondern mit 50 Halbbildern pro Sekunde, wobei in jedem Halbbild nur die Hälfte aller Zeilen übertragen wird. Im ersten Halbbild alle ungeraden Zeilen, im zweiten Halbbild die geraden, im dritten Halbbild wieder die ungeraden und so weiter. Dieser Umstand macht das Fernsehbild im Gegensatz zum Kinobild rund und ruckelfrei, denn das menschliche Auge sieht die Halbbilder nicht, sondern letztendlich das Ergebnis aus 50 Bildern pro Sekunde.

    Dieser Motion-Effekt (der übrigens auch so heißt), den das ZDF und viele andere Sender in Musikbeiträgen einsetzt (und manch Sender sogar für diverse Soaps), macht genau dieses „Runde“ wieder zunichte, denn man sendet absichtlich alle zwei Halbbilder das gleiche Bild, so dass am Ende beim Nutzer wieder nur 25 Bilder ankommen und es wieder ruckelt. Das sieht offenbar „schön“ aus, zumindest aber so auffallend, dass man damit unterschiedliche Beiträge einer Sendung gestalterisch trennen kann. Und wenn man diesem Motion-Effekt dann noch eine leichte künstliche Körnung untermischt, wirkt das ähnlich wie ein Film.

    Allerdings nur „ähnlich“, denn gerade bei Musikbeiträgen wird mit starken Lichteffekten gearbeitet, die klassischer Film weitgehend schlucken kann, moderne Kamerasysteme jedoch nicht. Kommen dann noch so Motion- und Körnungseffekte hinzu und wird das dann auch noch mit MPEG für digitales Fernsehen komprimiert, kommt am Ende nur noch bunter Müll heraus, der weit von einem qualitativ schönem Bild entfernt ist.

  • Für alle, die am Wochenende arbeiten müssen.

    Zwei schwedische Werbespots, die man auch ohne schwedische Sprachkenntnisse bestens versteht:

  • Killer-Silvesterböller.

    Ich glaube, so langsam erreichen wir den Bodensatz des Intellekts in den Diskussionen, wie man Amokläufe zukünftig verhindern könnte:

    „Baden-Württembergs ehemaliger Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) hat sich für eine Ächtung von Spielzeugwaffen und Silvesterböllern ausgesprochen. Dies könne nach dem Amoklauf von Winnenden dazu beitragen, die Schwelle für die Anwendung von Gewalt möglichst hoch zu halten, sagte Teufel in Stuttgart: ‚Ich glaube, dass man Waffen, auch als Spielzeug, wirklich ächten sollte.‘ Auch Killerspiele am Computer und Gewaltfilme im Fernsehen tragen nach Teufels Ansicht zur Verrohung der Gesellschaft bei.“

    [dpa via Pforzheimer Kurier]

  • Gelesen: „Lautlos“ von Frank Schätzing.

    In meinen stetigen Bemühungen, in der heutigen Zeit wenigstens gelegentlich auch mal Belletristik zu lesen, habe ich endlich mal wieder einen größeren Wälzer durchgezogen. Der letzte große Wälzer war „Der Schwarm“ von Frank Schätzing, was meine Schwester dazu animierte, das Buch „Lautlos“ mir unter den letztjährigen Weihnachtsbaum zu legen.

    „Lautlos“ stammt aus dem Jahre 2000 und spielt eine fiktive Geschichte im Rahmen des Kölner G8-Gipfels, der 1998 stattfand. Ein Physiker namens Liam O’Connor, ziemlich versoffener Typ, allerdings nebenbei ein genialer Wissenschaftler und Nobelpreisanwärter, kommt im Rahmen einer Lesung nach Köln und kommt dort, während er seine Verlagsagentin flachlegt, einer krassen Verschwörung auf die Spur, die auf höchstem, weltpolitischen Rang steht. Und so weiter und so fort.

