• Lorem amet Coke.

    Eine nette und völlig belanglose iPad-App von Coca-Cola mit dem außergewöhnlichen Titel „Heritage“ widmet sich der bewegten und an einigen Stellen hübsch zurechtgefalteten Geschichte der Imperialistenbrause des zuckerhaltigen Getränks. Solche Apps, die offensichtlich irgendetwas darstellen wollen, auch wenn nicht so ganz klar ist, was genau, gibt es genügend. Viele sind sogar gut gemacht. „Heritage“ gehört bedingt dazu (ein Klick für eine Großansicht):

    Im Prinzip ist die App wie Coca-Cola selbst: Kostet nix, gibt einen kurzen Erfrischungskick, etwas Nachgeschmack zum Abgang und weg ist es.

  • Neue Welten für Autoren.

    Die Idee der Selbstvermarktung in einem Weblog, die Dirk Steffens als Fernsehmann so vortrefflich tut, kann man auch in andere Bereiche weiterführen – wenn man es will. Ein weiteres, gutes Beispiel ist meine Science-Fiction-Neuentdeckung John Scalzi. Bezeichnen wir John Scalzi durchaus mal als einen Autor der neueren Generation, der das Internet nicht einfach nur als urheberrechtsverstoßfördernden Moloch, sondern als Marketingplattform. Genau das tut John Scalzi mit seinem bezeichnenden Blog „Whatever“ auf hochinteressante Weise.

    John Scalzi macht nämlich das, was er als Buchautor eben gut kann – schreiben. Er bloggt erstaunlich viel, in der Regel mindestens einen Artikel am Tag, oft auch mehr. Und dabei nimmt er seine Leser mit. Er schreibt von zu Hause, hat eine Katze, die er mit unvermeidlichem „Catcontent“ regelmäßig im Blog verewigt, lässt seine Leser in seine Gedankenwelt, rezensiert regelmäßig andere Bücher. Und so weiter. Unwiderstehlich gut. Wer in seinem Blog mitliest, erlebt richtiggehend, wie gewaltige Gedankengänge durch diesen Menschen gehen und ein Buch entsteht. Der Kauf ist dann am Ende nur noch eine Formsache.

    Und genau das ist der Punkt. Der Kauf des Buches, mit dem Scalzi am Ende wirklich Geld verdient, ist für den regelmäßigen Blog-Leser nicht einfach nur ein Vorgang, um nun ein Buch zu lesen, sondern der Kauf ist ein Höhepunkt in dem ständig fließenden Prozess, am Leben und an der Arbeit eines Autoren teilzunehmen. Eine ganz andere Kundenbindung macht sich hier breit, die es in dieser Form so noch nicht gegeben hat.

    Und noch ein interessanter Ansatz, der beim Bloggen quasi ein „Abfallprodukt“ ist: Viele Science-Fiction-Autoren sind zu ihrer Leidenschaft des Schreibens und zu ihren Geschichten durch andere Autoren bzw. deren Geschichten gekommen. Die überwiegende Zahl davon sind Hobbyprojekte, die einfach nicht “fertig” sind, aber teilweise hocherstaunliche Geschichten beinhalten. Am ehesten findet man solche Geschichten im Rahmen von Fanprojekten von Science-Fiction-Fernsehserien etc. Was es beispielsweise da im Star-Trek-Universum an alternativen Geschichten gibt, schlägt alle “echten” Geschichten um einiges.

    Als Autor (gerade als Science-Fiction-Autor) ist der Weg zum Dialog per Weblog quasi vorgegossen und muss nur noch aktiviert werden. Die Artikel, in denen Scalzi über Themen und Thesen philosophiert, sind die Artikel mit den meisten Kommentaren. Seine Leser und seine Kunden.

  • Der politische Selbstmord des Karl-Theodor zu Guttenberg.

    Selten ist ein Politiker innerhalb von zehn Tagen so ausführlich und nachhaltig unter die Räder gekommen, wie Karl-Theodor zu Guttenberg. Und es passierten so viele Dinge in dieser Woche in dieser Causa, wie die gesamte Bundesregierung in ihrer aktuellen Legislaturperiode nicht an Publicity zusammenbekommen hat. Von Totalversagen, wie ich es in meinem vorherigen Blog-Artikel in dieser Sache geschrieben hatte, kann keine Rede mehr sein, in der Zwischenzeit ist es der politische Selbstmord des Karl-Theodor zu Guttenberg, die eine ganze Batterie von Gründen hat, deren Betrachtung es wert sind, um zu verstehen, wie Politik heutzutage funktioniert und wir davor gewarnt sein müssen. Und auch eine Warnung in eigener Sache: Das ist der bisher längste Blog-Artikel in diesem Blog.

    Erkenntnis Nr. 1: Fehler, die man macht.

    Fehler gibt es offenbar in sehr verschiedenen Abstufungen. „Leichtsinnsfehler“, einfache „Fehler“, „gravierende Fehler“ und so weiter. Zweifellos sind Karl-Theodor zu Guttenberg beim Schreiben seiner Doktorarbeit Fehler unterlaufen. Man kann Fehler auch tatsächlich unabsichtlich oder auch absichtlich machen. Klar ist auch, dass unabsichtliche Fehler leichter entschuldbar sind, als absichtlich gemachte, denn der Entstehung von letzterer Art von Fehlern kann man grundsätzlich Vorsatz unterstellen. Zu Guttenberg hat offenbar irgendwann im Laufe des vergangenen Wochenendes verstanden, dass er etwas tun muss, um nicht sofort zurücktreten zu müssen. Fehler eingestehen. Irgendwie. Und zwar nur Fehler, keine Schuld. Wer Schuld hat, verliert.

    Das Problem bei dieser an sich einfachen Definition ist nur, dass sie nicht wirklich hält, wenn die Sachlage so erdrückend gegen einen steht, wie es sich im Falle der schlicht zusammengeklauten Doktorarbeit von Zu Guttenberg darstellt, die auf über 60 % aller Seiten geklaute Inhalte trägt. Das sind keine „einfachen Fehler“ mehr, auch keine „normalen“ Fehler und auch keine „gravierenden“, sondern das ist einfach Betrug, wenn man schlussendlich bedenkt, dass der Autor einer Doktorarbeit am Ende des Schreibens seines Pamphlets bekundet, dass er sie vollständig allein angefertigt und fremde Inhalte ausdrücklich als solche gekennzeichnet hat. Das hat er an genügend Stellen nicht.

