Die ITU als selbsternannter Retter des Internet.

Schon seit Anbeginn des Internet und auch seines Vorläufers ARPANet ist die Vergabe von IP-Adressen (bzw. im ARPANet die Netzwerkadressen) eine Geschichte, die die Netzcommunity selbst verwaltet. Anfänglich war dies die IANA, die Internet Assigned Numbers Authority. Wer als Institution entsprechende Adressressourcen benötigte, bekam diese von der IANA, nachdem einige wenige Formalitäten geklärt wurden.

In der Zwischenzeit ist die IP-Adressvergabe verteilt auf fünf so genannte Regional Internet Registries (RIR), die jeweils zuständig sind für einen bestimmten Bereich auf der Erde (siehe hierzu auch den Artikel zur IP-Adressierung in netplanet). Auch hier gilt, dass Provider nach Erfüllung einiger Voraussetzungen von der jeweils zuständigen Regional Internet Registry notwendige IP-Adressblöcke erhalten können und das nach fairen, nachvollziehbaren und kollegialen Maßstäben passiert.

In der Netzcommunity, den so genannten Netheads, wird man vermutlich niemanden finden, der dieses System nicht gut findet. Dafür aber bei den Telefonleuten, den Bellheads, denn da läutet schon der oberste Verein, die International Telecommunication Union (ITU), die Alarmglocke. Tatsächlich hat die ITU vor einigen Tagen bekräftigt, dass sie sich ebenfalls als Vergabestelle für IP-Adressen im zukünftigen IPv6-Protokoll etablieren möchte. “Bekräftigt” deshalb, weil die ITU an dem Thema schon seit über fünf Jahren arbeitet, zumindest gedanklich.

Konsequenz ist dabei eher nichts, was die ITU an den Tag legt, denn sie will nicht einfach die gesamte IP-Adressvergabe übernehmen, sondern sich als weitere RIR positionieren, zu den schon bestehenden fünf. Nanu, fragt sich da der geografisch Gebildete, welche Region will den ITU versorgen, wenn die schon bestehenden RIR schon alle Bereiche des Planeten versorgen?

Die ITU greift dummerweise da ein Argument auf, dass vielleicht 2005 noch funktionierte, nämlich die Sorge, dass unterentwickelte Regionen der Erde in der Zuteilung von IP-Adressen benachteiligt sein könnten. Vor fünf Jahren waren die Lieblingsbeispiele der ITU da Afrika und Südamerika. Nur – Afrika hat inzwischen das AfriNIC als eigene RIR und Südamerika das LACNIC.

Diese Argumentation der ITU ist so abstrus, dass es schon der eigenen Mitgliedschaft mulmig wird und das sind vor allem westliche Regierungsvertreter, die mit Forderungen nach einer reellen Prüfung der angeblichen Notwendigkeit eines ITU-Engagements als RIR eine deutliche Position gegen die RIR-Ambitionen der ITU beziehen.


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Kommentare

Eine Antwort zu „Die ITU als selbsternannter Retter des Internet.“

  1. Avatar von Jens Link

    Aus Sicht einiger ITU Mitglieder macht das schon Sinn:

    Eine staatlich kontrollierte Organisation vergibt für ein Land die Adressen. Alle Netzteilnehmer in diesem Land dürfen nur aus diesem Netz Adressen verwenden. Weil man ein guter Netznachbar ist, werden alle Routen passend agreggiert und nur der Staat announced das Netz per BGP. So wird es sehr einfach Traffic zu blocken und zu kontrollieren.

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