    Kurzum: 700 Seiten, viel warme Luft, eine zugegeben schön spannend aufbauende Geschichte mit einem atemberaubend lahmen Ende. Schon 170 Seiten vor dem Ende ist die Geschichte dramaturgisch eigentlich ausgebrannt und schleudert langsam vor sich hin. Die zentrale Terroristin wird am Ende gar als eine Art Seliggesprochene verkauft, was nun wirklich überhaupt nicht passt, außer wenn man Anhänger von so Schriftstellern wie Tom Clancy, Ken Follet oder Dan Brown ist, deren Bücher einzig und allein als Werbeverkaufsschau für die Drehbuchfassung dienen und die Buchverkaufszahlen die Verhandlungsbasis für den Verkauf an Hollywood-Studios darstellen.

    Okay, ich tue Frank Schätzing an der Stelle Unrecht, denn seine nachfolgenden Bücher sind gehörig besser und ein Nachweis dafür, dass er schon wenige Jahre später auch dicke Bücher mit gutem Inhalt von vorn bis hinten schreiben konnte. „Der Schwarm“ gehört zu den spannensten Büchern im Science-Fiction-Bereich, die ich je gelesen habe. „Lautlos“ hingegen bleibt in meiner Lesehistorie genau das: Lautlos.

  • Reparaturlaufzeiten bei Mobiltelefonen.

    Seit genau nun einer Woche ist mein Smartphone auf Werkstatttour und immerhin ist die Welt noch nicht ganz zusammengebrochen. Dank Remote Desktop habe ich meine privaten Termine via Outlook noch in Griffnähe, allerdings ist es unpraktisch. Ich hätte nicht geglaubt, wie abhängig man von einem organisierenden Mobiltelefon sein kann.

    Der heutige Anruf in der Werkstatt ergab erschreckendes: Die derzeitigen Reparaturlaufzeiten bewegen sich derzeit zwischen 10 und 15 Arbeitstagen (!). 15 Arbeitstage sind glatte drei Wochen, was schon wirklich ärgerlich ist und übrigens bei den meisten Reparaturwerkstätten für höherwertige Mobiltelefone leider mehr oder weniger Usus ist. Bei einem normalen Mobiltelefon wäre mir das relativ egal, weil man immer irgendwo ein anderes Mobiltelefon als Ersatz ausleihen könnte, aber bei einem Smartphone ist nicht eben mal schnell Ersatz zu beschaffen.

    Da sehe ich durchaus noch Entwicklungspotential für solche Havariefälle. Werkstätten mit dem Angebot eines sofortigen Austauschgerätes, entsprechende Software für ein Komplettbackup und einer Wiederherstellung auf dem Ersatzgerät und so weiter.

  • Meine Haltung zu so genannten Killerspielen.

    Kollege Oliver fragte mich gestern, ob bei mir in Sachen Killerspielen die kritische Distanz fehlen könnte. Eine berechtigte Frage, die ich auch an dieser Stelle ausführlichst beantworten möchte. Hinweis: Wird lang.

    Fangen wir mit der Moral an.

    Ich erspare mir an dieser Stelle jetzt mal eine grundsätzliche Diskussion, wie sich „Moral“ eigentlich definiert und wo wir unsere moralischen Vorstellungen eigentlich einnorden müssen. Nur so viel: Der Mensch ist weit davon entfernt, schon immer ein Individuum auf diesem Planeten gewesen zu sein, das vor allem durch übermäßige Liebe zum Frieden aufgefallen wäre. Seit dem erstmaligen Auftritt des modernen Menschen in der Erdzeitgeschichte ist eher das Gegenteil der Fall: Gab es irgendwo größeren Krawall zwischen unterschiedlichen Individuen, war meist der moderne Mensch beteiligt. Der Unterschied zwischen Mensch und Tier war und ist aber der, dass der Mensch im Laufe seiner Entwicklung eine Benachteiligung seines eigenen Ichs dank seines Verstandes deutlich nachtragender auffassen konnte und seine Mitgeschöpfe dadurch überraschte, dass er sich die tollsten und niederträchtigsten Gemeinheiten ausdenken konnte, um seinen eigenen Vorteil zu erringen und zu manifestieren.