    Noch viel schlimmer ist, dass Karl-Theodor zu Guttenberg nach wie vor versucht, der Bevölkerung den Schneid abzukaufen und das mit völlig irrsinnigen Thesen:

    • Dass er kein Plagiat geschrieben haben will, ist schlicht nicht haltbar und das schon seit über einer Woche nicht.
    • Dass er so perfide war, schon mit der Einleitung seiner Dissertation Inhalte Anderer zu klauen, zeugt, dass er überhaupt keine Skrupel zu haben scheint, von Anfang an ein zusammengeschlamptes Werk hinzustellen.
    • Dass er einerseits vergangene Woche vor dem Wochenende noch behauptete, dass alle an ihn gerichteten Vorwürfe bar jeglicher Vernunft seien, er dann aber Anfang dieser Woche in der Aktuellen Stunde im Bundestag dann kolportierte, dass er nach „Durchsicht“ seiner Doktorarbeit am Wochenende dann doch Fehler entdeckt habe, zeugt, dass er versucht, alle an der Nase herumzuführen. Entschuldigung – jemand, der eine Doktorarbeit zusammenklaut, weiß nichts davon? Dass kann ja wohl nur passieren, wenn er sie in ihrer kompletten Länge nicht selbst geschrieben hätte, was wiederum ebenfalls Betrug ist. Wo ist also hier der Rettungsanker, den offenbar nur Karl-Theodor zu Guttenberg sieht?

    Erkenntnis Nr. 2: Die Berlusconisierung der Politik ist erschreckend weit fortgeschritten.

    Wir haben vor wenigen Tagen noch über den italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi gelacht, der in seinem hohen Alter seine recht deutlich schwindenden rationalen Fähigkeiten durch die Pflege seiner männlichen Triebe zu kompensieren versucht und in der Zwischenzeit selbst von der italienischen Spitzenpolitik nur noch mit der Kohlenzange angefasst wird. Dabei hat uns diese Woche gezeigt, dass wir selbst im so zivilisiert wirkenden Deutschland so weit gar nicht von einem berlusconen Staat entfernt sind.

    Denn niemand geringeres als Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Anfang der Woche einige Thesen in die Blöcke von Journalisten geplappert, bei denen sie sicherlich auch nicht so recht daran geglaubt hat, dass sie größere Bebenwellen durch die Gesellschaft erzeugen. Die Äußerung, dass sie Karl-Theodor zu Guttenberg ja nicht als „wissenschaftlichen Mitarbeiter, sondern als Minister eingestellt habe“, ist so eine Äußerung, die wohl als Ziel hatte, zu untermauern, dass ein Karl-Theodor zu Guttenberg auch dann noch gut ist, wenn er kein „Doktor Karl-Theodor zu Guttenberg“ mehr ist.

    Doch darum geht es nicht und das wissen alle, die im politischen Bergwerk in Berlin arbeiten. Mit dem Doktortitel ist Zu Guttenberg nicht einfach nur ein Doktortitel entflogen, sondern Vertrauen, Ansehen und Authentizität. Drei Tugenden, auf deren Wert kaum jemand so viel Wert gelegt hat, wie eben Karl-Theodor zu Guttenberg. Und auch wenn nicht – ein Minister, der bei seiner Doktorarbeit beschissen hat wie ein Ladendieb im pinkfarbenen Hasenkostüm und dann auch noch versucht, den Vorsatz mit „gravierenden Fehlern“ aus der Welt zu lamentieren, der lässt tief in seine Gedankenwelt, in seine Empfindungssphären und in seine Projektionsflächen für kulturelle, gesellschaftliche, menschliche und ethisch verantwortbare Maßstäbe blicken.

    Oder anders gesagt, erheblich drastischer: Was unterscheidet einen Minister, der sich zur Schau stellt, der politisch in vielen Fällen äußerst fragwürdig handelt und eigene Fehler nicht zugibt, von einem Diktator? Darüber kann man lachen, aber: So einer würde gern Kanzler werden.

    Erkenntnis Nr. 3: Politiker können gut sein, sind es aber selten.

    Dass Karl-Theodor zu Guttenberg in seinen bisherigen Engagements als Bundesminister ein besonders glückliches Händchen gehabt hat, kann mit gutem Gewissen verneint werden. Keine mittelschwere Krise ist ohne hörbare Eskalation über die Bühne gegangen und es hat sich spätestens bei der Gorch-Fock-Affäre gezeigt, dass Zu Guttenberg im Zweifelsfall sehr reaktionär agiert – um es mal freundlich auszudrücken. Schuld haben immer die anderen und wenn dem Herrn Minister nach eigener Empfindung die Entscheidungslage immer ungreifbarer erscheint, müssen Köpfe rollen, welche auch immer, so lange es nicht der eigene ist, denn der würde sonst, auch nach Empfindung des Herrn Minister, irgendwann rollen.

    Das ist nicht Politik eines mutigen Ministers, das ist Politik eines ängstlichen Ministers, der verzagt an seine Arbeit geht, sich nicht mit seiner Materie beschäftigt und seinen Laden nicht im Griff hat. Der, kurzum, nicht in die Spitzenpolitik gehört, weil er dort großen Schaden auslösen kann. Diese Selbsteinschätzung, sich nicht in die Spitzenpolitik zu wagen, weil man die Aufgabenflut dort nicht bewältigen kann, kann man treffen und das tun auch genügend Menschen auch. Man kann sich aber auch ziemlich schnell selbst überschätzen. Rückblickend gesehen fällt auf, dass Zu Guttenberg bei so einer Nachbewertung seiner bisherigen Arbeit ein erschreckend schlechtes Bild abgibt. Und dazu sorgt dann auch noch die Erkenntnis Nr. 4:

    Erkenntnis Nr. 4: Das Gehen über Leichen rächt sich immer. Irgendwann.

    Politische Arbeit ist selten eine Arbeit, die von uneingeschränkter Teamarbeit lebt. Die Arbeit in einer Partei ist geprägt davon, dass niemand die Basisarbeit machen möchte, viele einige sehr elementare und auch sehr ehrhafte Grundgedanken haben und einige Karriere machen wollen. Dazwischen gibt es Schnittflächen, die niemals glatt sind, sondern immer Reibungswärme erzeugen. Abwärme. Die beste Idee eines klugen Kopfes ist nur so lange gut, bis sie von einem Plenum, das möglicherweise ganz andere Interessen hat, so lange auseinandergenommen wird, bis nichts mehr davon übrigbleibt. Das ist im übrigen das, was wir als Demokratie bezeichnen und mit diesem Makel müssen wir leben.

