• Ich hätte gern: Einen Friedensnobelpreis.

    Was für ein hanebüchener Schwachsinn: Barack Obama, also tatsächlich der US-Präsident, der seit Januar im Amt ist, erhält den diesjährigen Friedensnobelpreis. Und das für seine “außergewöhnlichen Bemühungen für die Zusammenarbeit zwischen den Völkern”. Äh, wie bitte? Der Mann ist gerade mal neun Monate im Amt, kämpft vor allem damit, die Zusammenarbeit von Arm und Reich in seinem eigenen Land wieder zu etablieren und hat außenpolitisch außer vielen Sondierungen bisher noch nicht wirklich viel zustande gebracht. Ganz im Gegenteil: Gestern beherrschte unter anderem die Nachricht die Welt, dass die US-amerikanische Diplomatie schwammig mit einer “Superbombe” in der Iran-Diskussion schwadroniert, mit der tiefliegende Bunker getroffen werden könnten. Sehr friedensstiftende Maßnahme. So steht dieser Friedensnobelpreis unter dem Verdacht, als Vorschusslorbeeren zu gelten. Und das ist wahnsinnig schlecht.

    Sehr übel, für alle Seiten. Zeigt es doch, dass es offensichtlich schon reicht, zwei Jahre einen auf Hoffnung basierenden Wahlkampf zu machen, sich dann (zu Recht) wählen zu lassen und dann letztendlich für all diese warmen Worte dann den Friedensnobelpreis zu kassieren.

  • Mailen auf die Homepage.

    Stilblüte aus unserem lokalen Kanonenblättchen:

    “Der Schlussmann der SG hat sich mittlerweile an die Spielvereinigung gewandt und sich per Mail auf der Homepage des Vereins für den Vorfall entschuldigt.”

    Sind wir uns da sicher, dass er das per Mail auf der Homepage des Vereins getan hat? Nicht eventuell doch per Homepage auf der Mail des Vereines oder doch per FTP-Server auf dem Switch?

  • Sarko macht es vor.

    Dass ich Nicolas Sarkozy für einen Vorreiter eines üblen Typus an konservativem Politiker halte, der problemlos auch seine Mutter verkaufen würde, wenn es dem politischen Zweck dienen müsste, ist vermutlich nachvollziehbar. Und dabei liegen wir bei der unsachlich anmutenden Analogie gar nicht mehr ganz so daneben, denn Frankreich tut inzwischen immer mehr Dinge, um seine Bevölkerung zu kriminalisieren und wegen verhältnismäßig kleiner Vergehen einer Strafverfolgung zuzuführen, die auch noch glatt am Staat vorbeigeht.

    Gemeint ist da die für einen Rechtsstaat höchst bedenkliche Nummer namens “Three-Strikes-Out”, bei der französische Internet-Nutzer, die beim vermeintlich illegalen Download von urheberrechtlich geschützten Inhalten mit Internet-Entzug bestraft werden. Inklusive allen weitgehend ungeklärten und unklärbaren Fragen, beispielsweise so Dingen, was eigentlich mit Internet-Nutzern zu geschehen hat, die über öffentliche WLAN-Hotspots temporär in einem Netz surfen oder mit Nutzern, die per Mobilfunk-Roaming möglicherweise Tauschbörsen plündern.

    Darum geht es auch nicht und darum ging es nie. Wer das nicht glaubte, wird heuer eines besseren belehrt, nämlich bei den Diskussionen in Frankreich über die Zukunft des Glücksspieles. Hier hat man eine ungeliebte EU-Vorgabe erfüllen müssen (das im übrigen auch in Deutschland noch bevorsteht), bei der das staatliche Glücksspielmonopol zugunsten einer genehmigungspflichtigen Glücksspielindustrie umgestellt werden muss. Fortan dürfen auch privatwirtschaftliche Unternehmen Glücksspiel anbieten, die das von einer neu gegründeten Behörde namens "ARJEL" genehmigt bekommen haben. Und damit das alles etwas mehr Wert gewinnt als nur das Papier, auf dem das geschrieben ist, muss man natürlich das Volk vor dem bösen Internet beschützen, in dem man ja auch illegal Glücksspiele spielen kann, die nicht in Frankreich lizenziert sind.

