• Mit dem USB-Stick am Flughafen.

    Bei meinem Kurzbesuch in Berlin vor drei Wochen ist mir an den Flughäfen Stuttgart und Berlin-Tegel bei der Personenkontrolle mit ziemlicher Überraschung aufgefallen, dass sich niemand der Sicherheitsleute für meinen aluminiumummantelten, inzwischen nicht mehr beschrifteten und im Durchleuchtungsapparat nicht durchleuchtbaren USB-Stick interessiert hat. Könnte man problemlos ein paar Gramm Plastiksprengstoffmasse drin verbauen oder gar ein kleines Taschenmesser zum Aufklappen.

    Wie die Jungs am Bildschirm im übrigen erkennen wollen, ob sich in den Zellen eines Notebookakkus tatsächlich die stromspeichernde Masse befindet oder Plastiksprengstoff, wird mir weiterhin ein klaffendes Rätsel bleiben. Wirklich sicher fühle ich mich deshalb nach wie vor nicht.

  • Bringt es die Petition?

    So, so langsam nähert sich die öffentliche Online-Petition gegen Internet-Sperren der kritischen Marke von 50.000 Zeichnern. Mit 50.000 Zeichnern innerhalb der Drei-Wochen-Frist wird der Petent von einer öffentlichen Ausschusssitzung angehört – wenn die Ausschusssitzung nicht mit einer Zweidrittelmehrheit beschließt, dass davon abgesehen wird. Doch so weit sind wir noch nicht.

    Diese öffentliche Online-Petition gehört mit Sicherheit schon jetzt zu einem Meilenstein der Geschichte des Deutschen Bundestages. Nicht, weil sie einer der wenigen Online-Petitionen ist, die wirklich viele Mitzeichner hat (den Rekord hält noch, wie MOGIS schreibt, mit 128.194 Mitzeichner eine Online-Petition von Juni 2008 zum Thema “Halbierung der Besteuerung von Diesel und Benzin”), sondern weil sie innerhalb von kürzester Zeit – und wir reden hier von schlappen vier Tagen – fast 50.000 Zeichner hat.

    50.000 Unterschriften innerhalb von vier Tagen. Wir reden hier von einem Campaigning und einer Mitmachkultur, von der jede Friedensbewegung jahrzehntelang höchstens kühn geträumt hat. Würde man jede Mitzeichnung dieser Online-Petition auf ein Blatt ausdrucken, 500 Blätter in einen Ordner packen, hätte man schlappe 100 Ordner Protest.

    Es geht an dieser Stelle tatsächlich eher weniger darum, dass mit dieser Petition das große Besinnen bei den Verantwortlichen kommt und dass das Gesetzesvorhaben beherzt in der Tonne landet – das wird es höchstwahrscheinlich nicht. Es geht hier eher darum, dass eine deutliche, sehr deutliche Kante gezeigt wird. Es sind nicht die paar hundert Schwerkriminelle, die hier ein Signal geben, sondern die Basis. Die Bevölkerung und nicht zuletzt die Wähler, die in etwas mehr als vier Monaten ein Kreuzchen zu machen haben. Wenn wir uns daran erinnern, dass im Jahr 2002 die Bundestagswahl mit läppischen 6.000 Stimmen entschieden wurde und sich heutzutage genügend Wähler in den allerletzten Tagen unmittelbar vor der Wahl entscheiden, wen sie wählen, ist das ein Spiel, bei dem man als Politiker und Partei sehr wohl verlieren kann.

    Ich halte deshalb die Befürchtung einiger, die sagen, dass solche großangelegten öffentlichen Petitionen eher die Politikverdrossenheit erhöhen, da am Ende doch nichts passiert, nicht für kritisch. Ganz im Gegenteil: Es ist ein starkes und sehr deutliches Zeichen für Politker (und hier vor allem für die kommende Generation von Politikern), dass der Souverän sich durchaus mobilisieren lassen kann, wenn ihm etwas nicht passt. Man kann sich heute vielleicht noch mit unverfrorener Großschnäuzigkeit, die ich einigen derzeitigen Mitgliedern des Deutschen Bundestages jederzeit unterstellen würde, über solche Zeichen hinwegsetzen und so tun, als ob nichts wäre. In Zukunft wird das nicht mehr so einfach gehen.

