Kommen wir im zweiten Teil (hier zum ersten Teil) zur Software des HTC Touch Pro, denn da wird es interessant.
Betriebssystem und Aufsatz
Das Betriebssystem ist Windows Mobile 6.1 aus dem Hause Microsoft. Das ist die Hausplattform von HTC und man kann auch durchaus behaupten, dass HTC seit einigen Jahren der Impulsgeber für Neuerungen in Windows Mobile ist, wenngleich Windows Mobile geschichtlich auf immerhin 12 Jahre Existenz schauen kann. Es funktioniert also inzwischen, auch wenn es im Gegensatz zum iPhone-Interface altbacken daherkommt. Das iPhone ist jedoch nur augenscheinlich die Konkurrenzplattform, denn wenn man beide Systeme miteinander vergleicht, erleidet die Combo iPhone/MacOS sehr schnell Schiffbruch, wenn man es etwas professioneller haben will. Ich verweise in der Beziehung da gern auf einen interessanten Vergleich im österreichischen Vistablog, den ich mit eigenen Erfahrungen mit einem iPhone eines Kunden weitgehend bestätigen kann: Mit wirklich vielen Terminen und Kontakten (wir reden hierbei von mindestens 1.000 Einträgen) macht das iPhone wahrlich gar keinen Spass.
Davon lässt sich Windows Mobile (inzwischen) nicht mehr beeindrucken. Ebenso nicht von der nahtlosen Integration in Outlook, was sinnvollerweise auch erwartet werden darf. Und auch beim Synchronisationstempo hat Windows Mobile die Nase vorn, mein Terminarchiv mit rund 6.000 Altterminen aus zehn Jahren brauchte rund 6 Minuten zum Synchronisieren. Am Rande: Der Datenumzug von meinem MDA Pro auf den HTC Touch Pro dauerte knapp eine Viertelstunde.
Die Touch-Fähigkeiten und das elegante Aussehen des Benutzerinterfaces ist eine HTC-Entwicklung namens TouchFLO. Das ist deshalb notwendig, da Windows Mobile erst ab der geplanten Version 7 eigene Touch-Fähigkeiten mitbringen wird. Und genau das ist auch die Bremse, weshalb Windows Mobile derzeit nur schwerlich in den Consumermarkt kommt, wenn eben der Geräteanbieter sich nicht selbst hinsetzt und etwas programmiert.
TouchFLO kann sich sehen lassen und ersetzt weitgehend den üblichen „Heute“-Bildschirm, steuert aber auch weitere Anwendungen wie beispielsweise den integrierten Browser (ein angepaßtes Opera Mobile) und den HTC-eigenen Mediaplayer. Die Oberfläche wirkt aufgeräumt, wenn auch die Uhr auf der Startseite schon sehr wuchtig-groß daherkommt und die Idee mit den Mails im Briefumschlag als Voransicht schlicht Spielerei ist. Mit einem Klick kommt man jedoch in die normale Mailanwendung und kann im Outlook Mobile seine E-Mails wie bisher lesen. Auch wirkt TouchFLO inzwischen ausgereift, was daran liegt, dass es schon Gerätschaften vor dem Touch Pro mit TouchFLO gab.
Der Medaplayer greift (oder ist?) der Windows Media Player Mobile und greift nahtlos auf einen Windows Media Player auf dem PC zu und läßt sich auch über diesen synchronisieren. Absolut idiotensicher, was aber auch erforderlich ist, da dies ja letztendlich eine Kernkompetenz der Konkurrenz ist.
Anwendungen
Genau das ist das Hübsche an Windows Mobile: Es gibt eine breite Basis an Software, Schwerpunkt dabei auf professionelle Anwendungen. Und das wirklich angenehme ist, dass ich nichts suchen muss, sondern meine bisher genutzten Anwendungen einfach neu installiere. Keine Zentralregierung, die über Anwendungen ihrer Kunden schaltet und waltet, alle Anwendungspakete auf der Speicherkarte und mit einem Klick installiert. Mögen andere vielleicht nicht mögen, für mich ist das schlicht ein Muss an einen Computer, mit dem ich ernsthaft arbeiten möchte.
