iSekte – und keinen stört es.

Was waren wir in der Blogosphäre gleich noch? Aufgeklärte Menschen, die kritisch ihre Umgebung beleuchten und am allerliebsten Missstände in der so genannten „Alten“ Welt anprangern? Uns nicht bevormunden lassen von der allmächtigen Kommerzwelt und am allerliebsten zu Onkel Schäuble nach Berlin zeigen, wenn es darum geht, dass man unsere Privatsphäre beschneidet? Muahaha….

Diejenigen, die uns bedrohen, das sind wir selbst. Weil wir tatsächlich so doof sind und zulassen, dass eine Firma namens Apple ein Mobiltelefon verkauft und tatsächlich darin unbemerkt (wenn es denn keiner herausbekommen hätte) eine Funktion eingebaut hat, die ungefragt Programme deinstallieren kann, wenn der Allmächtige sagt, dass das Programm – aus welchen Gründen auch immer – not amusable für die Kundschaft ist. Hallo? Fern-Deinstallationsdienst zum „Schutze des Konsumenten“? Wie bescheuert sind wir doch so aufgeklärten und um unsere Privatsphäre besorgten „Menschen 2.0“ eigentlich? Hat denn niemand die Disharmonie in Steve Jobs Argumentation bemerkt, dass er sich ein Recht auf Löschung von „bösen“ Programmen einräumt, obwohl doch rein theoretisch keine Applikation ohne Apples Wissen und Preisauszeichnung auf ein iPhone wandern sollte? Udo Vetter ist im law blog zurecht besorgt – aber selbst da stört es in den Kommentaren nur einen Bruchteil der Nutzer. Die Argumentation von Steve Jobs ist schlicht Müll und eine gräßliche Bevormundung des dummen Konsumenten, der mit sich machen lässt, was eben nur geht. Und es geht offenbar viel mehr, als der klare Verstand für möglich halten würde.

So, bevor ich wieder der Spielverderber bin: Bitte aufwachen und sich überlegen, mit welcher guten Begründung man sich diese Unverfrorenheit freiwillig antut und dafür auch noch Geld bezahlt. Was wäre das für ein Aufschrei in der Blogosphäre, wenn Microsoft plötzlich auf die Idee käme, eine ähnliche Funktion für Windows einzubauen? Was hat man sich vor Jahren nicht ins Hemd gemacht, nur weil Microsoft ihre eigenen Programme auf seinem Desktop bei der Erstinstallation direkt verknüpft hat? Wenn Daimler auf die Idee käme, das Handschuhfach von der Ferne aus zu verriegeln, zum „Schutze des Kunden“? Wo fängt es an, wo hört es auf? Bei dir!

Heute muss man den kritischen Geeks einfach das richtige Spielzeug geben und schon geben sie Ruhe – vorbei ist es mit der Motivation der höchst erforderlichen Kritik. Lasst es einfach etwas zappeln und packt es schick ein und schon kommt auch der Klügste angekrochen und vergisst seine Grundsätze.

Das ist die Blogosphäre. Und das sollte uns schwer zu denken geben.


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Kommentare

8 Antworten zu „iSekte – und keinen stört es.“

  1. Avatar von Joachim
    Joachim

    Da gebe ich Dir recht, Besim, das ist schon zimelich unverfroren. Allerdings mchte ich nicht wissen was die Jungs von Google mit all den Daten tun, die se gesammelt haben. Und wenn man sich dann vorstellt, dass Google und Apple sich irgendwann mal dolle verstehen, dann ist sowieso nix mehr sicher… Orwells „1984“ ist nun mal IMHO schon Realität…

  2. Avatar von C.J.

    iSekte – nett, sehr nett. Das trifft es ganz gut.

  3. Avatar von Besim Karadeniz

    @Joachim: Resignation darf nicht die Antwort auf diese Problematik sein, denn genau das ist Wasser auf den Mühlen derjeniger, die genau aus der Entwicklung profitieren. Genau daraus speist sich meine Haltung zum iPhone, da dessen Konzept damit eigentlich weitgehend unerträglich ist.

    Tatsächlich stört das Aufgeben der Privacy und der ureigensten Rechte, die einem ein Betriebssystem einräumt, niemanden wirklich. Ich halte das für eine wirklich ernsthaft beängstigende Entwicklung.

  4. Avatar von Wolfgang

    Das ist wieder ein anderes Problem Besim. Die wollen urheberechtlich geschütztes Material genau einmal ausführen können zum Beispiel einen Walt-Disney-Kurzfilm – zum Beispiel irgend einen Joke mit Mikey-Maus und Donald Duck. Und die wollen für jeden Auftritt einzeln abkassieren.

    Du brauchst dir doch nur das Internet ansehen, Software wie den Firefox (würde vielleich 50 € kosten und das zahlt keiner), den gibt es umsonst und bei Klingeltönen für wenige Cent bis zu einem Euro wird abkassiert. Bei Klingeltönen klingelt eben auch kräftig die Kasse.

    Nun kauft der Kunde ein Abspielgerät, auf dem Dinge abgespielt werden können, die woanders nicht zur Verfügung stehen. Er kauft damit ein Abspielgerät für besonders extravagante Klingeltöne – google man nach „i am rich“. *Unsere Rechte* die brauchen wir nicht abzugeben. Nur werden wir dafür eben die schönen Mickey-Maus-Djingles nicht sehen können.

  5. Avatar von Besim Karadeniz

    @Wolfgang: Es sind auch schon unsere Rechte, die wir auf diese Weise aufs Spiel setzen. Wenn ich mit einer Anwendung irgendetwas eigenkreativ erzeuge, sind das in erster Linie meine Werte und mit der Löschfunktion nimmt sich Apple ungeschrieben das Recht heraus, darüber zu entscheiden, welche Anwendung ich nutze und welche nicht.

    Das ist letztendlich alles zu diskutieren, ich finde jedoch die größte Merkwürdigkeit die, dass eben behauptet wird, man wolle damit „böse“ Programme ggf. löschen können, obwohl doch eben niemand – offiziell – Programme installieren kann, die nicht über die Apple-Kontrollmechanismen gelaufen sind.

    Demzufolge ist das letztendlich Augenwischerei. Ich glaube nicht, dass das zum Schutze des Konsumenten dient, sondern zum Schutze des Hauses.

  6. Avatar von Wolfgang

    Besim niemand kann ein Programm wie „I am rich“ verkaufen – schon gar nicht für so einen Preis, wenn es diese Regelung nicht gäbe. Solche Regeln sind Unfug und sie werden gebraucht um weiteren Unfug machen und verkaufen zu können. Und diese Geräte werden die herkömmlichen Geräte nicht ersetzen, sondern ergänzen. Es ist ein weiterer Markt, ganz einfach.

  7. […] auch nur alles verblendete Konsumenten, die freiwillig mehrere hundert Euro für die Insignien der iSekte ausgeben: Ein geschlossenes System mit Software-Gestapo und einem teuren 2-Jahres-Vertrag, […]

  8. […] mitbringt? Das ist nicht innovativ, das lebt nur vom Namen und der Hoffnung, dass die “iSekte” das Gerät wenigstens kauft, weil hinten ein Apfel klebt. Das scheint auch Apple zu […]

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