  • Rupert Murdoch verlässt das Web.

    Das zumindest ist die Folgerung, die man guten Gewissens aus der Ankündigung herauslesen darf, dass die britischen Zeitungen aus seinem Medienimperium innerhalb der nächsten 12 Monate online nur noch gegen Zaster lesbar sein sollen. “Die Zeiten des gegenwärtigen Internets”, so der Held, “sind bald vorbei“, und Nachrichten im Internet kostenlos anzubieten, sei ein „nicht funktionierendes Geschäftsmodell„.

    Damit hat der inzwischen 78 Jahre alte Boss der News Corporation gar nicht mal so unrecht, denn die Frage ist, von welcher Seite er sich seine Entscheidung anschaut. Seine Argumentation ist die, dass er voll auf Online-Abonnements setzt, die angeblich boomen sollen. Sprich: Der Zeitungskunde von morgen kauft sich ein Lesegerät, beispielsweise einen Amazon Kindle, lädt sich morgens die Zeitung aufs Gerät, setzt sich in die U-Bahn und liest die Zeitung im Lesegerät. Hübsche Vorstellung, der ich vor Jahren durchaus auch etwas abgewinnen konnte, als mein Palm noch ein nomadisches Gerät war, das nur umständlich per Kabel ans Netz kam und man sich aktuelle Inhalte wie ein Junkie am PC auf die Kiste schaufelte und dann vor allem Leute beeindrucken wollte.

    Problem dabei ist, dass das immer weniger Menschen tun – eine Zeitung zu lesen, wie man früher eine Zeitung gelesen hat: Von vorne nach hinten. Die meisten Menschen, die ich kenne und die sich online informieren, lesen keine in PDF oder in ein anderes, seitenartiges Format gegossene Zeitung mehr, sondern surfen auf News-Sites, wie SPIEGEL Online, Süddeutsche.de, FOCUS Online und lesen sie nicht von vorne bis hinten durch. Gewissermaßen lesen sie mehrfach am Tag die Titelseite neu durch und springen, wenn ihnen etwas gefällt, direkt auf die Nachricht. Das letzte mal, dass ich auf die Rubrikseite “Netzwelt” bei SPIEGEL Online geklickt habe, ist Jahre her. Meine Erfahrungen aus IVW-Auswertungen von Online-Ausgaben kleinerer und größerer Tageszeitung ist die, dass sie Nischenprodukte für Nostalgiker sind, die beispielsweise im fernen Ausland gern die heimische Tageszeitung auf dem Bildschirm haben möchten. Kann toll sein, kostet den Verlag ja letztlich auch relativ wenig, aber ob das die Zukunft ist?

    Man mag es bedauern, dass eine jahrhundertealte Kultur, nämlich die des Zeitungslesen, langsam aber sicher den Bach runter geht und sich das Ende ziemlich todsicher seit Monaten durch immer weiter sinkende Einnahmen aus Anzeigen ankündigt: Ob ein alter, knurriger, stockkonservativer, drei mal verheirateter und mit 70 und 72 Jahren wieder Vater gewordener Rechtsausleger namens Rupert Murdoch die Welt aufhalten kann, darf bezweifelt werden. Es ist gut so.

  • Schwachsinniges im E-Petitionssystem des Deutschen Bundestages.

    Meine Teilnahme an der Petition gegen Internet-Sperren ist meine erste Mitzeichnung einer Petition überhaupt, aber auch eine Premiere in Sachen Online-Petition. Dass das Online-Petitionssystem nicht sonderlich performant ist, merkt vermutlich gerade jeder Mitzeichner. Das Petitionssystem enthält aber auch sonst regelrecht unglaubliche Funktionen, die den wahren Abgrund zeigen.

    Und damit ist jetzt noch nicht mal die Möglichkeit gemeint, ICQ-, AIM-, MSN- und Yahoo-Kennungen zu hinterlegen, um möglicherweise per Instant Messaging kontaktiert zu werden. Ich bin mal so frei, zu behaupten, dass praktisch kein Abgeordneter je etwas von diesen Diensten gehört hat. Die angebotene Möglichkeit, das Design und Layout der Forumsansicht anzupassen, ist vermutlich auch unvermeidbar.

