• PF-BITS, nächstes Level.

    Den ganzen Oktober hier nichts gebloggt, dann bloggen wir wenigstens mal schnell noch im November etwas. Ganz so unproduktiv waren nämlich weder Oktober und November und das unter anderem für mein kleines Hobbyprojekt PF-BITS.

    Wir erinnern uns – PF-BITS startete letztes Jahr mit einem Mittagstisch-Projekt namens „PF-BITS Mahlzeit!“. Klein, fein, mit exzessivem Einsatz von benutzerdefinierten Feldern und am Ende sogar performant gab und gibt es eine tägliche Übersicht über Mittagstische in Pforzheim. Rund 2.000 Besucher zieht das pro Monat inzwischen an. Hört sich nicht viel an, aber wenn man berücksichtigt, dass das eine Special-Interest-Geschichte ist und Pforzheim eine überschaubare Audienz hat, ist das schon ganz okay.

    Basis war und ist eine WordPress-Multisite-Installation. Dass dahinter noch etwas kommen sollte, war dem Insider spätestens bei einem Blick auf die Adressstruktur klar, denn PF-BITS Mahlzeit! residiert im Unterverzeichnis „/mahlzeit“. Und während ein halbes Jahr lang ein automatischer Redirector alle Zugriffe auf Root eben zu „/mahlzeit“ umleitete, war hinter den Kulissen eine große Baustelle. Sozusagen „PF21“, wenn auch nicht ganz so teuer.

    Am 4. November, pünktlich zum ersten BarCamp Pforzheim, haben wir dann den Redirection-Stöpsel gezogen und das eigentliche PF-BITS gestartet, als Online-Magazin – „Bits & Bytes aus Pforzheim“. Ein etwas sperriger Untertitel, der aber genau das beschreibt, was PF-BITS sein soll. Die Übersicht der Mittagstische ist natürlich weiterhin an Bord und auch immer noch die wichtigste Anwendung. Die Besucher bekommen jetzt aber eben mehr zu sehen, nämlich Magazinbeiträge von Björn Fix und mir. Björn ist ein ständiger Begleiter des netpla.net-Hauses, ein guter Freund und darüber hinaus auch ein recht pfiffiger Lokalberichterstatter, der das Thema Online außerordentlich gut verinnerlicht. Da gibt es leider immer noch nicht so viele Journalisten, die das können.

    Wir machen jetzt also Magazin und so eine Art Online-Lokaljournalismus, auch wenn ich ganz klar sage, dass wir es im Pforzheimer Medienmarkt auf absehbare Zeit weder sichtbar schaffen werden und es auch gar nicht wollen, den etablierten Medien Konkurrenz zu machen. Eine große Portion Realismus muss Basis von Lokalblogs und des Graswurzeljournalismus sein, sonst braucht man es gar nicht erst anzufangen.

    Dennoch: Für engagierte Lokaljournalisten sind goldene Zeiten angebrochen, zumindest aus technischer Sicht. Das, was rechts als Screenshot der Startseite von PF-BITS zu sehen ist, ist ein weitgehend pures WordPress mit wenigen Standard-Plugins und mit einem für 49 Euro gekauften Magazin-Theme von MHThemes. Die investierte Arbeitszeit für das Customizing ist überschaubar, selbst mit der Mittagstisch-Umgebung, die ein wenig Code-Arbeit beinhaltet, aber immer noch echtes und vollständig kompatibles WordPress ist. Auf jeden Fall sind es Kosten, die man auch noch bequem in monatlichen Raten abbezahlen könnte, wenn man sich alles von einem Dienstleister aufstellen lässt. Nach 14 Jahren WordPress kann ich nur sagen: Es ist immer noch das wertvollste, was dem Web je passieren konnte.

    So, genug Pathos, mehr braucht es nicht. Ich bin gerade dabei, eine Menge Institutionen, Vereine und Parteien davon zu überzeugen, uns bei der Aussendung zukünftiger Pressemitteilungen zu berücksichtigen (die FDP und die Grünen waren übrigens am schnellsten) und dann schauen wir mal, wohin uns das alles führt.

    Besuchspflicht: PF-BITS – Bits & Bytes aus Pforzheim

  • ReSPD.

    Seit dem Sonntag höre und lese ich ja einige „Beileidsbekundungen“ zum Wahlergebnis der SPD, erstaunlicherweise mit eher wenig echter Häme, wie sie im Politikbetrieb ständig fließt, wenn eine Wahl verloren wird. Politik und Wahlkampf ist ein undankbares Geschäft, aber das wissen alle Beteiligten. Von Häme erfüllte Wähler (nehme ich mal an) oft nicht, aber das ist deren Problem, nicht meines.

    Dass es für die SPD dicke kommen würde, kam jetzt nicht so überraschend. Man liest ja Nachrichten und Stimmungen und es war leider auch schon recht frühzeitig klar, dass eben Dankbarkeit über viele politische Projekte, die maßgeblich die SPD auf den Weg gebracht hat, in einem darauf folgenden Wahlkampf nichts zu suchen hat. Sei’s drum. Die Entscheidung, voraussichtlich in die Opposition zu gehen, ist eine der Situation angemessene Entscheidung. Nach acht Jahren Große Koalition und Juniorpartnerschaft mit einer im Geiste völlig entleerten Union kann man so nicht weiter machen, wenn die Große Koalition dermaßen viel Stimmenverluste zu verzeichnen hat.

    Das aber ist nicht unbedingt das zentrale Problem, weshalb die SPD in der Wählergunst nicht mehr ankommt. Wir müssten mal weniger überlegen, was wir in diesem Wahlkampf schlecht gemacht haben. Und mehr überlegen, wie wir uns die Sozialdemokratie eigentlich im 21. Jahrhundert konkret vorstellen.

    Die Sozialdemokratie in den Fragekomplexen der Globalisierung und des Neoliberalismus.

    Um es sehr kurz zu fassen, denn es gibt sehr viel zeitgenössische Literatur dazu (zum Einstieg sehr empfehlenswert dazu ist der Aufsatzband „Die große Regression“): Der Neoliberalismus mit all seinen kapitalistischen Ausprägungen (nennen wir hier mal aus einem riesigen Pool die Begrifflichkeiten „Raubtier-“ und „Heuschreckenkapitalismus“) hat uns in sehr großen Schritten und nach einer großen Finanzkrise im Jahr 2009 in die derzeitige Situation geführt, dass wir es mit immer mehr Menschen global zu tun haben, deren Lebenssituation sich dramatisch verschlechtert. Der Rückzug des Sozialstaates ist für viele Menschen sehr greifbar geworden und entwickelt sich zu deren wirtschaftlichem Nachteil. Die erheblichen Möglichkeiten der Globalisierung geht an vielen Menschen schlicht vorbei und erzeugt Verwerfungen bis tief in die Gesellschaft hinein. Es entstehen Bewegungen hin zu Populisten, es entstehen Spannungen bis hin zu bürgerkriegsähnlichen Situationen. Wer die Flüchtlingsbewegungen seit 2015 davon gänzlich isoliert betrachten will, ist sehr auf dem Holzweg.

    Ein völlig ungezügelter Kapitalismus funktioniert schlicht nicht, das dürften inzwischen wirklich alle gemerkt haben. Ein sich immer weiter zurückziehender Sozialstaat ebenfalls nicht. Wir haben in Pforzheim zum Beispiel derzeit die Situation, dass keine der öffentlichen Bäder dauerhaft mehr geöffnet bleiben kann, ohne sieben- bis achtstellige Investitionen darin zu tätigen. Geld, das so erst einmal gar nicht da ist im Haushalt der Stadt, aber durchaus im Haushalt des Landes und des Bundes. Und das merken die Bürgerinnen und Bürger, dass hier etwas gewaltig schiefläuft.