    Diese Vorgehensweise ist äußerst praktisch, denn so holt man sich, wie man es schon bei ersten Paradestück getan hat, einfach noch einen Verbündeten dazu, um eine Regulierung des Internet zu rechtfertigen. Da dieser Verbündete ebenfalls einen der "Schwerpunkt-Wirtschaftszweige" des Internets betrifft, haben sowohl Regierung, als auch die Glücksspielindustrie etwas davon. Der Bürger freilich schaut auch hier wieder in die Röhre.

    Alles von der Welt? Franzosen doof, Deutsche nicht? Die Konstellationen im Bereich Glücksspielmonopol sind in Deutschland nicht unähnlich und teilweise noch erheblich problematischer, weil hier eine andere Konstellation vorherrscht und ganz andere Interessen vorherrschen, die die Sache komplexer machen. Das Glücksspielmonopol liegt nämlich hier in Deutschland bei den Ländern, die durch ihre Lottogesellschaften nicht zu unterschätzende Einnahmen verzeichnen, auf die man auch zukünftig ungern verzichten würde, obwohl man es dennoch muss, wenn man die EU-Vorgaben irgendwann umsetzen muss. Dass dann auch hier eine regierende Burschenschaft die Chancen ergreift und die derzeit im Bau befindliche Sperrinfrastruktur zur "Bekämpfung" der Kinderpornografie zur Zweitverwertung einsetzen lässt, das ist so haarsträubend greifbar, dass es mir ganz anders wird.

  • “Diese Nachricht ist nur für Sie bestimmt …”

    “… gehen Sie über Los, ziehen Sie 4.000 Euro ein und scheren Sie sich dann zum Teufel.” Oder so.

    Ich mag Disclaimer-Texte in E-Mails. Die rechtliche Verbindlichkeit ist von Hause aus mehr als dürftig, was jedoch immer weniger Geschäftsleute daran hindert, sich teilweise den größten Quatsch automatisch an ihre E-Mails da hinzuhängen, wo man sich normalerweise mit einer Signatur begnügt.

    Noch viel lustiger wird das alles, wenn sich Geschäftsleute (und solche, die sich dafür halten) solche Disclaimer-Texte irgendwo aus dem Internet oder aus so genannten Fachzeitschriften zusammenklauben, dann auch noch mit eigenem juristischen Halbwissen garnieren und das Ergebnis sich dann von Satz zu Satz widerspricht:

    “Die in dieser Nachricht enthaltene Auskunft ist vertraulich und kann dem Berufsgeheimnis unterliegen. Sie ist ausschließlich für den Adressaten bestimmt. Jeglicher Zugriff auf diese e-mail durch andere Personen als den Adressaten, ist untersagt. Sollten Sie nicht der für diese e-mail bestimmte Adressat sein, ist Ihnen jede Veröffentlichung, Vervielfältigung oder Weitergabe untersagt. Sollten Sie diese e-mail versehentlich erhalten haben, informieren Sie uns bitte umgehend.”

    Aha: Die E-Mail ist also vertraulich. Nur der Empfänger darf die Mail also anschauen, aber wenn man im nächsten Satz impliziert, dass der Empfänger der richtige ist, ist ihm die Veröffentlichung, Vervielfältigung oder Weitergabe dann gestattet. Ich verstehe, alles klar, keine weiteren Rückfragen.

    Schlau ist dabei, dass dem deutschen Text auch noch ein englischsprachiger folgte, der viel kürzer ist und den ersten Satz nicht enthielt. Da hat also wohl der Absender etwas an seinem Disclaimer herumgebastelt und mangels Englischkenntnisse (oder war es Faulheit?) nur am deutschen Text herumgebastelt. Herr… deine Kinder.

    Warum nicht einfach das sagen, was man eigentlich sagen muss? Der folgende Entwurf von mir ist praxisnäher:

    Dieser Disclaimer ist eigentlich völliger Nonsens und nicht die Bytes wert, die er dieser E-Mail zusätzlich anhängt. Denn eigentlich müsste er, wenn er denn verbindlich sein sollte, vor dem eigentlichen Nachrichtentext erscheinen und die technische Möglichkeit anbieten, ihm zuzustimmen, bevor der Inhalt der Nachricht sichtbar wird. Für den Versand von verbindlichen Einschreiben war E-Mail jedoch nie geplant – ganz im Gegenteil: Der Absender weiß, dass eine E-Mail ohne zusätzliche Verschlüsselung blank wie ein abisolierter Draht ist und dass er nicht kontrollieren kann, ob der Empfänger die E-Mail nur liest oder gleich in den Druck für die nächste Ausgabe der örtlichen Tageszeitung gibt. Aus diesem Grund steht in dieser Mail nur so viel drin, wie Sie wissen sollen. Mehr nicht. Falls Sie diese E-Mail versehentlich erhalten haben, drucken Sie diese bitte aus, bauen damit einen Papierflieger, klopfen sich dann auf die Schulter und gehen danach einen Kaffee holen.

