• Mein erstes Zeitungsabo auf dem iPad.

    Und es ist noch nicht einmal eine Zeitung, die ich lese, sondern die türkische Tageszeitung Hürriyet, die mein Vater täglich liest und auch immer noch täglich auf seinem iPad. Und da ist gestern die dreimonatige Probezeit zu Ende gegangen, was ich von meinem Vater auch nicht sofort mitgeteilt bekommen habe, da er dachte, da sei einfach irgendetwas mit der App oder dem Internet kaputt. Tja, das Probeabo ist halt kaputt und zwar planmäßig kaputt. 🙂

    Der Kauf des Abos läuft über den iPadschen AppStore und kostet für das Jahresabo 25,99 Euro. Das ist, wie bereits schon einmal geschrieben, ein Spottpreis gegenüber den rund 360 Euro, die man hierzulande für ein Jahr Hürriyet auf Totholz bezahlt und dazu auch noch täglich zum Kiosk zu latschen hat. Sprich: Die fünf Monate, die er nun die Hürriyet auf dem iPad gelesen hat (2 Monate zunächst auf meinem und dann 3 Monate auf seinem) haben bis jetzt 150 Euro gespart und allein mit der Ersparnis ist sein gebrauchtes iPad schon zur Hälfte bezahlt. Amortisiert hat sich das Ding dann schon im April nächsten Jahres.

    Eine kleine Fußfalle gibt es beim Abo-Kauf: Das Abo verlängert sich automatisch, wenn nicht 24 Stunden vor Ablauf des Abos gekündigt wird. Das lässt sich aber dankenswerterweise abschalten, wenn man sich die nach dem Abo-Kauf zugesendete Mail genau anschaut und dem Link zu iTunes folgt. Dort landet man nämlich dann auf der Abo-Seite und kann dort die automatische Verlängerung folgenlos deaktivieren. Dann gibt es nach Ablauf des Abos eben wieder eine entsprechende Meldung, dass eine Abo-Verlängerung wieder fällig wird. Ist mir so immer lieber, als irgendwelche Geldeinzugsautomatismen.

    Und einen netten Nebeneffekt habe ich bei der Aktion dann auch noch gefunden: Schließt man anstatt eines Monats-Abos ein Jahres-Abo ab, gibt es als Zugabe noch einen Monat dazu. Effektiv kostet dieses Hürriyet-Jahres-Abo jetzt also tatsächlich 2 Euro im Monat, niemand muss mehr zeitig zum Kiosk laufen, mein Vater bekommt nun auch tatsächlich die türkische Ausgabe der Hürriyet und wir tragen ungefähr 3 kg weniger Altpapier monatlich vor die Türe.

    Wie man allerdings mit einem Einzelverkaufspreis von gerade einmal 7 Cent auch für türkische Verhältnisse zukünftig ein überregionales und auch weltweit stationiertes Redaktions- und Korrespondentennetz und noch einen Verlag finanzieren will, das ist für mich ein Rätsel. Draufzahlen tut da vermutlich vor allem die deutsche Niederlassung der Dogan Mediengruppe, die in Deutschland eine durchaus ansehnliche Niederlassung mit eigenen Redaktionen und einem eigenen Druckhaus in Mörfelden-Walldorf unterhält. Aber das kann nicht mein Problem sein.

    Aber, Steve Jobs, während ich dir ja nie so recht über den Weg traute, hast du mit meinem Vater einen großen Fan gewonnen. Das muss man auch erst einmal schaffen.

  • Obama 2012 – Wahlkampf-Organisation und der Partybuilder.

    US-Wahlkämpfe funktionieren in der Basis vor allem per Telefon und in lokalen Meetings von Unterstützerteams. Im Gegensatz zu anderen Ländern existieren in den USA zwar eine ganze Reihe von verschiedenen Parteien, allerdings überstrahlen die Republikaner und die Demokraten alle anderen Parteien überstark.

    Da das Politiksystem in den USA extrem auf Personen ausgerichtet ist und weniger auf Parteien, sind Parteistrukturen wie wir sie kennen, in den USA nahezu unbekannt. Während in Deutschland ein Parteipolitiker mehr oder weniger stark auf funktionierende Parteistrukturen in Land und Kommune im Wahlkampf zurückgreifen kann, muss dies in den USA jeder Politiker weitgehend selbst organisiert bekommen, bis hin zum Präsidentschaftskandidaten. Diese Organisation verursacht deshalb den meisten Aufwand und verschlingt auch einen gehörigen Anteil des gesamten Wahlkampfetats.

    Eine Organisationspyramide mit viel Ehrenamt

    Eine Organisation ohne „Apparat“ funktioniert nicht. Allerdings kostet ein Apparat viel Geld. Also muss ein funktionierender und bezahlbarer Mittelweg gefunden werden, der so ausschaut, dass die Spitze der Organisationspyramide so effizient wie möglich besetzt ist und sie, je weiter man nach unten geht, immer mehr Arbeit auf möglichst viele Schultern verteilt, die möglichst aus dem Ehrenamt heraus mitarbeitet. Das senkt die Kosten einer solchen Organisation auf das Minimum, auch wenn man hier immer noch getrost von einem Multimillionen-US-Dollar-Apparat sprechen kann. Aber der Apparat soll ja auch nur ein paar Monate laufen.

    Die Kampagnenzentrale von Obama 2012 ist die Speerspitze, also der absolute Kopf der Organisationspyramide. Die ist, wie auch schon beim letzten Mal, in Obamas Heimatstadt Chicago beheimatet und von hier aus wird die gesamte Kampagne gesteuert. Wahlkampfleitung, Organisation, argumentative Kampagnensteuerung, Werbemittel, Kommunikationszentrale sind alles so Dinge, die in der Intensität, wie sie ein Wahlkampf bedingt, nur dann funktionieren, wenn sie an einer Stelle konzentriert sind.