    Die ewige Kunst für Karrieristen ist nicht die, auf dem Weg nach oben über möglichst wenig Leichen zu steigen, sondern sich zu merken, wer die Leichen sind und wie man sie unter Kontrolle hält. Denn was Leichen sehr, sehr gut können, ist das Reden, wenn der Weg des Karrieristen nicht mehr nach oben zeigt, sondern in die Waagerechte oder gar nach unten. Dann kommen sie hervor, die Gekränkten und Verletzten, dann werden sie erhört und dann dürfen sie das tun, was der Mensch besonders gut kann: Sich rächen. Der geflügelte Steigerungsvers „Fein – Todfeind – Parteifreund“ hat genau hier seine Herkunft. Alle diejenigen, die sich von Karl-Theodor zu Guttenberg einst einmal gekränkt fühlten, die kommen jetzt hervor und bekommen, wenn sie wollen, sofort ein Sprachrohr in Form eines Mikrofones unter die Nase gehalten. Echte Freunde, so genannte Freunde, Feinde, Parteifreunde, Mitarbeiter, ehemalige Mitarbeiter und so weiter und so fort.

    Dass sich Karl-Theodor zu Guttenberg bei der Wahl seiner Strategie darüber Gedanken gemacht hat, dass sich „seine“ Leichen im Keller ihrer multiplikativen Wirkung bewusst werden könnte, darf getrost verneint werden.

    Erkenntnis Nr. 5: Freunde, die man hat, hat man verdient.

    Zu einer guten Freundschaft gehört es, auch wenn es sich sehr egoistisch anhört, immer dazu, dass man für sich (und zwar vornehmlich wirklich nur für sich) bewertet, wie gut die jeweilige Freundschaft wirklich ist. Auf mehr oder weniger unbewussten Ebenen tun wir das alle – Mitarbeiter sind auch Freunde, aber meist nicht so Freunde, die man auf ein Bier zu sich nach Hause einlädt und so weiter und so fort.

    Im Politikbetrieb gibt es, so deutlich bin ich jetzt mal, so etwas wie Freundschaft nur in sehr, sehr homöopathischen Dosierungen. Viele in einer Partei organisierte Menschen, die kein politisches Amt bekleiden, leben gern in dem Irrglauben, dass die Menschen, mit denen man sich in der Freizeit trifft (wie eben die meisten Parteiaktivitäten), mehr „Freunde“ sind, als die Menschen, mit denen man auf der Arbeit zu tun hat. Das ist grundlegend nicht so.

    Füreinander einzustehen ist eine Sache, die man für Freunde macht, selbst für Parteifreunde. Das macht man im Falle von Parteifreundschaften selten ohne Hintergedanken, wenn man davon ausgeht, dass jeder Politiker letztendlich immer seinen eigenen Hintern durch jede Wahl retten muss, aber wenn man sich in ein derartiges Dilemma manövriert hat, dass man zu einem großen Teil nur noch von der Hilfe von Parteifreunden gerettet werden kann, dann wird es brenzlig.

    Die Aktuelle Stunde im Deutschen Bundestag zur Causa Zu Guttenberg hat dieses Dilemma verdeutlicht wie selten eine Aktuelle Stunde oder andere Hilfsaktion für einen „notleidenden“ Spitzenpolitiker. Wenn sich einige eher halbbegabte Parteifreunde, die sonst auch eher weniger im Deutschen Bundestag in der Bütt‘ stehen, auf peinliche Weise mit künstlerisch gedengelten Reden selbst ins Dilemma parodieren und dabei mal eben so die halbe Wertebemaßstabung der bürgerlichen Welt infrage stellen, dann sind das Freunde, die einem nicht wirklich helfen, selbst  augenscheinlich nicht.

    Erkenntnis Nr. 6: Gemeinsam geht man immer noch am geselligsten unter.

    Dass sich Menschen begeistern lassen können, ist wahrlich keine neue Erkenntnis, denn der Mensch ist ein Rudeltier. Schweine schickt man auch nie allein in den Schlachthof, sondern immer in Gruppen, weil allein das Vorhandensein der Gruppe dafür sorgt, dass die Tiere weniger Stress erleiden. Weniger Stress ist natürlich auch gut für die Tiere, aber in erster Linie gut für den Tierbesitzer, denn ein mit Stresshormonen getränktes Tier erzeugt weniger brauchbares Fleisch. So einfach ist das doch schon mal.

    Dass die Gesellschaft in der Bundesrepublik ihren Politikern per se erst mal nicht so sonderlich traut, hat viele vorgeschobene Gründe, aber in erster Linie einen großen: Die Geschichte des Dritten Reiches. Jeder Schüler lernt in der Schule, dass es auch hier mal einen „Geliebten Führer“ gab, der nur Gutes wollte und am Ende nicht davor zögerte, sein gesamtes Volk in den Ruin zu schicken. Das, so die gewollte Message dieser zentralen Wissensvermittlung, soll eine Warnung dafür sein, dass man immer sehr vorsichtig sein muss, wenn sich jemand hinstellt und den „geliebten Führer“ mimen möchte. Über vieles kann man in der Schulbildung streiten – über das nicht. Es ist gut so. Macht ist gefährlich und jeder in der Gesellschaft muss sich bewusst sein, dass Macht in den falschen Händen haarsträubende Ergebnisse zutage führen kann.

    Nichtsdestotrotz dürfen Politiker natürlich auch geliebt werden, so ist es ja nicht. Sind ja auch nur Menschen und Menschen können sogar freundlich gesinnt sein, auch wenn es die „tierische“ Herkunft des Menschen so nicht immer bestätigen mag. Politiker können sogar außerordentlich intensiv geliebt werden, wenn sie außerordentlich… ja, was eigentlich genau sind? Authentisch? Schön aussehend? Mit einer wohlklingenden Sprechweise ausgestattet? Einfach sympathisch?

    Karl-Theodor zu Guttenberg ist sich als einer der wenigen Politiker sehr genau bewusst, dass Beliebtheit vor allem eine Form der passenden Darstellung ist. Die geschniegelten Haare, die etwas altertümlich wirkenden Anzüge, das adrette Auftreten, der Freiherrentitel, der nun nicht mehr vorhandene Doktortitel, das intelligente Frauchen an der Seite, die heile Familienwelt und die nicht zu letzt forsch und direkt wirkenden An- und Aussprache, die sich bei näherem Betrachten als eine Ansammlung von ständig sich wiederholenden Floskeln herausstellt (SPIEGEL Nr. 8/2011). Das ist wie bei einem Haarföhn: Der teure Haarföhn unterscheidet sich von seinen billigeren Vertretern nur durch das schickere Aussehen – die warme Luft, die beim Föhnen aus beiden Vertretern herauskommt, ist dieselbe. Nur das Marketing, die Promotion (die hier ironischerweise nichts mit dem Doktortitel zu tun hat), die ist eine andere. Das übernimmt der Boulevard, bei uns in Form von Massenmedien, hier im speziellen in Form des sich als zentralen Vertreter der bürgerlichen Klasse verstehenden Axel-Springer-Verlages und seiner Hauspostille „Bild“.

