Nun, um die ursprüngliche Idee, die hinter netplanet steckt, zu ergründen, muss ich nochmal sehr weit zurückblättern, nämlich über ein Jahr zurück in den Sommer des Jahres 1997. Mein erster Sommer mit einem „richtigen“ Internet-Anschluss zu Hause, richtig mit einem 28,8-Modem und Netscape 3. Damit fing ich an und hatte als erstes, was ich im Netz anstellen wollte, meine obligatorische eigene Homepage im Sinn, die inzwischen mehr als legendäre „Besim-Karadeniz-Homepage“, die mittlerweile nur noch bei mir auf der Festplatte im Giftschrank existiert. Richtig mit grellem Hintergrund, einer etwas entsetzlichen Personenvorstellung, ein paar Texten über GSM, ein paar uralte Windows-Tipps und einem Webcounter mit zehn Stellen, davon sieben voranstehende Nullen.
Nach relativ kurzer Zeit merkt man als einfältiger Homepage-Bastler, dass es das irgendwie nicht ist. Da sitzt man vor der Kiste, fummelt hier an HTML-Tags herum und bearbeitet dort ein Foto, aber interessieren tut das letztendlich niemanden wirklich und selbst bringt es einen auch nicht wirklich voran. Ich spielte deshalb mit dem Gedanken,in meiner „Besim-Karadeniz-Homepage“ einen Bereich einzurichten, der sich mit der Idee des Internet beschäftigen sollte. Das interessierte mich und ich nahm mir dabei die Arbeitsweise eines gewissen Stefan Münz als Exempel, der seinerseits schon mit seiner HTML-Dokumentation namens SelfHTML eine Berühmtheit im beschaulichen Schuppen des deutschsprachigen World Wide Web war.
Überhaupt, Stefan Münz und SelfHTML: Das, was Stefan mit SelfHTML seit 1996 gebaut hatte, imponiert mir auch heute noch rückblickend zutiefst. Da setzt sich ein Kerl, ebenfalls Quereinsteiger, hin, lernt aus weitgehend englischen Quellen HTML und schreibt nebenher eine deutschsprachige Dokumentation, mit der er primär sein Erlerntes vertieft und durch das kostenlose Veröffentlichen im Web mehreren Generationen von Onlinern das Web erklärt und Web-Entwicklern das Leben erleichtert. Das hat mich damals im Frühjahr 1997, als mir jemand SelfHTML als Tipp mailte, vom Stuhl gehauen. Diese Arbeit!
Stefan Münz war deshalb auch jemand, dem ich schon sehr frühzeitig einen Stand von netplanet mailte, nämlich im Januar 1998. Seine Antwort vom 22. Januar 1998, die mich „Nobody“ damals unglaublich motivierte und heute erstaunlicherweise zutiefst berührt, habe ich immer noch:
Hallo Besim,
endlich bin ich einmal dazu gekommen, in Deinem Dokument ueber die Netzwelt zu lesen – das gefaellt mir super!!!
Da hast Du Dir natuerlich einiges an Stoff vorgenommen und musst sicher noch ziemlich viel redaktionelle Arbeit reinstecken. Aber das Layout ist sehr ansprechend und der Aufbau ist uebersichtlich. Ich hoffe, dass Dich dies ermuntert, weiterzumachen und die Netzgemeinde demnaechst dieses informative Werk zur Verfuegung gestellt bekommt – vor einem halben Jahr hab ich als Kundenauftrag auch mal eine Einfuehrung ins Internet, mit Diensten, TCP/IP, Zugang usw. schreiben muessen. Damals habe ich viel im Netz nach Information gesucht – das meiste war aber einfach nicht ausfuehrlich genug. Genau das ist Dein Plus.
Viele Gruesse,
Stefan Muenz
Ich fing also an, zu sammeln und für mich eine – recht bescheidene – Dokumentation des Erlernten zu schreiben. Ein gewisser Freund namens Timo Fuchs, mit dem ich es schaffte, vier Monate lang ausschließlich elektronisch zu kommunizieren, obwohl wir 1,5 Kilometer Luftlinie weit weg wohnten, war dann, ohne zu übertreiben, der Pate des Ganzen, der die Idee der Dokumentation weiter zu einer Homepage spinnen konnte, und zwar außerhalb meiner piefigen Homepage auf einer eigenen Domain.
Dazu kam dann der glückliche Umstand, dass der Provider eines anderen Gefährten namens Jochen Stahl, ebenfalls von meinen Plänen hörte und spontan etwas sehr bemerkenswertes tat: Er bot das Sponsern des Webhostings an, ohne eine Gegenleistung. Dieses Angebot des Providers, inzwischen seit dem Jahr 2000 mein Arbeitgeber, machte spätestens die Sache wirklich heiß, denn nun musste die Idee auch tatsächlich realisiert werden.
Ich schrieb und schrieb und schrieb, löcherte genügend Menschen mit Fragen und entwickelte nach und nach das, was heute netplanet heißt. Übrigens hieß das Ding ganz am Anfang „net-world“, dann „networld“ und dann erst – nachdem der Begriff „networld“ als Domain-Name unter keiner Top-Level-Domain mehr frei war – „netplanet“, da ich die Domain netplanet.org ergattern konnte. So sah übrigens mal das Logo aus, damals noch gezeichnet in CorelDraw:
Richtig hektisch wurde es dann im Juli 1998, als ich die Gelegenheit am Schopfe ergriffen hatte und einen beruflichen Wechsel avisierte. Bis dato arbeitete ich als freier Kameraassistent für das ZDF in Stuttgart und keine wirklich rosige Aussicht auf einen Zeitvertrag oder gar eine Festanstellung, allerdings mit 23 Jahren eben schon diverse finanziellen Verpflichtungen, die ein geregeltes Einkommen bedingten. Der Internet-Boom erfasste vorläufig auch Pforzheim und bei der damaligen Firma Seitz ergab sich ein freier Posten im Customer Support, der schon damals nur online angeboten wurde und auf den ich mich auch damals online bewarb. netplanet war da, wenn auch noch nicht online, ein Stückweit eine Referenz dafür, dass ich mich mit dem Thema sichtbar beschäftigte.
Den Job bekam ich, fing am 2. August 1998 um Punkt 9 Uhr an und rund 8 Stunden vorher ging netplanet online, wenn auch mit einem kurzfristig ziemlich heruntergestrippten „Notprogramm“. Vermutlich wird sich Timo noch ziemlich genau daran erinnern. 😉
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