    Wir lernen: Gewalt ist nichts, aber auch wirklich gar nichts, was der Mensch nicht von Hause aus mit sich trägt. Der rationelle Verstand sorgt beim modernen Menschen zwar dafür, dass er eine gewisse Kontrolle über die weitgehend emotional gesteuerten „Problemfunktionen“ hat, aber wer sich schon einmal einen Winterschlussverkauf im Nahkampf angeschaut hat, lernt sehr schnell, dass im Ernstfall die Ratio nur sehr bedingten Einfluss auf die Emotio hat.

    Der Mensch strebt also, wie die meisten anderen Lebewesen in der Erdzeitgeschichte auch, zu einem besseren Leben, das er, wiederum dank seines Verstandes und seiner von Mensch zu Mensch unterschiedlich ausgeprägten Ratio, höchst unterschiedlich definieren kann. Der eine Mensch ist glücklich, wenn er Essen, Trinken und ein Dach über dem Kopf hat, ein anderer Mensch will steinreich werden, ein anderer Mensch ist glücklich, wenn er ungestört forschen kann und wieder ein anderer strebt vielleicht gar die Weltherrschaft an.

    Im Zeitalter des regierten Menschen (und da sprechen wir in Mitteleuropa von nur einigen wenigen, hundert Jahren) hat sich der Mensch dem angenähert, was wir heute als zivilisiert bezeichnen würden. Nicht jeder schlägert sich gleich herum, wenn er einen ihm aus irgendwelchen Gründen zustehenden Parkplatz bekommt. Die Betonung liegt hierbei auf „nicht jeder“, denn die so genannten unzivilisierten Menschen, denen offenbar der Gleichtakt von Ratio und Emotio im Bezug auf dem der restlichen Gesellschaft fehlt, kennen da weniger Skrupel. Das gilt auch für Despoten, die Parkplatzprobleme in zigmal größeren Dimensionen auf nationalen Ebenen austragen und andere Völker beschießen.

    Schon immer gehörte es dazu, sich solche Dinge anzuschauen. Gehenkt wurden Straftäter im Mittelalter auf dem Marktplatz, wobei es auch zum guten Ton gehörte, die ganze Familie dazu mitzubringen. Zu Kriegen haben Kriegsparteien schon immer gern die Presse des eigenen Landes mitgebracht und heute gehört es quasi zu jedem guten Krieg dazu, dass der „eingebettete Journalist“ live aus dem Kriegsgebiet berichtet.

    Wo waren wir gleich noch? Ah, genau, bei der Moral.

    Gewalt gehört zu unserer Geschichte, wir sind voll davon. Die Menschheitsgeschichte ist nicht deshalb blutgetränkt, weil die anderen bluten, wenn wir auf sie schießen, sondern weil wir alle voller Blut sind. Glauben wir nicht? Dann schauen wir doch mal, wie viele Krimiserien es im Fernsehen gibt. Warum uns gerade Filme gefallen, die in unterschiedlichsten Formen brutal sind, uns selbst bei geschichtlichen Dokumentarfilmen zu Kriegen ein angenehmer Schauer überfällt und wir uns vortrefflich aufregen können, wenn der Nachbar seine Kehrwoche wieder mal ausfallen lässt.

    Gewalt ist latent immer da und die meisten Menschen würden nicht lange zögern, zuzuschlagen, wenn es darauf ankommt. Der Hang zum Chaos wird dadurch gemindert, dass es in unserer Gesellschaft von uns definierte Regeln „im Namen des Volkes“ gibt, die dafür sorgen sollen, dass wir es nicht allzu bunt treiben und uns nicht ständig mit der Generalausrede bekleiden können, dass man sich das Recht eben mit Waffengewalt hat besorgen müssen, weil es nicht anders ging.

    Ein kleinwenig Moral, das einem gewaltigen Berg Gewaltpotential entgegensteht.

    Gewaltspiele – hatten wir das nicht immer schon?