  • Blogs aus der Region (18).

    Ein kleines Erntedankfest-Update für die Übersicht der Blogs aus der Region, was aber auch nur so heißt, weil heute eben Erntedankfest ist und ich gleich zwei geerntete Stück Kuchen endlagern werde. Dafür sind die drei heute hinzukommenden Weblogs allesamt aus der höherwertigeren Kategorie.

    Zu nennen wäre da das Corporate-Blog der Agentur Dumbo & Gerald, die offenbar vor einigen Wochen von Paris nach Pforzheim gezogen ist (herzlich Willkommen, so am Rande). Das Blog kann man übrigens auch kreativ füllen, es gibt da hohe Ansprüche in der Stadt dafür. 😉

    Das nächste Blog ist wieder aus der Kategorie Politik und auch da geht es um einen Oberbürgermeisterkandidaten, diesmal aus der Kreisstadt Mühlacker. Frank Schneider bewirbt sich als Gemeinderatskandidat um den Posten und macht das gar nicht so schlecht, auch wenn es bis zur Wahl leider nur noch drei Wochen sind und das für eine Weblog-Strategie sehr, sehr kurz ist. Wer sich aber als Kandidat auf Web 2.0 einlässt und auch gleich noch twittert, kann damit nur punkten. Da weiß ich ausnahmsweise Bescheid.

    Das dritte Blog im Bunde ist das private Blog von Tom Kellersohn, einem der Chefs der Agentur Orange Pepper Design, die auch ein Corporate-Blog betreiben. Gibt es beide schon länger, aber irgendwie ist mir das private Blog von Tom erst jetzt in die Hände gefallen. Aber nu isses ja drin.

  • Öffnen von alten Dateiarchiven.

    Wenn es in Zukunft einen wirklich lukrativen Job in der EDV geben wird, dann wird es mit Sicherheit im Berufsfeld eines „Dateiarchäologen“ zu suchen sein. Was wir im Laufe eines Lebens an Dateien speichern und für die Nachwelt festhalten, ist nicht nur gewaltig groß, sondern schon nach wenigen Jahren höchst spannend, überhaupt an die Inhalte heranzukommen.

    Beispiel: Ich habe vor ca. drei Jahren eine Software gekauft, die aus einem proprietären Dateiformat EPS-Grafikdateien exportieren kann. Schon damals, also im Jahre 2006, war das Programm relativ altbacken, was sich auch schon an der Setup-Datei zeigte, denn die darin enthaltenen Dateien waren teilweise aus dem Jahre 1997. Aber damals ließ sich das installieren und gut war es. Nun habe ich wieder eine Datei umwandeln wollen und wollte mit der Setup-Datei die Software installieren: No way, es ging nicht.

    Nach etwas Recherche offenbarte sich die Misere: Die Setup-Datei wurde einst mit InstallShield gepackt. An sich auch heute kein Problem, da InstallShield nach wie vor ein wichtiger Platzhirsch im Feld der Installationsprogramme ist. Allerdings wurde damals die Version 3 genutzt und die arbeitete als 16-Bit-Anwendung. Für 32-Bit-Betriebssysteme kein sonderliches Problem, da sie 16-Bit-Programme in einem eigenen Modus ablaufen lassen können, das funktioniert jedoch nicht mehr mit heute immer weiter verbreiteten 64-Bit-Betriebssystemen, die ich ausschließlich einsetze. Die Problemstellung war also die, an ein Programm heranzukommen, dass in einem unausführbaren Setup-Programm liegt. Moderne Packprogramme können heute übliche Setup-Archive wie CAB- oder MSI-Dateien problemlos öffnen, allerdings eben nicht mehr in diesem Dateiformat, wie sie einst InstallShield 3 verwendete.

