Vor einigen Tagen noch über CyanogenMod geschrieben und jetzt ist das Projekt tot … das wollte ich nicht!
Aber Spaß beiseite: Dass es im CyanogenMod-Projekt rumort, war leider nichts neues. Und es lag tatsächlich nicht an CyanogenMod selbst, sondern vornehmlich an der Cyanogen Inc., dem kommerziellen Unternehmen, das aus dem Projekt heraus gegründet wurde. Einer der Gründer ist Steve Kondik, der maßgebliche Entwickler hinter CyanogenMod.
Die Cyanogen Inc. wurde gegründet, um CyanogenMod auch für Smartphone-Hersteller interessant zu machen. So weit, so interessant. Das Problem war, dass neben Steve Kondik auch andere Leute an der Führung des Unternehmens beteiligt waren, die, um es mal freundlich auszudrücken, nicht so sonderlich viel Ahnung von der Materie haben. Denn schon recht bald suchten sich diese destruktiven Leute einen Feind aus, der so gar nicht sinnvoll erscheint, wenn es um Android geht: Google selbst. Tatsächlich begaben sich einige Cyanogen-Leute auf den Kurs, dass man Google Android “wegnehmen müsse”, um es weiterzuentwickeln. Was natürlich völliger Käse ist, da Google Android weitgehend als Open Source bereitstellt und Cyanogen ein lauer Furz wäre, wenn es Android und Google als Maintainer nicht gäbe.
Die Cyanogen Inc. eierte aber auch schon kommerziell recht bald nach der Gründung ordentlich herum, weil es offenkundig weder Konzept noch Strategie gab. Zwar gab es das OnePlus als Smartphone, was mit einem Cyanogen-Ableger von CyanogenMod betrieben werden konnte, aber das OnePlus begeisterte vor allem mit einer völlig bescheuerten Verkaufspolitik, die das Telefon weitgehend zu einem Lotteriegewinn verkommen ließ.
Das Ende der Cyanogen Inc. machte sich im Laufe des Jahres 2016 auch schon bemerkbar durch äußerst sinnlose Pressemeldungen. Man wolle mit Microsoft (!) zusammenarbeiten, man wolle Mitarbeiter entlassen, um das Projekt (welches Projekt?) zu retten und so weiter und so fort. Dass nun am Ende des Jahres die Cyanogen Inc. die Segel streicht und auch Steve Kondik endlich das Unternehmen verlässt, ist dringend notwendig. Denn schon längst hatten viele den Überblick darüber verloren, was eigentlich Cyanogen und CyanogenMod eigentlich sind. Und noch viel schlimmer: Auch in der Entwicklergemeinde rund um CyanogenMod regte sich Widerstand.
Daher auch das Ende von CyanogenMod, denn die Namensrechte hat Kondik ärgerlicherweise der Cyanogen Inc. übertragen. Markenrecht unklar, letztlich aber der Markenname auch verbrannt – da macht man am besten das, was jetzt geboten ist: Einen Namenswechsel.
Der Nachfolger wird “LineageOS” heißen. Daran werden wir uns gewöhnen müssen, aber immerhin steht Steve Kondik wieder dahinter und man hat schon im Vorfeld die gesamten Quellcodes und Entwicklungsumgebungen von CyanogenMod gesichert und möchte hier weitermachen. Ich kann mir auch sehr gut vorstellen, dass hier irgendwo auch Google seine Finger im Spiel hat und Kondik gut zugeredet haben könnte, denn letztlich ist CyanogenMod ein Android-Paradestück. Ein besseres Android und eine bessere After-Sales-Softwarepflege gibt es schlicht nicht.
Zunächst bedeutet das allerdings für alle CyanogenMod-Benutzer, dass es zunächst eine Reihe von Fragezeichen geben wird. Zwar sollen morgen nähere Informationen zum LineageOS-Projekt veröffentlicht werden, aber es ist sehr empfehlenswert, jetzt einmal alle eigenen Smartphones mit installiertem CyanogenMod auf den letzten Stand zu aktualisieren und das jeweilige ZIP-Paket mit dem aktuellsten Stand einmal in Ruhe wegzusichern. Näheres wird es in den nächsten Tagen und Wochen geben.
Deshalb: Der Tod von Cyanogen und CyanogenMod ist auf den ersten Blick bitter, aber unvermeidlich. Es kann jetzt alles nur noch besser werden.
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