    Der Gipfel der Geschmacklosigkeit ist allerdings das, was Metronaut.de aufzeigt: Die Möglichkeit, sein E-Petitionsprofil mit einem Bild auszustatten. Genau genommen ist das nicht allein der Punkt des Gipfels, sondern die tatsächlich eingebaute Möglichkeit, aus bereits hinterlegten Bildern von Schauspielern und Musikern – echt jetzt! – auswählen zu können. Möchtest du also mit deinem Petentenprofil ein Claudia-Schiffer-Avatar, dann wähle es aus. Es geht aber auch Kurt Cobain (schreiben die “Kobain”), Eminem, Nirvana, U2 (in Form eines Uralt-Fotos von Bono) oder eine ganze Reihe von anderen Mehr-oder-weniger-Prominenten. Oder kennt jemand einen “Freddy Prinze Jr.”?

    Mir fällt es sehr schwer, den E-Petitionsserver und die angebliche Intention dahinter für voll zu nehmen. Was für offensichtliche Schwachköpfe spielen für solche E-Government-Einrichtungen, die eigentlich nichts geringeres als angewandte Demokratie im Internet abbilden sollen, eigentlich Projektmanager? Ich habe ja durchaus Verständnis dafür, dass man für ein Forensystem nicht alles neu erfinden muss, aber wenn man schon eine Software für eine eher ernsthafte Angelegenheit adaptieren will, sollte man den Kopf nicht nur dazu verwenden, morgens die Haare darauf zu frisieren.

  • Spam von Quelle Türkei.

    Auch drollig. Nicht, dass ich jemals beim Versandhaus Quelle etwas bestellt hätte und in nüchternem Zustand zukünftig etwas bestellen werde, nein, jetzt kommt der Spam gar von der türkischen Niederlassung von Quelle. “Nette Bikinimode” wird da angepriesen, in der türkischen Landeswährung und natürlich online zu bestellen.

    Das zeigt mir vor allem eine Sache sehr deutlich: Die türkische Quelle-Niederlassung hat mal eben in der Türkei eine schicke E-Mail-Adressliste gekauft und ballert die Empfänger nun mit E-Mail-Müll zu oder lässt sich von einem Dienstleister die Warenanpreisungen ins Volks blasen. Opt-In oder Opt-Out? Wen stört sowas?

    So funktioniert die Welt außerhalb Deutschlands, so von wegen “deutsche Maßstäbe”, die deutsche Unternehmen gern im Ausland nehmen. Immerhin glaubt man in der Türkei schon mal aus architektonischen Gründen nicht an den Weihnachtsmann.

  • Schwache Passwörter beim RIPE.

    Im (gedruckten) SPIEGEL 19/2009 findet sich auf Seite 126 folgender Artikel:

    Internet
    Fahrlässiger Umgang mit Passwörtern

    Selbst große Konzerne schützen ihre Websites mit allzu simplen Passwörtern, die sich sogar von Amateuren in Minuten knacken lassen. Dem SPIEGEL liegt eine vertrauliche Liste mit Hunderten von Firmen-Passwörtern vor, die Sebastian Schreiber von der Sicherheitsfirma Syss mit ‘sehr wenig Aufwand’ aus einer Internet-Datenbank des Adressverzeichnisses namens Ripe gefischt hat. Unter den Firmen befinden sich ein Nahrungsmittelriese, eine Bank eine Wirtschaftsberatungsagentur, ein großer Webdienst-Anbieter. Sie alle hätten eine Menge zu verlieren durch einen Hackerangriff. ‘Es wäre ein Leichtes, den Webtraffic dieser firmen illegal abzuwürgen, umzuleiten oder E-Mails heimlich mitzulesen’, sagt Schreiber. Sichere Passwörter sollten aus über einem Dutzend Buchstaben, Zahlen und Sonderzeichen bestehen. Stattdessen wimmelt es in der Ripe-Datenbank von Passwörtern wie ‘adventure’, ‘TestTest’, ‘4664’. Eine große Versicherung vertraut auf ‘beruhigt’, ein Institut für Ernährungssicherheit auf ‘Karotte’, ein Flughafen auf ‘purgatory’ – englisch für Fegefeuer. Doch viele Ertappte reagierten nicht einmal, als sie auf die Nachlässigkeit hingewiesen wurden; und auch die Verwaltung der Ripe-Datenbank hat es trotz mehrerer Nachfragen monatelang versäumt, von den Nutzern bessere Passwörter einzufordern.

