Rupert Murdoch verlässt das Web.

Das zumindest ist die Folgerung, die man guten Gewissens aus der Ankündigung herauslesen darf, dass die britischen Zeitungen aus seinem Medienimperium innerhalb der nächsten 12 Monate online nur noch gegen Zaster lesbar sein sollen. “Die Zeiten des gegenwärtigen Internets”, so der Held, “sind bald vorbei”, und Nachrichten im Internet kostenlos anzubieten, sei ein “nicht funktionierendes Geschäftsmodell“.

Damit hat der inzwischen 78 Jahre alte Boss der News Corporation gar nicht mal so unrecht, denn die Frage ist, von welcher Seite er sich seine Entscheidung anschaut. Seine Argumentation ist die, dass er voll auf Online-Abonnements setzt, die angeblich boomen sollen. Sprich: Der Zeitungskunde von morgen kauft sich ein Lesegerät, beispielsweise einen Amazon Kindle, lädt sich morgens die Zeitung aufs Gerät, setzt sich in die U-Bahn und liest die Zeitung im Lesegerät. Hübsche Vorstellung, der ich vor Jahren durchaus auch etwas abgewinnen konnte, als mein Palm noch ein nomadisches Gerät war, das nur umständlich per Kabel ans Netz kam und man sich aktuelle Inhalte wie ein Junkie am PC auf die Kiste schaufelte und dann vor allem Leute beeindrucken wollte.

Problem dabei ist, dass das immer weniger Menschen tun – eine Zeitung zu lesen, wie man früher eine Zeitung gelesen hat: Von vorne nach hinten. Die meisten Menschen, die ich kenne und die sich online informieren, lesen keine in PDF oder in ein anderes, seitenartiges Format gegossene Zeitung mehr, sondern surfen auf News-Sites, wie SPIEGEL Online, Süddeutsche.de, FOCUS Online und lesen sie nicht von vorne bis hinten durch. Gewissermaßen lesen sie mehrfach am Tag die Titelseite neu durch und springen, wenn ihnen etwas gefällt, direkt auf die Nachricht. Das letzte mal, dass ich auf die Rubrikseite “Netzwelt” bei SPIEGEL Online geklickt habe, ist Jahre her. Meine Erfahrungen aus IVW-Auswertungen von Online-Ausgaben kleinerer und größerer Tageszeitung ist die, dass sie Nischenprodukte für Nostalgiker sind, die beispielsweise im fernen Ausland gern die heimische Tageszeitung auf dem Bildschirm haben möchten. Kann toll sein, kostet den Verlag ja letztlich auch relativ wenig, aber ob das die Zukunft ist?

Man mag es bedauern, dass eine jahrhundertealte Kultur, nämlich die des Zeitungslesen, langsam aber sicher den Bach runter geht und sich das Ende ziemlich todsicher seit Monaten durch immer weiter sinkende Einnahmen aus Anzeigen ankündigt: Ob ein alter, knurriger, stockkonservativer, drei mal verheirateter und mit 70 und 72 Jahren wieder Vater gewordener Rechtsausleger namens Rupert Murdoch die Welt aufhalten kann, darf bezweifelt werden. Es ist gut so.


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Kommentare

3 Antworten zu „Rupert Murdoch verlässt das Web.“

  1. Avatar von Matthias
    Matthias

    Ich lese meine Zeitung jeden Morgen, von vorne nach hinten und ich habe meinem Sohn erlaubt, dies auch so zu tun. Es hat eine Weile gedauert bis er bemerkt hat, das es nichts schöneres gibt, als ein schönes großes Blatt Papier auf den Frühstückstisch zu legen und sich zu informieren. Er hat auch noch ein wenig Zeit ist erst 14 Jahre. Wenn es mal keine Zeitung mehr geben sollte, dann drucke ich mir alle News auf DIN A3 aus, hefte sie zusammen und fange an zu lesen. Ich fordere alle dazu auf eine Zeitung zu abonnieren. Alles wird Gut.

    1. Avatar von Besim Karadeniz

      Das tue ich ja auch, allerdings muss ich mich dazu im Internet-Zeitalter eher zwingen, als dass ich das aus Interesse mache. Denn im Normalfall ist es so, dass mir mindestens die Hälfte der Nachrichten, die ich morgens in der Tageszeitung lese, schon gestern über den Weg gelaufen sind, inklusive der übernommenen Schreibfehler aus den Nachrichtentickern. ;-D

      1. Avatar von Matthias
        Matthias

        Dann bleiben Dir nur noch die Totesanzeigen. Nur die sind dann wirklich aktuell. Oder kann man die auch schon im Internet nachlesen.
        Es gibt da eine Tageszeitung da steht dann drin: Fritzle Maier wird Morgen um 12:15 an einer kurzen aber unheilbaren Krankheit sterben. Wir bedauern seinen Verlust sehr. Die Belegschaft.
        Die Rechtschreibfehler entstehen so wie bei mir, ich denke schneller als ich schreibe, habe also das Wort nicht mehr im internen Fingerspeicher trotzdem schreibe ich es noch und deshalb wird es auch falsch, kann also gar nichts dafür. Das hat aber wiederum nichts mit Rupert Murdoch zu tun!!

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