• Alle maulen über das Google Nexus 6. Ich nicht.

    Mein Google Nexus 6 war letztes Jahr eine Art Verlegensheitskauf. Ich hatte als Nachfolger des Samsung Galaxy S4, mit dem ich nicht wirklich warm wurde, das LG G3 gekauft, was im Frühjahr 2015 als Auslaufmodell schön günstig wurde. Da ich sehr auf die Android-Alternative CyanogenMod stehe, war deren Lauffähigkeit Grundbedingung. Leider zeigte sich jedoch im Sommer, dass CyanogenMod auf dem G3 einige ärgerliche Fehler hatte, darunter merkwürdige und unmotivierte Reboots. So geht das natürlich nicht auf Dauer. Es gab dann im Sommer letzten Jahres kurzfristig ein Angebot zum Google Nexus 6 und ich griff zu. Nun ist das LG G3, auf dem CyanogenMod inzwischen zuverlässig läuft, sozusagen mein Ersatz-Smartphone, während das Nexus 6 mein täglicher Begleiter ist.

    Das Nexus 6 ist mit seinem sechs Zoll großen Bildschirm eine echte Wuchtbrumme und damit ein Phablet, also eine Mischung aus Smartphone und Tablet. Damit hatte ich anfangs so meine Probleme, auch wenn ich jetzt zugeben muss, dass mir die Bildschirmdiagonale sehr gefällt. Man kann einfach richtig viel auf diesem Bildschirm sehen und selbst als Autonavi-Verlegenheitslösung macht es eine gute Figur. Das geht so weit, dass mein eigentliches Tablet, ein 10,1-Zoll Xperia-Tablet, immer häufiger im Regal bleibt, weil ich die meisten Aufgaben schon auf dem Nexus 6 erledigen kann. Und dank seiner Größe passt mit einem 3.220-mAh-Akku auch ein richtiger Klotz an Stromspeicher hinein, der das Teil sehr locker den ganzen Tag über ohne Zwischenladen betreibt.

    Google mault, Motorola mault.

    Bei der Auswahl der Nexus-Hersteller lässt Google die Zügel nicht (mehr) schlaff herunterhängen. Wer als Hersteller ein Nexus bauen darf, muss sich an die Wünsche von Google halten. Die sind teilweise löblich (zum Beispiel das reine Android ohne zusätzliche Hersteller-Apps), zum Teil aber auch ärgerlich (beispielsweise der konsequent fehlende MicroSD-Kartenslot). Dass Google auf den Nexus-Geräten eine Reihe von Spielereien nicht sehen will, mag ja noch durchgehen, aber teilweise ist Google schlicht ignorant.

    So kann die Hardware des Nexus 6 einige Dinge, die das Nexus-Android nicht unterstützen mag. So hat das Nexus 6 eine LED zur Signalisierung, die aber vom Betriebssystem nicht angesprochen wird. Auch kann der Bildschirm hardware-seitig mit einem doppelten Tippser aufgeweckt werden, auch das unterstützt Google nicht. Und schließlich werden ähnliche Schwestermodelle des Nexus 6, die von Motorola direkt angeboten werden, auch mit MicroSD-Kartenslot angeboten, so dass man davon ausgehen kann, dass Google im Nexus 6 explizit darauf verzichten wollte.

    Auch Motorola mault: Das Handy sei schlicht zu groß (naja, eben Geschmackssache), es sei zu billig verarbeitet, hat einen runden Rücken, mit dem es nicht plan auf dem Tisch liegen kann.

    Stimmt ja alles. Aber: warum fällt Google und Motorola all das erst über einem Jahr nach Markteinführung ein? Und warum gefällt mir das Google Nexus 6 dennoch?

  • Der Quatsch namens Counter Speeching.

    Vor einigen Tagen hatte ich mir mal den Spaß erlaubt, mich im Counter Speeching in Facebook zu üben. Also dem, was Facebook als ehrenhafte Antwort auf Hate Speeching, also der Hassrede, sieht. Ohne dabei natürlich so laut zu erwähnen, dass die Bekämpfung von Hassrede oft genug eine strafrechtliche Relevanz hat und eigentlich Facebook seinen Laden selbst sauber halten müsste, wenn sie von strafrechtlich relevanten Inhalten auf ihrer Plattform erfahren. Aber dazu gleich mehr.

    Counter Speeching ist Drecksarbeit.

    Drecksarbeit, nicht mehr und nicht weniger. Denn natürlich hat man es beim Counter Speeching, also bei der kontrollierten Gegenrede, in Social Networks in der Regel mit Leuten zu tun, die die Grundregeln der Netiquette bewusst missachten: Gestatte Anderen eine Meinung, rede sie nicht tot, denke vor dem Schreiben immer daran, dass am anderen Ende ein Mensch sitzt. Bei der überwiegenden Zahl von ständig in Hasssprache schreibenden Menschen handelt es sich um arme Würstchen, die mit Erstaunen erkannt haben, dass sie mit Fäkalsprache eine gewisse Aufmerksamkeit erreichen können und sei es nur Entsetzen.

    Daraus folgt, dass eine Gegenrede gegen so eine Hassrede nicht viel mehr ist als eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, denn beide befeuern sich gegenseitig, wenn auf Seiten des Hassredners der Wille auf Verständnis von vorneherein fehlt. Es geht nicht mehr um die Diskussion oder Erkenntnisse daraus, sondern es geht nur noch um die Krawalle. Das Ziel, andere zu beleidigen, mundtot zu machen und sich als den wahren Proleten darzustellen („Wir sind das Pack!“ usw.).

    Demzufolge muss man Counter Speeching vor allem mit einem gewissen Abstand und Selbstschutz durchführen, um sich nicht von den blödesten Argumenten sofort ins Boxhorn jagen und provozieren zu lassen. Meine jahrelang Usenet-Flaming-Erfahrung kam mir hier zu Hilfe – Counter Speeching kann sogar Spaß machen, wenn man geflissentlich dabei außer acht lässt, mit Counter Speeching etwas erreichen zu wollen. Counter Speeching funktioniert nämlich nicht. Wirklich gar nicht.

    Die meisten Hassredner sind ausgesprochen dumm.