    Sie wählen einerseits populistische Idioten, die selbst nichts auf die Reihe bekommen und außer gesteuertem Hass und dem Stilisieren von Sündenböcken nichts substantielles schaffen. Sie wählen aber andererseits die etablierten Parteien ab, von denen sie glauben, dass sie keine zukunftsfähigen Lösungen liefern.

    Von konservativen Bewegungen erwarte ich so gar nicht, dass sie tragfähige Wege aus dem Neoliberalismus anbieten. Das haben CDU und CSU bei der Bundestagswahl nun ebenfalls empfindlich zu spüren bekommen, es wird aber sehr fraglich bleiben, ob die Union diese Warnsignale in ihre Regierungsarbeit und die wohl letzte Kanzlerdekade Angela Merkels einfließen lässt.

    Es ist aber eine verdammte Aufgabe der Linken und insbesondere der Sozialdemokratie, Lösungsentwürfe für eine zukunftsfähige Gesellschaft zu liefern. Und das ist kein reines Problem der SPD in Deutschland, sondern vieler sozialdemokratischer Parteien rund um den Globus, die ähnliche Vertrauensverluste zu verschmerzen haben. Ob das nun die Labour in Großbritannien ist, die Sozialisten in Frankreich, die SPÖ in Österreich, die CHP in der Türkei – es gibt nicht mehr die scharf abgegrenzte Arbeiterbewegung und der damit verbundene Problemkosmos. Die Probleme sind längst globaler Natur und müssen mit globalen Lösungsansätzen angegangen werden.

    Ein Relaunch der Sozialdemokratie.

    Das im Jahr 2007 verabschiedete Hamburger Programm der SPD, das auch heute noch das Grundsatzprogramm darstellt, hat einige zukunftsweisende Elemente hin zu den Fragen des 21. Jahrhunderts aufgestellt und interessanterweise einige Entwicklungen vorweggenommen, die im Laufe von zehn Jahren nach Annahme dieses Programmes so eingetreten sind.

    1. Wir müssten uns einmal in einem „Relaunch der Sozialdemokratie“ ersthaft mit der Frage befassen, warum viele der ehemaligen Stammwähler glauben, dass die SPD keine Lösungen liefern könnte, obwohl sie es nachweislich in der Großen Koalition mit einigen SPD-Projekten wie z.B. dem Mindestlohn, der Mütterrente etc. hier die Feder geführt hat.
    2. Wie kann es eigentlich sein, dass die Jugend heutzutage so dermaßen unrebellisch ist und sich eher von der Union ernstgenommen fühlt und nicht von der Sozialdemokratie? Wie kann es sein, dass der „Golfstrom der politischen Selbstentwicklung“ von linker zur konservativer Zugehörigkeit in den meisten früheren Lebensläufen heute so an der Quelle versiegt?
    3. Was sind eigentlich unsere Vorschläge auf die immer stärker vordringende robotische Industrialisierung und den wohl immer kleiner werdenden Arbeitsmarkt? Klar, wir haben aktuell andere Probleme, aber die Sozialdemokratie (und nur die Sozialdemokratie) ist hier in der Verantwortung, Lösungsansätze für so eine Zukunft zu entwerfen.
    4. Wir müssten uns einmal fragen, wieso wir es eigentlich fertigbringen, dass überall auf dem Globus sozialdemokratische Parteien häufig die exakt gleichen Vertrauensverluste haben, einen ähnlichen Mangel an implizierter Zukunftsfähigkeit beklagen und sie sich trotzdem alle ratlos von Wahl zu Wahl hangeln, selbst aus der Opposition heraus. Interessanterweise gibt es neben der „Sozialistischen Internationalen“ ja noch die Progressive Alliance, die vornehmlich sozialdemokratische Parteien rund um den Globus vernetzt und die ihren Sitz auch noch im Willy-Brandt-Haus – also der SPD-Parteizentrale – in Berlin hat. Könnten wir als Linke das Thema Globalisierung endlich auch mal global angehen?
  • Wenn Innenminister Thomas de Maizière die „Cyber-Feuerwehr“ ruft.

    Bundesinnenminister Thomas de Maizière gehört zweifellos zu den eher leichtgewichtigen Ministern. Das merkt man vor allem zu Wahlkampfzeiten, in denen ja so manch Politiker ziemlich viel Stuss vom Stapel lässt. Thomas de Maizière toppt alles nochmal.

    Nun hat er offenkundig in einer CDU-Wahlkampfveranstaltung in Bremen, an der Ehrenamtliche von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk teilnahmen, versucht, irgendwie innovativ zu sein. Gut, als Innenminister muss man bei so Veranstaltungen nicht innovativ sein, sondern vor allem konservativ. Danken für die ehrenamtliche Arbeit, nochmal danken für die ehrenamtliche Arbeit und dann nochmal danken für die ehrenamtliche Arbeit.

    Nein, dachte sich Thomas de Maizière, ich mache mir Gedanken um den Nachwuchs. Eigentlich eine gute Sache. Eine schlechte Sache, wenn man, so wie Thomas de Maizière, sich das Internet so vorstellt wie den Kneipenbereich von Total Recall. Dann kommt nämlich ziemlich viel Mist dabei heraus.

    Cyber-Angriffe beschäftigen ihn sehr, „wer hilft denn da dem kleinen Tischler, dem Handwerker, dem mittelständischen Unternehmen? Wenn’s brennt, ruft er die Feuerwehr. Wen ruft der eigentlich an, wenn seine Cyber-Anlage [sic!] ausfällt?“

    Gut, könnte man sagen, der Tischler, kleine Handwerker und der mittelständische Unternehmer haben da jemanden, der sich damit auskennt, denn es gibt ja EDV-Dienstleister. Von allein schaffen es ja die meisten Computer nicht auf die Bürotische dieser Welt.

    Aber nein, Thomas de Maizière will Ehrenamt und „Cyber-Anlage“ in einer Rede haben. Also fordert er eine „Cyber-Feuerwehr“. Für junge Menschen. Die sich dann sagen könnten: „Ich hacek auch sonst gerne, dann hacke ich mal für die Guten.“ Und das könne man doch mit den Strukturen von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk nutzen, um das dann regional und dezentral als neue ehrenamtliche Tätigkeit aufzubauen.

    Also alles ganz einfach:

    Der kleine Handwerkerle, der z.B. eine Buchhaltung führen muss und spätestens da auf eine zuverlässige „Cyber-Anlage“ angewiesen ist, kann sich sein Geld zukünftig sparen und ruft einfach die „Cyber-Feuerwehr“, wenn sich jemand in seine Kiste hackt. Dann kommen die Script-Kiddies der „Cyber-Jugendfeuerwehr“ via Blaulicht, haben keine echte Reputation (warum auch, braucht man ja auch nicht für Spielekonsolen) und basteln dann mal „für die Guten“.

    Geile Sache. Der Bundesinnenminister. Der Trottel. Der mit so einer Aussage vor allem zeigt, wie gräßlich inkompetent er in Sachen IT-Sicherheit ist und nebenbei das Ehrenamt von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk und anderen Hilfskräften lächerlich macht. Hier redet niemand, der verantwortungsvoll ein Ministerium führt, sondern wie jemand, der verzweifelt danach ruft, in den Ruhestand versetzt zu werden.

  • Bericht von der OPELxWIRED future mobility Konferenz. #OpelWiredMobility

    Mein Nachbericht von der OPELxWIRED future mobility Konferenz hat jetzt ein paar Tage gedauert, denn die Kenner meines Twitter-Accounts werden sich jetzt sicher wundern, warum es erst jetzt einen Blogartikel zur Konferenz gibt, die schon am 13. Juni stattfand. Und kurzer Warnhinweis: Wird wieder ein sehr langer Blogartikel, der aber gespeist ist von meinen umfangreichen Notizen, die ich während der Konferenz gemacht habe. Das Thema ist heiß.

    Dafür gibt es die obligatorische Konferenz/Barcamp-Blogroll gleich am Anfang:

    Eine Konferenz zur Zukunft der Mobilität bei Opel? Genau da.

