Mäzenatentum als Ersatz für den Staat?

Ich sehe jetzt mal als klassisches Sommerlochthema an, dass sich ausgerechnet Politiker der Grünen und der SPD auf das Eis begeben und „deutsche Reiche“ dazu auffordern wollen, ein Teil ihres Vermögens ebenfalls so zu spenden, wie die US-Amerikaner Warren Buffett (der das immerhin erst einmal ankündigte) und Bill Gates (der schon eifrig stiftet, was das Zeug hält). Ich hätte tatsächlich so eine Aufforderung am ehesten von der FDP erwartet, die mit so einer Äußerung wieder einmal ein Zeichen für hervorragende Klientelpolitik setzen könnte. Haben sie aber nicht. Während die FDP offensichtlich gut beraten ist, die Klappe zu halten, bei den Grünen mir jegliches Verständnis für deren moderne Politik im Dunklen bleibt, frage ich mich aber doch, was der SPD respektive den Genossen Joachim Poß, immerhin stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender im Bundestag, und Carsten Schneider, haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, da wohl eingefallen ist. Reine Sozialdemokratie kann es ja wohl kaum sein.

Ich halte gar nichts davon. Ich unterstelle hier reichen Menschen, die einen Teil und meinetwegen auch einen Großteil ihres Vermögens spenden wollen, keineswegs eine nur gespielte Barmherzigkeit oder ähnliches. Tatsächlich ist der Mensch lernfähig und es wird sicherlich viele reiche Menschen geben, die irgendwann in ihrem Leben das Gefühl entdecken, dass Geld nicht alles ist. Vielmehr: Dass Geld eigentlich nichts ist, wenn man es elementar betrachtet. Der Herzinfarkt kommt zu Reich und Arm gleichermaßen und dank eines noch funktionierenden Gesundheitssystems sind die Überlebenschancen für Reich und Arm weitgehend gleich, weil im Ernstfall in Deutschland an der Notaufnahme keiner nach der Kreditkarte fragt.

Dass das aber so bleibt, das ist die große Kunst. Und genau deshalb müssen wir aufpassen, wie Vermögensströme laufen. Ich sage auch hier nicht, dass Reichtum böse ist und abgeschafft gehört (was mich jetzt vermutlich viel Sympathie bei Linken kostet), aber ich sage, dass Reichtum verpflichtet und zwar von Anfang an. Und zwar nicht in Form von Barmherzigkeit – das macht jeder mit sich selbst aus – sondern in Form von etwas ganz einfachem: Dem Steuerzahlen und der Beteiligung an den sozialen Sicherungssystemen. Jeder hat etwas von seinem Verdienst abzugeben. Wer wenig verdient, eben weniger und wer viel verdient, eben mehr. Genau dieses von allen entrichtete Geld aber ist das, was frei von Barmherzigkeit und Gutmenschentum ist, auch jeden von entsprechendem Verdacht freispricht und vor allem aber nicht zweckgebunden ist.

Wir als Gemeinschaft, die diesen Staat bilden, müssen es selbst schaffen, die Probleme dieses Landes und des Planeten in die Hand zu nehmen. Hier im Zweifelsfall einfach die Reichen anzubetteln, das ist unwürdig. Den Reichen gegenüber, den Empfängern und auch den Bettlern. Gute und notwendige Taten dürfen nicht zu Hobbyprojekten von Milliardären werden, die sich mal eben einen Sportverein kaufen. „Tue gutes und rede darüber“, das ist schon richtig. Aber ich hätte gern, dass wir globale Probleme gemeinsam lösen und nicht Dinge offensichtlich so überteuert kaufen müssen, dass einige wenige Menschen einen beträchtlichen Teil des Kapitals an sich binden und dann denen geben, von denen sie glauben, dass denen möglicherweise die Nase besser im Gesicht hängt, als anderen. Geld wird nicht dadurch besser, dass es durch möglicherweise gute Hände gegangen ist. Geld wird dadurch gut, in dem es den Menschen in den Taschen gelassen wird, sie dazu die korrespondierenden Steuern und Abgaben zahlen und sie dann frei darüber verfügen können. Stecken sie es dann verstärkt in den Konsum, haben wir alle etwas davon.

Shareholder-Value: Ja, gern. Es darf aber nicht sein, dass Shareholder-Value über alles geht und der Rest danach kommt. Auch nicht dann, wenn das angehäufte Kapital irgendwann für „gute Zwecke“ eingesetzt werden soll. Bis dahin zahlt die Gesellschaft drauf.


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