    Gefühlte 90 % aller Hassredner kennen ihre gefühlten 5 bis 10 griffigen Argumente gegen Ausländer und Flüchtlinge und damit hat es sich dann auch. Schon so Sachen wie der Umstand, dass Hartz IV bzw. ALG-2 nicht aus Sozialkassen kommt, sondern steuerfinanziert ist, ist für die meisten Hassredner etwas, was sie nicht wissen. Das angebliche Argument, dass für Flüchtlinge die Unterstützung für Behinderte und alte Menschen (die zwei Lieblingsgruppen aller Hassredner) landauf-landab leiden würde, ist daher auch das Lieblingsargument, weil eben einfach und griffig.

    Ironischerweise ist also Counter Speeching relativ einfach, weil die allermeisten Hassredner immer mit den gleichen, stereotypischen Argumenten dahergewackelt kommen, aber erreichen tun echte Gegenargumente diese dummen Menschen nicht.

    Denn – und damit kommen wir zum Hamsterrad: Für einen ordentlichen Hassredner ist die Gegenrede selbstverständlich immer ein Teil der Verschwörung. „Was nicht wahr ist, ist falsch“ wird umgemünzt in „Was ich nicht verstehen will/kann, das ist falsch.“ Ist ja keiner da, der falsche und laute Meinungen sanktioniert, also darf man alles.

    Selbst Hassredner sind vorsichtig bei persönlichen Angriffen.

    Selbst die übelsten Hassredner – dazu gehören vor allem die Leute, deren radikale Meinung halbwegs gefestigt erscheint – sind vorsichtig, wenn die Gegenredner mit Höflichkeit daherkommen und nicht sofort in das gleiche Beschimpfungslevel absteigen, wie der Hassredner selbst. Erstaunlicherweise habe ich selbst mit meinem Realnamen und übler Thematik kaum einen Hassredner erlebt, der wirklich justiziable Beleidigungen gegen mich losgelassen hätte. Am ehesten kommen die ersten Angriffe in der Form, man sei ja minderbemittelt, wenn man nicht verstehen würde, was der Hassredner sagt (was in der Tat bei vielen Hassrednern schwer ist, weil sie sich nicht sinnvoll ausdrücken können/wollen) und geht dann irgendwann über in eine Trotzhaltung, wenn man die billigsten und falschesten Argumente des Hassredners auseinandernimmt. Da geht den meisten Hassrednern sehr schnell das Zäpfchen, denn mit dem Wissen ist das so eine Sache.

    Beliebt sind am ehesten solche Angriffsversuche wie „Ich wüsste ja schon, was man da machen würde“ mit dem ungesagten Versuch, den Gegenüber dazu zu bringen, zu fragen, was denn genau. Selbst als ich das dann auch so stellte, kam in der Regel nichts weiter schärferes, wohl aus der doch nicht ganz vergessenen Angst, man könnte da vielleicht doch bei jemandem aufsitzen, der weiß, wie man mit Beleidigungen im öffentlichen Raum umgeht.

    Facebook reagiert auf gar nichts.

    Ich denke, man kann diese Überschrift so stehenlassen, wenn ich die Zahl von Reaktionen des Supports auf meine Meldungen schaue: Exakt Null. Bei vielen anderen auch. Es gehört eher zu den Ausnahmen, dass jemand von Facebook sanktioniert wird und das sind dann für gewöhnlich auch nur Leute, die wirklich extrem heftig auf Facebook unterwegs sind und sich mehr als offensichtlich in ihren Profilen dafür als „Märtyrer“ feiern lassen.

    Ich bin da sehr emotions- und illusionslos: Facebook wird von sich aus so lange nichts gegen Gegenrede tun, so lange man ihnen nicht droht, sie millionenschwer zu bestrafen, sie aus Märkten auszuschließen oder der US-Präsident bedroht wird.

    Ein Guide für Counter Speeching?

    Eine Weile schon bin ich am überlegen, einen Guide für das Counter Speeching im Web zu schreiben, denn das würde thematisch gleich in mehrere netplanet-Rubriken passen und für so einen Guide gibt es auch sichtbaren Bedarf. Counter Speeching ist geprägt von einigen Grundregeln, mit denen man in den meisten Diskussionen die Fäden in der Hand halten kann und die Diskussionsführung kontrolliert, so wie es z.B. auch bei Reaktionen von Unternehmen auf so genannte „Shitstorms“ geht. (Die Regeln für die Reaktion auf Shitstorms jedoch keinesfalls mit denen zum Counter Speeching zu vergleichen sind.)

    Aber letztlich komme ich bei allen Überlegungen immer auf ein Argument, das mich davon abhält: Warum soll ich ausgerechnet für so Leute wie die Facebook-Verantwortlichen indirekt zuarbeiten und eben nur genau für diese Leute? Das Festhalten an Counter Speeching als Reaktion auf Hassreden ist für Facebook ein knallhartes, finanzielles Argument, da mehr Kontrolle in einem Social Network Geld kostet – sehr viel Geld. Die Facebook-Leute werden also niemals freiwillig mehr Kontrolle in Inhalte stecken. Sie packen diese Haltung unter das hohe Gut der Meinungsfreiheit, aber unterm Strich sind das rein finanzielle Entscheidungen. Bei allen Gegenreden dieser Welt muss es immer noch die Möglichkeit geben, Hassredner zu sanktionieren, aber genau das funktioniert von Hause aus nicht.

    Alles nicht meine Haltung und auch nicht mein Laden. Facebook wird sich um seine Benutzungsrichtlinien selbst kümmern müssen und irgendwann mit ihrer derzeitigen Haltung gegen die Wand fahren. Ich sehe jedenfalls keinen Sinn darin, Bedienungsanleitungen für kommerzielle Dienste zu liefern, die sich damit vor ihrer gesellschaftlichen Verantwortung drücken.

    Was sagst du?

    Jetzt habe ich vieles geschrieben – was sagst du? Ich bin sehr an deiner Haltung und deinen Kommentar interessiert. Damit meine ich vor allem die vielen Leser, die dieses Blog in ihren Feed-Readern abonniert haben und üblicherweise nirgendwo kommentieren. Ich hätte gern Feedback zu diesem Thema, die Kommentarfunktion für diesen Blogartikel ist offen und man muss sich auch nicht kompliziert registrieren.

  • 2015.

    2015 zu resümieren, fällt gar nicht so schwer.

    Geschäftliches 2015.