    Man kann jetzt darüber streiten, ob es sich Opel leisten kann, eine Veranstaltung über die Zukunft der Mobilität zu hosten. Ist man etwas mehr in der Materie, weiß man, dass Opel in Rüsselsheim ein großes, internationales Test- und Entwicklungszentrum („ITEZ“) unterhält, das innerhalb des GM-Konzerns immerhin zum zweitgrößten Zentrum von insgesamt dreien (in Detroit, Korea und eben Rüsselsheim) gehört. Rüsselsheim ist eben nicht einfach nur ein „Schrauber-Standort“ – hier passiert richtig etwas.

    Für alle großen Autohersteller gehört die Elektromobilität schon längst zum Entwicklungsalltag und Harald Hamprecht, Generaldirektor der Unternehmenskommunikation von Opel, führte das in seiner Keynote auch in klaren Worten aus. Die hätte eigentlich Karl-Thomas Neumann halten sollen, der aber leider genau einen Tag vorher als Vorstandsvorsitzender von Opel zurückgetreten ist. Sehr bedauerlich, denn auf seine Keynote und sein Autogramm hatte ich mich sehr gefreut. Karl-Thomas Neumann ist in der Elektromobilitätsszene sicherlich einer der interessantesten Unternehmenslenker und war in seinen bisherigen vier Jahren für Opel ein echter Glücksfall.

    Daher ist die OPELxWIRED future mobility Konferenz auch kein Zufall und Opel ein gar nicht so verkehrter Ansprechpartner für die Zeitschrift Wired gewesen. Eingebettet war die für ein geschlossenes Publikum veranstaltete Konferenz in der legendären Halle K48, einer ehemaligen Opel-Produktionshalle, die für Veranstaltungen dieser Art genutzt wird. Da in Rüsselsheim in der Woche der „Hessentag“ veranstaltet wurde, war auch ein entsprechend mediales Interesse sicher.

    Politics – der OB, der MP und der hessische Wirtschaftsminister

    Eingeleitet wurde die Konferenz von Rüsselsheims OB Patrick Burkhardt und Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier. Beide, klar, versuchen den klaren Bezug auf den Standort Rüsselsheim bzw. Hessen. Für Bouffier ist der Verbrennungsmotor noch lange nicht tot und er kritisiert die Maßgabe von einer Million E-Autos bis zum Jahr 2020 (wobei eigentlich jeder ahnt, dass dieses Ziel schon längst nicht mehr zu erreichen ist).

    Für Bouffier ist die Zukunft der Mobilität aber auch eine „Datenmobilität“ und eine wichtige Haltungsfrage dazu, wie wir mit der gebotenen Notwendigkeit der Datennutzung umgehen wollen. Gut, ich habe jetzt von Volker Bouffier hier nicht sonderlich viel mehr erwartet. Hatte ich schon erwähnt, dass ich zu diesem Zeitpunkt den alten Blogger-Buddy Robert Basic traf, der auch zur Konferenz eingeladen war?

    Später gab auch Tarek Al-Wazir, hessischer Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung, seine Meinung zur Zukunft der Mobilität zu Protokoll und war da schon erfreulich deutlicher. Er selbst sehe dem Wandel in der Mobilität optimistisch entgegen und glaubt, dass alles viel schneller passiert, als gedacht. Den Staat sieht er, ebenso wie die Autohersteller, in der Verpflichtung, für Informationen über die neuen Technologien zu sorgen, um Vertrauen für Produkte zu schaffen. Auch einen überregionalen Ausbau der Ladeinfrastruktur sieht er durchaus auch in der Verantwortung des Staates, um zumindest überregionale Mobilität zu fördern und einen der Urängste des Menschen zu nehmen, nämlich eine leere Batterie und eine damit empfundene Urangst, doch nicht so frei zu sein, wie versprochen. In seinem Ministerium sei man in Sachen Elektromobilität zwar schon weit, aber noch nicht weit genug. Auch hier sei sein Ziel, letztlich die gesamte Flotte auf Elektrofahrzeuge umzustellen.

    Nikolaus Röttger, Chefredakteur der Wired

    Nikolaus Röttger gab als Chefredakteur und Mitveranstalter der Konferenz ebenfalls ein Grußwort. Die Zukunft sei schon längst da und ließe sich auch nicht mehr aufhalten. Das sei nicht zuletzt auch daran zu erkennen, dass rund um das Thema (Elektro)Mobilität inzwischen eine Reihe von neuen Geschäftsmodellen und Unternehmen entstehen, die zu einem großen Teil auf die Elektromobilität und das autonome Fahren aufsetzen. Und er plädierte darauf, mehr Optimismus zu wagen, vor allem in Deutschland. Sicherlich kein Fehler.

    Carlo Ratti – der brutalstmögliche Einstieg in die Materie.

    Carlo Ratti, Chef des Senseable City Labs des MIT, führte dann gleich in die Tiefen des Kaninchenbaus und zwar per Schleudersitz. Der Titel seines Vortrags „Nichts steht mehr! Wie neue Mobilitätsformen die Stadt verändern (und unsere Leben gleich mit)“ versprach nicht zu viel, es waren die mit Abstand spannendsten 50 Minuten des gesamten Tages.

    Für Ratti (und übrigens für den Großteil der Branche) ist die Zukunft der Mobilität eine Mischung aus Elektromobilität, autonom fahrende Autos und so genannte „Robotaxis“, also im Prinzip fahrerlose Taxifahrzeuge. Ratti wiederum geht in seiner Forschungsarbeit der Frage nach, wie sich all diese Mobilitätskonzepte auf den Straßen einer Stadt kombinieren lassen und wie hier vor allem irgendwann die letzten Autos mit menschlichem Fahrer hineinpassen.

    Der Datenaustausch in ganz großem Stil (Stichwort „Big Data“) ist ein Schlüssel dazu, dass all dies funktioniert. Dazu arbeitet sein Lab an Systemen, mit denen Fahrzeuge untereinander Daten austauschen und sich gegenseitig warnen können. Andere Systeme sehen Datensammlungen vor, die Verkehrssituationen simulieren (und zwar in ganz großem Stil mit Millionen von Fahrzeugen), daraus Voraussagen treffen und letztlich dann eine Verkehrssteuerung umsetzen, die genau das Gegenteil vorsieht.

    Und dann: Die Fußgänger. Auch hier ist das MIT forschend unterwegs, unter anderem mit der Idee einer sich selbst aufbauenden Fußgängerbrücke, die bei Bedarf entsteht. Glaubt man alles erst dann, wenn es so einer wie Carlo Rotti zeigt. Letztlich sei diese Grundlagenarbeit und die Frage nach einer politischen Akzeptanz solcher Forschungsprojekte die Hauptarbeit seines Labs.

    Halady Prashanth und Wolfgang Schneider zur Frage, wie Autos zukünftig mit Menschen kommunizieren.

    Dass die Konferenz keine reine Opel-Veranstaltung war, zeigte Halady Prashanth, seines Zeichens Direktor des Global Center of Competence for Human-Machine Interaction bei Bosch, der im Gespräch mit Wolfgang Schneider vom CAR Institut interessantes darüber erzählte und zeigte, was Bosch als Zulieferer an Forschung macht.

    Die heute schon beginnende Entwicklung, dass Autos immer stärker in Datenclouds eingebunden sein werden, wird immer wichtiger werden. Schon heute warnen Verkehrssysteme wie Google Maps, Waze etc. Nutzer vor aktuellen Verkehrsstörungen und geben auch Voraussagen ab, wie der Verkehr zu einem bestimmten Wochentag und Uhrzeit sein wird. Diese Systeme werden schon sehr bald direkt in Fahrzeugen eingebaut sein, so dass Fahrzeuge untereinander auf authentische Weise Störungsmeldungen austauschen und verarbeiten.