    Erkenntnis Nr. 7: Das Proletariat und die Show.

    Jeder Politiker, der halbwegs noch bei Verstand ist, wird selbstverständlich ohne jedes Zögern sofort verneinen, dass es soetwas wie eine Klassengesellschaft in Deutschland gibt. Jedem gönne ich diese Einschätzung, die Wirklichkeit ist eine andere. Eine Klassengesellschaft haben wir heute, so wie es immer schon eine gab und wie es auch immer eine geben wird. Es wird immer sehr reiche Menschen geben und immer eine sehr arme. Moderne Politik hat Sorge dafür zu tragen, dass es so etwas wie eine Mittelschicht gibt und dass jeder, der sehr arm ist, die ernst gemeinte Gelegenheit bekommt, in diese Mittelschicht zu wechseln oder ihm geholfen wird, wenn er das auch bestimmten Gründen nicht aus eigener Kraft kann. Punkt. Sozialdemokratisches Grundverständnis im Schnelldurchlauf.

    Dass sich gerade die „Bild“-Zeitung als „Zeitung des Kleinen Mannes“ versteht und von seinen Lesern auch tatsächlich so verstanden wird, ist ein ewig missverstandener Anachronismus. Sie wird ja eben nicht vom „Kleinen Mann“ verlegt, sondern schreibt nur in seiner Sprache. Was aber darin steht, ist beileibe nicht das, was eigentlich die „Arbeiterklasse“ tatsächlich will. So Dinge wie die „Volkssuppe“ sind Product Placements, die kaum dazu da sind, das Leben des „Kleinen Mannes“ zu verbessern, sondern den Umsatz des Herstellers, der die Volkssuppe herstellt (und ordentlich für das Product Placement an die Zeitung zahlt). Politische Berichterstattung ist ausnahmslos reißerisch und unausgewogen, so wie der Rest der Zeitung auch. Das einzige, was bei „Bild“ zählt, ist der Preis und das Paradigma, dass zum Auslesen der Zeitung die Frühstückspause reicht. Ob der „Kleine Mann“ danach informiert oder desinformiert ist, zählt unterm Strich eher weniger.

    Dass sich Karl-Theodor zu Guttenberg auf „Bild“ und auch auf andere Boulevard-Medien und -Protagonisten wie Johannes B. Kerner eingelassen hat, war von Anfang an ein hochgefährliches Spiel, bei dem bisher jeder gegen diese Medien verloren hat, weil diese Medien sich als das Sprachrohr des „Kleinen Mannes“ verstehen, dessen in der Regel kleiner Tellerrand keinen großen Platz für ein besonders gutes Image eines besonders guten Politikers hat. Zu Guttenberg hat tatsächlich lange Zeit geglaubt, dass er dieses Spiel mitspielen und vielleicht sogar beherrschen kann, was ihm insofern sogar ansatzweise dadurch gelingt, dass die „Bild“-Zeitung sogar jetzt noch für ihn kämpft, wenn auch in einer immer weniger engagierten Art und Weise.

    Das aber ist schlimm und lässt erschreckende Einblicke ins Proletariat und Prekariat zu und offenbart vor allem eines: Der „Kleine Mann“ lässt sich nach wie vor beeinflussen wie eh und je, wenn man ihm die Bequatscherei nur eben so verkauft, als ob er die Möglichkeit hätte, als vermeintlich kritischer Bürger „sich selbst eine Meinung zu bilden“, wie die „Bild“-Zeitung sogar im eigenen Haus-Slogan suggeriert. Und man hält halt als „Kleiner Mann“ auch dann noch zu Karl-Theodor zu Guttenberg, obwohl er mit seiner Doktorarbeit betrügt, aber wenn er sich brav entschuldigt, inszeniert er sich selbst wie ein „Kleiner Mann“ und dann sind wir erschreckend nah bei der Analogie bei den Schweinen im Schlachthof. Nur mit dem Unterschied, dass der Mensch hier eben nicht der Freund ist, der einem bisher das Futter gegeben hat, sondern der das Bolzenschussgerät bedient.

    Immer noch genügend Millionen Menschen in diesem Land fallen auf diese plumpeste Masche der Massenbeeinflussung herein, als ob es noch nie die Aufklärung gegeben hätte und genau darüber müssen wir uns sehr, sehr bewusst sein. Vor allem auch aus der Perspektive heraus, dass Verlagshäuser immer stärker um ihre Existenz kämpfen und ihnen immer mehr Mittel recht sein werden, staatlich protektionierte „Nationalparks“ in Form von beispielsweise Leistungsschutzrechte zu bekommen. Die Kreise schließen sich spätestens hier wieder.

    Erkenntnis Nr. 8: Siegt Dummheit tatsächlich?

    Diese Frage ist eine sehr spannende und auf deren Beantwortung, die in den nächsten Tagen und Wochen erfolgt, darf man gespannt sein. Denn diese Beantwortung wird viel darüber aussagen, wie sich die Politik in Deutschland mittel- und langfristig weiterentwickeln wird. Jeder Tag, an dem Karl-Theodor zu Guttenberg weiter auf seinem Stuhl im Bundesverteidigungsministerium klebt, wird diese Frage weiter aufladen, weiter Journalisten bohren, weiter Bürger skandieren und weiter die politische Kaste unglaubwürdiger erscheinen lassen.

    Ob sich Karl-Theodor zu Guttenberg als Bundesverteidigungsminister halten kann, ist zweifelhaft. Zu viel Kapital hat er verspielt und verspielt immer noch. Eigenes Kapital und Kapital der Gesellschaft, die ja eigentlich eine ehrwürdige Politik wünscht. Dass er vor einer Woche besser zurückgetreten wäre, anstatt jeden Tag von neuem den Kotau machen zu müssen, der ihn nur noch tiefer in den Abgrund schiebt – die Erkenntnis hat er vermutlich gewonnen. Auch wenn ich immer noch erstaunt darüber bin, was für ein Blender und Hochstapler er scheinbar ist, so furchtbar doof schätze ich ihn dann doch nicht ein. Zumindest zum jetzigen Zeitpunkt.

  • WordPress 3.1.