    Die nächste Gliederungsebene sind dann die Unterstützergruppen und die regionalen Teams, in der Regel auf der Basis der 50 US-Bundesstaaten und einigen weiteren Regionalgruppen für „Overseas“ und den größeren US-Militärablegern. Diese Gliederungsebene haben eigene Verantwortliche mit deutlich kleineren Kernteams, die wiederum die Aufgabe haben, die Teams vor Ort bzw. innerhalb der Gruppe mit Rat und Tat zu unterstützen. In Sachen Kampagne und Werbematerial werden diese Gruppen aus Gründen der Effizienz und auch wegen dem einheitlichen Erscheinungsbild sehr stark von der Obama-Kampagnenzentrale unterstützt.

    Je besser sowas läuft, desto geschmierter läuft der Apparat. Und je geschmierter der Apparat läuft, desto motivierter sind die Menschen bis ganz unten in der Pyramide. Das ist im Vorfeld eines Wahlkampfes das wichtigste Ziel, um die Motivation in der heißen Wahlkampfzeit genau dann in erfolgreiche Aktionen umsetzen zu können, wie es erforderlich ist.

    Partybuilder als Organisationswerkzeug

    Geld ist jedoch nicht alles beim Thema Organisation, sondern nur ein Mittel zum Zweck. Viel wichtiger ist es, tragfähige Organisationsstrukturen aufzubauen. Das kann man nur zu einem Teil mit bezahlten Kräften tun und muss von Anfang an ehrenamtliche Mitstreiter in der Bevölkerung rekrutieren. Beim Obama-Wahlkampf 2008 griff die Kampagnenleitung hierbei auf ein Werkzeug namens Partybuilder zurück. Partybuilder ist das Kernstück, das die betreuende Agentur Blue State Digital entwickelt hat und betreut. Obwohl man von Partybuilder herzlich wenig sieht, ist diese Software und die gesammelten Daten das A und O aller Obama-Kampagnen (und auch die Cash-Cow von Blue State Digital) und damit das Heiligtum.

    Vom Prinzip her ist Partybuilder eine riesige Kontaktedatenbank und dürfte inzwischen einen Bestand von mehreren Millionen Kontaktadressen aufweisen. Hier finden sich alle Menschen, die sich als Unterstützer im Rahmen von Wahlkämpfen und auch während der Amtszeit von Barack Obama haben registrieren lassen. Das ist soweit noch der unspektakuläre Teil des Partybuilder, denn zusätzlich enthalten sind auch Kontaktdaten von vielen anderen US-Bürgern. Ob es alle sind, darüber streitet man, zumindest sind es jedoch sehr, sehr viele. Die im Vergleich zu deutschen Standards erheblich laxeren Datenschutzstandards in den USA ermöglichen die Nutzung solche Datenbanken inklusive Anschrift, Telefonnummer, Alter etc., zumindest für die politische Arbeit.

    Nun ist der Partybuilder auch nur die Basis dafür, mit dieser Datenbank auch etwas sinnvolles anzustellen. Alle diese Personen einmal anzurufen und zu bitten, Barack Obama zu wählen, ist selbst für ein sehr großes Kampagnenteam nicht zu bewerkstelligen, wir reden in Sachen USA immerhin von einer Bevölkerungszahl von über 310 Millionen. Also muss man diese Mobilisierung strukturiert angehen und das möglichst mit dem Prinzip einer Lawine. Ein Unterstützer ruft eine Reihe von Menschen an und akquiriert so viele weitere Unterstützer wie möglich, wie wiederum selbst eine Reihe von Menschen anruft. Und so weiter. Und hier setzt Partybuilder an und liefert zum einen die Kontaktdaten und sorgt dafür, dass der gesammelte Feedback über die Kontaktaufnahmen zentral gesammelt und sofort verarbeitet werden kann.

    Gleichzeitig ist Partybuilder auch die Basis für soziale Vernetzungen in den Online-Bereichen von Obama 2012. Die Bildung von Interessensgruppen innerhalb des „myBO“-Bereiches, das Organisieren von Events, das Befreunden mit anderen Mitstreitern, das Schreiben von eigenen Weblogs und so weiter und so fort, das wird letztendlich mit der Kontaktedatenbank von Partybuilder ermöglicht.

    Dass Partybuilder sicherlich als Basis dient für tiefgehende demografische Analysen und Datamining von verschiedensten Kommunikationskanälen, das darf mit gutem Gewissen vorausgesetzt werden. Wenn man anschaut, dass Barack Obama in Twitter aktuell (10. Dezember 2011) 1,14 Millionen Follower und seine Facebook-Seite 24,23 Millionen Fans um sich scharrt, dann wäre es sträflichst, wenn dieser Schatz an Daten nicht in irgendeiner Form mit anderen Personendatenbanken in Beziehung gebracht würde. Schließlich ist ein Wähler gut – aber je genauer man weiß, dass dieser Wähler den Demokraten nahesteht, Barack Obama gut findet, ihn vielleicht beim letzten Mal sogar gewählt hat und dieser Wähler vielleicht sogar als Unterstützer im Wahlkampf tätig sein würde, dann ist das noch besser.

    Denn in Wahlkämpfen gibt es immer zwei Seiten einer Kampagne: Die pflegen, die überzeugt sind und vor allem die erreichen, die noch überzeugt werden müssen.


    Alle Teile meines Dossiers zu Obama 2012 unter dem Stichwort „Obama 2012“.

  • Obama 2012 – Website Version 1.0.

    Letzte Woche ist die Kampagnen-Website der Obama-2012-Kampagne gestartet. Oder vielmehr wird das nun die Version 1.0 sein, denn ich erwarte, dass im Laufe des nächsten Jahres die Kampagnen-Website noch einige Male relaunchen wird. Aber wie man es auch nehmen mag – schon die Version 1.0 setzt Akzente und ist eine Referenz in Sachen politischer Kommunikation und auch in Sachen Webdesign.