    Als echter Techie (mutmaße ich) hat Prashanth dann auch ein paar Videos in Sachen Fahrzeugsteuerung im Gepäck gehabt und gezeigt. Ein Auto, das autonom fährt und mit Gesten und Sprache gesteuert wird. Sieht alles gespenstisch aus, ist aber beim Betrachten der Videos überraschend eingängig. Mein Wunsch an die Opel-Macher ist daher klar:

    https://twitter.com/besim/status/874565105593327616

    So ein Techniker wie Prashanth vergaß auch nicht, einen Blick auf die zukünftigen Sicherheitsanforderungen zu legen. Schon heute sind alle vernetzten Autos Ziel von umfangreichen Sicherheitsanalysen auf Hard- und Softwareebene und das wird zukünftig nicht weniger, sondern mehr. Viel mehr. Und auch die Anforderungen in Sachen Softwareupdates werden zukünftig mindestens so steigen, wie sie inzwischen bei modernen Infotainmentsystemen üblich geworden sind.

    Für mich wiederum eher ein beruhigendes Signal. Wo Software gepflegt wird, kümmert sich jemand.

    Die Mobilitätsmarke Opel mit Opel-Marketingchefin Tina Müller und Markenbotschafter Jürgen Klopp.

    Glatt zur Dienstfahrt entwickelte sich die Konferenz für mich, als nach der Mittagspause der „Opel-Werbeblock“ mit Jürgen Klopp gleichzeitig noch für eine Premiere genutzt wurde, nämlich die Präsentation des überarbeiteten Opel-Logos und des neuen Opel-Slogans „Die Zukunft gehört allen“. Natürlich sehr praktisch für meinen Autohauskunden, das „gallische Opel-Dorf im Daimler-Land“, der diese Premiere so als allererstes Opel-Autohaus via Blog, Facebook und Twitter ins Land trommeln konnte. Die Bühne war quasi noch warm. 😉

    Das halbe Stündchen Geplauder mit Jürgen Klopp war erwartungsgemäß so eine Art Nachtisch zur vorangegangenen Mittagpause (übrigens mit einem erstklassigen Catering). Auch wenn Klopp natürlich ein bezahlter Werbepartner ist, überzeugt er doch mit einer ausgesprochen ansprechenden und überzeugenden „Botschaftertätigkeit“. Ihm nimmt man es schlicht ab, sich für etwas sehr begeistern zu können und den Tag nutzte er auch, um seinen neuen Opel Insignia mit Rechtslenker (!) in Rüsselsheim abzuholen. Dementsprechend war auch nicht nur bei uns in der Konferenz etwas los, sondern gleichzeitig auch im Adam Opel Haus – dort wurde gleich danach ein „Townhall Meeting“ für die Mitarbeiterschaft durchgeführt. Hessentag scheint in Hessen so richtig Highlife zu sein. 😀

    Marcus Willand in Sachen neue Geschäftsmodelle.

    Von Bosch ging es zu einem Porsche-Unternehmen (und das in einer ehrwürdigen Opel-Halle), nämlich zu Marcus Willand von MHP. Er ist dort zuständig für Analysen zu zukünftigen Geschäftsmodellen in Sachen Mobilität. Er führte nochmal die drei Säulen der zukünftigen Mobilität aus und erläuterte sie hervorragend:

    • Elektromobilität
    • Autonomes Fahren (beim eigenen Auto)
    • Robotaxis als selbstfahrende Fahrzeuge

    Als Gamechanger in der gesamten Mobilität sieht Willand das autonome Fahren, das in vielerlei Weise die Grenzen der heutigen Mobilität aufzeigt und auch in Frage stellt. Schon heute gibt es eine Vielzahl von Autoherstellern, die bis zum Jahre 2020 in Sachen autonomes Fahren entsprechende Lösungen erwarten. Ein Blick in den Kalender: In drei Jahren! Das, was heute Tesla sichtbar vormacht mit autonomem Fahren, das ist bei vielen anderen Autoherstellern ebenfalls schon längst in der Entwicklung.

    Spannend dabei sind Willands Vergleiche und Adaptionen in die heutige Welt der Mobilität, mit teils dramatischen Fragestellungen, die zu beantworten sind. Beispiel: Der Beruf des Truck-Drivers ist in den meisten US-Bundesstaaten der häufigste Job. Was passiert mit diesen vielen zehntausend Jobs, wenn das autonome Fahren in vermutlich kürzester Zeit die LKW-Cockpits entern wird? Wird eine Protektion des „menschlichen“ Berufes funktionieren können? Und: Wird man es vertreten können, dass zukünftig autonome Fahrzeuge höchstwahrscheinlich viel weniger Unfälle auslösen werden und der Mensch als Fahrer nur noch aus „Nostalgiegründen“ fahren darf?

    Als echter Auto-Guy hatte Willand auch eine Fragestellung für Autohändler im Gepäck, nämlich: Was machen Autohändler, wenn immer weniger Menschen ein eigenes Auto haben wollen? Wird das Auto bzw. die Mobilität irgendwann zu einer Art Premiumleistung zum Kinobesuch? Schon heute verkaufen Branchenfremde Autos als Konsumgut (z.B. 1&1 mit einer Zusammenarbeit mit Peugeot oder Opel mit dem Opel ADAM auf Amazon.de). Jeder dieser Partner bringt dabei seine Leistungen ein, die jeden Autohändler erblassen lassen, denn 1&1 und Amazon.de haben Millionen von potentiellen Kunden und können auch verhältnismäßig genau ermitteln, wer ein Auto braucht und was er sich für eines leisten könnte.

    Willand hatte da daher auch konkrete Empfehlungen: Seit kundenzentrierter! Kooperativer! Digitaler! Auf die Frage aus dem Podium, ob wir in Deutschland in Sachen Entwicklungen abgehängt seien, hatte er übrigens eine ermutigende Antwort: Wir sind in Sachen Innovation zwar langsam, dafür aber praxisorientierter, da autobauer-geprägt. Das muss auch heute noch kein Fehler sein, trotz vieler Startups.

    Panel zur Fragestellung, was beim autonomen Fahren das Versprechen, die Ethik und Ästhetik ist.

    Was kommt dabei heraus, wenn Burkhard Milke, Direktor Elektrische Systeme bei Opel, Prof. Dr. Andreas Herrmann von der Universität St. Gallen, Dr. Janina Loh, Technikphilosophin (!) an der Uni Wien und Dr. Lena Rittger, Projektleiterin Driver Performance EE Advanced Technology bei Opel, zusammen auf der Bühne über autonomes Fahren sprechen? Auf jeden Fall mal viel Stoff zum Nachdenken. Und Burkhard Milke lieferte den besten Einstieg, den man als Opelaner machen kann:

    https://twitter.com/besim/status/874627931636736004

    Rittger und Milke sind beide bei Opel in Forschung und Entwicklung von autonomen Fahrsystemen beteiligt und bringen eine Reihe von erstaunlich klingenden Argumenten ein. An das autonome Fahren gewöhnen sich Autofahrer sehr schnell und schenken solchen Systemen auch schnell Vertrauen, weil es tatsächlich die „Fahr-Arbeit“ erleichtert. Die Frage der Sicherheit ist ein anderes Thema und vor allem eine Frage des Lernens dieser Systeme. Im Gegensatz zum menschlichen Autofahrer lernen künstliche Intelligenzen viel schneller, weil sie mit Softwareupdates allesamt gleichzeitig neues Wissen bekommen. Das wiederum führt zur These von Burkhard Milke, der fragt, wie lange wir uns dann noch menschliche Fahrer auf den Straßen erlauben können. Das Raunen im Publikum war hörbar. 🙂

    Letztlich ist das aber eine sehr berechtigte Frage, wie Prof. Herrmann fortführte. Schon heute ist es so, dass viele Unfälle, die Menschen verursachen, von autonomen Fahrsystemen so nicht passieren würden, weil solche Systeme die Unaufmerksamkeit des Menschen nicht kennen, die Fahrleistung ganz anders bewertet wird und die Entscheidungsprozesse in Computern viel schneller ablaufen. Erstaunlich plausibel.