    Heute hat die Truppe rund um WordPress die lange erwartete Version 3.1 des beliebten CMS veröffentlicht. Nach rekordverdächtigen 5 Release Candidates dürfte die Final Version nun hinreichend stabil sein, auch sofort eingesetzt zu werden. Sicherheitshalber teste ich das aber erst mal hier in meinem privaten Blog, das dortige Herumspielen hat eine lange Tradition. 😉

    Wie inzwischen üblich, ist die Liste der neuen Features nicht besonders umfangreich, dafür jedoch interessant:

    • Verbesserte, interne Verlinkungsmöglichkeit von Blog-Artikeln
      Hierzu ist der Dialog, der sich im Artikeleditor hinter dem Linkbutton befindet, um eine Funktion erweitert worden, um interne Artikel anzuzeigen. Angezeigt werden die letzten Artikel, über eine Suchbox kann mit Stichworten nach Artikeln gesucht werden. Hinzugefügt werden kann pro Link logischerweise nur ein Artikel, will man einen weiteren Artikel verlinken, muss man einen neuen Linkbutton-Dialog beginnen. Alles in allem hört sich diese Funktion reichlich spartanisch an und das Dialogfenster sieht auch so aus, allerdings ist das dennoch erstaunlich funktional – man muss es einfach ausprobieren.
    • Vorbereitung für Post Types
      Endlich ist WordPress nun mit eigenen Bordmitteln auf Post Types, also eigene Artikeltypen, vorbereitet. Das ist vielleicht einer der wichtigsten Neufunktionen, die WordPress zu der Riege der ganz großen CMS aufschließen lässt. Nun liegt es an den Entwicklern für Themes, diese neue Funktion auch in Themes einzusetzen.
    • Eine Admin-Bar, ähnlich wie bei wordpress.com
      Ist bei mir eher in Sachen Priorität eher niedriger angesiedelt, wer aber bei wordpress.com mit einem eigenen Login angemeldet Blogs besucht, weiß die Admin-Bar dort zu schätzen. Es macht den Sprung von der „Vorderseite“ der Website ins Backend sehr einfach – hoch auf die Seite und ab auf das Dashboard oder eine neuen Artikel angefangen.

    Eher nicht so aufregend ist, dass das blaue Design im Backend „aufgefrischt“ wurde. Das heißt, dass das Blau heller gemacht wurde und vom Kontrast her ebenso blaß daherkommt, wie das Grau. Das ist leider ein echter Rückschritt, schon der Kontrast des grauen Designs ist grenzwertig bei dunkel gedimmten Bildschirmen, nun ist das blaue Design auch so. Hätte man nicht machen sollen.

    Was ich ebenfalls nicht in die Feature-Liste aufnehmen mag, ist der Versuch, die standardmäßige Ansicht des Editors dadurch zu verbessern, in dem nicht alle Boxen angezeigt werden, sondern nur die wichtigsten. Das ist grundsätzlich ein guter Schritt, ich vermisse jedoch nach wie vor eine Möglichkeit, eine entsprechende Ansicht als Administrator so definieren zu können, dass sie für mehrere/alle/neue Benutzer gilt.

    Ansonsten: Gut! Installieren. Die deutsche Übersetzung lässt noch etwas warten, allerdings funktioniert die Übersetzungsdatei für 3.0+ soweit problemlos, bis auf den Umstand, dass eben neue Fenster und Dialoge noch nicht übersetzt sind. Verschmerzbar, weil sich die Übersetzungsdatei später problemlos per FTP ersetzen lässt.

  • Der politische Totalschaden des Karl-Theodor zu Guttenberg.

    Es gibt da so einen geflügelten Satz in meiner Aphorismensammlung:

    „Schauspieler können gute Politiker spielen während Politiker selten gute Schauspieler sind.“

    Eigentlich ist dieser Aphorismus eine These. Und die aktuelle Bestätigung dieser These ist die krampfadernfördernde Karl-Theodor-zu-Guttenberg-Woche, die alle Zutaten dazu hat, zu einem Klassiker im Bereich des politischen PR-GAU zu werden.

    Zutat 1: Ein Politiker mit Chuzpe.

    Die Akzeptanz eines Karl-Theodor zu Guttenberg kennt zwei Modi: Kann man mögen oder kann man hassen. Ein Mittelding gibt es nicht. Und bevor man nun die Schuld in politischen Seiten sucht oder bei missgünstigen oder gar zwieträchtigen Menschen sucht – an so einem Image arbeitet der jeweilige Mensch, um den es da geht, vornehmlich immer selbst. Wer ein Star werden will, muss dafür etwas tun.

    Karl-Theodor zu Guttenberg hat dafür sehr viel getan und viele Dinge in dieser Entwicklung sind durchaus respektabel, auch wenn man sie nicht mögen muss. Er kommt mit einem hochwohlgeborenen Titel daher, er ist jung, er wirkt smart, er hat eine politische Karriere aufzuweisen und eine intakte Familie, die den Politzirkus mitmacht. Er und sein direktes Umfeld lassen sich auf das Spiel ein und noch viel mehr – sie haben sich entschieden, dieses Spiel kräftig aufzumischen. Auch hier gilt: Kann man machen, muss man aber nicht.

    Zu Guttenberg mischt kräftig, in dem er den Vollblutpolitiker gibt. Er mimt den Hans Dampf der Gassen. Alle seine politischen und auch nicht ganz so politischen Aktivitäten der letzten Wochen, Monate und Jahre scheinen wohldurchdacht für den Weg zu Höherem. Bilder, die mitunter bizarr wirken (man denke an die „Jurassic-Guttenberg-Bilder“, die in Sachen Kitsch kaum noch zu übertreffen waren), Anbiederung an bestimmte Massenmedien, Inszenierungen mit seiner Frau und auch durch seine Frau. Eine Marke wurde geschaffen, die aussagen soll: „Hier kommt ein Macher, hier kommen Menschen, die anpacken und gutes machen wollen. Hier kommt vor allem Authentizität.“

    Zutat 2: Der politische Aktionismus.

    Ob Karl-Theodor zu Guttenberg eine wirklich gute Bilanz als Politiker aufzuweisen hat, kann man frühestens dann beurteilen, wenn seine politische Karriere beendet ist. Was man sehr wohl schon vorher konstatieren kann, sind Etappenbilanzen.

    Als Bundeswirtschaftsminister kann man nicht viel falsch machen, weil es einer der wenigen Ämter ist, in denen man zwar in erster Reihe zu wirken scheint, allerdings eher ein Politiker der zweiten Reihe sein muss. Man kann fordern, man kann Unternehmen besuchen, man kann um den Globus jetten und den obersten Wirtschaftsförderer geben, aber letztendlich ist Wirtschaft eben Wirtschaft und Politik eben Politik und als Bundeswirtschaftsminister hat man noch nicht mal richtig viel Politik zu tun, weil das Kanzleramt die echte Wirtschaftspolitik steuert und das Finanzministerium das dazu notwendige Geld überweist.