    Responsive Webdesign

    Der Begriff „Responsive Webdesign“ beschreibt den Ansatz, dass ein Webdesign responsiv gegenüber der Leistungsfähigkeit des Endgerätes ist. An vorderster Front sind hier die Bildschirmdimensionen zu nennen – der eine hat zu Hause einen Full-HD-Bildschirm mit 1920 mal 1080 Pixel, der andere einen Bildschirm mit 800 mal 600 Pixeln und wenn man die mobilen Endgeräte betrachtet, landet man sehr schnell bei Bildschirmbreiten von 480 Pixel oder gar noch weniger. Responsive Webdesign fängt das alles auf, in dem in den CSS-Beschreibungen hierzu verschiedene Designdefinitionen hinterlegt sind und je nach Bildschirmdimensionen eingeblendet werden. Und das dann auch live, was man sehr schön sehen kann, wenn man bei einer solch responsiven Website einfach die Breite des Browser-Fensters variiert.

    Obama 2012 ist in Sachen Responsive Webdesign ganz vorn mit dabei. Gearbeitet wird beim Screendesign mit einem üblichen Grid, so dass die Spaltendefinitionen schlicht eine Frage der Bildschirmbreiten sind, die im CSS hinterlegt sind. Berücksichtigen tun die Designer hierbei insgesamt vier Bildschirmbreiten: 300, 480, 748 und 940 Pixel. In diesen vier Größen liegen Defintionen für ein- und diesselbe Kampagnen-Website vor, es gibt also keine eigene mobile Website, sondern schlicht verschiedene Ansichten in diesen vier Breiten. Screenshots davon hier in Kleinansicht, von Groß nach Klein:

    Der Vorteil dieser Vorgehensweise liegt auf der Hand: Es müssen nicht zwei verschiedene Websites gepflegt werden, wie man es bisher für die „normale“ Website und die Version für mobile Geräte tun musste, sondern es gibt nur eine Website, die entsprechende CSS-Designsets für verschiedene Ansichten beinhaltet und die sich auch sehr einfach pflegen lassen. Das Resultat ist eine einzige Website, bei der man sich einzig und allein auf die Inhalte konzentrieren kann und Inhalte sind streng vom Aussehen getrennt.

    Dazu kommt, dass man sich bei beim Design der Usability ausgefeilte Gedanken darum machen kann, wie die Usability auf mobilen Geräten aussehen soll. Während zum Beispiel bei den zwei oberen Ansichten für Desktop bzw. Notebook ganz oben eine Navigationsleiste angebracht ist, fehlt diese bei den zwei unteren Ansichten für mobile Geräte. Hier ist zum einen nur schwerlich Platz an der gleichen Stelle zu finden, andererseits geht man bei der Nutzung der mobilen Ansicht davon aus, dass der Besucher nicht unbedingt jedes Detail der Website sehen möchte, sondern sich auf die Schlüsselfunktionen beschränkt: Neuigkeiten liefern. So gibt es für die mobilen Ansichten weitgehend nur die Schlüsselthemen in Form der Buttons und darunter sofort die Neuigkeiten aus dem Weblog. Eine Web-App, wie sie besser kaum noch sein kann.

    Beim Thema Web-App, also der Idee, dass eine Website auf einem mobilen Gerät wie eine App im dortigen Mobilbrowser aussieht und benutzt werden kann, muss man nicht weiter erwähnen, dass sich die Website selbstverständlich anschaulich und mit eigenem Symbol auf den Home-Screen von Mobiltelefonen einbetten lässt. Einfach und vor allem funktionell und schnell.

    Kampagnen

    In Sachen Kampagnen beginnt nun konsequent der Aufbau der bundesstaatlichen Strukturen für jeden US-Staat und die Organisation der Interessensgruppen. Von denen haben eine ganze Reihe schon eine eigene Kampagnenseite unterhalb der Obama-2012-Website (unter „Groups“), aber das dürften, wenn man den letzten Wahlkampf als Maßstab nimmt, wirklich nur die allerersten sein. Ich erwarte da mindestens noch viermal so viele.

    Die meisten dieser Mikrokampagnen enthalten gar nicht so viel eigene Inhalte, sondern (wenn überhaupt) erst noch einsteigende Texte und aus den offiziellen Kampagnennachrichten genau die Inhalte, die zur Gruppe passen bzw. entsprechend verstichwortet sind. Ganz klar ist so zu erkennen, dass wir aktuell beim reinen „Claiming“ sind. Es werden Gruppen und Kampagnen nach und nach angelegt und zunächst mit weitgehend unverfänglichen Platzhalterinformationen ausgestattet. Richtiger Wahlkampf findet nach wie vor keiner statt und jeder Besucher landet, egal ob er auf der Startseite surft oder in eine Mikrokampagne wechselt, früher oder später bei der Möglichkeit, einen Account für die Kampagne anzulegen, sich als Volunteer eintragen zu lassen oder einfach etwas Geld zu spenden.


    Alle Teile meines Dossiers zu Obama 2012 unter dem Stichwort „Obama 2012“.

  • Danke, Thommy!

    Ich muss schon wirklich sehr lange zurückdenken, wenn ich mich daran erinnern will, wann ich „Wetten, dass..?“ das letzte Mal wirklich in voller Länge angeschaut habe. Das muss irgendwann in den Neunzigern gewesen sein. Heute war eine Ausnahme, ich habe kurzfristig tatsächlich Termine sausen lassen, die das überschnitten hätten. Aber es musste sein, mein „interner Besim“ sagte mir, dass „Wetten, dass..?“ heute anzuschauen sei. Weil ein guter Freund heute Abschied feiert.