    Dr. Janina Loh bringt als Technikphilosophin (eine Sache, die ich nach dieser Konferenz nochmal besonders anschauen musste, weil hochinteressant) dann die Fragen auf, wie ein Computer eigentlich zu entscheiden hätte, wenn ein Ausweichmanöver zur Folge hätte, entweder einen alten oder einen jungen Fußgänger zu verletzen. Und wer eigentlich die Verantwortung bei Unfällen autonom fahrender Autos übernimmt. Unser Gerechtigkeitsempfinden und letztlich ein Teil unserer Rechtssprechung steht hier zur Disposition.

    Sven Gábor Jánszky mit der Zukunft im Blick: Wie wir im Jahr 2027 leben, arbeiten und uns fortbewegen werden.

    Was Sven Gábor Jánszky, Chef eines Zukunftsinstitutes, eigentlich genau sagen wollte, hat sich mir nicht so recht erschlossen. Es drehte sich vor allem um den Grundgedanken, dass Daten die eigene Denkweise verändern und wir gut beraten wären, hier eine gute Portion unvoreingenommen zu sein. Okay, für die Erkenntnis brauche ich keinen Zukunftsforscher. Dass Digitalisierung die Komplexität auf ein Minimum reduziert … nun gut, eine hübsche Theorie, die mit der Realität oft genug wenig zu tun hat.

    Wo es dann ärgerlich wurde, war bei seinem zentralen Experiment, das er mit einem Probanden aus dem Publikum durchführte, nämlich mit einem EEG-Messgerät, das Hirnströme abgreift und den Probanden dann ermöglicht, bestimmte Denkweisen als Muster zu hinterlegen und abzurufen. Schön und gut, aber das hat mit künstlicher Intelligenz und Psychogrammen rein gar nichts zu tun, weil hier nichts inhaltliches ausgewertet wird, sondern das rein „technische“ Hirnstrommuster verglichen wird. Das ist, pardon für die direkte Ausdrucksweise, Hokuspokus aus dem Gadget-Katalog. Immerhin, unterhaltsam war seine Show allemal.

    Das Wohnzimmer auf der Überholspur: Wie Autos in der Zukunft aussehen werden – und was das für die Passagiere bedeutet.

    Das letzte Panel ging dann vornehmlich um die Emotionen des Autos und des Fahrens. Dass Autodesign vor allem etwas mit Emotionen zu tun hat, konnte man sehr eingängig in der Halle nebenan studieren, wo einige Opel-Konzeptautos wie der Opel GT und der Opel Monza Concept ausgestellt waren.

    Opel-Chefdesigner Fridhelm Engler, Alexander Mankoswky, Futures Studies & Ideation bei Daimler und Prof. Lutz Fügener, FH Pforzheim (ha!) Transportation Design, diskutierten das Emotionsthema an (und sicherlich nicht aus), zeigten aber sehr deutlich, dass das Auto bzw. die Mobilität immer stärker Arbeits- und Lebensraum wird und sich einiges wandeln wird. Das Dröhen eines Benzinmotors fällt schon mal weg, damit auch die Verzögerung zwischen dem Durchdrücken des Gaspedals und der Motorleistung. Ganz ohne Design und Emotionen wird aber auch die Zukunft der Mobilität nicht funktionieren, denn „Mobilität ist nicht nur Intellekt, sondern Herz und Seele“, wie Engler sagte.

    Für die zukünftige Generation der Designer, die auch an der FH Pforzheim ausgebildet werden (die im übrigen mit allen deutschen Autoherstellern da eifrig kooperiert), ist es eigentlich Konsens, dass die Motivationen in der Autoentwicklung heute nicht mehr viel mit dem zu tun haben, was vor vielen Jahren noch anstanden. Allein schon die Themen Komfort und Infotainment sind weit über die Frage hinweg, ob die Sitze aus Stoff oder Leder sind und ob das Autoradio auch ein Cassettenteil hat oder nicht. Ein hohes Maß an Individualität ist heutzutage kein Alleinstellungsmerkmal, sondern immer häufiger bei vielen Modellen schlicht Standard.

    Konferenzfazit.

    Da ich kurzerhand mit meinem Auto nach Rüsselsheim fahren musste (danke, Deutsche Bahn, dass deine Züge auch mal zwei Minuten zu früh losfahren), begann es eigentlich schon auf der Rückfahrt mit dem Nachdenken. So ganz unbeleckt bin ich in Sachen Elektromobilität und Opel ja nicht, aber was wäre eigentlich, wenn ich den größten Teil der Strecke elektrisch und autonom gefahren wäre? Der Stau kurz vor dem Darmstädter Kreuz, der wäre vermutlich gar nicht erst entstanden, wenn sich autonom fahrende Autos miteinander kurzgeschlossen hätten. Im Gegenzug hätte es mir vermutlich kurz vor Karlsruhe möglicherweise auch nicht so Heidenspaß gemacht, wieder einmal das Gaspedal meines ADAM S bis zum Anschlag durchzudrücken und große Autos zu jagen.

    Dass das Thema Verbrennungsmotoren in zukünftigen Formen der Mobilität nur noch am Rand vorkommen werden, dürfte klar sein. Die rund 300 Konferenzteilnehmer, von denen die allermeisten irgendwo mit Autos zu tun haben (ob als Entwickler oder als Journalist) konnten jedoch mitnehmen, dass alles noch viel weiter gedacht werden muss, als wir es selbst noch bis vor kurzem möglicherweise dachten. Aber: Es lohnt sich. Individuelle Mobilität wird nicht wegfallen, sondern wird mit autonomem Fahren und mit Robotaxis eine ganz neue Stufe erreichen.

    Daher, liebe Opel-Verantwortliche: Diese Konferenz ruft eindeutig nach einer Wiederholung und war eine sehr gute Visitenkarte für den Auftakt. Zur zweiten Ausgabe brauchen wir aber mehr Stromsteckdosen. Und eigentlich hätte ich auch gern mal einen der vielen Ampera-e, die als Shuttle fuhren, kurz mal probegefahren (um danach vermutlich nur noch unter Zwangsandrohung aus dem Auto herausgeholt werden zu können). 😉

    Immerhin: Am Ende hatte ich noch Zeit und Lust für ein Traumfoto und der passende Bildtitel ist mir auch gleich noch dazu eingefallen:

  • Auf ein Wort zu Firefox, Mozilla.

    Der Webbrowser ist, wie bei den meisten Web-Leuten, mein hauptsächliches Werkzeug zum Arbeiten. Der wird morgens, wenn der Computer startet, als erstes Programm angeworfen und abends als letztes Programm wieder beendet. Im Idealfall läuft diese Browsersitzung den gesamten Tag durch, mit mehreren Tabs, also Fenstersitzungen. Mal kommt ein Tab dazu, mal wieder eines weg und so geht das. Selten habe ich mal mehr als zehn Tabs geöffnet, aber in der Tab-Klasse merkt man dann selbst bei meinem nagelneuen Laptop, dass Power allein in der Enterprise-Klasse nicht hilft.

    Mein Webbrowser ist Firefox, seit Anfang an. Nein, eigentlich auch schon davor, denn der Netscape Navigator war mein erster Webbrowser und dann kam der Communicator und dann Firefox. Ich kann behaupten, wirklich jede Firefox-Version mitgemacht zu haben, bis zur heutigen Version 54. Die jetzt endlich jeden Tab in einen eigenen Prozess packt. Damit läuft der Browser noch stabiler, habe ich mir sagen lassen, aber Stabilität ist eigentlich kein echtes Problem gewesen.

    Bis jetzt. Denn Firefox sorgt auf meinem PC seit einigen Wochen regelmäßig dafür, dass der Nvidia-Grafiktreiber abstürzt und neu gestartet werden muss und das gleich mehrfach am Tag. Klar, man kann ausschalten, dass die Hardwarebeschleunigung verwendet wird, aber damit läuft Firefox gefühlt auf halber Kraft. Gut, kann man zur Not damit leben.