    Richtig, gewagte These, allerdings müssen wir dazu einfach mal in unsere Jugend schauen. Generationen von Kindern spielen im Kindergarten das beliebte „Cowboy und Indianer“. Zu Fasching hatte ich sogar ein Cowboy-Kostüm und einen Revolver mit Platzpatronen. Wir kennen das Spiel „Schiffe versenken“? Oder Monopoly? Letztendlich auch „Malefiz“ oder schlicht alle Spiele, in denen zwei oder mehr Mitspieler ihre Kräfte oder ihr Glück miteinander messen? Überall geht es darum, den Gegenüber auszubooten, von Spiel zu Spiel mit mehr oder weniger sinnvollen Spielregeln und ebenfalls von Spiel zu Spiel mit teilweise haarsträubender Spielerhethorik, wenn auch sehr abstrakt. Bei „Schiffe versenken“ ist ein Schiff sehr schnell und systematisch abgeschossen, ohne dass man sich groß Gedanken darüber machen müsste, wie elend man auf einem Schiff auf See stirbt, wenn es versenkt wird.

    Der Weg von herkömmlichen Spielen zu Computerspielen ist da nahtlos – mit zwei großen Unterschieden. Der Computer ersetzt den Spielkameraden und ein Computer kann mehr oder weniger gut die Spielewelt multimedial simulieren. Gepaart mit üblichen Suchtmustern sind wir dann da, wo man Kinder nicht haben sollte: Sie hängen stundenlang vor dem Computer bzw. der Spielekonsole und spielen für sie ungeeignete Spiele.

    Warum Gewaltspiele für Kinder ungeeignet sind.

    Die Fakten sind hier relativ klar und deutlich: Kinder haben noch kein gefestigtes Selbstbewußtsein und Gerechtigkeitsgefühl. Jeder, der als Kind schon mal eine schlaflose Nacht wegen einem aufrüttelndem Buch hatte, weiß, wovon wir hier sprechen. Spiele mit eindeutiger Gewalt unterstreichen dies um ein Vielfaches.

    Die „Sitten verrohen“ zusehend und wenn ein Kind durch übermäßigem Konsum immer stärker sein „normales“ Leben verpaßt, kommen so Sachen wie Leben in einer Traumwelt, das Ziel, in der Traumwelt akzeptiert zu werden, Versagensängste etc. alles  hinzu. Dann noch etwas Mobbing in der realen Welt und schon ist die Zeitbombe scharf, die bei labileren Kandidaten zu bekannten Dingen führen kann, wenn ein paar unglückliche Umstände noch dazukommen, eben darunter der Zugriff auf echte Waffen.

    Und wie gehen wir nun an das Dilemma heran?

    Ganz klar: Alterseinstufungen von Spielen beachten und das auch kontrollieren. Von Seiten des Handels ist das weitgehend kein Thema, Computerspiele für Erwachsene dürfen so ohne weiteres nicht an Kinder verkauft werden. Das scheint ja zumindest auch weitgehend so zu funktionieren.

    Nur – das reicht inzwischen dank Internet nicht mehr, wenn man sich Spiele schlicht online besorgt. Es sind an dieser Stelle deshalb auch die Eltern gefragt, die gefälligst ihrer erzieherischen Verpflichtung bewußt sein und regelmäßig mal nachschauen sollte, was sich der Filius denn so auf den Rechner installiert hat und was der so in seiner Freizeit dort treibt. Erstaunlicherweise machen sich genügend Eltern Sorgen um mögliche Gifte in billigem Spielzeug – was aber einige Jahre später auf deren Computer vor sich hinwabert, interessiert offenbar die wenigsten.

    Gewaltspiele einfach mal zu verbieten, mag politisch wirksam klingen, ist jedoch weitgehend eine Nullnummer. Ein Verbot ist im normalen Postversand kaum zu kontrollieren, auf dem Online-Weg noch viel weniger. Am wenigsten zu kontrollieren ist der Distributionsweg über den Schulhof.

    Das Lehren einer vernünftigen Medienkompetenz ist einer der Zauberwörter, um die wir immer weniger herumkommen werden und für dessen vernünftige Umsetzung uns immer weniger Zeit bleibt. Die Schöne Neue Welt ist immer schwerer durch einfache Verbote zu flankieren, an ihre Stellen muss Verantwortung treten, auf die man die Neulinge in der Welt der Unterhaltungselektronik, Computer- und Online-Welt trichtern muss. Einfach nur zu sagen, dass das alles böse ist und nicht angefasst werden darf, funktioniert argumentativ und technisch nicht wirklich so, wie wir es von Dingen kennen, die man „besitzen“ muss.