Eine Reihe von Anwendungen sind bereits im „extended ROM“, also dem zusätzlichen ROM-Bereich für Anwendungen außerhalb des Betriebssystemkernes, beigepackt, darunter Google Maps (was mit dem GPS-Empfänger einwandfrei funktioniert), eine inzwischen obligatorische YouTube-Applikation, der Adobe Acrobat Reader und auch eine interessante Anwendung, die eine angeschlossene Speicherkarte am PC als Laufwerk mounted. Damit erfüllt eine USB-Verbindung richtig viele Aufgaben gleichzeitig: Synchronisation von Kontakten, Aufgaben, Kalender etc., Synchronisation für Medien und Bilder, Ladung des Akku und eben auch Zugriff auf die Speicherkarte. Mit der optionalen Dockingstation wird das alles richtig spannend und der mobile Knecht zu einem richtigen Helfer.
An RAM bringt der Touch Pro etwas magere 288 freie Megabyte mit, was jedoch nicht sehr problematisch ist. Einerseits ist Windows Mobile deutlich sparsamer als seine PC-Kollegen und andererseits ist eine MicroSD-Karte einsetzbar und die gibt es inzwischen schon mit schlappen 8 Gigabyte Speicherkapazität. Anwendungen kann man übrigens sowohl in den RAM, als auch auf eine Speicherkarte installieren.
Usability und Dauerlauf
Grundsätzlich: Ich muss kaum umlernen, Windows Mobile ist Windows Mobile. Hat man einmal die Anwendungen begriffen, ist das universell kompatibel. Die Touch-Fähigkeiten sind nett und auch intuitiv, dennoch ziehe ich derzeit den Stift noch vor, über den ich sehr dankbar bin. Dennoch machen die Touch-Fähigkeiten etwas her, man kann sie durchaus im Tageseinsatz nutzen, sollte sich jedoch durchaus dazu mal die Anleitung antun.
Jedenfalls liegt das Touch Pro angenehm satt in der Hand, mit 165 Gramm (inkl. Akku) gehört es eher zum Mittelgewicht, aber noch problemlos im Rahmen des Tragbaren. Der Akku ist übrigens mit 1.340 mAh ein richtiges Kraftpaket: Die angegebenen Standby-Zeiten von über 460 Stunden mit UMTS mögen zwar üblicherweise Laborwerte sein, dennoch bringe ich den Akku selbst mit viel Herumgespiele an einem Tag kaum zur Hälfte herunter. Hierzu fehlen mir allerdings noch Langzeiterfahrungen.
Ein Fazit
Mit dem Touch Pro ist HTC zweifellos in der Oberklasse der Smart- und PDA-Phone-Hersteller angekommen. Die inneren Werte stimmen und nun sieht auch die Hardware entsprechend nobler und leistungsfähiger aus. Zwar gibt es immer noch sehr kleine Details, die man besser machen könnte – beispielsweise den Spalt zwischen Frontscheibe und Gehäuse mit einem überstehenden Rand zu kaschieren, wie es Apple ziemlich plump beim iPhone macht – allerdings ist das Touch Pro ein echter Meilenstein. Rein vom Gefühl her sind 600 Euro für ein vertragloses Gerät allerdings nicht auf Dauer zu halten, im Rahmen von 400 bis 500 Euro wäre es aber zweifellos ein Platzhirsch.
Was preislich übrigens sehr sehenswert ist (zumindest im Gegensatz zu Konkurrenzgeräten in der Preisklasse), ist das Originalzubehör. Die passende und ordentlich verarbeitete HTC-Handytasche mit Gürtelclip kostet – schlappe 15 Euro.
Von der Größe her ist für mich der Touch Pro allerdings am absoluten Limit angekommen, weniger geht mit einer „richtigen“ Tastatur keinesfalls mehr, wenn man nicht mit einer Pinzette schreiben will. Das spiegelnde Display wird für Brillenträger schon grenzwertig sein, aber auch für Nicht-Brillenträger wird das Lesen von kleinen Buchstaben mit nicht ruhiger Hand schon kompliziert genug.
Was HTC noch lernen muss, ist den Aufbau der eigenen Marke. Zwar hat es lange Jahre nun auf die Weise geklappt, Gerätschaften über die Mobilfunkbetreiber als MDA, XDA, VDA unters Volk zu bringen, allerdings hat dies den Nachteil, dass dies komplett am Konsumenten vorbeigeht, da er den eigentlichen Hersteller nicht kennenlernen kann. Dazu gehört dann aber auch eine bessere Vermarktung und vor allem eine informativere Homepage. Es bleibt abzuwarten, ob an diesen Stellen HTC zukünftig Mut und Selbstbewusstsein beweist.
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