    Nach nicht wenig Suche bin ich auf ein Programm namens Universal Extractor gestoßen, das genau dies kann und nebenbei auch noch viele andere Archive öffnen, von denen ich teilweise noch nie etwas gehört habe. Die Bedienung ist dabei sowas von Understatement, wie es sich für ein Programm, das viel drauf hat, gehört:

    Screenshot "Universal Extractor"

    Das Freeware-Tool gehört wirklich in jeden Werkzeugkasten eines Windows-Benutzers.

  • Weshalb man ein iPhone jailbreaken muss.

    Na, wer entdeckt es in diesem Screenshot des SMS-Editors dieses iPhones?

    Screenshot SMS Helper auf dem iPhone

    Schwer, nicht? Denn eigentlich gibt es nichts, was nicht auch ein normales Mobiltelefon bei einem SMS-Editor zeigen würde. Schon mal im obigen Screenshot rechts auf den blauen „Senden“-Button geschaut? Stimmt, dort findet sich ein Zeichenzähler. Und den gibt es weniger von Hause aus in der SMS-Anwendung, noch kann so ein Zeichenzähler offiziell nachgerüstet werden, weil Apple keine Applikationen in seinem AppStore freigibt, die Apple-Anwendungen manipulieren.

    So kann man sich das bisschen Komfort mit einer Minianwendung namens „SMS Helper“ nachrüsten, die es eben nur für gejailbreakte iPhones über den alternativen Installer Cydia gibt.

  • Drama in vermutlich nur einem Akt.

    Bei der Zeitungsanzeige im heutigen Pforzheimer Kurier hat es sogar mir, der ja in Sachen EDV schon wirklich ganz Herden von Pferden hat kotzen sehen, geschmerzt:

    Verlorener USB-Stick

    Ich will gar nicht wissen, was für ein kleines Drama hinter diesem verlorenen USB-Stick steckt. Gegen solche Katastrophen hilft im voraus nur eine regelmäßige Datensicherung. Man glaubt nicht, wie schnell USB-Sticks kaputt- oder verlorengehen können.

  • Vorwarnung: Onliner-Treffen.

    Logo Pforzheimer Onliner-TreffenWir hatten vor zwei Wochen ja schon mal etwas herumgefragt und nach einem Termin für das Onliner-Treffen gesucht, der ist in der Zwischenzeit gefunden und auch propagiert: 1. Oktober 2009 ab 19.30 Uhr, also schon nächsten Donnerstag. Örtlichkeit ist der Konsumat in der Weiherstraße 19 (im Hinterhof). Wir haben dort mal in unserem bescheidenen Hochmut 20 Onliner angekündigt (bei 16 Teilnehmern sind wir gerade), das soll aber keine Grenze sein, es gibt Mannschaftstische.

    Zum organisatorischen Vorlauf eine Bitte: Anmeldung! Wir haben dazu bei mixxt.de eine kleine Communitysite eingerichtet, die sich unter http://pfot.mixxt.de/ findet. Wer bereits einen mixxt.de-Account besitzt (beispielsweise die Pl0gbar-Folks), kann sich da einfach mit seinen mixxt.de-Credentials anmelden, ansonsten bitte einfach einen neuen mixxt.de-Account anrichten und in die Gruppe beitreten. Und wer dann erfolgreich beigetreten ist, kann dort unter „Veranstaltungen“ das Onliner-Treffen sehen und sich einfach dazu anmelden. Falls jemand einen Gast mitbringen möchte, kann man dies dort auch angeben.

    In der Communitysite gibt es auch ein kleines Diskussionsforum, das übrigens genutzt werden darf. Da man sich sehr hübsch alle Aktivitäten der Communitysite als RSS-Stream unter der Adresse http://pfot.mixxt.de/api/rss/lifestream in den eigenen RSS-Reader holen kann, entgeht einem nichts.

  • Did we ever could?

    Im Magazin „Der Freitag“ hat sich ein offenbar ehemaliger Mitarbeiter aus dem Willy-Brandt-Haus, der Parteizentrale der SPD, mal ordentlich – sagen wir es doch ganz deutlich – ausgekackt und die so genannte „Nordkurve“, die Wahlkampfzentrale der SPD, verbal zerlegt.