    Aus geschäftlicher Sicht ist 2015 ein erfolgreiches Jahr gewesen. Ich habe meine Umsatzziele um 20 % übertroffen und dank geringerer Kosten am Ende einen Gewinnsprung von knapp 22 % hinterlassen. Damit bin ich nach fünf Jahren Selbstständigkeit jetzt am Niveau des Gehaltes meiner letzten Anstellungsgehaltes. 😉

    In den geschäftlichen Kosten sind jedoch zwei Entscheidungen, die notwendig und gut waren. Zum einen habe ich mir einen Dienstwagen gegönnt und mit einem geleasten Opel ADAM S ein auf den ersten Blick irritierend unstandesgemäßes Auto. Die darin verpackten 150 PS, die immer wieder kaufbaren Sportsitze und vor allem der granatenniedrige Verbrauch und die sehr angenehmen Unterhaltkosten waren gute Entscheidungskriterien. Immerhin habe ich für den Opel ADAM nun so viel Werbung getrieben, da war es dann einfach nötig, auch mal ein solches Auto zu fahren.

    Zweite, große Entscheidung war eine Bürogemeinschaft zu bilden mit einigen weiteren Nerds, allen voran mit Robert Davcik. Eigentlich war es ein gemeinsames Web-Projekt, was uns dazu brachte, dass ich einige Wochen in seinem Großraumbüro hauste, aber recht schnell kamen wir zum Ergebnis, dass es einfach nur sinnvoll ist. Wir Computer- und Internetleute sind halt auch Menschen, die Geselligkeit brauchen – alleine arbeitet es sich ausgesprochen unkreativ und unwitzig.

    Privates 2015.

    Nothing. Weiterhin solo und eigentlich auch gar nicht so unglücklich darüber gewesen, denn es hat einiges an Zeit für Gedanken und Ideen freigegeben, die ich 2016 umsetzen möchte. Siehe weiter unten.

    Immerhin gab es 2015 auch keine Ausfälle im Freundeskreis zu beklagen. Also endlich wieder ein Jahr ohne primäre Friedhofsbesuche.

    Gesundheitlich 2015.

    Da gibt es auch nichts zu maulen. Der Zellhaufen funktioniert altersgemäß, das gilt auch für mein ICD-gesichertes Herz. Am Ende des Jahres hatte ich dann nochmal kurzfristigen „Spaß“ mit einer wieder aufgeflammten Lyme-Borreliose, die jedoch mit einer größeren Ladung Antiobiotika schnell bekämpft wurde. Ob das nun ein dauerhafter Frieden ist, bleibt abzuwarten, aber es gibt wirklich schlimmeres.

    Durchschnittlicher Stress-Level 2015: 15 %. Auf mehr habe ich grundsätzlich keinen Bock mehr und es kommt bei höheren Stress-Level auch einfach nichts mehr gutes am Ende heraus.

    Anschaffungen 2015.

    Das Auto, das mir aber gar nicht so richtig gehört, da Leasing. Ein Smartphone in Form eines Google Nexus 6. Klobig, nicht sonderlich hübsch, aber eine echte Powermaschine. Und ein Sony Xperia Z2-Tablet. Beides zu Sparpreisen dank Modellauslauf. Man rennt irgendwann auch nicht mehr jedem Trend hinterher. Ansonsten läuft alles erstaunlich zuverlässig. Und eine PS4 habe ich mir immer noch nicht gekauft, aber das wird 2016 unvermeidlich.

    2016?

    Ganz klar: Geschäftlich muss es noch weiter hinaufgehen, ich lege mir nochmal ein 20 %iges Gewinnplus auf. Das scheint mir schon deshalb realistisch, weil ich für 2016 zwei eigene Projekte plane, an denen ich gedanklich schon seit einigen Jahren herumdoktere und seit November nun verschärft bastle. Unvermeidliches. Was irgendwann von mir kommen musste. Worauf ich mein halbes Geschäfts- und Arbeitsleben vermutlich hingearbeitet habe, ohne es zu wissen. Reicht das für den Cliffhanger? 😉

    Die ersten Ergebnisse dürften im 1. Quartal 2016 das Licht der Welt erblicken, das Testbaby läuft schon recht geschmeidig auf meinem internen und höchst geheimen Testserver.

    Der „große Rest“ für 2016 ergibt sich üblicherweise von allein. Vorsätze gibt es wie immer keine, denn wer Vorsätze macht, muss am Ende nachsitzen (oder so). Auch beim ewigen Wunsch, endlich mehr und regelmäßiger zu bloggen, bleibe ich vorsichtig. Die lauteste Zeit in der Blogosphäre habe ich wohl hinter mir. Dafür werde ich meinen mitunter auch recht bissigen Humor auf Twitter & Facebook so schnell nicht verlernen.

    Ansonsten bleibt wie immer zu sagen: Herzlichen Dank für die leserische und oft auch schreiberische Begleitung auch in diesem Jahr, in diesem Blog und auf allen wichtigen Kommunikationskanälen. Ich habe euch alle lieb!

  • Im Stream: The Man in the High Castle.

    Gerade in Sachen Science-Fiction gibt es Autoren und deren Bücher, die einen prägen. In meiner Jugend waren das vor allem Bücher und Geschichten von Isaac Asimov (Roboter, Foundation-Trilogie, Raumschiffe und so, alles relativ clean und etwas flach), Arthur Clark (Odysse-Tetralogie, ziemlich weitreichend und abgespact) und Philip K. Dick (völlig zugedröhntes Zeug). Dass man bei vielen Geschichten von Dick das Gefühl hatte, Dinge von einem schwer auf dem Trip befindlichen Autoren zu lesen, ist nicht so daneben, denn Dick schrieb einige seiner besten Geschichten unter schweren Drogeneinflüssen.

    Geschichten von Philip K. Dick galten bis vor wenigen Jahren als schlicht unverfilmbar. Sie gelten als extrem komplex, alle Handlungsstränge sind kompliziert miteinander verwoben und lassen es nur schwerlich zu, für ein Drehbuch auseinanderdividiert zu werden. Schon der Film Minority Report, wie ich finde ein Meisterwerk der modernen Science-Fiction, war als Kinofilm schwere Kost. Ein weiterer Film ist der 1997 veröffentlichte Film A Scanner Darkly, der leider nicht ansatzweise erfolgreich war, dafür jedoch ein weiteres Dick-Meisterwerk wurde.

