SPIEGEL ONLINE kann ja auch auffallend differenziert über den „Graswurzeljournalismus“ schreiben, was ja schon mal eine wirkliche Neuigkeit ist. Aber Christian Stöcker arbeitet schön heraus, dass im Falle der Terroranschläge von Bombay so Dienste wie Twitter blitzschnell als informelle Informationspipeline funktionieren können, es dann aber an zwei Punkten hapert:
- Authentizität
Ist derjenige, der Nachrichten meldet, auch wirklich vor Ort? Ist er vertrauenswürdig? Ist er neutral? - Informationsfülle
Viele schreiben, noch viel mehr werden diese Texte rezitiert, aber nur die wenigsten sortieren und arbeiten auf, ziehen Rückschlüsse, machen Analysen. Und das möglicherweise nicht nur, weil sie nicht könnten, sondern auch, weil sie nicht wollen, Stichwort: Häppchenjournalismus a la Boulevardmagazin.
Ja, ich lehne mich dabei heraus, aber das tue ich bewusst, weil ich bekanntlicherweise schon seit einer Weile auch darüber staune, wie die herkömmlichen, klassischen Medien immer stärker Marktanteile und ihre bisherigen Einnahmequellen verlieren, aber es gerade bei solchen Katastrophen und Geschehnissen auf Unabhängiges ankommt. Damit will ich nicht sagen, dass per se der Bürgerjournalismus Käse ist, sondern damit will ich sagen, dass es im Ernstfall unglaublich komplex werden kann, zwischen Bürgerjournalismus und Propaganda zu unterscheiden. Ein Medium abzuschalten, ist eine klare Sache, aber wenn jemand ein Medium missbraucht und dieser Missbrauch nur deshalb nicht erkennbar ist, weil eben jeder schreiben kann, dann ist das eine bedenkliche Situation, die die Gesellschaft eigentlich nur verwundbarer machen würde.
Wo ist da nun die Conclusion? Nun, ich denke, das wird weiterhin nach dem Prinzip der Auslese passieren, die nun bei den klassischen Medien noch einmal einen Schub bekommt. Mittelfristig werden die Großen überleben und die Kleinen entweder eingehen oder aufgekauft werden, aber langfristig wird es eben nur noch funktionieren, in dem sie noch stärker genau das verfolgen, was ein(e) überparteiliche, neutrale Zeitung/Fernseh-/Radioprogramm ausmacht.
Ob in Zukunft deshalb noch weiter Platz ist für eine Reihe von Vollprogrammen und ob in Zukunft tatsächlich auch noch Raum für eine oder gar mehrere Lokalzeitungen gibt, wird eine spannende Frage bleiben.
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