Der Preishorror der Adobe Creative Cloud.

Als jemand, der in Sachen Web & Werbung sein Geld verdient und mit externen Dienstleistern regelmäßig Grafikdaten austauscht, komme ich um Adobe-Produkte nicht herum. Das fing einst mit Macromedia Freehand an, das ich sehr geliebt habe, aber irgendwann dann von Adobe eingestampft wurde, das nach seinem Kauf von Macromedia das eigene Produkt namens Illustrator stärken wollte. Und so hangelte ich mich dann bei Adobe-Suiten weiter … Creative Suite 3, Creative Suite 5.5 und aktuell die Creative Suite 6 Design & Web Premium mit dem Hauptbestandteilen Photoshop, Illustrator, InDesign.

Nun ist es traditionell so, dass Adobe-Suiten im Neukauf richtig happig teuer sind. Derzeit kostet die Creative Suite 6 Design Web & Premium als Vollversion runde 2.600 Euro brutto. Für die meisten Kreativen, die bereits eine Adobe-Suite oder upgrade-berechtigte Einzelprodukte besitzen, ist in der Regel der Upgrade-Preis relevant, der zum Beispiel von CS 5.5 auf CS 6.6 etwa 500 Euro brutto beträgt. Hat man die Version 5.5 der Creative Suite übersprungen und will man vom Vorgänger CS 5 auf CS 6 upgraden, sind es schon 1.000 Euro brutto. Variieren können sich die Preise nach oben und unten, je nachdem, wo man das Upgrade-Paket letztendlich kauft.

Nun ist es allerdings so, dass nach derzeitigem Stand die Creative Suite 6 die letzte Version von Adobe ist, die nach dem üblichen Verkaufsschema erhältlich ist. Der Nachfolger der CS 6 nennt sich “Adobe Creative Cloud” und ist auch schon seit einiger Zeit erhältlich. Ausschließlich als Abo-Lösung. Und hier beginnt der Adobesche Preishorror, der derzeit sicherlich einer der größten Preiswucher weit und breit in der Software-Welt gehandelt werden kann.

Das Problem beginnt, dass es im Adobe-Abo-Modell derzeit nur zwei Grundmodelle gibt: Entweder ein Einzelprodukt lizenzieren oder das Gesamtpaket aller Adobe-Produkte. Dieses Gesamtpaket nannte sich in der Creative-Suite-Zeit die “Master Collection”, krönte mit einem Vollversionspreis von über 3.500 Euro brutto die Adobe-Welt und war eigentlich für die allermeisten Anwender weitgehend unbrauchbar, wenn man nicht wirklich Tag und Nacht die wichtigsten Adobe-Produkte ständig im Einsatz hatte.

Das Monatsabo der Creative Cloud kostet bei monatlicher Zahlweise 92 Euro brutto, bei jährlicher Zahlweise 738 Euro pro Jahr. Für ehemalige CS-Besitzer gibt es immerhin eine Rabattierung im ersten Jahr (und nur im ersten Jahr) auf 442 Euro bei jährlicher Zahlweise.

Nun ist es nicht gerade unüblich, dass Adobe-Anwender mitunter nicht auf jede Version aktualisieren, sondern auch mal Versionen überspringen. Dazu gehöre ich auch, weil ich es mir schlicht nicht leisten kann, jedes Jahr mal eben 500 Euro brutto für Software abzudrücken, die ich logischerweise nur als Gemeinkosten in Kundenprojekte verrechnen kann. Und so sieht dann meine “Adobe-Karriere aus:

  • 2007: Kauf von CS 3 damals im Rahmen meiner Dozententätigkeit an einer VHS für 400 Euro.
  • 2011: Upgrade auf CS 5.5 für 700 Euro.
  • 2013: Upgrade auf CS 6 für 500 Euro.

In sieben Jahren kam ich also bei den Upgrades mit einer Gesamtsumme von 1.200 Euro brutto für zwei neue Versionen und zwei übersprungenen Versionen davon.

Zukünftig reichen 1.200 Euro brutto noch nicht mal mehr für zwei Jahre Nutzung aus, wenn ich tatsächlich Adobe-Software nur noch im Abo nutzen kann. Zehn Jahre Nutzung der Adobe Creative Cloud würden mich nach heutiger Preisgestaltung rund 5.000 Euro brutto kosten, selbst wenn ich das erste Jahr den vergünstigten Preis für Upgrader von CS 6 einrechne. 7.000 Euro sind mal eben eine Ausgabensteigerung von fast 320 %!

