Ich gebe es auf – ich halte die CDU und die CSU nicht mehr einfach nur deshalb für eine nicht wählbare Partei, weil ich in der SPD bin, sondern weil beide Parteien inzwischen nachweislich unfähig sind, sich mit der modernen Kommunikations- und Unterhaltungswelt sinn- und verantwortungsvoll auseinanderzusetzen. Den Ausschlag dazu (und ich lege Wert auf die Feststellung, dass dieser Ausschlag nur der allerletzte Krümel ist, der bei mir den Steinschlag auslöst) gibt die heute von der Innenministerkonferenz ausbaldowerte Losung, dass so genannte Killerspiele in Deutschland verboten werden sollen.
Das ist nichts als purer Populismus und dafür gibt es eine Reihe von Gründen:
- So genannte Killerspiele sind in praktisch allen Fällen bereits nicht für Jugendliche käuflich zu erwerben und dürfen nur gegen Altersnachweis verkauft werden. So wie im übrigen auch Horrorfilme und harte, alkoholische Getränke.
- Ein Verkaufsverbot führt zu nichts, weil Konsumenten von Computerspielen sich diese Spiele auf anderen Wegen und aus anderen Ländern kaufen. Das ist nicht die Zukunft, das ist die Gegenwart, denn die meisten Ballerspiele sind in der Deutschland-Fassung bereits herunterdividiert. Das wissen auch die Hersteller von entsprechenden Spielen, die neben den Deutschland-Versionen meist noch Europa-Versionen produzieren, die unter anderem eben auch die deutsche Sprachfassung enthalten. Gekauft werden diese Fassungen dann einfach im Ausland und der deutsche Verkäufer von Computerspielen schaut einfach mal in die Röhre.
- Es fehlt immer noch der schlüssige Nachweis, dass der Konsum von Killerspielen in einem kausalen Zusammenhang mit grundsätzlich in homöopathischen Dosen auftretenden Amokläufen Jugendlicher steht. Betrachtet man die Einzelfälle, kommt man immer zum Ergebnis, dass sich der betroffene Amokläufer in einem schweren Seelenzustand befand und einen sträflich einfachen Zugang zu Waffen hatte. Der reine Besitz von Killerspielen und eine mögliche Vermutung, dass er am Vorabend gar diese Spiele genutzt hat, erklärt gar nichts. Genauso gut könnte man argumentieren, dass ein übermäßiger Konsum von koffeinhaltigen Getränken unmittelbar vor dem Amoklauf einen kausalen Zusammenhang mit dem Amoklauf haben könnte.
- Rein politikhandwerklich betrachtet ist dieser Verbotsantrag der Innenministerkonferenz eine Nullnummer, denn der Bundesrat entscheidet nichts, sondern empfiehlt. Das Ding geht also erst mal an die Bundesregierung und dann an den Bundestag, muss debattiert werden. Die Empfehlung, dass der Bundestag da möglichst schnell entscheidet, ist lieb gemeint, allerdings praktisch unlösbar, da der Deutsche Bundestag nur noch zwei Sitzungswochen bis zur Bundestagswahl im September hat.
Zu denken gibt nach wie vor, dass die Politikerkaste, die über Recht und Ordnung im Lande waltet, nach wie vor nicht begriffen hat, dass neue Medien von heute die Zukunft von morgen darstellen und man mit Verboten nichts, aber auch rein gar nichts tut, außer reinen Populismus zu betreiben und ganze Gesellschaftsschichten zu kriminalisieren, von der man glaubt, dass sie sie einem ja doch nie wählen würden. Das ist “Team Zukunft”? “Wir in Europa”? Das ist tiefstes Mittelalter!
Mit dieser generellen Rückwärtsgewandtheit und einer offenen Feinschaft gegenüber neuen Technologien und der Jugend wird aber der größte Kardinalfehler begangen, den man nur tun kann: Denn wenn junge Menschen aus der Überzeugung, dass die politische Klasse sie nicht versteht, nicht mit ihr spricht und sie wenig fundiert bevormundet, am Ende aus Prinzip gar nicht mehr wählen geht, dann entsteht der schwammige Spielraum, der den ganz radikalen Vollidioten plötzlich die Chance gibt, in Parlamente einzuziehen.
Aus diesem Grund sollte man sich überlegen, welche zukunftsgerichtete Partei man wählen möchte. Was man allerdings gar nicht wählen darf, sind Parteien, die ganz offen den Rückspiegel als Fenster in die Zukunft sehen.
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