    Karl-Theodor zu Guttenberg hat das beste aus dieser Situation gemacht. Den Wirtschaftsförderer hat er gut gespielt und in der Opel-Rettung hat er das bestmögliche herausgeholt, was er für sich herausholen kann, in dem er seine angebliche Entscheidungskompetenz damit untermauert hat, dass er für seine Haltung in einer bestimmten Situation sogar zurücktreten würde. „Basta-Politik“, „Politik mit Kante“. Hätte in dem Zusammenhang mit seiner Person zurückbleiben sollen und blieb auch ein Stück weit so zurück, obwohl er eigentlich am Ende umgefallen ist, in dem er die Meinung der Kanzlerin akzeptieren musste.

    Im Verteidigungsressort lief es dann schon schwerer, denn das Verteidigungsministerum ist ein undankbares Ressort in Friedenszeiten. Es kostet eine riesige Stange Geld, dem man ständig hinterherlaufen muss, man muss ständig seine Truppe auf Trab halten, die in Friedenszeiten auf die dümmsten Ideen kommen kann und man muss das alles vor dem Souverän rechtfertigen. Dazu kommt die ewige Frage ob und wie sich die Bundeswehr im Ausland engagieren soll.

    Zutat 3: Die seltsame Arbeitsweise des Ministers Zu Guttenberg.

    Dass Karl-Theodor zu Guttenberg möglicherweise ein gar nicht so begabter Minister sein könnte, diesen Eindruck konnte man durchaus bekommen. Ein solcher fragwürdiger Punkt war die Kunduz-Affäre, die vor allem dadurch glänzte, dass Zu Guttenberg vor allem mit Wankelmütigkeit glänzte. Zu Beginn einer solchen Krise der Eindruck, als hätte der Minister merkwürdig wenig Ahnung von der aktuellen Geschehnis, danach eine Zeit der Eskalation und danach eine Basta-Reaktion, die vor allem dadurch gekennzeichnet ist, dass andere Schuld haben und bluten müssen.

    Sicherlich, Verteidigungsminister Zu Guttenberg ist nicht persönlich dafür verantwortlich, wenn auf einem Kahn namens „Gorch Fock“ einzelne Besatzungsmitglieder Amok laufen. Allerdings besteht ein Verwaltungsapparat zu einem nicht geringen Prozentsatz aus Management- und Kontrollinstanzen, deren primäre und ureigenste Aufgabe ist, zuzuarbeiten.

    Spätestens dann wird das Fehlverhalten von Untergebenen ein Problem für die Führung und auch für das Ministerium, wenn offensichtliche Schwachstellen nicht abgestellt werden oder die Reaktion darauf nicht die richtige ist. Von solchen Geschichten hat Karl-Theodor zu Guttenberg in den letzten Monaten eine ganze Reihe zusammengetragen und auf keine adäquat so geantwortet, dass es ohne größeren Schaden über die Bühne gegangen wäre.

    Zutat 4: Ein katastrophales Krisenmanagement.

    Die Reaktion Zu Guttenbergs auf die Vorwürfe, dass seine Doktorarbeit möglicherweise nicht als Zitate gekennzeichnete Fremdinhalte haben könnten, kann man problemlos als Sternstunde der politischen Dummheit bezeichnen. Auch hier beginnt die Krise damit, dass Zu Guttenberg offensichtlich keine Sekunde an den Gedanken verschwendet, dass die Situation brandgefährlich ist und nicht eskalieren könnte, sondern bereits tut. Seine erste Reaktion, dass er die Vorwürfe nicht nachvollziehen kann, sorgte erst dafür, dass sich Menschen im Internet organisieren, um das „GuttenPlag-Wiki“ zu beginnen, das sich näher mit seiner Diplomarbeit beschäftigen sollte.

    Dazu kommt, dass sich das Thema kein politisches ist, sondern ein persönliches. Politische Themen kann man zur Not bis zu einem gewissen Eskalationsgrad aussitzen, Vorwürfe zu persönlichen Verfehlungen kollidieren immer sofort mit der persönlichen Integrität eines Politikers. Selten ist hier Verleugnung gefragt, sondern vorsichtigste Schadensbegrenzung. Davon war und ist Karl-Theodor zu Guttenberg Äonen entfernt. Vielleicht hätte er den Schaden eingrenzen können, in dem er schon früh zugegeben hätte, dass es mit seiner Doktorarbeit Probleme geben könnte und wäre vielleicht mit einem blauen Auge davongekommen, so hat er sich jedoch langsam und stetig in eine Sackgasse manövriert.

    Noch viel erstaunlicher ist die kaum fassbare Art und Weise, wie es sich Zu Guttenberg innerhalb weniger Stunden mit praktisch allen wichtigen Journalisten in der Bundeshauptstadt verscherzt, die Bundespressekonferenz und den Regierungssprecher düpiert. Mit diesem denkwürdigen Freitag hat er sich ein Denkmal gesetzt und damit ist nicht nur die Titelstory des SPIEGEL gemeint, die sich Zu Guttenberg vollständig selbst verdient hat.

    Das Ergebnis: Totale Demontage

    Es einen Scherbenhaufen zu nennen, vor dem Karl-Theodor zu Guttenberg nun steht, ist der Sache nicht gerecht – es ist ein ganzes Scherbengebirge. Keiner, der die politische Verantwortung übernehmen könnte und mit Zu Guttenberg ist ein Mensch am Start, der sich sehr authentisch gibt, augenscheinlich aber ein großes Problem damit hat, persönliche Fehler zuzugeben, selbst nicht dann, wenn die Beweislast mehr als erdrückend ist.

    Damit hat er sich, so prophetisch darf man sein, sein politisches Grab geschaufelt. Sein Rücktritt ist eine Frage der Zeit. Und auch wenn ich Anhänger des gegenüberliegenden Lagers bin: So weit hätte es Karl-Theodor zu Guttenberg nicht kommen lassen müssen – nicht lassen dürfen.

  • Wie man als Fernsehmensch bloggen kann: Dirk Steffens.

    Ich muss zugeben, dass mir der Name Dirk Steffens erst vor einigen Monaten geläufig wurde, als der begnadete Dokumentar- und Tierfilmer im ZDF bei der altehrwürdigen Reihe „Terra-X“ landete und dort die Serie „Faszination Erde“ moderiert, immerhin in der Nachfolge des unanfechtbaren Gott aller Wissenschaftsjournalisten, Joachim Bublath. Für Wissenschaftsjournalisten dürfte „Terra-X“ und überhaupt die Wissenssendungen in ARD & ZDF zum Olymp gehören, den man als Wissenschaftsjournalist so erreichen kann. Ist man da oben, muss man oben bleiben, denn es geht nur noch herunter.