Mit einer reellen Preisanpassung und praxisbezogenen Produktmodellen hat die Adobe Creative Suite nicht mehr viel zu tun. Hier geht es nur noch um Preisschneiderei unter Ausnutzung einer jahrelang sorgfältig zusammengekauften Monopolsituation. Besonders ätzend dabei ist das aggressive Produktmarketing. Bisher war man es eigentlich von Adobe gewohnt, vernünftig angesprochen zu werden, wenn es um Upgrades geht, auch durchaus mit dem Hintergedanken, dass eben nicht jeder Kreativer auf die jeweils aktuellsten Versionen aktualisiert. Man konnte sich zumindest darauf verlassen, auch mit einer übersprungenen Version noch einen halbwegs vernünftigen Upgrade-Preis eingeräumt zu bekommen.

Die jetzige Produktstrategie ist aber deutlich: Nur die Adobe Creative Cloud ist toll, CS 6 (das immer noch normal erhältlich ist, “wird nicht mehr aktualisiert”, “bekommt nie mehr neue Features” und ist eigentlich grottenschlecht, weil eben die Creative Cloud alle Programme enthält – die kaum jemand wirklich in der vollen Breite nutzen kann.

Tut mir leid, Adobe, aber so wie es aussieht, trennen sich mittelfristig unsere Wege, wenn sich in der Produkt- und Preisgestaltung nicht wirklich etwas bewegt und wieder realitätsnähere Preise angesetzt werden. Der Wechsel auf Konkurrenzprodukte und/oder Open Source wie InkScape und GIMP wird nicht ganz einfach, aber eine andere Wahl lasst ihr mit eurem Preishorror vielen Selbstständigen schlicht nicht.


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Kommentare

5 Antworten zu „Der Preishorror der Adobe Creative Cloud.“

  1. Avatar von Michael
    Michael

    Nicht zu vergessen, dass das Abo praktisch lebenslang gezahlt werden muss, sofern man seine im nativen Format erstellten Dateien weiterhin öffnen können will.

  2. Avatar von Isabel
    Isabel

    Danke, dass das mal jemand anspricht. Es macht mich wahnsinnig, dass dies alle so einfach hinnehmen und sich kaum jemand beschwert. Ich arbeite nur in Teilzeit selbstständig als Grafikerin und habe noch die CS6 Standard Suite. Ich wüsste beim besten Willen nicht, weshalb ich 60 Euro monatlich ausgeben sollte, wenn ich lediglich Illustrator, InDesign, Photoshop, Bridge nutze. Wenn ich mal keine Lust mehr auf das Abo haben sollte, weil ich eine längere Reise mache oder sonstwie längere Zeit nicht arbeite, kann ich die Dateien nicht mehr öffnen. Und obendrein: wielange wird CS6 noch stabil laufen auf immer neuen Betriebssystemen?

    1. Avatar von Besim Karadeniz
      Besim Karadeniz

      Und dass das mit dem Dateiformat gar nicht so abwegig ist, zeigt sich schon heute: CC-Dateien lassen sich unter CS6 nicht mehr öffnen, dabei war es lange Zeit üblich, dass es eine gewisse Abwärtskompatibilität gibt. Und erst vor ein paar Monaten hatte ich das Thema, dass ich alte Freehand-Dateien öffnen musste und das mit CS6 schon nicht mehr ging, mit CS5.5 noch sehr wohl. Dass der Kampf ums Geld via Dateiformaten gekämpft wird, ist gerade bei Adobe um so bitterer, denn mit PDF bewerben sie ja genau ein Format, dass ein einheitliches Dateiformat sein soll.

      Ich habe aber inzwischen weitgehend aufgegeben, darauf zu hoffen, dass Adobe das Abo-Modell aufgibt. Die ziehen das durch.

  3. Avatar von Abo-Hasser
    Abo-Hasser

    Vor allem wenn man über 2–3 Jahre monatlich zahlt, sollte man zumindest bei einem Aussetzen des Abonnements die letzte, bezahlte Version weiter nutzen können. Technisch ist das überhaupt kein Problem und bei vielen kleinen Anbietern Standard. Autodesk ist noch unverschämter und verliert bereits jetzt viele Kunden.

    Ansonsten hoffen wir, dass Affinity auch bald neben der Software Affinity Photo- und Designer auch einen InDesign-Killer anbietet.

  4. Avatar von Mehmet
    Mehmet

    Das Problem ist auch, dass viele (Millionen!) Kreative gar nicht gewillt sind vom Adobe-Zug abzuspringen und zu Konkurrenzprodukten zu greifen, die es ja durchaus gibt! Gerade im Video- und Sound-Editing-Bereich. Es gibt auch Corel und die Affinity-Produkte von Serif. Von den ganzen OpenSource-Programmen abgesehen. Aber sie trauen sich nicht, weil sie feige sind, und sich stattdessen lieber in die pure Abhängigkeit von Adobe begeben. Aber die werden schon noch aufwachen, wenn sie in 5 bis 10 Jahren sehen, was sie für Unsummen an Adobe Jahr für Jahr gezahlt haben.

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