    Ab Version 54 beobachtete ich aber nochmal Performanceeinbußen und das eigentlich auf einem respektablen Computer mit 16 GB RAM. Der Grund zeigt sich, wenn man einmal im Task Manager schaut, was Firefox da eigentlich arbeitsspeichermäßig treibt. Die eine Firefox-Sitzung, die ich hier gerade habe und darin einen einzigen Tab geöffnet habe – nämlich den zum Schreiben dieses Blogartikels – verbraucht mal eben 1 Gigabyte Arbeitsspeicher.

    Ich wiederhole: 1 Gigabyte Arbeitsspeicher. 1.047.632.238 Bytes, um genau zu sein in dieser Sitzung.

    Google Chrome, den ich ebenfalls hin und wieder zum Website-Vergleich brauche, macht das exakt gleiche für 58 Megabyte Arbeitsspeicher. Also für etwas mehr als 5 % des Arbeitsspeichers, das Firefox 54 sich genehmigt. Und dabei nicht ständig den Nvidia-Grafiktreiber abstürzen lässt.

    Mal ganz unverblümt zu euch gesprochen, liebe Mozilla-Leute: Geht’s noch?

    Okay, ich habe verstanden, dass ihr zu Beginn der Verteilung der Version 54 sicherheitshalber angekündigt habt, dass die neue Prozessstruktur zunächst einmal mehr Arbeitsspeicher konsumieren wird und man sich nun an die Optimierung des Arbeitsspeicherbedarfs heranmacht. Zwar hat Firefox schon zu diesem Zeitpunkt in der letzten Version bei mir im Durchschnitt 500 Megabyte Arbeitsspeicher konsumiert, aber mit 10 % vorübergehenden Aufschlag hätte ich leben können. Gut, auch mit 20 %, wenn es dann wirklich einmal besser wird.

    Aber 100 %? 1 Gigabyte im Normalzustand? Ein Gigabyte, Herrschaften?

    Ich möchte ehrlich zu euch sein, Mozilla: Ihr habt den Bogen so überspannt, wie man ihn eigentlich gar nicht mehr überspannen kann, ohne dass einem Wurfarm und Sehne um die Ohren fliegen. Wir propagieren einerseits seit Jahrzehnten das schlanke Web mit schnellen Oberflächen und möglichst wenig Befehlsspeck und dann kommt der Webbrowser, der mal eben so viel Arbeitsspeicher braucht, wie das restliche hostende Betriebssystem.

    Geht in euch, Mozilla. Schnell. Schon jetzt seit ihr deutlich unter 20 % Marktanteil und es ist kaum zu erwarten, dass Google Chrome nochmal etwas von den derzeitigen 60 % freiwillig etwas abgeben mag. Eigentlich geht es inzwischen um das nackte Überleben. Und wenn ich mir den Task Manager so anschaue: Eigentlich seid ihr schon längst reif für die Intensivstation. Ihr braucht kein neues Logo und auch keine neuen Konzepte. Ihr braucht vor allem wieder einen Webbrowser, der funktioniert.

    Update:

    Immerhin muss ich die regelmäßigen Abstürze des Grafiktreibers jemand anderem in die Schuhe schieben, nämlich Nvidia. Die haben es nämlich geschafft, in einer der letzten Treiberupdates einen Fehler hineinzubauen, der in Firefox-Sitzungen (und auch nur da) dafür sorgt, dass bei größeren Grafikgeschichten dann der Grafiktreiber abstürzt. Ab wann das Problem auftaucht – keine Ahnung. Ich habe ein altes März-Treiberpaket zurückinstalliert und damit sind die Abstürze zumindest wieder weg.

    Das Arbeitsspeicher-Problem habe ich zumindest einmal dadurch entschärft, in dem Firefox nun gänzlich ohne Add-Ons läuft. Ist aber nicht des Rätsels Lösung, denn ich habe auf meinem PC zu Hause immer noch deutlich mehr Arbeitsspeicherbedarf, als auf dem Laptop, obwohl auf dem PC inzwischen auch das Firefox-Profil vollständig neu eingerichtet ist. No idea. Vielleicht wird das tatsächlich irgendwann mal besser.

  • Als Telekom-Kunde Post von der Telekom anfordern.

    Mir fiel jetzt kein besserer Titel für diesen Blog-Eintrag ein, aber tatsächlich ärgere ich mich gerade etwas über die Telekom für eine völlig ohne Not produzierte Dummheit.

    Ich habe heute Post bekommen, nämlich eine „Wichtige Sicherheitswarnung zu Ihrem Internetzugang“. Einer meiner Rechner, „z.B. Smartphone“ sei mit einem Virus/Trojaner infiziert und ich möge bitte umgehend alle meine Rechner prüfen und Passwörter ändern. Nähere Informationen gäbe es in meiner Mail, die via Mail geschickt wurde. Diese Mail, die sich dann in meinem so gut wie nie benutzten T-Online-Postfach fand, enthielt immerhin den Hinweis, dass ich mir den Wannacrypt-Trojaner eingefangen haben soll.

    Aus dem Bauch heraus gesagt: Kaum möglich. Meine Rechner sind alle gepatcht, ich habe funktionierende Antivirensoftware drauf und keiner meiner Rechner hängt nackt in irgendwelchen WLAN-Netzwerken herum. Trotzdem habe ich Laptop und Desktop-PC gescannt, so ganz ohne Grund verschickt ja wohl die Telekom keine solche Post. Wobei es hier schon das zentrale Ärgernis gibt, denn was taugt bitteschön eine Sicherheitswarnung, wenn darin nicht zumindest für Experten lesbar steht, wie man denn darauf gekommen ist, dass der betreffende Kunde ein Sicherheitsproblem haben könnte. Nur die angegebene IP-Adresse und der genaue Zeitpunkt helfen da den meisten Kunden recht wenig.

    Des Rätsels Lösung kam dann, als ich den Zeitpunkt, den die Telekom in ihrem Brief angegeben hatte, minutiös nachverfolgt habe in meinen Systemprotokollen und vor allem im Browserverlauf. Denn exakt zu diesem Zeitpunkt habe ich folgende Website aufgesucht, die in der Wannacrypt-Trojanerwelle als Killswitch benutzt wurde. (Kurzfassung: Ist der Wannacrypt-Trojaner auf einem Rechner, überprüft er zunächst, ob die folgende Web-Adresse existiert und legt erst dann los, wenn diese Website nicht existiert.)

    http://www.iuqerfsodp9ifjaposdfjhgosurijfaewrwergwea.com/

    Die Telekom-Kollegen haben also einen Paketfilter ins Backbone gebastelt, der alle Zugriffe auf die obige Adresse meldet und ein Ticket im Abuse-Department der Telekom auslöst. Auf den ersten Blick okay, aber, liebe Telekom: Man schreibt die Art und Weise, wie ein Sicherheitsproblem offenbar existiert, dem Kunden dann dazu.

    Oder auch anders gesagt: Willst du als Telekom-Kunde Post von der Telekom (und mehr passiert dann auch nicht)? Dann einfach auf den obigen Link klicken.

  • Wahlempfehlung zur OB-Wahl in Pforzheim.

    Okay, die Wahlempfehlung für den Amtsinhaber Gert Hager ist absehbar, da ich auch dieses Mal im Wahlkampfteam dabei bin und die Online-Kommunikation steuere. Also, ich wähle Gert Hager. Das sage ich mit einigen Freunden übrigens schon seit Ostern mehrmals am Tag in fast allen Pforzheimer Kinos in einem wunderbaren Kinospot, den wir zusammen mit Pforzheimer Filmemachern produziert haben:

    Gert Hager kenne ich inzwischen seit zehn Jahren und seit acht Jahren als Oberbürgermeister. Keinesfalls verlorene Jahre für Pforzheim, sondern gewonnene. Es ist klar, dass ein OB in acht Jahren nicht jeden Mist abräumen kann, der Jahre oder schon Jahrzehnte vor ihm vor sich hinwelkte in unserer Stadt. Den Strukturwandel haben wir in Pforzheim nie wirklich angefasst vor Gert Hager, sondern einfach an die Randgebiete unserer Stadt gedrängt. Aus dem Auge, aus dem Sinn.

