Das Webmaster-Postfach der SPD Pforzheim ist im Laufe der Zeit ein richtiges, kleines Sammelbecken der Gesellschaft geworden. Neben dem üblichen Spam gelangen da allerlei Nachrichten hinein: Pressemeldungen, Bestellformulare für Werbemittel, Mails, die eigentlich an die SPD-Gemeinderatsfraktion gerichtet sind, teilweise Nachrichten von Genossen aus dem ganzen Land und gelegentlich auch Austrittsgesuche.
Nun müsste ich mich eigentlich nicht sonderlich darum bemühen, sondern könnte es einfach machen und die Austrittsgesuche freundlich an die SPD-Geschäftsstelle weiterleiten. Ganz so einfach machen wir das aber den Austrittswilligen nicht, denn wir hätten schon gern gewusst, warum ausgetreten werden soll. Einfach, weil das zur Höflichkeit gehört, zumindest einmal nachzufragen und weil es nicht selten vorkommt, dass eine Reihe von Missverständnissen existierten, die nach einigen klärenden Worten den austrittswilligen Genossen dazu bringen, doch zu bleiben.
So auch am Sonntag, als so ein Austrittsgesuch von einem Genossen kam, der wissen wollte, wie man das denn rechtsgültig macht. Also zurückgeschrieben, dass man das bitte schriftlich und formlos gegenüber der SPD-Geschäftsstelle bekunden solle, gern wüsste ich aber, rein Interesse halber, die Gründe des Austritts. Und dann ging es los: Ein Schwall von weitgehend persönlichem Frust, garniert mit dem üblichen Geschimpfe auf Hartz IV, den höheren Genossen, von Schweinen, die ihre Schlächter selbst suchen würden, der bösen Globalisierung, Auspuffrohren, die von VW stammen, aber dennoch aus China kämen und pipapo. Im Stakkato, überreagierend, beratungsresistent und letztendlich immer weiter abfällig schreibend.
In meiner ersten Antwortmail hatte ich noch versucht, einigen der größten Denkfehler mit Gegenargumenten entgegenzutreten, allerdings waren die weiteren Mails des Herrn Genossen weitere Schimpftiraden, so dass man sehr schnell zur Erkenntnis kam, dass da jemand nicht einfach nur austreten will, um seine Meinung kundzutun, sondern dass jemand irgendeine vermeintlich schmerzhafte Meinung kuntun möchte, um ausgetreten zu werden, vermutlich deshalb, um dann einfach noch ein bisschen besser schimpfen zu können.
Nun, da sind so Leute bei mir grundsätzlich an der falschen Adresse. Entweder, wir argumentieren sachlich oder wir lassen es bleiben. Nachdem der Herr Genosse dann in seiner argumentativen Sackgasse, in die er sich langsam aber sicher hineinmanövriert hatte, nichts besseres mehr einfiel, mir und dem Rest der SPD einfach jeglichen Sachverstand abzureden, ging ich einfach mal ins Bett. Read liberal, write conservative but sleep a night about it. Jahrelange Usenet-Erfahrung, die sich im politischen Nahkampf wertvoll bezahlt macht.
Heute mittag war ich dann mal kurz in der hiesigen SPD-Geschäftsstelle, um das endgültige Okay für das Versenden von Einladungen zu geben, als mich die Büromitarbeiterin zur Seite nimmt und meint, dass das ja schon toll sei, dass ich mich da so abmühe bei dem Kandidaten, dass das aber in diesem Fall gar nichts bringt, da der Herr Genosse, um den es da geht, schon seit 1999 aus Gründen unbezahlter Mitgliedsgebühren gar nicht mehr in der SPD sei. Na danke.
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