    Ein weiteres, ziemlich verstörendes Buch von Philip K. Dick ist der Roman The Man in the High Castle, in der es, kurz gefasst, darum geht, dass in einem Amerika der 1960er Jahre nichts so ist, wie wir es aus den Geschichtsbüchern kennen, da das Hitler-Deutschland den Zweiten Weltkrieg nicht verloren, sondern gewonnen hatte. Der Osten Nordamerikas ist daher eine Kolonie des Deutschen Reiches, der Westen eine Kolonie der japanischen Mächte. Dazwischen ein enger Korridor längst der Rocky Mountains als „Neutrale Zone“. Inmitten dieses Geflechts, das sich dampfend um die Frage bewegt, was wohl passieren wird, wenn der alternde Führer Adolf Hitler stirbt, taucht ein ominöses Buch auf, das eine gänzlich andere Gegenwart darstellt, nämlich die Geschichte so, wie wir sie kennen.

    Als Buch ist Das Orakel vom Berge, wie die Geschichte in der deutschen Übersetzung heißt, ebenfalls dick-typisch schwere Kost. Als Anfang des Jahres dann eine Pilotfolge bei Amazon Prime Video als amazon-eigene Produktion auftauchte, bebte ein kleinwenig die Science-Fiction-Erde. In der Zwischenzeit ist aus der Pilotfolge eine erste Staffel mit zehn Folgen entstanden, die seit einigen Wochen eben bei Amazon Prime Video angeschaut werden kann, seit einigen Tagen auch in der recht guten deutschen Synchronfassung.

    Das ursprüngliche Buch von Philip K. Dick ist weitgehend in dieser ersten Staffel verarbeitet. Und während man in anderen Serien aus Buchvorlagen vor allem mit sehr viel aufgeblasenem Stoff zu kämpfen hat, glänzt The Man in the High Castle von der ersten bis zur letzten Folge mit vielen zusätzlichen Handlungssträngen und vor allem unglaublich gut geschriebenen Rollen, die von phantastischen Schauspielern inszeniert werden. Zehn packende Stunden Serienstoff, der der Buchvorlage in nichts nachsteht und den Horror einer solchen dystopischen Zeit mehr als dramatisch überträgt.

    Anschauen, staunen, gruseln! Und dabei ruhig in Kauf nehmen, dass man während des Anschauens gelegentlich zurückspringen muss, um Handlungsstränge richtig einordnen zu können.

  • Wegschauen bei Hate-Speech in Social Networks.

    Wenn ich in meine Timelines der Social Networks, die ich benutze, hineinschaue, sehe ich kein so genanntes Hate Speech. Das hat einen triftigen Grund – ich entfolge alles aus den Freundeskreisen in Social Networks, was sich in diese Richtung hin äußert, inzwischen auch weitgehend kommentarlos. Ist das nun fair? Darf man einfach wegschauen, wenn sich Leute in der Öffentlichkeit rassistisch äußern? Eine berechtigte Frage, über die ich auch eine Weile nachdenken musste. Ungefähr 30 Sekunden.

    A social network is not the reality.

    Kommunikation in Social Networks haben eine ganz eigene Physik, die bei ungeübten Onlinern in hitzigen Diskussionen vor allem davon geprägt ist, dass verbale Grenzen überschritten werden. Und das in der Regel in größeren Dimensionen. Es wird gehasst, gedisst, beleidigt, verleumdet und aggressiviert, was das Zeug hält. Das hat einen meist sehr einfachen Grund: Man sieht die Grenzen nicht. Es ist deutlich einfacher, in ein Texteingabefeld eine Beleidigung hineinzutippen, als jemandem direkt ins Gesicht. Und es ist noch einfacher, eine Hasstirade zu befürworten, denn das kostet kein eigenes Wort und im Ernstfall kann man sein „Like“ ja einfach wieder zurücknehmen.

    Das soll keine Generalentschuldigung für Leute sein, die sich in Social Networks schlicht nicht im Griff haben, aber gerade für die Nutzung von Social Networks gilt einer der wichtigsten Grundsätze der Netiquette ganz besonders: Lese liberal, schreibe konservativ. Und das ist nicht politisch gemeint, sondern in Sachen Entzündlichkeit des Geschriebenen.

    Man tut also gut daran, sich mit einem relativ dick gefütterten Pelz größere Diskussionen in Social Networks anzutun und sich vorab gut zu überlegen, mit welchen Leuten man diese führt. Mit sehr engen Freunden führt man durchaus andere und mitunter auch deutlich intensivere Gespräche als mit Leuten, die man nur flüchtig kennt.

    Singen, zuhören oder abschalten?

    Gerade weil viele Menschen vor dem Computerbildschirm ihre Grenzen nicht kennen oder sich bewusst nicht an Grenzen halten, hat das offensive Diskutieren in Online-Foren ein regelmäßig großes Potential, sehr schnell zu explodieren. Daran kann man Spaß haben oder man kann daran auch leiden. Das Problem bei letzterem ist, dass es vor allem immer das eigene Magengeschwür ist, an dem man auf diese Weise arbeitet. Da sollte man sich immer fragen, ob einem das so viel wert ist.

    Es ist daher in solchen Diskussionslagen wie bei der Frage, ob man ein Rockkonzert besuchen möchte. Kann man mit der Band etwas anfangen, geht man vielleicht hin und hört es sich an. Kann man nichts damit anfangen, geht man am ehesten nicht hin. Vielleicht verpasst man dabei einen außergewöhnlichen Gig, aber erspart sich auf jeden Fall Musik, mit der man eigentlich nichts anfangen kann.

    Mit dieser Haltung lebt es sich in Social Networks am stressärmsten und daher hat Hate-Speech gegen Minderheiten, Flüchtlinge und Ausländer nicht sehr lange Zeit, in meiner Timeline herumzugeistern. Entweder werden Nachrichten von solchen Absendern abbestellt oder eben der Freundeskreis verkleinert.

    Ja, aber müsste man nicht aufbegehren gegenüber Idioten?

    Kurzum: Ja, muss man. Wenn ein Ewiggestriger im Bus einen Ausländer anmacht, dann ist Zivilcourage gefragt, die in den meisten Fällen auch zur erfolgreichen Ausgrenzung des Aggressors führt. Aufbegehren gegen Aggressoren sollte im edelsten Fall dazu führen, dem Aggressor vor Augen zu halten, dass sein Verhalten inakzeptabel ist. Im Idealfall führt dieses Aufbegehren zu einer Einsicht.

