Irgendwie ist es schon wieder süß, wie Google in ersten Äußerungen darauf reagiert, dass Microsoft Yahoo kaufen möchte. David Drummond, seines Zeichen „Senior Vice President“ von Google und der Hausjustiziar, macht dabei eine PR-technisch schulbuchmäßige Äußerung, schön in der klassischen Gut-Böse-Gut-Argumentation. Also angefangen mit den ersten Gut-Argumenten:
Im ersten Absatz behauptet er, dass Google und Yahoo für nicht weniger als die Offenheit des Internets stehen würden. Gute Ideen, die Nutzer sinnvoll finden, würden sich schnell verbreiten, Unternehmen sich drumherum bilden und die Nutzer würden von den Innovationen profitieren. Das sei das, was das Internet aufregend machen würde.
Im dritten Absatz leitet Drummond dann die Überleitung zur Böse-Argumentation ein: Die Microsoft-Offerte würde Fragen aufwerfen. Das sei ja alles mehr als nur eine finanzielle Transaktion, denn es würde die grundlegenden Regeln des Internet betreffen: Offenheit und Innovation. Könnte Microsoft nun den gleichen Weg bestreiten wie mit dem PC, die gleiche illegale Weise, proprietäre Monopole auf einer eigenen Plattform zu bilden, während das Internet auf Innovationswettbewerb basiert?
Der vierte Absatz ist dann die Zuspitzung: Könnte der Kauf von Yahoo es Microsoft ermöglichen, die unfaire Praxis bei Browsern und Betriebssystemen zu verstärkten? Microsoft hätte mit Yahoo eine gewaltige Größe im Bereich des Instant Messaging und bei Webmail und beide haben die am stärksten besuchten Webportale im Internet. Könnte es nicht sein, dass dieses Zusammenkommen mit einem PC-Softwaremonopol den Zugriff von Nutzern auf alternative Dienste einschränkt? Regulierer und Kartellbehörden weltweit hätten nun diese Fragen zu stellen und sie Nutzern gegenüber zu beantworten.
Im fünften Absatz wird dann wieder in die Gut-Argumentation mit einem Appell auf Good-Hopes umgeschwenkt. Google würde ja die Offenheit des Internet, die Möglichkeit der Alternativen und der Innovation sehr ernst nehmen, denn das sei ja immerhin die Basis ihrer Kultur. Sie seien fest davon überzeugt, dass zuerst die Interessen des Nutzers kämen und deshalb die Auswirkungen des geplanten Kaufs untersucht und Alternativen ausgelotet werden sollten.
Starker Tobak, den Drummond da in seine Kriegspfeife hineinkrümelt. Und nicht sehr überzeugend, wenn diese Worte von einem anderen Monopolisten daherkommen. Denn Drummond hat in seinem ersten Absatz schon mal die Fortsetzungen „innovativer“ Ideen und Unternehmen weggelassen: Innovative Ideen werden von Platzhirschen für illusionäre Preise gekauft, zunächst einfach mal weiterbetrieben, während dann nach und nach die Anforderungen des neuen Mutterkonzerns eingetrichtert werden. MySpace wird auf Konzernrichtlinien der Fox-Gruppe gebracht, Flickr bekommt über Nacht kaum dokumentierte Filterrichtlinien, Skype verliert nach dem Eigentümerwechsel einen Großteil seiner Besatzung etc. etc. Wobei bei Yahoo noch das Extrem dazu kommt, dass die Unternehmensphilosophie (freundlich ausgedrückt) eigentlich gar nicht vorsah, die gekauften Dienste vernünftig unter eine einheitliche Decke zu bringen.
Und von unfairer und denkwürdiger Praxis ist auch Google nicht weit entfernt. Das Anbiedern seiner Dienste bei totalitären Regimes mit entsprechender „Überarbeitung“ des Contents für „zielgerichtete Positionierung“ ist ein wunder Punkt, die grundsätzliche Datensammelwut ein ganz anderer, der Google beileibe nicht zum liebenswürdigen Unternehmen für Offenheit und Transparenz macht. Genau das beim Generalkonkurrenten anzuprangern, also Intransparenz und Monopolpflege, ist schon ein sehr dürftiges Argument. Ist ja nicht so, dass Google nicht gern selbst Yahoo einheimsen würde – wenn es denn ohne Probleme bei den Regulierern und Kartellbehörden durchgehen könnte.
In Wirklichkeit gehen bei Google vermutlich alle Hintern ziemlich auf Grundeis bei dem Gedanken, dass die beiden Unternehmen, die schon lange vor Google im Internet präsent waren, sich verbünden könnten, um auf diese Weise Google den Großangriff zu erklären. Offenheit und Transparenz sind da völlig deplatziert wirkende, platte Attitüden, damit hat auch Google schon seit langem nichts mehr zu tun.
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