    Was ist hier los? Sicherheitsloch? Zumindest teilweise, aber fangen wir von vorn an:

    Das RIPE ist eine so genannte Regional Internet Registry, die für die Zuteilung und Verwaltung von IP-Netzparametern für die europäische Region zuständig ist. Dazu gehören IP-Adressen, aber auch Routing-Parametern. Traditionell ist es so, dass diese Informationen frei zugänglich sind, das Editieren der dort verzeichneten Einträge jedoch gesichert sind. Dazu gibt es zwei Möglichkeiten: Eine Sicherung mit einem Passwort und einem PGP-Key. Letzteres ist ein absolut sicheres Verfahren, während ersteres deutlich praktischer ist.

    Damit der Spaß mit dem Herauslesen von Passwörtern nicht ganz so einfach ist, müssen zu hinterlegende Passwörter einmalverschlüsselt werden. Das bedeutet, dass der Originator des Eintrages sein Passwort nicht in Klartext hinterlegt, sondern zunächst mit einem Einwegverschlüsselungsverfahren bearbeitet – im Falle der RIPE-Datenbank wird das Verfahren MD5 eingesetzt – und dieses Ergebnis dann hinterlegt. Die Einwegverschlüsselung stellt sicher, dass die verschlüsselte Nachricht nicht mehr dechiffriert werden kann.

    Der Ansatz ist nun, dass man das Passwort zwar nicht mehr dechiffrieren kann, es aber weiterhin durch einen anderen Ansatz zum Passwortknacken verwundbar ist, nämlich durch Wörterbuchattacken. Wörterbuchattacken basieren darauf, dass man eine ganze Liste von vordefinierten Wörtern schlicht einfach mal durchprobiert, in der Hoffnung, dass jemand ein einfaches Passwort verwendet, das just in dieser Wörterbuchliste vorkommt. Im Falle von einem einwegverschlüsselten Passwort muss lediglich sichergestellt werden, dass auch die Wörterbuchliste die Wörter entsprechend mit dem Einwegverschlüsselungsverfahren chiffriert sind.

    Und das dürfte dann auch der Ansatz gewesen sein. Da die RIPE-Datenbank frei zugänglich ist, hat ein findiger Mensch einfach eine Wörterbuchliste genommen, die dort vorkommenden Wörter nach dem gleichen Verfahren einwegverschlüsselt, wie es das RIPE tut und dann einfach nach den Chiffraten in der RIPE-Datenbank gesucht. Äußerst einfach und leider offensichtlich auch hin und wieder wirksam.

    Immerhin hat das RIPE reagiert und die Suche nach einwegverschlüsselten Passwörtern insofern erschwert, dass eine Suche nach Sonderzeichen nicht möglich ist, Sonderzeichen aber in den Chiffraten zwingend vorkommen. Sinnvollerweise kann man aber nach wie vor immer nur empfehlen, gänzlich auf die Passwortautorisierung zu verzichten und die PGP-Autorisierung einzusetzen oder zumindest ein hinreichend komplexes und langes Kennwort zu nutzen.

  • Petition gegen Online-Sperren unterzeichnen!

    So, jemand hat die Petitionsbüchse auf dem Bundestagspetitionsdingsbums aufgemacht und wir werden diese jetzt auch schön alle brav unterzeichnen.

    Dazu gehen wir auf die Petitionsseite zu “Internet – Keine Indizierung und Sperrung von Internetseiten vom 22.04.2009” loggen uns da ein und zeichnen die Petition mit. Wer keinen Zugang zu diesem Dienst hat, kann sich dort registrieren. Die Registrierungsprozedur ist etwas unhandlich (was auch nicht anders zu erwarten war, wobei das vor Jahren sogar noch unbedienbarer war), dafür geht das Mitzeichnen per Knopfdruck.