    In einer Timeline sieht das schon etwas anders aus, denn die ist nur eine scheinbare Öffentlichkeit. Sie enthält nämlich nur die Freunde, die man selbst lesen und die einem selbst noch nicht mal unbedingt folgen müssen. Das könnte zum Beispiel zu so eine Szenario führen, dass man als einziger Normalmensch einem Radikalen folgt, dem sonst nur Radikale folgen. Der beschickt mit seinem Geschreibsel vornehmlich seinen eigenen Freundeskreis mit Parolen und jede Gegenwehr gegen so einen Sturm ist pulverisierte Liebesmüh‘, die oft genug noch dazu führt, sich mit doppeltem und dreifachen Echo der Freundesfreunde herumärgern zu müssen.

    Will man aufbegehren, dann sollte man das auch bei Freundschaften in Social Networks immer noch persönlich tun – wenn einem das, wie schon geschrieben, wirklich wert ist.

  • Im Kino: James Bond – SPECTRE.

    Um Punkt 23 Uhr am heutigen Mittwoch hatte ich mich auf einiges gefasst gemacht. Denn ich war zur heutigen Vorpremiere des neuesten James-Bond-Filmes „SPECTRE“ mit meinem Vater aufmarschiert und dem ist in Sachen James Bond nicht so sonderlich viel vorzumachen. Weil er eben kein eingefleischter Fan von James Bond ist und die letzten Bond-Movies niederschmetternd fand.

    Kurz eingeleitet: SPECTRE ist sicherlich nicht der schlechteste Bond-Streifen aller Zeiten, er gehört aber leider zu den belangloseren. Und das, obwohl die Vorgeschichte zu SPECTRE mehr als Hunger machten. Sam Mendes in der Regie (okay, naja..), wieder Daniel Craig, Christoph Waltz als Bösewicht, Blofeld in einer Wiedergeburt, die alte MI6-Struktur – kann man bei so viel Bewährtem viel falsch machen?

    Ja, man kann. Während der Einstieg in Mexico City gar nicht so übel geriet und das Intro wieder einmal einen echten Höhepunkt setzt, begann der Film recht kurzweilig. Bei Q ein Auto „mitgehen“ lassen, gleich ein paar Minuten später wieder versenken, schnell nach Österreich, irgendwann nach Tanger und in die marokkanische Wüste. Die Zugfahrt war hier noch das romantischste des ganzen Filmes, das Elend begann dann in der Wüste.

    Denn unumwunden muss man leider sagen: Die bisher schwächste Rolle, die Christoph Waltz in einem größeren Film spielt, ist seine Blofeld-Rolle in SPECTRE. Nichts ansatzweise wahnsinniges war zu finden, in sockenlosen Slippern stand er so herum und tat – einfach herumstehen. Nichts schießt er nebenbei in der Luft, niemand wird erwürgt, es gibt keine großen Einführungen in neue Gesellschaftsstrukturen, Medienimperien, Raumstationen. Nein, er quält etwas Bond herum, streichelt die grotesk krampfhaft ins Bild gesetzte Blofeld-Katze und dann fliegt seine Sternenwarte (Raffinerie? Solaranlage? Papierfabrik?) auch schon in die Luft mit einem Uhrentrick, den man auch so ähnlich schon mal bei Roger Moore gesehen hat.

    Beim Umschwenken nach London wurde mir dann schlagartig klar, dass hier etwas ganz gehörig schiefläuft in diesem Bond. Es fehlt die fulminante Story für mindestens zwei gute und sicherlich sehr teure Schauspieler und dementsprechend langatmig geraten die Szenerien, die nebenbei auch noch gräßlich darunter leiden, dass sie steril, durchgehend hektisch und ohne großes Publikum gedreht wurden. Im Gegenzug gingen genau die Stimmungsbilder verloren, die es in früheren Bonds immer gegeben hat, wenn zu neuen Orten gewechselt wurde. Wer wird die stimmigen Bilder von Piz Gloria je vergessen, selbst wenn George Lazenby (etwas zu Unrecht) als historische James-Bond-Fehlbesetzung gilt?

    Das letzte Viertel passierte dann wieder komplett in London. Wohl aus organisatorischen Gründen auch wieder nachts und im alten MI6-Gebäude, das naheliegenderweise gesprengt werden sollte. Das wurde es dann auch und mit ihm der etwas hanebüchene Plot, dass ausgerechnet der MI6 durch eine neue Superbehörde ersetzt werden sollte, die nicht weniger als – Achtung! – die Demokratie retten wollte. Im modernen Großbritannien! Irgendwie steckte hinter dieser Behörde auch Blofeld, aber zugegebenermaßen war ich zu diesem Zeitpunkt schon damit beschäftigt, wie ich auf die unmittelbar nach dem Film zu erwartende Herabschätzung meines Vaters für die zweieinhalb vergeudeten Stunden reagieren könnte.

    Das erstaunliche: Meinem Vater gefällt SPECTRE, zumindest deutlich mehr, als Skyfall. Skyfall fand ich wiederum gar nicht so übel, was aber auch alles daran liegen kann, dass ich den wirklich ultraüblen Bond „A Quantum Solace“ davor gesehen hatte und er nicht. Man wird sich wohl leider damit abfinden müssen, dass Daniel Craig in seiner Karriere als James Bond ein wirklich herausragender Bond-Streifen verwehrt zu bleiben scheint.

    Popcorn-Kino ist SPECTRE allemal und auch vorm Fernseher wird der Film als Samstagabendunterhaltung eine gute Figur machen. Aber in der aktueller IMDB-Bewertung zeigen die bis jetzt recht mageren 7,5 von 10 möglichen Sterne (von mir gab es 7 Sterne) schon recht deutlich, dass SPECTRE allenfalls Mittelfeld ist.

  • Neulich, nach dem Helvetica-Familientreffen.

    Helvetica_Inserat

  • Ruckeln im Amazon Fire TV beseitigen.

    Amazon Fire TV und sein kleiner Bruder Fire TV Stick sind zwei feine Hardware-Gerätschaften für den Fernseher. Einfach an den HDMI-Port angeschlossen, mit Strom versorgt, ins WLAN eingeklinkt und schon hat man einen echten Smart-TV, der fast jede fernsehseitige Smart-TV-Lösung um Längen schlägt.