    Vor einem Jahr habe ich einmal über das „Thomas-Gottschalk-Syndrom“ gebloggt. Dieses von mir frei so benannte Syndrom, das eigentlich ja gar keine Krankheit ist, habe ich als Überbegriff für ein Phänomen genommen, das in unserer Medienwelt auftritt: Als Zuschauer entwickelt man zu einem Prominenten – wenn man ihn gut leiden mag – ein seltsames Gefühl der Zuneigung und Freundschaft. Man hat das Gefühl, den Menschen gut zu kennen, er ist pünktlich, immer freundlich, gut zur Familie, unterhaltsam, spannend und doch etwas durchtrieben. Und obwohl wir fast schon glauben, ihn so gut zu kennen zu, kennt er uns nicht. Er unterhält uns nach dem One-to-many-Prinzip, absolut anonym. Vor der Kamera ist er, hinter der Kamera zig Millionen Menschen und die allerwenigsten dieser Menschen kennen ihn persönlich. Dennoch, für die meisten Menschen ist es „der Thommy“. Ein guter Freund des Hauses, der bei vielen Menschen einmal im Monat eintreten darf und zwei, drei Stunden Frohsinn mitbringt. Dem aber sicherlich auch genügend Menschen sofort und selbstlos bei einer Autopanne helfen würde.

    Das besondere am Menschen Thomas Gottschalk ist, dass er nur bedingt ein guter Schauspieler ist. Gottschalk ist Gottschalk und „Wetten, dass..?“ lebte immer davon, dass es eine sehr authentische Show um die Idee des Kräftemessens ist. Sehr schwer vorstellbar, dass in so einer Show jemand persönlich verulkt, wissentlich um seinen Sieg gebracht, denunziert, betrogen oder gedemütigt wird. Diese Grundregeln des Anstandes verkörpert Thomas Gottschalk wie kein anderer und arbeitet auch genau so. Das Verstellen ist nicht sein Ding und wenn schon verstellt werden muss, dann bitteschön so überzeichnet, dass es als Klamauk ausdrücklichst gekennzeichnet ist. Eine Art und Weise der Unterhaltung, wie ich es nur von so Menschen wie Hans Rosenthal, Peter Alexander, Frank Elstner, Carmen Nebel und auch vom einst leider viel gescholtenen Wolfgang Lippert nachhaltig kenne.

    Wenn ein Freund einen Abschied feiert, geht man hin und verabschiedet ihn. Und wenn man so einen Abschied einer Person feiert, feiert man gleichzeitig auch immer einen eigenen Abschied von dieser Person. Jeder hat da seine eigenen Erinnerungen, nach 23 Jahren Gottschalksche „Wetten, dass..?“-Fernsehunterhaltung ist bei mir als 36 Jahre alter Mensch natürlich das Gefühl präsent, dass ein Stück Kindheit endet, denn auch ich habe in meiner Schulzeit montags an Gesprächen über unglaubliche Wetten teilgenommen. Später auch in der Berufsschule, auch bei der Arbeit (und ironischerweise am kontroversesten in meiner Fernsehzeit). Alles so wie der Rest der Republik ebenfalls.

    Der größere Schmerz, den ich bei diesem Abschied jedoch empfinde, ist ein Verlust meiner Fernsehwelt, wie ich sie mal beruflich kennenlernte. Die drei Jahre Fernsehen zwischen 1995 und 1998, die ich als Kameraassistent begehen durfte, waren noch „alte“ Fernsehwelt, die sich schon damals nach und nach verabschiedete. Ich gebe zu, dass ich nach dieser Fernsehzeit meinen Spaß an Fernsehunterhaltung immer stärker verlor und so Juwelen wie „Wetten, dass..?“ eine Zeitlang kaum ertragen konnte, weil sie mich so an meine unbeschwerte Fernsehzeit in meiner Kindheit und an meine Fernsehzeit selbst so erinnerten. Das kann man kaum erklären, so abstrus muss sich das anhören: Kein Fernsehen schauen wollen, weil es nicht unterhält, sondern unangenehm belastet. Und ich rede da gar nicht von den wirklich verabscheuungswürdigen Formaten aus dem Privatfernsehen, das ich gänzlich nicht schaue.

    Wenn man einmal beim Fernsehen gearbeitet hat und gesehen hat, wie Show produziert wird, geht viel Illusion kaputt, die man vorher noch hatte. Ich glaube, dass ein Großteil meines gepflegten Zynismus auch da herrührt. Show ist Kampf, kostet irrsinnig viel Aufwand, Geld und Nerven und dieser Kampf muss geführt werden, gelegentlich auch ohne klare Zeilführung. Wenn dann ein Thomas Gottschalk das dennoch so gut und freundlich verpackt, dass man ihn eigentlich auch gern mal persönlich im Wohnzimmer empfangen würde, dann weiß man, was echte Fernsehunterhaltung ist. Und wenn so einer sein fast schon angestammtes Boot verlässt, dann verstehe ich sehr, sehr gut, was für Klöße viele Menschen gestern um kurz nach 23 Uhr im Hals und Tränen in den Augen hatten.

    Das war pure Magie im Fernsehen. Davon wird es nicht mehr viel geben.

  • Versicherungen und Bloggen? – !!!

    Hubert Mayer, den ich vom BarCamp Stuttgart kenne, arbeitet bei einer kleinen Versicherung und bloggt angenehm offen die Frage, wie Versicherungen am ehesten das Thema Social Media anpacken sollen und ob sie vielleicht sogar bloggen sollen. Sehr interessant dabei finde ich, dass er diese Fragestellung aus der Intention heraus stellt, dass offenbar im Unternehmen selbst diese Fragestellung an die Abteilungen gerichtet wurde und um Feedback gebeten wird. Da hat eine Unternehmensleitung den Begriff „Social Media“ schon mal so gut verstanden, dass sie weiß, dass die ureigene Bewegung von Social Media „von unten“ kommt.

    Wer mich kennt, weiß, dass ich auf Fragen mitunter recht trocken antworten kann. Stellt mir ein Unternehmen bzw. ein Unternehmensvertreter die Frage, ob denn ein Corporate Blog für sein Unternehmen Sinn machen würde, antworte ich da sinngemäß: „Gegenfrage: Warum würde es denn Ihrer Meinung nach keinen Sinn machen?“ So eine Frage ist dann erklärungsbedürftig, denn ich will damit niemanden scharf in seiner Frage abwerten, sondern es ist eine ernstgemeinte Frage. Du, lieber Unternehmer, hast offenbar schon entdeckt, dass man mit einem Weblog etwas anstellen kann, was mit anderen Werkzeugen schwieriger und teurer ist. Warum wartest du noch? Lass‘ uns losgehen, dir ein Weblog bauen und mit der Redaktionsarbeit starten!