    Zur Frage, ob das Sinn macht: Ein absolutes “Ja”. Jeder Bürger ist nach dem Artikel 17 des Grundgesetzes in der Lage, eine Beschwerde über ein Gesetzesvorhaben an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages zu richten. Das, was hier gemacht wird, ist eine so genannte “öffentliche Petition”, deren Inhalt in einer Ausschusssitzung dann behandelt wird, wenn innerhalb der ersten drei Wochen nach Start der öffentlichen Petition mindestens 50.000 Mitzeichner die öffentliche Petition mittragen.

    Deshalb ist jeder mündige Bürger aufgerufen, sich über obigen Link über die Petition zu informieren und diese dann mitzuzeichnen, wenn man diese mittragen möchte. Das ist pure Demokratie, die wir in die Hand nehmen müssen, wenn wir ein Zeichen setzen wollen.

  • „Facebook-in-a-Box“: BuddyPress 1.0.

    Nach langer Entwicklungszeit haben es die Folks von Automattic, dem Firmenmantel der ursprünglichen WordPress-Macher, nun endlich geschafft: BuddyPress wurde am 30. April in der finalen Version 1.0 veröffentlicht und ist damit bereit für die Welt.

    Der Satz in der Überschrift sagt dabei schon, was BuddyPress eigentlich darstellt: Eine Software zum Aufbau eines eigenen, sozialen Netzwerks, wie man es eben von Facebook kennt. BuddyPress ist dabei nicht unbedingt eine völlig neue Software, sondern ein Paket an Erweiterungen für WordPress MU, also der Multi-User-Version von WordPress.

    Ansonsten hat BuddyPress jedoch nicht mehr viel mit Bloggen allein zu tun, sondern bietet alles das, was ein Social Network ausmacht: Erweiterte Benutzerprofile, Bildung von Netzwerken, die Möglichkeit der Bildung von Gruppen, das Versenden von privaten Nachrichten, das Schreiben in Foren innerhalb von Gruppen (nennt sich in Buddypress „Wire“), ein Aktivitätsverlauf und natürlich auch Blogs.

    Erfahrungen habe ich mit BuddyPress noch keine, allerdings eine schweinisch hohe Motivation, das so bald wie möglich einmal auszuprobieren. Die Folks von WordPress Deutschland haben auch bei BuddyPress mit BuddyPress Deutschland wieder ausgezeichnete Arbeit geleistet und stellen ein komplettes Installationspaket mit WordPress MU, BuddyPress und einer dazugehörigen deutschen Übersetzung zum Download bereit.

  • Wer unverschlüsselt twittert, ist selbst schuld.

    Ich könnte mich auf den Boden werfen und stundenlang lachen, bis der Parkettboden auseinanderfällt, wenn ich die Geschichte auf netzpolitik.org lese, dass offenbar ein Verantwortlicher des Twitter-Streams „cdu_news“ auf dem PolitCamp 09 getwittert hat, jemand offensichtlich im WLAN-Netzwerk herumgesnifft hat, durch den Tweet die Credentials von „cdu_news“ mitbekam und eine Fake-Nachricht twitterte.

    Tja, dumm gelaufen. Traue niemals einem fremden Netzwerk. Und wenn du es schon benutzen willst, dann nutze entweder ein VPN für deine Netzkommunikation oder nutze für deine einzelnen Dienste möglichst verschlüsselte Zugangswege. Das geht bei E-Mail beispielsweise mit SSL-Zugangswegen (das können sogar die Discounthoster wie 1&1) und bei vielen webbasierten Diensten über HTTPS-Websites. Xing leitet Website-Anfragen standardmäßig auf HTTPS-Zugänge und Twitter geht auch per HTTPS. Und das sogar meistens performant, was höchstwahrscheinlich an dem bedauerlichen Umstand liegt, dass kaum jemand den HTTPS-gesicherten Zugang nutzt.

  • Kulturkampf 2.0.

    Ich beobachte ja nun schon seit einer ganzen Weile die Schritte der hiesigen Parteien im Internet. Das fing, so viel darf man zugeben, mit den frühen Internet-Aktivitäten von Barack Obama an, als noch jeder fest davon überzeugt war, dass der schwarze Senator aus Illinois nicht einen Hauch von Chance haben könnte, jemals US-Präsident zu werden. Das, war er mal eben so als „Impact“ ausgelöst hat, ist nichts anderes gewesen als ein moderner Kulturkampf, der so ziemlich alle elementaren Fronten hatte, die es nur gibt: Jung gegen Alt, Moderne gegen Vergangenheit, Konservatismus gegen demokratischen Sozialismus, mündiger Wähler gegen klassischen Wähler, zentral organisierte und dezentral strukturierte Wahlkampfführung gegen herkömmliche Wahlkampfführung, aufstrebende Politiker gegen alteingesessenes Politestablishment. Letztendlich auch Demokraten gegen Republikaner, was am Ende auch das anvisierte und erreichte Ziel war.