    Die Hardware in den Fire-TV-Geräten sollte eigentlich von Anfang an überzeugen, da die Gerätschaften verhältnismäßig üppig ausgestattet sind. Ich schreibe „sollte“, denn was bei der Wiedergabe von Filmen auf Fire-TV-Gerätschaften auffällt, ist ein Ruckeln, ungefähr alle halbe Sekunde. Dieses Ruckeln hat jedoch nicht mit vermeintlich fehlender Performance zu tun, sondern ist ein schlichtes Einstellungsthema.

    Standardmäßig konfiguriert sich Fire TV beim erstmaligen Start von allein und übernimmt weitgehend die Vorgaben des Fernsehers für Bild und Ton – beides wird über HDMI ausgehandelt. Allerdings prallen beim Bildformat die althergebrachten Fernsehnormwelten zusammen. Genauer gesagt bei der Bildwiederholfrequenz. Denn während wir in Europa üblicherweise eine Bildwiederholfrequenz von 50 Hertz auf unseren Fernsehern haben (dahergebracht von den früheren Analogfernsehnormen PAL und SECAM und basierend auf der Wechselspannungsfrequenz von 50 Hertz), operiert die Fernsehwelt in vielen anderen Regionen – unter anderem in den USA – mit einer Bildwiederholfrequenz von 60 Hertz. Damit arbeitet die analoge Fernsehnorm NTSC.

    Nun ist es modernen Flachbildschirmen relativ egal, mit welcher Bildwiederholfrequenz das ankommende Bildsignal angezeigt werden muss, da Flachbildschirme keinen Signalstrom mehr zeilenweise in einer Kathodenstrahlröhre durch die Gegend führen müssen. So ziemlich alle Flachbildfernseher kommen sowohl mit 24 Hertz (die eigentliche Bildfrequenz des kinematografischen Films), 50, 60 und noch ganz anderen Bildfrequenzen klar, dem digitalen Bildprozessor sei Dank.

    Das Ruckel-Problem kommt aber dennoch von falschen Bildfrequenzeinstellungen, da Flachbildfernseher für den europäischen Markt meist auf 720p50 oder 1080p50 voreingestellt sind. Sprich: Fragt ein über HDMI angeschlossenes Gerät den Fernseher, welches Format ihm genehm sei, dann antworten europäische Fernseher eben gern mit diesen beiden Werten. Diese vom Fernseher vorgeschlagenen Werte übernimmt üblicherweise auch Fire TV.

    Nun ist es aber leider so, dass viele Streamingdienstanbieter ihr Material aber mit 30 Hertz Bildfrequenz kodieren, so wie übrigens auch die meisten Smartphones und Unterhaltungskameras (z.B. GoPro) auch. Ergebnis von mit 30 Hertz Bildfrequenz kodierten Bildsignalen ist bei der Wiedergabe auf 25 Hertz Bildfrequenz eingestellten Fernsehern ein leichtes Bildruckeln.

    Was hilft: Den Fire TV auf 60 Hertz Bildfrequenz einstellen. Das geht in den Einstellungen, dort unter „Töne und Bildschirm“, dort unter „Bildschirm“. Hier ist „Automatisch“ vorgewählt, geht man aber hier mit einem OK-Klick ins Menü, lässt sich unter anderem „1080p 60 Hertz“ auswählen. (Für Nicht-FullHD-Fernseher „720p 60 Hertz“). Auswählen, mit OK-Taste bestätigen, dann stellt sich der Fernseher entsprechend ein und einen kurzen Augenblick später ist das Bild wieder da. Und beim nächsten Film ist das Ruckeln weg (mit Ausnahme natürlich des üblichen kinematografischen Ruckelns, das entsteht, wenn die 24 Bilder des traditionellen Kinofilmes auf 30 Bilder hochgerechnet werden müssen).Diese Voreinstellung auf 60 Hertz Bildfrequenz macht übrigens auch bei modernen Spielekonsolen Sinn, denn meist ist das in Spielen verwendete Videomaterial für Zwischensequenzen etc. ebenfalls auf 60 Hertz Bildfrequenz optimiert.

  • Quo vadis, Android?

    Android ist ein schönes und übersichtliches Betriebssystem, nicht mehr nur für Smartphones, sondern auch für Tablets und viele andere Geräte. Wer aber die Nachrichten über Android in den letzten Wochen gelesen hat, kann sich durchaus die Frage stellen, ob es Google mit Android überhaupt ernst meint. Sicherheitsprobleme, die gleich Millionen von Geräten betreffen prallen auf die Versäumnisse, dass es immer noch kein einheitliches Konzept darüber gibt, wie man eigentlich bei bereits verkauften Geräten die Softwarepflege bewerkstelligen will. Während das bei eher kosmetischen Problemchen maximal ärgerlich ist, könnten echte Sicherheitsprobleme unter Umständen zukünftig vielleicht auch dazu führen, dass komplette Mobilfunknetze dann in Mitleidenschaft gezogen werden könnten, wenn beispielsweise Android-Probleme zu fehlerhaft arbeitenden Smartphones führen.

    Alles so Fragen, zu denen es fatalerweise immer noch keine Antworten gibt.

    Smartphone-Hersteller sehen Smartphones zu singulär.

    Wenn mir eines immer wieder auffällt, ist es die erschreckende Beobachtung, wie wenig Sorgfalt viele Smartphone-Hersteller auf die Software legen. Üblicherweise nehmen Hersteller die Android-Basis und setzen da dann ihren eigenen Aufsatz an Launcher und zusätzlichen Apps drauf. So weit, so schlecht. Denn hier prallen gleich mal westliche und fernöstliche Welt zusammen, denn während in Fernost ein Smartphone erst mit möglichst viel Klimbim (vulgo: Apps) begehrenswert erscheint, ist es in der westlichen Welt eher umgekehrt. Keep it simple.

    Das haben viele Hersteller erkannt und liefern ihre Smartphones mit deutlich weniger vorinstallierten Apps aus, dafür jedoch mit einem eigenen App-Store. Google wiederum hat mit der Einführung von Android 4.0 Hersteller dazu verpflichtet, eigene Launcher nicht so zu implementieren, dass der Nutzer keine Auswahl mehr hat.