    Darum auch in der Überschrift dieses Artikels die drei Ausrufezeichen nach der Frage als Antwort. Machen! Wer schon darüber nachdenkt, ob er vielleicht seinen Kunden mehr über sich erzählen möchte, ist schon mittendrin.

    Die ersten Antworten auf Huberts Frage gehen schon schwer in die richtige Richtung und das nicht nur deshalb, weil viele dieser Antworten als Kommentare in anderen Blogs daherkommen. Und auch meine grundsätzliche Intention, warum eine Versicherung bloggen sollte, ist die, dass ein Unternehmen, dass mit Menschen zu tun hat und Dienste leistet, eben mehr machen muss, als nur vor einem Verkauf eines Produktes dafür zu werben. Das zentrale Paradigma, dass nicht der See die Antwort darauf sein kann, was Wasser machen kann, sondern der Fluss die richtige Antwort ist, passt hier wie Deckel auf Kochtopf. Mit kaum einer anderen Dienstleistung haben alle Menschen in diesem Land mehr zu tun, als mit Versicherungen und gerade mit Versicherungsdienstleistungen und Versicherungen selbst fühlen sich die meisten Menschen nicht sehr wohl.

    Was meines Erachtens seine Versicherung sehr für ein Weblog prädestiniert, ist eine Spezialität dieser Versicherung, die ihre Arbeitsweise unglaublich spannend macht. Sie ist nämlich eine „Versicherung a.G.“. Also keine Aktiengesellschaft, sondern eine Versicherung auf Gegenseitigkeit. So eine Versicherung legt ihre Arbeit also tatsächlich dem Umstand zu Grunde, dass sie mit dem Versicherungsnehmer vereinbart, Geld dafür zu nehmen, um ihm im Ernstfall vereinbarungsgemäß zu helfen. Unmittelbar. Und ohne Aktionäre, die zwischen diesen beiden Parteien stehen und eine dritte Gewalt in einem Unternehmen darstellen, die man am allerwenigsten in einem Versicherungskonzern haben will.

    Auch das Unternehmen, bei der ich eine hoffentlich nie eintretende Berufsunfähigkeit versichert habe, macht dies auf Gegenseitigkeit, betreibt kein Callcenter und ich habe zwecks Änderung der Kontoverbindungen einst dort mal angerufen und wurde vom Pförtner (!) direkt zu einer Mitarbeiterin in der Buchhaltung, tiefster bayerischer Dialekt, weitergeleitet, die auf jeden Papierkram verzichtete. Weil sie, so sagte sie, ihren Kunden glaubt und die einfache Syntaxprüfung des Buchhaltungssystems, das sie während des Telefonates mit meinen neuen Kontodaten fütterte, ihr als banktechnischer Nachweis genügt. Auf Gegenseitigkeit, direkt erlebbar. Ironie der Geschichte war, dass ich danach erst in der Wikipedia fand, wie auf diese Weise Versicherungen einst landläufig mit echtem Vertrauen umgegangen sind. 450 Mitarbeiter, 20 Milliarden Euro Versicherungssumme. Auf Gegenseitigkeit basierende Vereinbarungen können erfolgreich sein, auch und vielleicht gerade heute.

    Gegenseitigkeit, Vertrauen, Vereinbarung, Commitment…. rund um diese Begriffe, rund um das Thema Versichern, rund um das Thema, was ihr da eigentlich in euren Versicherungszentralen macht – mir würden hunderte Themen und Fragen einfallen, die ich da gern stellen würde.

  • Meine Wahlempfehlung zur S21-Volksabstimmung: Ja zum Ausstieg.

    Wie jeder wahlberechtigte Baden-Württemberger lag letzte Woche auch in meinem Briefkasten eine Benachrichtigung zur Volksabstimmung zum S21-Kündigungsgesetz im Briefkasten. Und auch wenn die Volksabstimmung aufgrund der weitgehend surrealen Quorum-Anforderung (über deren Anpassung die Opposition pikanterweise nicht mit sich diskutieren lassen wollte) schon im Voraus als praktisch chancenlos angesehen werden kann, darf ich mir erlauben, ein Wort darüber zu verlieren. Ich bin nämlich für den Ausstieg und werde deshalb „Ja“ zu dem Hilfskonstrukt des „S21-Kündigungsgesetzes“ sagen.

    Der Grund dabei ist gar nicht mal der Bahnhofsneubau selbst. Ich könnte jetzt sehr egoistisch sein und sagen, dass mir der Stuttgarter Bahnhof so lang wie breit ist, ob nun Kopf- oder Durchgangsbahnhof. Ich bin in meinem Leben keine zwanzig Mal nach Stuttgart per Bahn gereist und gedenke auch nicht, das zukünftig zu ändern. Daran ist weniger der Bahnhof schuld, sondern der Bahnhof in Pforzheim. Von dort dauert nämlich die Anreise nach Stuttgart gut eine Stunde mit in der Regel überfüllten, stinkenden und versifften S-Bahnen, die die Deutsche Bahn zukünftig noch seltener reinigen will.

    Und selbst wenn man den offiziellen Argumentationen auf den Leim treten mag – selbst da fällt es einem schwer, nicht lauthals darüber zu lachen. Die „Magistrale Paris-Bratislava“, von der auch heute noch geschwärmt wird, stammt noch aus einer Zeit, in der wir ein Drittel weniger Autos im Lande hatten und ein Flugticket Stuttgart – London noch gut fünfmal so viel kostete, wie heute. Kein Schwein fährt mit der Bahn nach Bratislava und wer nach Paris mit der Bahn fahren möchte, tut das ab Straßburg, weil es erst ab da schnell geht und die Züge der französischen SNCF nicht ganz so verrotzt sind, wie die der Deutschen Bahn.

