Ich bin kein Fan der Zeitungen, die man als kostenloses Beiwerk zu einer Parteimitgliedschaft bekommt, völlig unabhängig davon, welche Partei das ist. Bei der SPD ist diese Parteizeitung der „Vorwärts“. Eigentlich eine Zeitung, die eine 134 Jahre alte Tradition aufzuweisen hat und sich lange Zeit als vordenkende Zeitung verstand, die die Sozialdemokratie intellektuell begleitete. Heute ist der Vorwärts freilich nur noch ein müder Abklatsch davon, der sich als applausflankierendes Jubelblatt versteht. Beiwerk eben. Steckt jeden Monat im Briefkasten, hat mitunter interessante Aufsätze, ist gestalterisch gut gemacht, aber der überwiegende Rest ist eben Hühnerragout, genau gemixt für die Parteibasis.
Was mich am meisten stört, sind die Anzeigen im Vorwärts. Man kann ungefähr einen Leitsatz aus der Beobachtung basteln, dass jede Anzeige, die mindestens eine halbe Seite groß ist, für jemanden wirbt, mit dem die Sozialdemokratie einen Diskurs hat. Nun gilt der Grundsatz, dass der journalistische Teil wenig mit den Anzeigen zu tun hat und ich unterstelle keinesfalls der Vorwärts-Redaktion, dass sie im Sinne ihrer Anzeigenkunden schreibt, aber die Werbetreibenden wissen schon sehr genau, welche Sprache sie setzen müssen, ob das nun Anzeigen von Tabakherstellern sind, Privatversicherer oder Energieversorger. Vattenfall zum Beispiel. Vattenfall hat sich in der aktuellen Vorwärts-Ausgabe die letzte Seite gesichert und schreibt folgendes in ihrer Anzeige, gesetzt auf einem überdimensionalen Erdglobus:
„Um hier oben etwas zu bewirken, gehen wir in die Tiefe.
Für unseren Planeten wäre es das Beste, wenn kein zusätzliches CO2 mehr in die Atmosphäre gelangt. Genau dafür hat Vattenfall eine zukunftsweisende Technologie für die Energieerzeugung entwickelt: CCS (Carbon Capture and Storage). Dabei wird das CO2 im Kraftwerk abgeschieden, verdichtet und dauerhaft gespeichert – tief unter der Erde.“
Klarer Fall von dem klassischen Versuch, das Phänomen „Aus dem Auge, aus dem Sinn“ als Lösung zu verkaufen, die Stromerzeugung durch fossile Brennstoffe weiter zu forcieren.
Warum es Quatsch ist, CO2 in die Erde zu verlagern.
Eigentlich gibt es ja alles. Endlager, genügend Kohlendioxid, Energiehunger, den Neubau von zig Kohlekraftwerken. Also warum nicht?
- Emissionen nicht zu verwerten bzw. zu vermeiden, sondern wegzusperren, hat mit Nachhaltigkeit nichts zu tun. Vor allem nicht, wenn sich die weggelagerten Stoffe bei der Lagerung nicht zersetzen. Im Prinzip sind wir bei der CO2-Einlagerungen daher keinen Deut weiter, als bei der Art und Weise, wie wir seit Jahrzehnten mit dem Atommüll verfahren: „Schaun mer mal.“
- Die Einlagerungsstätten für CO2 sind endlich. Überschaubar endlich. Zwar gibt es auch auf deutschem Gebiet grundsätzlich brauchbare Stätten, bedingt durch früheren Bergbau bzw. Rohstoffförderung auf hoher See und es stimmt auch, dass man bei der Lagerung von Gasen in solchen Lagerstätten Erfahrungen hat, da solche Minen schon für die Zwischenlagerung von Erdgas eingesetzt wird. Allerdings reichen diese Lagerstätten logischerweise nur für einen begrenzten Zeitraum. Von 20 bis 60 Jahren spricht man hier, dann sind die bestehenden, potentiellen Lager voll – wenn die Energieerzeugung durch fossile Brennstoffe auf dem jetzigen Level bleibt.
- Die Trennung von Kohlendioxid aus den Emissionen von Kraftwerken kostet selbst Energie und zwar richtig messbar – um rund 10 % sinkt die Energieeffizienz von Kraftwerken, die CO2 aus ihren Emissionen filtern. Und wir reden bei der Energieerzeugung nicht von einer Basis von 100 %, sondern von etwa 40 % bei einem durchschnittlichen Kohlekraftwerk. Der große Rest, der bei der Stromerzeugung anfällt, ist Wärme, die man bei modernen Kraftwerken durch Kraft-Wärme-Kopplung teilweise noch nutzen kann, ansonsten aber in die Atmosphäre und in das Kühlwasser geht. Kohlekraftwerke heizen also vornehmlich ihre Umgebung und erzeugen nebenbei noch etwas Strom. Bei Gaskraftwerken sieht es etwas besser aus, hier liegt die Energieeffizienz zwischen 50 und 60 %, zudem besitzen Gaskraftwerke den Vorteil, dass sie verhältnismäßig wenig Vorlauf brauchen, das kann man für gewöhnlich in so eine Rechnung einrechnen.
- Niemand weiß, was das CO2 im Erdboden langfristig macht. Sorgt der hohe Druck für Bergbewegungen? Was passiert, wenn es unterirdische Einstürze gibt? Was passiert, wenn oben schlicht der Schachtdeckel abfliegt? Es wird hier suggeriert, dass eine quasi fertig entwickelte und mutmaßlich sichere Technik nur noch darauf wartet, eingesetzt zu werden.
Nein, ist es alles nicht. Das Einlagern von Kohlendioxid in die letzten Löcher ist nichts anderes, als wenn man dort Atommüll hineinstopft und darauf hofft, dass die nächsten Generationen keine Fragen stellen. Mit Nachhaltigkeit hat das alles nichts zu tun, noch nicht mal ansatzweise.
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