    Die echten Ärgernisse kommen aber im Unterbau daher und hier wird von Seiten der Hersteller mitunter mächtig geschludert, in dem eigentlich vorhandene Android-Funktionen einfach deaktiviert werden. Beispiel: Das LG G3 meldet sich, so wie leider viele Android-Smartphones, akustisch, wenn der Akku voll ist. Das ist vielleicht ganz toll, wenn das Smartphone auf dem Tisch steht, aber störend, wenn das nachts passiert. Android bringt nun von Hause aus die Funktion mit, dass sich Benachrichtigungen nachts abschalten lassen, aber daran hält sich die Software des G3 nicht. Mit dem Ergebnis, dass es auch nachts piept, wenn der Akku voll geladen wurde.

    Noch viel drastischer ist das, was zur Zeit zu einem ernsthaften Vertrauensverlust gegenüber Android führt, nämlich die mitunter erbärmliche Pflege der Software. Auch relativ neue Android-Smartphones erleben die meisten Updates im ersten Jahr, danach wird es dramatisch schlecht. Das LG G3 hat sein letztes Update beispielsweise Anfang des Jahres 2015 erhalten und dabei ist es nun gerade einmal ein Jahr auf dem Markt. Und: Wir reden auch noch gar nicht von Android 5.1, sondern immer noch von Android 5.0, während Google im Herbst die Nachfolger-Version von 5.1 präsentieren wird.

    Bei anderen Herstellern sieht es teilweise nur wenig besser aus. Immer hat man den Eindruck, dass Software-Updates quälend lange dauern und dann auch noch immer wieder die Veröffentlichung von Updates herumgeschoben wird. Es gibt in Sachen Android auch nicht im entferntesten das Gefühl, dass hier Google und Smartphone-Hersteller an einem wie auch immer gearteten Strang ziehen. Das schafft kein Vertrauen.

    Google ist übrigens mit seinen Nexus-Geräten, die ja eine Art Referenzdesign darstellen sollen, keinen Deut besser. Auch das Nexus 6, das ich selbst einsetze, erfährt kaum Updates, obwohl Google nachweislich an der Android-Software ständig Änderungen und Verbesserungen durchführt. Dass das Nexus 6 darüber hinaus die Merkwürdigkeit mitbringt, dass es sehr gute Hardware an Bord hat, die Google aber nicht ansatzweise nutzt (z.B. eine LED-Signalisierung und ein per Fingertip einschaltbarer Bildschirm, beides nicht nutzbar), ist auch so eine Geschichte, die man wohl nur bei Google verstehen mag.

    Lifecycles mit festen Ansagen.

    Wenn etwas teures dauerhaft funktionieren soll, kommt man um die Ansage eines Lifecycles nicht herum, also die Festlegung, wie lange man ein Gerät mit Updates versorgen wird. Das ist bei Desktop-Betriebssystemen Normalität und ein Grundpfeiler, dass sich Betriebssysteme in kommerziellen Umfeldern überhaupt einsetzen lassen. Und genau das fehlt der Android-Welt komplett.

    Wir brauchen also tatsächlich eine Regelung, dass Smartphone-Hersteller für ihre Geräte feste Angaben darüber machen müssen, wie lange sie die Gerätschaften zu pflegen gedenken. Das tun sie zwar auch heute schon, nur werden diese Informationen nur selten auch nach außen hin kommuniziert, was ein echtes Problem darstellt und im Prinzip auch verbraucherfeindlich ist.

    Während jetzt ein nicht gebundener Hersteller kaum gezwungen werden kann, regelmäßig seine Gerätschaften zu pflegen (außer mit gesetzlichen Regularien in einzelnen Ländern), könnte Google mit Android da sehr eindrücklich Zügel anlegen und Ansagen machen – wenn man denn wollte. Und es vielleicht gleich so machen, wie auch bei den Android-Smartwatches, wo sich Google von Anfang an die komplette Hoheit über die Software zusichern hat lassen. Mit dem Ergebnis, dass Android-Smartphones herstellerübergreifend alle zum gleichen Zeitpunkt Updates bekommen.

    Keep it open (oder macht es zumindest irgendwann).

    Auf meinen Android-Smartphones nutze ich schon seit Jahren die herstellereigene Android-Version nur kurz, um möglichst bald das Smartphone mit einer After-Sales-Androidversion zu installieren, in meinem Fall mit CyanogenMod. Das ist eine Truppe, die auf Basis der originalen Android-Quellen eine eigene Implementierung pflegt. Zu der Installation muss man zwar die meisten Smartphones „rooten“, also den Bootloader mehr oder weniger aufwendig knacken, aber mit Unsicherheit hat CyanogenMod nicht viel zu tun. Ganz im Gegenteil:

    CyanogenMod bezieht die offiziellen Android-Updates in der Regel sofort, nachdem sie in den offiziellen Android-Quellen veröffentlicht werden. Und in vielen Fällen stellt die Programmiertruppe um CyanogenMod auch eigene Fixes bereit, um erkannte Sicherheitslöcher zu beheben. Das führt dazu, dass mit CyanogenMod bespielte Geräte oftmals erheblich aktueller sind, als alle anderen Smartphones mit Hersteller-Android – selbst bei den Nexus-Geräten. Ich bin so frei und behaupte, dass CyanogenMod das aktuellste Android ist, was man bekommen kann.

    Bei einem PC würde es kaum jemand akzeptieren, wenn der Hersteller alles dafür tut, dass das Betriebssystem nicht gewechselt und auch nicht aktualisiert werden kann, wenn der Hersteller zu beidem keine Lust mehr hat. Bei einem Smartphone ist das leider überall immer noch gang und gäbe. Und genau hier wird sich auch für Hersteller irgendwann mal die Frage stellen, ob es nicht einfacher wäre, Geräte so einzurichten, dass ein interessierter Nutzer auch ohne große Biegungen eine andere, offene Android-Version einzuspielen. Das werden auch dann sicherlich nur ein Bruchteil der Besitzer tun, aber zumindest hätte man nach Ablauf der Gewährleistung und Garantie das Thema los, die Software der Gerätschaften selbst noch pflegen zu müssen, wenn man freundlich darauf verweisen kann, dass es After-Sales-Androidversionen wie CyanogenMod gibt.

    Quo vadis, Android?

    Android kann man sicher machen, zweifellos. Früher oder später wird es dann auch immer mehr Smartphones geben, die dann auch sicher sind. Was aber mit einer fehlenden Versionsstrategie niemals funktionieren wird: Breitflächige Innovationen. Mit einer zu fragmentierten Basis an Android-Versionen ist der Umstand, dass es schon jetzt gewaltig viele Hardware-Konstellationen gibt, nicht mehr zu bändigen. Google versucht zwar immer noch aufopfernd mit einem Verschieben von Programmier-APIs in austauschbare Apps eine zumindest grob einsetzbare Gerätewelt herzustellen, aber zukünftige Innovationen werden sich mit immer komplexen Details beschäftigen.