    Nein, der Bahnhof in Stuttgart ist nicht das wirkliche Problem für mich. Ich könnte S21 vielleicht sogar gut finden, wenn die Rahmenumstände nicht so dermaßen schlecht wären. Es ist die Art und Weise, wie die Idee des Bahnhofes zu einem konkreten Projekt geworden ist. Mit realistischen Fakten und Zahlen hat dieser Bahnhofsneubau nämlich schon lange nichts mehr zu tun, wenn es denn überhaupt einmal realistische Fakten und Zahlen gegeben hat.

    Der Bahnhofsneubau ist einer der Paradebeispiele, wie in Baden-Württemberg in den letzten Jahrzehnten vornehmlich Spitzenpolitik betrieben wurde. Machtbewusst, unternehmerfreundlich, ein bisschen korrupt und das Volk, das ja eigentlich die eigentliche Macht im Staate darstellt, hatte eifrig zu schaffen, da ja Häusle zu bauen waren. Die CDU, die FDP und in weiten Teilen auch die SPD haben es sich im Landtag sehr, sehr gut gehen lassen. Hier und da wurde etwas öffentlichkeitswirksam gestritten, aber sich so richtig gegenseitig wehtun, nein, das wollte man dann doch nicht. Dass man mit 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9 Milliarden Euro, die so ein Bahnhof und die vielen anderen Projekte, die man gern damit verheiraten will, kosten wird oder noch kann, im Ländle an vielen Stellen sehr sinnvolle Dinge machen könnte, das ficht im Landtagsbunker in Stuttgart offenbar niemanden, so lange der Zwiebelrostbraten in der Kantine für alle da ist.

    Das ist das Problem. In einer immer stärker auseinanderbrechenden politischen Landschaft, in einer immer stärker vernetzten und kritischer werdenden Bürgerschaft, die fälschlicherweise von Politikern gern als „Wutbürgertum“ abgestempelt wird, funktioniert zwar immer noch sehr vieles – aber nicht mehr alles einfach so im Hinterstübchen, in kleinen Zirkeln und Küchenkabinetts, bei ein bis zehn Gläschen Trollinger oder Schlimmerem.

    Man könnte die letzte Landtagswahl im März diesen Jahres als so ein Signal auffassen. Und wenn man es sehr genau analysiert, hat insbesondere die SPD nur deshalb den Notsitz in der Regierung bekommen, weil es nichts anderes gab. Die SPD profitiert in Baden-Württemberg schon lange nicht mehr davon, wenn der „Wutbürger“ die Nase voll von der bisherigen Spätzleswirtschaft hat. Profitieren tun hier vor allem die Parteien, die sich hinstellen und sagen: So nicht. Oder zukünftig so Parteien, die sogar richtig stolz darauf sind, erst gar kein Parteiprogramm zu haben.

    Nun macht man es sich als Machtpolitiker der Alten Schule vor allem erst einmal sehr einfach, wenn man die Grünen als die „So-Nicht-Partei“ abstempelt, die „Dagegen-Partei“. Das macht der konservative Sektor der CDU- und FDP-Truppen liebend gern. Denn tatsächlich fällt diesen so fahrlässig abheftenden Menschen nichts besseres ein, wie sie aus ihrem Dilemma wieder herauskommen.

    Gegen was sind denn die Grünen? Gegen Modernität? Wohl kaum, wenn man sich anschaut, dass nun selbst unsere Bundesregierung (ja, CDU, FDP und noch etwas CSU) aus der Kernenergie aussteigt. Plötzlich Mindestlöhne gut findet. So als ob Union und FDP schon immer sehr an der Umwelt gelegen war und sich besonders stark für den Sozialstaat eingesetzt hätte.

    Gegen etwas dagegen zu sein, hat erst einmal nichts mit Wutbürgertum zu tun und schon gar nicht mit Technikfeindlichkeit oder Zukunftsverweigerung. Dagegensein hat erst einmal damit zu tun, dass man Dinge ablehnt und das möglicherweise  deshalb, weil man nicht versteht, was sie eigentlich bezwecken. Wie Ideen entstanden sind. Wie sie durchgeboxt worden. Was sie überhaupt kosten.

    Der Stuttgarter Bahnhofsneubau ist weit davon entfernt, eine der Öffentlichkeit bekannte und vor allem wirklich realistische Finanzierung aufzuweisen. Zahlen wurden geschönt, es gab „bedauerliche Rechenfehler“, mal wurde angeblich Euro mit Deutscher Mark verwechselt und es vergeht inzwischen keine Woche mehr, in der nicht irgendeine Tageszeitung und gar der ehrwürdige SPIEGEL darauf verweisen, dass schon wieder einmal ein Aktenordner mit Zahlen nicht präsentiert wurde und in irgendeinem Ministerium mit Geheimhaltungsvermerk vor sich hinschimmelt. Das sind keine Bagatellen, hier wurde systematisch vertuscht, geheimgehalten, herumgewurstelt, gelogen.

    S21 war nie geliebt, wurde von Anfang an legendär-schlecht der Bevölkerung angepriesen, hat irgendwann jegliche Projektierungsgrenzen gesprengt und wird nun mit aller Gewalt durchgedrückt, was die Akzeptanz in der Bevölkerung nicht wirklich steigert. Sagen wir es deutlich: S21 ist so tot, dass es noch toter gar nicht mehr geht.

    Tote, so sagt man, lässt man besser ruhen.

    Aus diesem Grund: Nein zu S21 und ein deutliches Ja zum S21-Kündigungsgesetz. Wenn jemand einen Bahnhof braucht, soll er sagen, wie er sich das vorstellt, was der Spaß kosten soll, liefert eine vernünftige Finanzierung und dann wird entschieden. Nicht umgekehrt. Und vor allem niemals mit Wasserwerfern und Pfeffersprays gegen unbescholtene Bürger und Kinder.

