Keine Frage: Der so genannte „DENIC-Imagefilm“ ist ein eher grässliches Stück Public Relations und erfüllt eher den Tatbestand des Erweckens von massivem Fremdschämens. Einen komplexen Sachverhalt aus der Sicht zweier ahnungsloser (und extrem schlecht nachsynchronisierten) Protagonisten zu erklären, die ausgerechnet auf dem heimischen Sofa nichts besseres zu tun haben, als sich über den Fernseher darüber kundig zu machen, wie die DE-Domain funktioniert:
http://www.youtube.com/watch?v=5xK2OXztIt4
Fachlich freilich ist der Erklärung nicht viel streitig zu machen, was nun auch wirklich extrem verwundern würde, wenn das Gegenteil der Fall wäre. Allerdings prellt es an einer Stelle geschichtlich gehörig. Sabine Dolderer, Vorstand der eingetragenen DENIC-Genossenschaft, sagt nämlich ab Minute 3:35 folgendes:
„Die DE-Domains wurden anfangs in den USA verwaltet. 1996, das waren damals 20.000 Domains, haben 37 Internet-Service-Provider angefangen, sich zu überlegen, wie sie das ganze auf eine breitere Basis stellen könnten. Das war die Geburtsstunde der DENIC e.G, wie wir sie heute kennen.“
Das hört sich hübsch an, es fehlt jedoch einiges: Tatsächlich wird die DE-Top-Level-Domain im November 1986 eingetragen und die ersten zwei Jahre auch in den USA im damaligen CSNET, einer der Vorläufer des späteren Internet, betrieben. Aber schon 1988 wechselte der Betrieb des primären Nameservers und die Domainverwaltung nach Deutschland, nämlich an die Universität Dortmund und die dortige Informatik-Betriebsgruppe. Von dort wechselte der Betrieb 1994 an die Universität Karlsruhe. Die dort nun beheimatete technische Verwaltung wechselte tatsächlich erst im Jahre 1999 zur DENIC e.G.
Die DENIC e.G. wiederum wurde zwar 1997 gegründet und versteht ihre Geburtsstunde in der besagten Versammlung von 37 Internet-Service-Providern, die sich im Dezember 1996 über eine Genossenschaft als zukünftige Betriebsstelle einigten, allerdings gibt es die ersten grundlegenden Bemühungen ebenfalls schon erheblich früher. Denn schon im Dezember 1991 fand in München ein Treffen von 150 Vertretern aus Industrie und Wissenschaft statt, in dem unter anderem über die Zukunft des Betriebes der DE-Top-Level-Domain diskutiert wurde. Daraus entwickelte sich eine Deutsche Interessensgemeinschaft Internet (DIGI), die sich auch um eine dauerhafte Lösung zum Betrieb der DE-Zone kümmern sollte.
Um die Jahre 1992 bis 1996 wird in Sachen DE-Domain mutmaßlich auch deshalb nicht gern geredet, weil es sich, um es einmal gelinde zu sagen, um recht turbulente Jahre (im Text weiter unten) handelte. Ein gar nicht so kleiner Teil der damals lautesten Unternehmen im Business gibt es heute auch schon nicht mehr, was sicherlich in vielen Fällen auch kein allzugroßer Verlust für die besonneneren Akteure im Internet-Business war.
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