    Muss ich mich jetzt schämen, Gewaltspiele zu spielen?

    Muss ich das wirklich. Bin ich moralisch ein Mittäter? Mit Sicherheit nicht. Ich gebe zu, ich entspanne beim Spielen an der Spielekonsole, unter anderem auch mit Spielen, die gewaltverherrlichend sind. Ich bin allerdings 33 Jahre alt und soweit gefestigt, dass ich zwischen Realität und Computersimulation unterscheiden kann. Ich sehe das in dieser Klasse ähnlich wie das Autofahren, dass man sachlich oder sportlich betreiben kann. Für mich ist es ein Gebrauchsobjekt, andere benutzen es mehr oder weniger ungeniert als Sportgerät und damit oft genug auch als regelrechte Waffe.

    Ein Amoklauf hat niemals nur einen Grund, sondern ist eine Melanche aus vielen Dingen, psychischen Problemen, Realitätsentrückung, Zugriff auf Waffen. Einfach nur damit zu reagieren, so zu tun, als müsse man nur eine Sache abschalten und alles würde wieder gut werden, ist eine Milchmädchenrechnung. Ich müsste es der Politik wirklich übelnehmen, wenn der Schuldige an Amokläufen Jugendlicher pauschal die Killerspielewelt ist. Das nicht, weil ich solche Spiele für den Eigenkonsum dann einschmuggeln müsste, sondern weil es schlichter, hanebüchener Populismus wäre.

  • Telefonieren in XXL.

    Sachen gibt es, die kann ich erst glauben, wenn ich sie selbst gesehen habe. Vorhin kommt mir ein Mann entgegen, klein und untersetzt, etwa 50 Jahre alt. Ausgestattet mit einem Headset wie ein Hubschrauberpilot, also mit riesigen Ohrmuscheln und einem vor seinem Mund hängenden Mikrofon, mit dem er lautstark vor mir herlaufend telefoniert hat.

    Gut, der Klang wird vermutlich professionell sein, aber ist dem das tatsächlich nicht peinlich?

  • Von Obama lernen heißt nicht, ihn zu kopieren.

    Ich glaube, da mißverstehen einige Wahlkampfstrategen eine Sache ganz gewaltig: Einen erfolgreichen Online-Wahlkampf macht man nicht dadurch, in dem man einen anderen, erfolgreichen Wahlkampf optisch kopiert. Das sollte mal jemand dem Team von Dieter Althaus sagen, dessen Website dem großen Original von Barack Obama wie aus der Photoshop-Vorlage geschnitten ist. Allein das ist schon albern genug, denn wenn ein Ministerpräsident freiwillig auf den Werbepfaden eines US-Präsidenten wandelt, dann ist der Begriff „Größenwahn“ noch einer der freundlicheren Anmerkungen hierzu. Der fast schon liebevoll-spielerische Einsatz der deutschen Rechtschreibung (stellvertretend das „Triff Dieter Althaus“ anstatt korrekterweise ein „Treffe Dieter Althaus“) setzt immerhin noch eigene Akzente, wenn auch kleine.

    Das alles ist es aber nicht. Barack Obama hat online nicht mit seinem schicken Website-Design gewonnen und in erster Linie auch nicht mit seinen Web-2.0-Aktivitäten, sondern mit dem geschlossenen Bereich namens „MyBO“, in das man erst nach einer Registrierung hineinkommt und das mit einer Software namens Partybuilder eine Vernetzung der registrierten Benutzer auf internationaler bis regionaler Ebene ermöglicht, quer nach politischen Interessen, Geschlechtern, Herkunft. Diese Vernetzungen waren dann auch die Basis für politische Treffen von teilweise wildfremden Menschen, die auf diese Weise aber genau das machen konnten, was eine Partei ausmacht, nämlich die politische Diskussion fördern und kanalisieren. Der Name „Partybuilder“ ist also nicht einfach der Name des Programms, sondern es ist das Programm. Von Ansätzen dieser Idee ist im deutschsprachigen Raum – mit Ausnahme von meineSPD.net, das allerdings auch noch stark ausbaufähig ist – nicht wirklich viel zu sehen.

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