    Nun kann man sagen, was man will – die USA sind weit entfernt und viele Aspekte, die in den USA für die Parteienlandschaft und für Wahlen gelten, gelten hier in Deutschland nicht. Beispielsweise ist die Organisationsstruktur der Demokratischen Partei der USA derartig darniederliegend gewesen, dass die dezentrale Strukturierung über das Internet nicht nur ein großer Erfolg war, sondern eine unumgängliche Entwicklung, wenn man nicht vollens auf eine kaum noch funktionierende Partei bauen wollte. So weit sind wir in Deutschland nicht. Ebenso weit sind wir nicht bei den rechtlichen Möglichkeiten, potentielle Wähler nach einer Registrierung sofort auf ihre Vorlieben auszuhorchen und deren Daten aus anderen, verfügbaren Datenbanken zu sammeln und zu migrieren.

    Das ist aber auch nicht der Punkt, den ich hochspannend finde, denn so tief greifen muss man offenbar nicht. Der moderne Kulturkampf spielt sich nämlich schon viel tiefer und lapidarer ab: Jede Partei redet davon, dass sie gern mit dem Wähler in Diskussion treten will, besonders gern vor Wahlen. Was aber passiert, wenn es tatsächlich so weit ist? Wie kommt eine Partei und eine politische Bewegung plötzlich damit klar, wenn sie nicht nur weitgehend one-way kommuniziert, sondern plötzlich die Diskussion auch einen echten Rückkanal bekommt und dieser genutzt wird?

    Und genau hier spielen sich in meinen Augen inzwischen atemberaubende Entwicklungen ab. Weniger positive – so ehrlich muss man sein, dass noch keine deutsche Partei wirklich den goldenen Mittelweg gefunden hat, perfekt im Internet zu diskutieren – sondern eher negative. Das Paradebeispiel hierbei ist die CDU und ihr Auftreten in StudiVZ, denn hier prallen Welten aufeinander.

    Es ist inzwischen kein Geheimnis, dass die Macher von StudiVZ und MeinVZ durchaus in Zusammenarbeit mit Parteien ihre Pforten gegenüber der Politik geöffnet haben. Darüber kann man unterschiedlicher Meinung sein, allerdings finde ich, dass eine gute Diskussionsplattform nicht nur davon lebt, dass über Politik geredet wird, sondern dass sie auch Raum für offizielle Darstellungen bieten sollte.

    Das Problem der CDU: Ihre politischen Ansichten kollidieren offenbar immer wieder diametral mit den Ansichten der meist jungen Klientel und führt zu harschen Reaktionen auf politische Traktate und klassischen Wahlkampfargumentationen und dann schaukelt sich das alles auch noch ordentlich auf, wenn die Wahlkampfführung mit den harschen Reaktionen offensichtlich nicht klarkommt. So kommt es, dass es zu außergewöhnlichen Kommunikationspannen kommt, beispielsweise so Dingen wie Diskussionsthemen auf dem Diskussionsforum der CDU, in denen Homosexualität als heilbare Krankheit beschrieben wird oder sich die CDU in Foren dazu herablässt, Kritiker an der Thematik von Online-Sperren als Befürworter von skrupellosen Geschäftemacher dargestellt werden.

    Authentizität lebt vor allem von ehrlicher Argumentation und davon, Kritik anzuerkennen und zu verarbeiten. Gerade letzteres ist der große, heiße Punkt des Kulturkampfes 2.0 und dieser Punkt kann nicht mit Mitteln aus dem bisherigen Wahlkampfwerkzeugkoffer pariert werden. Aber vermutlich kann ich mir dazu die Finger wundschreiben, wir werden dazu in naher Zukunft höchstwahrscheinlich noch einige weitere Tiefschläge erleben.

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