    Beispiel: NFC ist nicht einfach NFC. NFC gibt es am Smartphone, an der Smartwatch und dann gibt es eine Reihe von Anwendungen, die spezialisierte NFC-Protokolle nutzen. Wie will man das einheitlich von Android 4.1 bis 5.1 durchziehen? Gibt es aber kein einheitliches NFC, gibt es auch kein mobiles Payment, das auf NFC aufsetzt.

    Es wird der Zeitpunkt kommen, wo Google einen Teil von Android nicht mehr den Herstellern überlassen darf, weil sie nicht nur technisch nicht in der Lage sind, damit umzugehen, sondern weil sie offenkundig auch keine Lust haben, Produktversprechen abzugeben und/oder einzuhalten. Dieser Zeitpunkt ist gekommen.

  • Beware of kids (in politics)! #merkelstreichelt

    Zu den wirklich furchtbarsten Inszenierungen des Politikbetriebes gehören kontrollierte Kindershows. Also die unanschaulichen Veranstaltungen, wo Politiker nicht zu Kindern kommen, sondern Kinder zu Politikern und dort dann mit Politikern unter der Aufsicht des Stabes und neugierigen Journalisten Fragen aufsagen dürfen, deren Antworten längst schon feststehen. Eine vereinfachte und nicht minder entsetzliche Show sind die Weihnachtsansprachen des Bundespräsidenten, die seit Christian Wulff gern mit auf auf den Teppich drapierten, hübsch gekleideten Kindern inszeniert werden und die dort andächtig mit ungesund abgewinkelten Gliedmaßen auf den Hausherrn aufschauen dürfen/müssen. Als Kind erleidet man solche Shows ansonsten nur noch beim Fotografen, dessen Empathie schon längst so erloschen ist, dass er am liebsten Kind und debiles Grinsen mit dem Akkuschrauber fixieren will, damit ja das Bild schnell geschossen ist.

    Und jetzt das: Ein Flüchtlingskind, dass nicht einfach eine Frage stellt, sondern eine Frage, die aus seinem persönlichen Umfeld zu kommen scheint. Aus seinem persönlichen Elend, garniert mit seiner erschreckend anschaulichen Existenzangst und seiner hoffnungslosen Hoffnung auf ein Leben, wie es die Freundin neben ihr hat.

    Nun lernt jeder Politiker früher oder später, dass man vor Kindern in der Öffentlichkeit auf der Hut sein muss. Kinder sagen sehr offen, wo es klemmt und stellen Fragen gern ohne eine moralische Filterung, weil Kinder das wegen eines noch lange nicht fertig gebildeten Wertegefüges noch gar nicht können (und auch nicht können müssen). Eine Chance für die größten Steilvorlagen für Politiker mit Bauchgefühl, andererseits eine Schlangengrube für jemanden, der versucht, Äußerungen von Kindern analytisch zu beantworten.

    So ist es mit ziemlicher Sicherheit der übelste Super-GAU, den Angela Merkel da vor laufenden Kameras loslassen konnte, einem Kind mit einer solchen Frage mit kühlen Antworten zu kommen. Du, liebes Kind, bist eigentlich unerwünscht, wir müssen dich eigentlich weghalten von uns, tut uns echt leid, aber so ist es nun mal. Oder deutlicher gesagt: Angela Merkel hat es doch tatsächlich geschafft, ein Kind zum Weinen zu bringen mit einer derartig harten Antwort, für die jeder Erzieher einen handfesten Verweis kassieren würde, wenn er so ihm anvertraute Kinder angehen würde.

    Das wirklich traurige an diesem Vorfall ist, dass es mit nur ein wenig Bauchgefühl hätte ganz anders laufen können. Die Frage hatte schon von Anfang an einen extrem menschlichen und persönlichen Charakter, hier muss man auch so antworten und mitunter alles weglassen, was „böse“ und „amtlich“ ausschaut, immer mit der Maßgabe, nur niemanden mit einer bösen Wahrheit zum Weinen zu bringen. Wer das tut, egal ob Kanzlerin oder Gemeinderat, der läuft haarscharf am Vorwurf vorbei, seinen Job zu verfehlen, so makaber sich das auch anhört.

    Das dürfte Angela Merkel dann auch siedend heiß eingefallen sein, als buchstäblich das Kind laut aufklatschend auf dem trockenen Brunnenboden landete und weinte. Und spätestens da hätte man dann einfach mal das Mikrofon weglegen, sich zum Kind hinsetzen, ein paar Sekunden lang innehalten müssen. Man hätte zumindest mal den Eindruck von Menschlichkeit vermitteln können und nebenbei für das eigene Politikerbild ein wichtiges Bild für den nächsten Wahlkampf gemacht.

    Aber nein, „hast du doch gut gemacht“, anerkennendes Schulterklopfen, unangenehmerweise dabei immer noch das Mikrofon zielgenau in der Hand. Genau. Gut gemacht für die Inszenierung aus dem Kanzleramt, hübsch und freundlich die Frage eingeworfen wie ein Jungfußballer in seinem ersten Bundesligaspiel. Die abscheuliche Antwort war zwar ein schwerer Angriff auf die Würde des Mädchens und die Chancen stehen gut, dass sich das Mädchen ihr ganzes Leben lang an diese Ungeheuerlichkeit mit Schrecken erinnern wird, aber das muss uns ja nicht stören. Ist ja bald wieder weg, das kleine Mädchen.

    Das wirklich fiese an diesem erbärmlichen und erschreckenden Vorfall ist, dass Angela Merkel das offenkundig ungestraft tun konnte. Niemand aus dem Politikbetrieb rührt auf, in den Medien gibt es entweder keinen Kommentar dazu oder lediglich einen Hinweis darauf, dass man sich irgendwo da draußen im Internet darüber empört und mehr nicht. Ich will nicht auf die unrühmliche Argumentation aufspringen, dass unserer heutigen Politikergeneration das selbst erlebte Elend aus Weltkrieg und Flucht fehlt, aber man muss keinesfalls in der Öffentlichkeit das genaue Gegenteil mit gewissem Stolz darstellen.

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