Wo wir gerade beim ZDF sind. Offenbar sind dem ZDF jetzt auch noch die Gebührengelder ausgegangen, denn heute habe ich im Mittagsmagazin einen interessanten Beitrag zum heutigen Bahnstreik gesehen. Der Beitrag sollte Stimmungsbilder vom Bahnhof liefern und tat das eigentlich relativ normal. Aber irgendwie war der Beitrag nicht gut geschnitten. Zwischen den Statements einiger verärgerter Bahnkunden gab es verhältnismäßig lange Pausen, die Bilder waren irgendwie nur schlecht im Lichtkontrast abgestimmt. Das interessierte mich dann doch näher.
Dass an dem Beitrag etwas seltsam war, kam dann noch an einigen anderen Dingen durch. Zum einen gab es beim 16:9-Bild keinen richtigen Weitwinkel. Das ist eher untypisch für professionelle Kameraaufnahmen, denn jeder vernünftig denkende Kameramann flanscht für Indoor-Aufnahmen sein Weitwinkelobjektiv auf die Kamera, weil es die Arbeit flexibler macht. Was mich dann vollends perplex machte, war der Bildausschnitt bei den Statements, die der Reporter bei den Kunden auffing. Der Interviewpartner war nicht vernünftig im Bildausschnitt, das Bild wackelte und einige Gesprächspartner machten verdächtige Blickwechsel zwischen dem Reporter und der Kamera. Als ich dann noch sah, dass das Bild in solchen Situationen oft nicht in der Waagerechten stand und die Fragen bzw. Antworten irgendwie mehr gestelzt bzw. verwundert klangen, wurde es klar: Das ist eine Einmannreportage gewesen mit einem eher kleinen Camcorder, eingebautem Mikrofon und externem LCD-Bildschirm gewesen. Und bei den Statements hat der Reporter einfach den Arm mit dem Camcorder herausgestreckt, gelegentlich auf den externen Bildschirm zum Nachjustieren geschaut damit und den seitlich stehenden Kameramann simuliert.
Auf den ersten Blick mag man darüber begeistert sein, dass man heutzutage mit relativ wenig Technik schon Fernsehen machen kann. Kein Thema, ist wirklich fast so. Ich habe einen HDV-Camcorder, der nicht nur subjektiv ein Bild in Fast-Broadcast-Qualität mit Full-HD liefert, sondern vom optischen Ergebnis in 75 % aller Aufnahmesituationen locker das übertrifft, was früher für 100.000 Mark auf den Schultern von Kameramännern lag.
Auf den zweiten Blick ist das aber eine schlechte und bedenkliche Entwicklung, wenn Fernsehanstalten das als Ansporn sehen, gleich zwei Drittel eines Kamerateams einzusparen und den Reporter gleich mit dem Filmwerk auszustatten. Denn das optische, akustische und leider auch journalistische Ergebnis leidet bei solchen Himmelfahrtskommandos deutlich und stellt das Werk nahe an die eher peinlichen Homevideo-Werke, in denen ziemlich deutlich wird, dass der Kameramann seinen Job mit einem Showmaster verwechselt. Aber vermutlich interessiert das inzwischen auch das ZDF nicht mehr sonderlich.
Anschauen kann man sich das Werk in der ZDF Mediathek unter http://www.zdf.de/ZDFmediathek/content/338050. Vorsicht, ohne Pop-Up gehts leider nicht.
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