Während meines Praktikums blieb mir vor allem ein Tag besonders in Erinnerung: Der 2. Januar 1996, ein Dienstag. 9 Uhr, Besim hat auf dem Matte zu stehen, also vor genau 25 Jahren. Das Problem war nämlich, dass ich seit meinem Praktikumsbeginn im September nur schlappe 5 Tage Urlaub hatte. 5 Tage. Ich begann nämlich mein Praktikum verspätet und nach Absprache mit der Personalabteilung rechneten wir einen Großteil meiner Urlaubstage auf diese Besim-noch-nicht-im-ZDF-Tage und dafür bekam ich mein Praktikantengehalt von 700 Mark auch schon für den September. Zurück zum 2. Januar 1996, ein Dienstag.
Was natürlich das Problem ist, wenn man am 2. Januar 1996 beim ZDF in Mainz das neue Jahr beginnt – es sind bedeutend weniger Mitarbeiter im Haus und damit auch viel weniger Kamerakollegen, denen ich irgendwie hätte zur Hand gehen können.
Mein Kamerachef kam dann irgendwann auf mich zu und brummelte etwas ratlos, ich solle doch einfach mal auf Entdeckungstour im Haus gehen. Einfach fragen, brav den Praktikantenausweis zeigen und den Leuten nicht übermäßig auf den Zeiger gehen.
Kurzum: Es war der mit Abstand eindrücklichste Tag in meiner Zeit auf dem Lerchenberg. Denn tatsächlich ging ich einfach überall hin, klopfte an die Tür (wenn sie überhaupt verschlossen war), zeigte brav meinen Praktikantenausweis und löcherte die Kollegen. Und tatsächlich waren ausnahmslos alle Mitarbeiter, die ich so anquatschte, sehr auskunftswillig und froh, dass man zumindest mal ein kleines Schwätzchen halten konnte. Bis in die Regieräume der Studios schaffte ich es, selbst in die eigentlich wirklich penetrant bewachte Regie des Nachrichtenstudios, damals noch in der Mitte des Sendezentrums. Oder in den Bereich der Sendeabwicklung, wo man gar nicht erst einfach so hinein konnte, weil zwar vor dem Eingang unerklärlicherweise ein Sofa stand, die Türen aber außen keinen Türgriff hatten. Dort zu sehen, wie buchstäblich das Programm gefahren wird, war schon einer der wenigen Momente in meinem Berufsleben, wo ich wirklich Ehrfurcht empfand. Einfach mal frech auf den Eject-Knopf eines laufenden Zuspielers drücken (damals kamen die Programmteile vom Band) und schon wäre das ZDF-Programm (zumindest für ein paar Sekunden) kaputt gewesen. Mein Praktikum in diesem Moment dann allerdings wohl auch.
Diese Offenheit der Kollegen, selbst gegenüber einem völlig belanglosen Praktikantenkollegen, war das, was an diesem Tag dafür sorgte, „das Haus“ zu verstehen. Das ist nicht einfach nur ein Fernsehsender, das ist auch nicht einfach nur der Zuschussgeber für ein verbilligtes Mittagessen oder der Finanzier der späteren Pension, sondern das ist Auftrag und der Auftraggeber sitzt zu Hause vor dem Bildschirm.
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