Rechnen für die Völkerverständigung.

Puh, wo fängt man am besten bei diesem Thema an? Am besten von vorn: Also, es gibt im Internet so genannte Distributed-Computing-Projekte. Das sind meist nichtkommerzielle Forschungsprojekte von Universitäten und Forschungsinstituten, die zur Untermauerung einer These oder zur Suche nach bestimmten Lösungen Rechenzeit benötigen. Sehr viel Rechenzeit. Einer der ältesten Distributed-Computing-Projekte ist das SETI@home-Projekt, das radioteleskopisch aufgenommene Bilder des Weltalles durch Computer nach nicht-natürlichen Radiosignalen auswerten lässt. Die klassische Suche nach der Nadel im Heuhaufen, die man nur detailiert machen kann, wenn auch genügend Rechenzeit zur Verfügung steht.

Weil die Anschaffung und der Betrieb eines Großrechners eine grundsätzlich nicht billige Angelegenheit ist und es das Internet gibt, hat man sich überlegt, dass man solche Aufgabenberge in kleine Datenhäppchen aufteilen und die dann von Freiwilligen im Internet mit speziellen Clients ausgewertet werden könnten. Diese schicken dann die Ergebnisse wieder an das Projekt zurück und hat so einen virtuellen Großrechner, der den echten Kaventsmännern in nur wenig Dingen nachsteht. Schon längst ist BOINC und damit die “Rechenkraft des Internets” in der wissenschaftlichen Fachliteratur verewigt worden, weil es selten so gut gelungen ist, Ressourcen in der Öffentlichkeit, die einfach nur brachliegen (und ungenutzte Rechenzeit von Milliarden von Computern weltweit ist genau das), intensiv für wissenschaftliche Forschung einzuspannen und das für verhältnismäßig wenig Geld.

Das Thema richtig “social-networked” angegangen ist das SETI@home-Team, das die Kraft des Netzwerkes selbst erfahren hat und daraus mit dem BOINC-Projekt ein Framework schuf, mit dem auch andere rechenintensive Projekte verhältnismäßig einfach als Distributed-Computing-Projekte aufgezogen werden können. Mit diesem Framework gibt es inzwischen schon eine Vielzahl solcher Projekte weltweit, was den großen Vorteil hat, dass interessierte Benutzer, die die Rechenzeit ihres Computers für solche Projekte zur Verfügung stellen wollen, schlicht nur den für ihr Betriebssystem passenden BOINC-Client installieren müssen und sich dann einfach an einem Projekt anmelden können.

Ein solches Projekt POEM@home am Forschungszentrum Karlsruhe, das sich, wie einige andere Projekte auch, mit dem Thema Proteinfaltung beschäftigt. Proteine – im Volksmund nennt man sie auch Eiweiße – haben eine elementare Funktion in Mensch und Tier und wenn man viel über Proteine herausfindet, erhofft man sich daraus unter anderem Heilungsansätze für viele Krankheiten. (Wäre das nicht mal etwas, über das Herr Doktor mal etwas weiterführendes schreiben könnte, auch wenn er Physiker ist?)

Damit es den Benutzern, die sich den BOINC-Client installiert haben und einem (oder mehreren) Projekt(en) beiwohnen, nicht langweilig wird, gibt es Statistiken, mit denen man sich messen kann. Ist mein Computer bzw. sind meine Computer die flottesten? Welche Nationalitäten sind die rechenintensivsten? Welches Betriebssystem ist am stärksten vertreten? Und so weiter. Und damit das dann auch im größeren Rahmen Spass macht, gibt es Teams, in denen sich Benutzer organisieren können.

Ein solches Team ist das Team SETI.Germany, das schon seit Jahren existiert und seine Wurzeln (wie es der Name schon herausklingen lässt) im SETI@home-Projekt hat, denn dort wurde die erste, gleichnamige Gruppe gebildet, vornehmlich von deutschen Nutzern. SETI.Germany spielt bei allen BOINC-Projekten vorne mit und pflegt durch Spenden seiner Teilnehmer ein eigenes Forum, in dem die Teilnahme an BOINC-Gruppen koordiniert wird und man sich auch “einfach mal so” gut unterhalten kann.

Eine ziemlich coole Aktion hat sich nun die Truppe von SETI.Germany zusammen mit einer französischen BOINC-Gruppe namens L’Alliance Francophone ausgedacht. Warum nicht mal etwas gemeinsam in einem Forum schnacken und nebenbei einem kleineren BOINC-Projekt helfen? Aus der Idee ist dann ein konkretes Projekt geworden, das ein eigenes Forum hat und nun vom 24. Januar bis 8. Februar zusammen in einer eigenen Gruppe namens Charity Team exklusiv für POEM@home rechnet und schon jetzt das drittgrößte Team bei POEM@home ist.

Das, Herrschaften, ist angewandte Gemeinnützigkeit und modernste Völkerverständigung im Lichte des Internets.


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Kommentare

2 Antworten zu „Rechnen für die Völkerverständigung.“

  1. Avatar von Wolfgang

    Hier könnte ich auch sagen: Pu wo fängt man bei dem Thema an? Vor allem scheint mir das ein Problem zu sein, dass …

    > Weil die Anschaffung und der Betrieb eines Großrechners eine grundsätzlich nicht billige Angelegenheit ist und es das Internet gibt,

    … nach meiner Auffassung es nichts preiswerteres gibt als der Betrieb eines Großrechners, jedenfalls für solche Aufgaben. Alleine der zusätzliche Stromverbrauch dürfte nicht unerheblich sein.

  2. Avatar von Thorsten

    Völkerverständigung einmal anders: Tokio Hotel rocken Amerika , und hier wird’s so kompliziert gemacht – Puhhhh… 😉

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