    Das ist von Dirk Steffens eher nicht zu erwarten. Und, ich bin des Lobes in Sachen Fernsehen: Es wäre schade, würde Dirk Steffens irgendwann einmal die Lust an seinem Job verlieren, denn er ist zweifelsohne das, was man als nächste Generation der Tier- und Dokumentarfilmer bezeichnen kann. Frische Moderation von tatsächlich erst kürzlich aufgezeichneten Folgen (im Durchschnitt keine sechs bis acht Wochen alt), fachlich auf hohem Niveau, angenehm und verständlich moderiert und garniert mit feinem Witz und Selbstironie. Wie zollt Steffens beispielsweise Respekt gegenüber Ureinwohnern Afrikas, die stundenlang im mäßigen Jogging-Schritt auf die Jagd gehen? Er läuft als Marathonläufer bin und versagt „schon“ nach zwei Stunden, völlig durchgeschwitzt, in der Mittagssonne Afrikas. „Und die Jungs schnaufen noch nicht mal!“ Ein Heinz Sielmann, Joachim Bublath und wie sie alle auch heißen, wären nie auf die Idee gekommen, das gestärkte Hemd gegen ein Trikot auszutauschen und das Leiden für den Zuschauer auch mal begreifbar zu machen.

    Dirk Steffens ist demnach also einer, der mit dem Medium Fernsehen vortrefflich experimentieren kann – einem Grundauftrag eines jeden Fernsehschaffenden. Und er hat auch begriffen, dass man zur Dokumentation dieser Arbeit nichts besseres haben kann, wie ein Weblog. Seine Domain, auf die ich nur gegangen bin, weil ich neugierig war, wie die Homepage des Honorarkonsuls des Königsreiches Palau in Deutschland, das er auch noch ist, aussehen könnte, führt auf ein Weblog bei Blogger.com.

    Und das ist genau so, wie man sich einen Dirk Steffens als Weltenbummler und Globetrotter vorstellt. Heute hier, morgen da, ein Fallbeispiel für ein echtes Reiseblog, schön bebildert und ausgestattet mit Tatsachenberichten, beispielsweise einem Unfall, bei dem er einen Lavabrocken (kalt) ins Gesicht bekommen hat. Selbst solche Sachen kann man mit feiner Ironie nachbearbeiten und aus einer Person eine unverwechselbare Marke schaffen. Mit einem einfachen Weblog und einer gehörigen Portion Enthusiasmus. Kurzum: Ich bin nahe dran, zu sagen: Perfekt.

    Dass es das ZDF immer noch nicht geschafft hat, eine eigene, regelmäßig bestückte Blog-Plattform unter eigener Adresse zu schaffen, ist genau bei so einer hochproduktiv arbeitenden Person wie Dirk Steffens äußerst schade und vergeudetes Potential. Hey, ihr Mainzelmänner und -frauen – das ist die Zukunft!

  • Das Musikprekariat.

    Musik online zu kaufen, ist herrlich einfach. Klickste hier, klickste da, schon bist du (deutlich weniger Geld als beim Kauf einer CD) los und kannst die Musik auch gleich herunterladen und anhören. Das Geschäftsmodell vom Online-Musikkauf ist so überzeugend genial einfach, dass es erstaunlich ist, wie durchweg schlecht man es machen kann, wie die großen Musikkaufhäuser, die sich als Marktführer sehen.

    Beispiel: Der Kauf eines Albums bei Apples iTunes. Ein älteres Album, das es so als CD höchstens noch auf dem Gebrauchtmarkt gibt und bei iTunes für 9,99 Euro daherkommt, billiger als das günstigste Gebrauchtangebot bei Amazon.de. Ein Schnäppchen, könnte man sagen. Das Schnäppchen ist jedoch leider defekt, nämlich bei Track 10, das nur 1:38 min lang ist und mitten in der Musik abbricht.

    Was würde man nun bei einer defekten CD tun? Umtauschen oder zurückgeben. Und niemand würde das in Frage stellen wollen, denn was bringt mir ein Album, das ich ja in seiner Gesamtheit gekauft habe, wenn ein Track darin defekt ist?

    Diese Frage beantwortet der iTunes-Support jedoch durchaus anders. Denn meldet man ein defektes Musikstück, bekommt man eine vorgefertige Antwort zurück und unbürokratisch einen Gutschein – für ein Lied. Mit dem Hinweis, dass man doch bitteschön in ein paar Wochen den Download nochmal machen solle, weil man vielleicht dis dahin das defekte Musikstück ausgetauscht bekommt. Oder auch nicht. Eher nicht.

    Hier nur auf Apple einzuschlagen, wäre ein Fehler, denn: Das betreffende, defekte Musikstück ist bei Amazon.de genauso kurz und damit offenkundig genauso unvollständig. Sprich: Das Album kommt bei beiden Händlern vom gleichen Inhaltslieferanten, der seinen Mist, den er da zum Verkauf stellt, vor dem Anbieten noch nicht mal dahingehend überprüft, ob die Längen der Tracks mit dem Original übereinstimmen. Vom einmal Probehören, wie es in der klassischen Tonträgerproduktion bei der Herstellung von Mastern unumgänglich ist, rede ich schon gar nicht.

    Das wirklich Ärgerliche ist, dass die Distributionskette genauso lang ist, wie beim klassischen Tonträgerverkauf ist, die zu kaufende Musik einen nicht sehr geringen Wert darstellt, der Support jedoch quasi nicht vorhanden ist. Es dauerte geschlagene drei Tage und vier Interventionen, bis ich einer iTunes-Support-Drohne erklärt bekommen habe, dass ich ein Album nicht deshalb kaufe, um zur Not auf ein paar Tracks verzichten zu können, sondern die Gesamtheit eines Albums als zentralen Kaufanreiz sehe. Mag ja sein, dass der Zeitgeist das inzwischen anders definiert, aber ein unvollständiges Album ist nun mal ein unvollständiges Album. Und entweder repariert man es oder man ersetzt die entstandenen Kosten dafür.

    Gelegentlich fällt es schwer, daran zu glauben, dass man der Musikindustrie als Konsument weiterhin mit Goodwill entgegenkommen muss, um den Haufen von Ewiggestrigen davon zu überzeugen, dass Online für sie beileibe kein Problem darstellt, sondern eine der größten Chancen, die sie je hatten.

  • Zum Tode von John Barry.

