Der SPD-Mitgliederentscheid.

Nein, ich bin eher kein Fan von Sigmar Gabriel. Gut, er hat sich im Laufe der Jahre geändert und hat inzwischen wohl auch verinnerlicht, dass man nicht alles in Mikrofone sagen muss, die einem gerade quer im Magen liegen, aber Fan bin ich immer noch nicht von ihm. Können wir alle gut mit leben.

Was ich aber ziemlich gut finde, ist seine Haltung, über den Koalitionsvertrag in einem Mitgliederentscheid innerhalb der SPD entscheiden zu lassen. Denn das ist gelebte Demokratie und das ist – man glaubt es kaum – richtig gut für die SPD und für das Land. Denn wie funktioniert normalerweise Koalitionsvertrag? Es setzen sich einige Leute zusammen, von denen einige Minister bleiben oder werden wollen und es wird um dies und das gefeilscht. Jede Partei bringt ihre Kernthemen mit, die sie in der Wahl ihrer Klientel verkaufen wollte und irgendwie muss man einige Sachen der Konkurrenz gut und schlecht finden, damit die Konkurrenz einige Dinge von einem selbst gut oder schlecht finden. Am Ende entscheidet die Parteiführung vorab, die, ach Wunder, zum großen Teil ja schon den Koalitionsvertrag zusammengebastelt hat. Delegierte auf folgenden außerordentlichen Parteitagen sind zwar die eigentlichen Entscheider, aber eine gute Parteiführung hat das natürlich immer im Hinterkopf in Koalitionsverhandlungen und weiß (meist) auch, wie sie die Entscheidungen den Parteitagsdelegierten verkaufen muss. Und letztendlich hat eine Parteiführung genügend Stellschrauben und Drohmittel, um Delegierte auf die Spur zu bekommen.

Ein Mitgliederentscheid aber ist Hantieren mit einer sehr großen Unbekannten und es tut Koalitionsverhandlungen sicherlich nicht schlecht, wenn die Beteiligten wissen, dass am Ende nicht einige wenige Hundert über den Vertrag entscheiden, sondern im Falle eines SPD-Mitgliederentscheides weit über 400.000 Mitglieder. Bei denen man mangels Vergleichswerte kaum halbwegs tragfähige Voraussagen über ihre mögliche Wahlentscheidung treffen kann. Die nicht alle zehn Tage mit Politbarometern zur kommenden Entscheidung zugekleistert werden und in keinem Fraktionszwang stehen. Und die mitunter in eine Entscheidung nicht nur ihr Votum zum Koalitionsvertrag einfließen lassen, sondern auch ihren Unmut über eine mögliche Große Koalition oder über die Parteiführung oder über das schlechte Wetter.

Der Mitgliederentscheid ist brutal und ehrlich. Und ist vor allem ein großer Ansporn. Es wird der erste Koalitionsvertrag sein, den ich mir tatsächlich von der ersten bis zur letzten Seite antun werde und ich gehe auch tatsächlich wertefrei in die Entscheidung. Ich tendiere zwar leicht in Richtung Zustimmung zu einer Großen Koalition, weil man einige Dinge nun mal eben machen muss, selbst wenn sie unangenehm sind, aber sicher ist meine Entscheidung vorab ganz sicher nicht. Und dass Sigmar Gabriel, der gesamte SPD-Parteivorstand und nun inzwischen selbst die Parteiführungen von CDU und CSU so langsam auch Muffe vor der SPD-Mitgliederentscheidung bekommen, ist gut! Man kann es nur allen Parteien wünschen, dass deren Mitglieder auch mal zu einer sehr weitreichenden Entscheidung ihre Stimme abgeben dürfen und nicht zu Kanzlerwahlvereinen degradieren. Einem Koalitionsvertrag würde das nur zugute kommen.


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Kommentare

3 Antworten zu „Der SPD-Mitgliederentscheid.“

  1. Avatar von PS
    PS

    Sofern dieser Vorratsdatenscheiss da drin ist, bitte gleich verneinen….
    Danke!

    PS: Es ist irgendwie komisch, dass Du das als Mitglied jetzt entscheiden kannst, und ich als Wähler, dem das nie zur Abstimmung vorgelegt wurde, nicht….

    1. Avatar von Besim Karadeniz
      Besim Karadeniz

      Das hat schon so seine logische Richtigkeit, denn entschieden hast du ja schon zur Bundestagswahl. Der Koalitionsvertrag zwischen zwei Parteien ist ja wiederum eine Geschichte, die die Parteien deshalb aushandeln, weil sie mit ihren gewählten Machtpositionen eine Regierungsbildung versuchen.

  2. Avatar von PS
    PS

    repräsentative Demokratie ohne freies Mandat ist einfach Kacke…

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