    Das Problem, was ich nebenbei als Sozialdemokrat sehe, ist der Umstand, dass die Deppen am Ende vor allem, so wie man es gern in der Bevölkerung (und insgeheim auch gern mal in der SPD selbst) sieht, die Sozis sein werden. Schon heute ist weitgehend klar, dass keine Kostenkalkulation, die heute als offizielle Verlautbarung kursiert, jemals auch nur ansatzweise gehalten werden kann. Jede Kostensteigerung wird der Regierung angehängt werden und da vor allem denjenigen, die das Projekt einst befürworteten. Die nächste Landtagswahl wird, so weit kann man das schon skizzieren, für die SPD ein weiterer Niederschlag werden, auch da werden wieder genügend SPD-Verantwortliche mit weinerlicher Stimme jammern, wie schlimm es doch in Baden-Württemberg für die „Roten“ ist.

    Nein, Genossen, so einfach ist selbst das jämmerliche Verlieren nicht mehr. Den Letzten beißen immer die Hunde. Dieses Jahr waren wir nicht die Allerletzten und nur das war der Grund, warum wir nicht auf der Oppositionsbank gelandet sind. Beim nächsten Mal aber, da haben wir quasi das Vortrittsrecht für die rote Laterne, weil wir eben heute sehr deutlich ahnen und immer noch nicht richtig darauf reagieren, dass das größte Kreuz dieser Legislaturperiode tatsächlich Stuttgart 21 ist und das dieser Bahnhof nicht einfach so getragen werden kann, wie man das jahrzehntelang vorher gemacht beziehungsweise geglaubt hat, dass sich das Kind schon von allein schaukeln wird.

    Das wird es nicht. Und es wird schlimm. Und am Ende werden die, die es verbrockt und damit die letzte Landtagswahl verloren haben, sich als die „Manager in der Not“ aufspielen und nur damit die Wahl haushoch gewinnen. Wir werden es sehen.

  • Elterliche iPad-Erfahrungen, Teil 2.

    Zwei Monate hat mein Vater sein iPad nun und es wird Zeit, ein paar weitere Erfahrungen dazu ins Web zu kippen:

    • Mein Vater ist inzwischen zu einem eingefleischten E-Paper-Leser geworden. Inzwischen sind es zwei Tageszeitungen, die er täglich darauf konsumiert, weiterhin die Hürriyet und nun auch noch zusätzlich die türkische Tageszeitung Sözcü. Letztere ist ein regierungskritisches Blatt und ist in Europa gar nicht in gedruckter Fassung erhältlich. Das tägliche Ritual läuft also so, dass mein Vater morgens das iPad aufschlägt und beide Tageszeitungen über ihre Apps aus dem Internet herunterlädt und liest. Die Zeitung Sözcü gibt es, ebenso wie die Hürriyet, dabei als E-Paper, die Zeitungsseiten sind also als zoombare Seiten angelegt.
    • Das Hinein- und Hinauszoomen aus einem E-Paper macht ihm nach wie vor Spaß und das ist eigentlich das wirklich interessante dabei. Denn während wir Digital Natives das wirklich als „old school“ begreifen, bringt mein Vater da ganz andere Vorteile an. Er weiß nämlich grundsätzlich, welche Seiten für ihn interessant sind und holt sich nur die dort verteilten Inhalte heran und zoomt sich zudem die Artikel immer genau in die Größe, wie er sie gern lesen möchte. „Zeitungstext zu klein“ ist da gar kein Thema.
    • Der Nachrichtenkonsum wird, wie erwartet, nicht stärker, aber selektiver. Man kann nun eben mal nicht vier Tageszeitungen gleichzeitig lesen, also fallen andere Zeitungen weg. Erstes Opfer – mir tut das ja nicht sonderlich leid – ist die Bild-Zeitung. Und obwohl es ja ein Abo für das iPad gäbe, will mein Vater sie nicht mehr.
    • Eine weitere Killerapplikation: Online-Banking. Eine Lizenz für iOutbank besitze ich ja, also wurde das auch auf das väterliche iPad installiert. Und das funktioniert, der tägliche Blick auf das Konto ist schon angelernt.

    Auf ein paar technische Unzulänglichkeiten sind wir auch schon gestoßen:

    • Mit der Bildschirmtastatur tat sich mein Vater schwer. Und nachdem ich das mal etwas näher analysiert habe, ist da wohl das fehlende Tastenfeedback das Problem. Das visuelle Feedback durch das kurze Dunkelgrauwerden des Buttons hat er gar nicht registriert und das iPad-typische Tastaturklicken ist einfach zu leise. Man kann das zwar lauter machen durch das generelle Hochdrehen der allgemeinen Lautstärke, das rächt sich aber spätestens dann, wenn ein Video gestartet wird.
    • Was auch fehlt, ist die Einstellmöglichkeit einer „Sekundärsprache“. Beispiel: Als Standardsprache habe ich ja Türkisch eingestellt. Die iPad-Bedienoberfläche ist komplett eingetürkischt, damit kein Problem. Viele Apps sind das aber nicht und nehmen in so einem Fall, wenn es keine Übersetzung für die Standardsprache des iOS-Gerät gibt, eben Englisch. Englisch verstehen aber meine Eltern wiederum nicht. Wenn man nun als Sekundärsprache Deutsch hinterlegen könnte und sich Apps an diese Einstellung im Zweifelsfall erinnern, könnten sie die eBay-App zur Not eben in Deutsch bedienen, da es keine türkische Übersetzung gibt.

    Das Web

    Das Web ist für mein Vater immer noch eine Geschichte, die derzeit nicht weiter interessant ist. Die Auswahl an expliziten Nachrichten-Apps in türkischer Sprache ist rar, immerhin haben wir jetzt mal eine Handvoll gefunden, die er nun auch täglich anschaut, aber tatsächlich nur zum Nachrichtenüberblick. Die Tageszeitung ist immer noch die Hauptinformationsquelle.

    Meine Mutter ist da schon mutiger, was daran liegt, dass sie sich für Handarbeiten interessiert und sie schon eine ganze Sammlung von Web-Adressen hat, die nun besucht werden. Wer hat so nicht mit den ersten Schritten im Web angefangen? Neben dem „Hand-Surfen“ ist aber inzwischen auch Google das Standardwerkzeug. An Google Fragen stellen, das geht erstaunlicherweise sehr flott. 🙂

    Was wir jetzt noch alles üben werden: E-Mail, Telefonbuch und Wikipedia.