    Niemand hat zum Tode von John Barry, dem James-Bond-Chefkomponisten, so einen wunderbaren Nachruf geschrieben, wie der SPIEGEL in dieser Woche. Ich bin so unverschämt, den gesamten Nachruf hier zu zitieren, der Verlag möge das einem langjährigen Abonnenten bitte nachsehen…

    John Barry, 77. Wer die Augen schließt und nur der Musik lauscht, die der britische Komponist für das Melodram „Jenseits von Afrika“ (1985) schrieb, erinnert sich mit größter Klarheit an die Bilder des Films. Fünf Oscars erhielt Barry im Laufe seiner Karriere für die beste Filmmusik oder das beste Lied. Er konnte mit seinen Kompositionen ganze Welten evozieren – die erhabene Weite der afrikanischen Savanne oder die mondäne Eleganz der europäischen Hautevolee in den James-Bond-Filmen. Das legendäre Motiv für die Agentenfilm-Serie stammte von Monty Norman, doch Barry prägte es, macht es dynamischer, aggressiver und passte es im Lauf der Jahrzehnte geschmeidig den wandelnden musikalischen Moden an, so dass es stets frisch und unverbraucht wirkte. Nur wenige Komponisten konnten so lässig Klassik, Jazz und Rock verbinden wie er. Genau diese Mischung machte die Titelsongs, die er für die 007-Filme „Goldfinger“ oder „Diamantenfieber“ schrieb, zu weltweiten Hits. John Barry starb am 30. Januar in Glen Cove auf Long Island.

    Diesem Nachruf ist nichts, aber auch wirklich gar nichts mehr hinzuzufügen.

  • Anrufetikette für Handwerker.

    Grundregel: Denke vor dem Anruf nach.

    Gestern morgen, geschlagene 2:12 Uhr. Ich war schon am Schlummern, als plötzlich das Telefon klingelte. Telefon um diese Zeit – vor allem wenn es nicht das Handy ist – ist immer schlecht und auch gern mit bösen Nachrichten verbunden, weshalb ich es ungern ausklingeln lasse, sondern rangehe, auch wenn es einfach Mist ist, um diese Zeit ans Telefon zu gehen.

    Am anderen Ende war ein Herr mittleren Alters, der sich nicht vorstellte und einen bestimmten Herrn Karadeniz suchte. Er nannte den Vornamen, den ich aber wieder vergaß, da ich ziemlich sicher war, dass dieser Herr Karadeniz, der – laut seiner Aussage – bei irgendeinem Elektroinstallateur in Pforzheim arbeitete, nicht hier wohnte, zumindest wäre es mir sehr, sehr neu. Ah, okay, meinte der Anrufer, er habe halt im Telefonbuch geschaut und da war nur ein Karadeniz zu finden, da hat er halt einfach mal angerufen.

    Was für ein, pardon, Arschloch ist das denn? Einfach mal nachts bei Leuten blind anrufen, sich nicht mit Namen nennen, sich nicht für die Störung entschuldigen. Er legte auf. Dank der Rufnummernübermittlung bekam ich heraus, dass da offensichtlich ein nicht ganz unbekannter Bäcker in Pforzheim aus seiner Backstube (was die Uhrzeit erklärt) heraustelefoniert hat.

    Aber nochmal: Selten so einem bescheuerten Mensch begegnet. Und das auch noch nachts.

  • iPad-Odyssee, nächster Part.

    Es war mal wieder Zeit für den quartalsweisen Anruf beim Apple-Support in Sachen iPad-Austausch. Der zweite Austauschversuch im vergangenen November schlug bekanntlicherweise fehl, weil auch das dritte Gerät das gleiche Staubproblem hatte, wie Gerät Nummer 1 und 2, so dass ich kurzerhand das Gerät Nr. 2 behielt, da Gerät Nr. 3 neben dem Staub auch noch einen Pixelfehler im Display mitbrachte. Entschuldigung, aber für ein 700 Euro teures Gerät sind diese zwei Fehler zwei Fehler zu viel.

    Also, heute der x-te Anruf. Die geplante Ansage war dabei für mich klar, ich möchte einen weiteren Austausch, allerdings ausdrücklich keine Refurbish-Kiste, sondern ein originalverpacktes Neugerät. Dazu garniert mit der Ansage, dass zwei Austauschversuche aus meiner Sicht genug sind und ich eigentlich davor stehe, „das meinem Anwalt zu übergeben“. (So am Rande: Drängt man den First-Level-Support in die Enge, gibt es interessante Details. Ein solches Detail ist, dass Apple-intern ein Neugerät erst dann ausgeliefert wird, wenn drei Austauschversuche mit wiederaufbereiteten iPads fehlschlagen. Ich hatte immerhin schon zwei… nein, darauf bin ich erst gar nicht eingegangen, ich bin ja hier nicht das Prüfinstitut für die Apple-Werkstatt.)

    Gut, ich bin wirklich kein Freund von roher Gewalt, allerdings weiß man nach jahrelanger Support-Erfahrung, dass bei bestimmten „Keywords“ bestimmte Glöckchen klingeln und der First-Level-Support den Ratschlag des Second-Level-Supports einholen muss und an dieser Stelle war es aus meiner Sicht angebracht. Die Ansage kam dann auch an, die Mitarbeiterin hielt Rücksprache und verband mich zu einem anderen Mitarbeiter. Das ist dann offenbar der Feuerwehrmann, der für die Supportfälle zuständig ist, die durch das Raster fallen.

    Er nahm sich dem Thema an, nahm die Nummer des Kaufbeleges auf, erbat sich Zeit zur Abklärung und rief dann tatsächlich auch um 20 Uhr zurück. „Kulanterweise“ erkläre sich Apple bereit, das zu beanstandende iPad nun gegen ein Neugerät auszutauschen. Also gut, so soll es sein. Morgen werde ein anderer Mitarbeiter anrufen und dann TNT beauftragen, das Gerät mitsamt Originalverpackung abzuholen, das wird dann „geprüft“ und ein neues Gerät wird dann über den üblichen Versandweg per UPS ausgeliefert. Darüber schüttle ich schon gar nicht mehr den Kopf. Immerhin – es geschieht etwas, dem Support-Menschen gebührte dann auch ein Dank.

    Witzigerweise scheint der gesamte Vorgang tatsächlich eine Art Stornierung des Kaufes und Neuanlage zu sein. Denn der Mitarbeiter informierte mich noch, dass morgen der Mitarbeiter fragen wird, wie das mit dem AppleCare-Supportpaket weitergehen solle. Das könne man zwar für das Neugerät übernehmen, dann würden mir aber die Tage seit dem Kauf fehlen. Die Lösung ist, dass man wohl mit dem Vorgang auch den AppleCare-Vertrag auflösen und sich den Restbetrag über die Zeit bis zum Vertragsende auszahlen lassen kann, um dann mit einem neuen Apple-Care-Vertrag ab dem Datum der Lieferung des Neugerätes frisch anfangen zu können. Keine Ahnung, wer sich diese Komplexität ausgedacht hat, letztendlich macht es die inzwischen tiefrote Apple-Verdienstbilanz für meine iPad-Odyssee noch ein Stückchen roter.

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