    Auch wenn Pforzheim einen engen Haushalt hat und für den Doppelhaushalt 2017/18 sparen muss – es ist rein gar nichts verloren, sondern vieles in der Pipeline. Pforzheim hat geradezu einen Boom an Unternehmensansiedlungen, die vornehmlich nur deshalb scheitern, weil jahrzehntelang „vergessen“ wurde, neue Gewerbegebiete auszuweisen. Der Effekt, dass viele Unternehmen aus dem Stuttgarter Raum händeringend Platz brauchen und auch im Pforzheimer Raum suchen, ist schon längst da. Die Region zwischen Karlsruhe und Stuttgart wird immer stärker zusammenwachsen und es hat ewig gedauert, bis das auch mal in der Politik Pforzheims so erwähnt wurde. Rund 10.000 neue, sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze in Pforzheim sind eine Ansage, die man nicht wegwischen kann. Es geht uns immer besser und auch die Arbeitslosenquote sinkt bei uns in Pforzheim überdurchschnittlich stark gegenüber dem Landesdurchschnitt. Bei den folgenden Infografiken, die übrigens alle aus meiner Hand stammen, ist rein gar nichts gelogen. Es sind echte Fakten, belegt mit harten Zahlen:

    Für mich wichtig ist auch dieses Mal, dass ich in diesem Wahlkampf, den ich mit den ersten Gesprächen schon seit über eineinhalb Jahren begleite, nicht ein einziges Mal vor der Situation stand, in der eine Haltung von Gert Hager gegen meine persönliche Haltung stehen würde. Ich habe meine Heimatstadt, so verschlafen sie manchmal daherkommt, sehr gern und seitdem ich mich im Laufe der letzten Monate in all die vielen Entwicklungsprojekte eingelesen habe, eigentlich noch viel lieber. Wir gehen mit unserer Heimat allenhalber viel zu schlecht um, anstatt zu fragen, wie wir denn etwas mit besser machen könnten. Es ist so einfach, einfach mal positiver zu denken und die getanen Schritte weiterzudenken.

    In diesem Sinne müssen wir weiter gehen und dürfen nicht stehen bleiben. Daher ist meine Wahlempfehlung, das Kreuzchen bei Gert Hager zu machen.

  • Ein Laptop-Wechsel von HP zu Lenovo.

    Mein 2011 angeschafftes HP Elitebook 8440p erfreut sich auch nach sechs Jahren täglichem Einsatz bester Gesundheit. Eine extrem gute Verarbeitung, ein i7-Quadcore-Prozessor und ein Nvidia-Grafikchipsatz sorgen dafür, dass dieses Laptop auch heute noch absolut state-of-the-art ist. In den sechs Jahren bekam das Teil lediglich ein RAM-Upgrade auf 8 GB und eine 500-MB-SSD spendiert, was beides die Leistung des Laptops nochmal gewaltig nach oben schraubte. Technische Ausfälle? Nada. Nix.

    Dennoch war jetzt ein neues Laptop angesagt. Etwas Geld ist da, was gut in eine Investition passen würde. Was nicht so gut passt, ist das derzeitige Laptop-Angebot von HP. Aus Verarbeitungsgründen muss es eigentlich wieder ein Business-Laptop sein, das ist bei HP immer noch die Elitebook-Reihe. Die ist aber in Sachen Performance und vor allem in Sachen Bildschirm nicht mehr das, was ich mir unter Elitebook vorstelle. Schon bei meinem Elitebook 8440p war das Display im besten Falle obere Mittelklasse. Die derzeit verbauten Elitebook-Display sind zwar viel besser, aber im Vergleich zur Konkurrenz einfach nicht superklasse, während der Preis es aber immer noch ist.

    Auch andere Mütter haben schöne Töchter und so schaute ich einmal bei Lenovo und dere ThinkPads vorbei. Auch da gibt es verschiedene Serien und die T-Serie ist in etwa das, was HP unter Elitebook versteht. Mit dem Unterschied, dass die T-ThinkPads eine deutlich bessere Ausstattung mitbringen bei vergleichbaren Preisen. Mein Zielnotebook, ein T460p bringt wiederum einen Quadcore mit (alle HP Elitebooks kommen nur mit Dualcore-Prozessoren), Tastaturbeleuchtung, LTE-Karte, 8 GB RAM, Smart-Card-Reader und einen IPS-Bildschirm mit 2560×1440 Pixel.  Und dieser Bildschirm ist wirklich eine Wucht und spielt in der Liga, wo üblicherweise Macbooks spielen. Beim ersten Blick war ich hin und weg und das will wirklich etwas heißen. Die investierten knapp 1.900 Euro sind zwar nicht wenig, aber ich bin guter Dinge, dass die Verarbeitung auch das hält, was sie verspricht.

    Ähnlich kompromißlos ging es bei der Installation weiter. Windows 10 lag zwar nicht bei, kann aber als Download bezogen werden. Dieser Download lässt sich auf einen USB-Stick packen und enthält praktischerweise auch die letzten Windows Updates, so dass nach der Installation des Windows keine zusätzliche Update-Orgie fällig ist.

    Wer Windows 10 blank installiert, fährt ebenfalls sehr komfortabel, denn via Windows Store lässt sich der so genannte Lenovo Companion installieren, der das Gerät identifiziert und sogleich die passenden Treiber und Updates lädt. Das ist an Lässigkeit nicht mehr zu übertreffen und führt nach wenigen Minuten zu einem fertig installierten Laptop. Die Windows-10-Installation dauerte ganz knapp eine Stunde. Das hatte ich zuletzt bei Windows 2000. 😉

    Was ebenfalls auffällt, sind die überschaubaren Kosten für das Zubehör. Ich bin Verfechter einer vernünftigen Dockingstation und die USB-3-fähige Dockingstation kostete 155 Euro brutto inklusive Netzteil. Das Ersatznetzteil war für 60 Euro zu haben und die funktionale Neopren-Tasche für schlappe 9,99 Euro. Da spielt HP schon lange nicht mehr mit.

    Sechs Jahre muss das ThinkPad jetzt mindestens mitmachen. Eingefleischte ThinkPad-Besitzer lächeln müde, aber ich lasse da Tatsachen und eigene Erfahrungen sprechen. 🙂

  • Wie Twitter Donald Trump 14 Millionen Follower schenkte.

    Wie über 14 Millionen weitere Twitter-Nutzer folgte ich bis zum Abschied Barack Obamas als US-Präsident auch dem offiziellen Twitter-Account @POTUS („President of the United States“). Die US-Behörden hatten sich zum Präsidentenwechsel dabei eine nette Geschichte ausgedacht. Anstatt einfach den Account weiter an den nächsten US-Präsidenten zu geben, wurde kurzerhand der bisherige @POTUS-Account zu @POTUS44 umbenannt und somit archiviert. Nach den üblichen Twitter-Regeln behält ein Twitter-Account alle seine Follower, auch wenn der Nickname des Accounts wechselt.

    Dass @POTUS44 der frühere @POTUS-Account war, lässt sich z.B. über die Website mytwitterbirthday.com recherchieren, die für den Account das „Geburtsdatum“ des 21. Juni 2013 ausgibt:

    Wie gesagt, über 14 Millionen Follower.

    Für den neuen US-Präsidenten wurde eigens ein neuer dienstlicher Account eingerichtet, der dann den bisherigen Nickname „POTUS“ übernommen hat. Auch ersichtlich hier: Der „Geburtstag“ dieses Twitter-Accounts, der 19. Januar 2017.