  • Ständiger Wechsel zwischen 3G und HDSPA am Smartphone.

    Bei meinem Samsung Galaxy S2 ist mir ein Phänomen aufgefallen, wenn es in einem UMTS-Netz eingebucht ist. Hat es das nämlich, erscheint für gewöhnlich bei der Feldstärkenanzeige ein kleines „3G“. Das tut es so lange, wie keine Daten übertragen werden – so bald nämlich Daten übertragen werden, wird aus dem „3G“ ein „H“ und so geht es ständig hin und her.

    Ich war sogar kurz davor, bei Samsung einen Schadensfall auszurufen, bis ich mir mal die Mühe machte, ein paar Sekunden darüber nachzudenken. Diese ständigen Wechsel sind nämlich kein Fehler, sondern tatsächlich so gewollt!

    Der Hintergrund ist dabei ein relativ plausibler. Die mögliche Bandbreite von UMTS im Urzustand, also der ursprünglichen Protokolldefinition, ist relativ gering. Einst rechnete man da mit einer maximalen Übertragungsbandbreite von etwa 2 Megabit pro Sekunde. In den 1990er Jahren, als UMTS entwickelt wurde, war das noch eine ziemlich hohe Bandbreite, diese Entwicklung wurde jedoch im Laufe der Jahre von der Realität eingeholt. Also hat man UMTS weiterentwickelt und ein Erweiterungsprotokoll namens HDSPA entwickelt. Das ist innerhalb der UMTS-Spezifikation eingebettet, was grundsätzlich nötig ist, weil man ja nicht unbedingt ein komplett neues Netz bauen will. Aus diesem Grund spricht man bei HDSPA-Ausbaustufe auch nicht mehr von „3G“ für „3. Mobilfunkgeneration“, sondern von „3.5G“ als Zwischenstufe zum UMTS-Nachfolger.

    HDSPA ist so aufgebaut, dass es verschiedene Übertragungskategorien anbietet, mit denen downstream, also vom Mobilfunknetz zum Mobiltelefon, höhere Bandbreiten erzielt werden können. Die bei uns in Deutschland für gewöhnlichen Kategorien ermöglichen Übertragungsbandbreiten von 3,6 und 7.2 Megabit pro Sekunde, natürlich immer abhängig von der jeweiligen Netzqualität vor Ort.

    HDSPA ist zwar schön und gut, allerdings muss ein Mobiltelefon mehr Strom investieren, um ständig im HDSPA-Betrieb zu sein. Und Strom ist bei modernen Smartphones ein sehr endliches Gut. Aus diesem Grund erkennen zwar viele Smartphones, dass im eingebuchten UMTS-Netz HDSPA verfügbar ist, nutzen es jedoch nur dann, wenn auch tatsächlich Daten zu übertragen sind. Und genau in so einer Situation wechselt dann in der Feldstärkenanzeige das „3G“ zu einem „H“ und nach der Übertragung auch wieder zurück.

    Passiert dieser Wechsel scheinbar aus heiterem Himmel, dann ist auch hier das Smartphone höchstwahrscheinlich nicht kaputt, sondern es werden im Hintergrund Daten übertragen. Das passiert, gerade bei Android-Smartphones, mehr oder weniger regelmäßig, wenn Apps oder Widgets im Hintergrund synchronisieren dürfen.

  • Neulich, im O2-Shop.

    Heute war ein Besuch in meinem O2-Shop meines Vertrauens notwendig. Als pünktlich zahlender und mit guter Bonität ausgestatteter Kunde gar kein so großes Problem, was ich immer merke, wenn der Sachbearbeiter meinen Datensatz im Computer aufruft und sich die Gesichtslage schlagartig erhellt.

    Jedenfalls: Ich geshoppt, meine Dinge erledigt und an der Kasse stehend. Neben mir ein junger Mensch, freundlich aussehender Zustand, allerdings mit einem Sprachschatz von maximal 1.000 Worten ausgestattet. Die Dame an der Kasse informiert ihn gerade darüber, dass er zu seiner gekauften Prepaid-Karte noch 100 SMS kostenlos bekommt. Der folgende Dialog ist ein Gedächtnisprotokoll, das sich jedoch eingebrannt hat:

    Dame: „So, da bekommen Sie zu Ihrer Prepaid-Karte noch 100 SMS zusätzlich.“

    Kerl: „100 SMS? Wow.“

    Dame: „Ja, genau, da können Sie dann ihrer Freundin viele SMS schicken.“

    Kerl: „Meine Freundin? Die alte Fo…, die bekommt keine SMS von mir. Oder vielleicht doch, schicke ich ihr alle 100 SMS auf einmal.“

    (Alle Gespräche im Shop stocken, peinliche Stille kommt auf. Alle drei Verkäufer, die um die Kasse herumschwirren, ziehen mit großen Augen die Köpfe ein.)

    Kerl, dreht sich zu seinem Kumpel: „Die blöde Schlampe, drei Jahre umsonst.“

    Dame, versucht den Kundenvorgang irgendwie noch freundlich abzuschließen: „Naja, was sollen da Menschen sagen, die 10 Jahre verheiratet sind?“

    Kerl, mit dem Blick zur Dame: „Arme Sau.“

    Wenn man jemals einmal hören wollte, wie sich herunterfallende Kinnladen im Kollektiv anhören – da war es soweit. Drei Verkäufer und ich, alle gleichzeitig.

Letzte Beiträge
Schlagwortwolke

Android Barack Obama Bloggen Blogroll Bundesregierung CDU Facebook Fatal Error Google iPhone Online-Sperre Pforzheim Politik 2.0 PS3 Social Networking SPD Testbericht Twitter Update Video Wahlkampf Web 2.0 Werbung WordPress ZDF

Archiv
Seiten