    Nun gut, aus eigener Erfahrung habe ich gelernt, dass man bei solchen Erfahrungsberichten von ehemaligen Mitarbeitern erst einmal eine Grundreinigung vornehmen muss: Weg mit dem Frust, dem Unzufriedenen, dem Gekränkten, den möglicherweise falschen Vorstellungen über den Job in einer Parteizentrale und möglicherweise auch dem Vergessen, rechtzeitig mal Urlaub zu nehmen. Danach bleibt aber doch noch genügend Inhalt übrig, um zu erkennen, das Online nicht geht, wenn man eigentlich gar nicht online ist – don’t be online if you are not.

    Damit ist, wie ich auch schon früher mal kolportierte, nicht gemeint, dass ein Politiker unbedingt selbst bloggen, twittern, facebooken, studivzetten oder sonst alles machen muss, sondern dass sein Backoffice in der Lage sein muss, dies zu können. Und zwar aus technischer Sicht, aber auch aus organisatorischer. Die Arbeit mit Online-Medien ist geprägt vom Umstand, dass nichts wirklich eine feste Regel ist und man ständig neue Erfahrungen damit macht, eine Information unters Volk zu bringen. Das muss man wissen und da muss man vor allem auch Mittel und Wege schaffen, dies zu ermöglichen. Alte Parteistrukturen und Kommunikationswege sind da mitunter hochproblematisch. Vor allem auch deshalb, weil sich in den klassischen Medien immer stärker ein ähnliches Tempo breitmacht, wie in der Online-Welt. Wer da nochmal eine dreifache Freigabe erwartet und dann nochmal eine Endabnahme wünscht, steht mit seiner Information unter Umständen am Ende des Tages sehr alt aus, weil schon andere darüber geschrieben haben.

    Was der anonyme Insider da allerdings geflissentlich weggelassen hat, ist ein anderer Umstand: Barack Obama hat eine One-Man-Show für einen Wahlkampf gemacht und ist 48 Jahre alt, die SPD hat hunderttausende Mitglieder, viele Wahlkämpfe und ist fast 150 Jahre alt. Es gibt sehr gewaltige Unterschiede darin, Wahlkampf für eine Person oder eine ganze Partei zu machen. Und ich glaube auch nicht, dass im Team von Barack Obama nur Freidenker am Werk waren, die den ganzen Tag machen konnten, was sie wollten.

    Eine gute, strenge und doch mit definierten Luftlöchern versetzte Choreografie ist das A und O eines jeden Wahlkampfes. Online-Campaigning kann auf so einer Choreografie aufsetzen, braucht aber weitergehende und teilweise andere und teilweise blitzschnelle Entscheidungswege, vor allem aber Entscheidungsträger hinter der ganzen Geschichte, die auch den Kopf dafür freimachen können. Da ist, und so fair darf man dann sein, noch gar keine Partei soweit und zwar weder in Deutschland, noch in den USA.

    In diesem Sinne ist der Erfahrungsbericht des anonymen Insiders, dem ich auch eine gewisse Portion Naivität zu der Thematik Parteiarbeit zurechne, eine zwar interessante Lektüre aus einer interessanten Sichtweise, aber nichts wirklich neues. Die SPD hat sich jetzt wenigstens in einigen Wahlkämpfen ordentlich die Finger damit schmutzig gemacht, aber es wäre zu wünschen, dass man dies als konstruktiven und letztendlich wertvollen Vorsprung ansieht, denn nichts anderes sind solche Erfahrungen.

    Online-Campaigning stellen sich viele Parteigänger so einfach und so problemlos kopierbar vor, dabei ist das meiner Meinung nach eine eigene Hochklasse der Kommunikation, in der das Ringen um die wenigen, „online-griffigen“ Sätze, die man schreiben muss, derartig viel Arbeit und Schweiß kostet, dass es oft genug in den schmerzhaft roten Bereich geht. Der richtige Anspruch beim Online-Campaigning kann aber nur sein, ganz vorn mitzuspielen und auch das entsprechende Selbstbewusstsein dazu auf Monate hin zu halten.

    Wer genau diesen Anspruch nicht hat, sollte auch eher tunlichst davor die Finger weglassen und klassische Homepages mit Vita und einfachem Gästebuch bauen. Online-Campaigning ist kein Streichelzoo, nur weil man sich da für Geld „gruscheln“ oder stupsen lassen kann.

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