    Also alles gut. Wobei … nicht so ganz. Den offenkundig zum Wohle des neuen US-Präsidenten dehnt Twitter wieder einmal die Regeln. Denn der bisherige Follower von @POTUS und nun Neu-Follower von @POTUS44 darf nun staunend zur Kenntnis nehmen, dass er nun automatisch beiden Accounts folgt, nämlich @POTUS44 und dem neuen @POTUS-Account. Also sozusagen ein Zwangs-Following des neuen US-Präsidenten, obwohl man das gar nicht selbst initiiert hat. Schon ganz nett, wenn man als neuer US-Präsident mit einem neuen Twitter-Account gleich mal mit 14 Millionen von Twitter auf dem Silbertablett überreichten Follower anfangen kann und ihnen von Tag 1 an präsidentialen Müll unterjubeln kann, den sie gar nicht bestellt haben.

    Eine Ferkelei von Twitter, die man in so Ländern wie China oder Russland nicht hätte besser machen können, zumal Twitter bisher auf Wünsche von Account-Duplikaten nicht eingegangen ist.

    Einzig ironischer Nebeneffekt: Der neue @POTUS-Account verliert derzeit stetig Follower und hat aktuell fast 300.000 Follower weniger, als @POTUS44. Ich bin mal gespannt, wie lange sich dies das Trump-Team anschaut und irgendwann die „Bitte“ an Twitter herangetragen wird, für den @POTUS44-Account keine neuen Follower zuzulassen. Auch das wäre dann ein neues Level an politischem Opportunismus von Twitter, aber das ist vermutlich einfach nur eine Frage der Zeit. Die YESSIR-Mentalität von Twitter gegenüber totalitären Regimen in aller Welt ist inzwischen schon fast legendär.

  • Farewell, Barack Obama.

    Eigentlich ist es obskur: Barack Obama ist mit seinen 55 Jahren noch in der Mitte seines Lebens, erfreut sich sichtbar guter Gesundheit und körperlicher Fitness und doch sind die letzten Wochen nicht nur für viele Amerikaner Wochen des Schwermutes und des Abschiedes. Und selbstverständlich ist Barack Obama Profi genug, das höchst diffizile Spiel der Amtsübergabe der US-Präsidentschaft so perfekt zu inszenieren, wie er seine US-Präsidentschaft schon von Anfang an plante und medial steuerte.

    Barack Obama wird als mit größter Wahrscheinlichkeit den heutigen Tag der Inauguration des nächsten US-Präsidenten in bester Gesundheit überleben und faktisch lediglich Job und Wohnort wechseln. Und doch ist es wie eine Abreise eines Freundes in ein fernes Land. Man spürte es schon die vergangenen Wochen als dumpfes Klopfen, das dank seiner zig Abschiede auf Pressekonferenzen und Treffen immer stärker wurde. Vielfach multipliziert wurde dieses Gefühl durch das Chaos und den ungebändigten Zorn des „President-elect“. Der drohenden Hoffnungslosigkeit, der dunklen Vorahnungen. Der schlichten Ungewissheit, was nach Barack Obama kommt.

    Eine Würdigung seines Amtes erspare ich mir. Das ist Aufgabe von Journalisten und Historikern. Ich bin dazu sicherlich zu wenig neutral, denn die Person Barack Obama faszinierte mich schon, als ich das erste Mal im Frühjahr 2008 über die Ambitionen des damaligen Senators Barack Obama aus Illinois las. Schon damals traute man ihm das zu, man traute das auch der Demokratischen Partei zu. Aber konnte man das auch dem Land zutrauen? Der erste farbige US-Präsident? Ein US-Präsident, der nicht aus den großen Familiendynastien kommt, die die meisten US-Präsidenten der letzten Jahrzehnte „stellten“?

    Dass der junge Senator aus Illinois das Zeug hatte und genügend Ochsentour betrieb, liest sich aus seiner Biografie heraus. Als Rechtsanwalt kämpfte er in einer der übelsten und heruntergekommensten Ecken Chicagos namens „Altgeld“ (heißt tatsächlich so) für Gerechtigkeit so genannter einfacher Menschen. Einer, der schon in seiner Jugend kämpfen konnte, der bei seiner Oma aufwuchs und seinen Vater mit zehn Jahren zum letzten Mal sah. Einer, der sich beharrlich nach oben arbeitete, dabei aber seine Zwischenstationen als Mission verstand und nicht einfach nur als Sprossen.

    Diese Geschichte brachte er schon mit, als er dann 2008 die Wahlkampfmaschinerie anwarf, darin eine Menge Geld investierte und diese Wahlkampfmaschine begann, die Geschichten zu erzählen. In einer neuen Weise, wie es eben nur im Internet und im noch sehr jungen Zeitalter der Social Media funktionieren konnte.

    Natürlich kennt mich Barack Obama auch heute noch nicht und seines Zeichens nach hat er in seinen Wahlkämpfen auch nie selbst gewittert (was mich ehrlich gesagt nicht wundert), aber dennoch … wenn einem Barack Obama im Wahlkampf folgt, ist das ein starkes Zeichen in einer „social world“, auch wenn das alles selbstverständlich alles Wahlkampf ist.

    Aber es war dennoch cool. Wir paar Millionen Leute auf Twitter, auch 2008 noch ein Bruchteil der US-Bevölkerung. Die „Obama for America“-Kampagne twitterte, facebookte, bloggte, was das Zeug hielt. Sie nutzten selbst gebaute Diskussionsforen, die sogar außerhalb der USA und auch in Deutschland funktionierten (z.B. mit einer Münchner Community). Sie bewarben den Bürger und Interessierten nicht einfach, sondern sie machten ihn, wenn er das wollte, zu einem sofort zusteigenden Mitglied der Grassroots-Campaign, der Graswurzelkampagne. Eine Software namens „Party Builder“, die ein gewaltig großes Wählerverzeichnis mit allerlei spannenden und datenschutzbedenklichen Inhalten trug, wurde zum festen Gesprächsthema von Social-Media-Leuten. Ausprobieren konnte man den Party Builder freilich sogar von meinem Zimmer aus, via Skype. Selten fühlte ich mich bei diesem eigentlichen Testanruf mehr von einer Kampagne verstanden, obwohl die rein gar nichts mit dem Land zu tun hatte, in dem ich lebe.

    Da ich 2008 leider nur teilweise Obamas Wahlkampf analytisch verbloggt hatte, wollte ich es 2012 zu seiner Wiederwahl-Kampagne besser machen und hatte frühzeitig mein Obama-2012-Dossier begonnen – die immer noch größte Artikelserie in diesem Blog.

    Viel spannender für mich ist, was die Kampagne bei mir und vielen Leuten, die ich kenne, ausgelöst hat. Tatsächlich Hoffnung darüber, das man Dinge verändern kann, wenn man es will. Dass man jenseits der traditionellen Nachrichtenwege schreiben und publizieren kann und das man auf diesen Wegen früher oder später Gleichgesinnte erreicht. Gewissermaßen haben die Obama-Kampagnen und die Philosophien, die das Unternehmen Blue State Digital mit diesen Kampagnen verwirklicht hat, ein großes Fundament in die Arbeitsweisen gelegt, die ich als kleiner Wutz meinen Kunden verkaufe. Meine wichtigsten Kundenblogs haben viel von der Obama-Kampagnen-DNA drin, obwohl die meisten gar nichts mit politischer Kommunikation zu tun haben.Auf seiner letzten Pressekonferenz vorgestern hat Obama einen sehr schönen Satz gesagt, mit dem ich es hier bewenden lassen will. Man kann es nicht besser sagen:

    „I think there’s evil in the world, but i think that at the end of the day, if we work hard and if we’re true to those things in us that feel true and feel right, that the world gets a little better each time.“
    „Ich glaube, es gibt viel Teufelswerk auf der Welt, aber ich denke, dass am Ende des Tages, wenn wir hart arbeiten und an das in uns glauben, was sich gut und richtig anfühlt, die Welt ein kleines bisschen besser wird.“

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