Das Internet überholt das Fernsehen.

Elke Heidenreichs Büchersendung Lesen!, die nach dem Rauswurf beim ZDF nun im Internet auf der Website litcolony.de ausgestrahlt veröffentlicht wird, ist eigentlich ein Dammbruch und das gleich in mehrfacher Hinsicht:

  • Zum ersten Mal wandert in Deutschland ein Fernsehformat komplett vom Fernsehen in das Internet. Weg vom schützenden Dach eines öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders mit gesetzlich festgelegtem Kulturauftrag hin zu einem rein privatwirtschaftlichen Angebot, das sich über Werbung finanzieren will.
  • Lesen! wird weiterhin professionell produziert, also mit mehreren Kameras, professionellem Ton und Licht. Zwar nicht mehr in einem richtigen Studio, sondern in einer Kölner Kneipe, was jedoch eine ganz andere, spannendere Atmosphäre schafft.
  • Lesen! kommt nicht nur in „normaler“ Briefmarkengröße von Sevenload daher, sondern gleichzeitig auch in der HD-Auflösung von 1.280 mal 720 über Vimeo. Und das hat die Internet-Version von Lesen! dem Fernsehen voraus, denn das ZDF sendet weiterhin nur mit 576 Zeilen.

Das Spannende an der ganzen Geschichte ist, dass man es gewaltig weiterentwickeln könnte: Die Long-Tail-Theorie? Kein Problem! Die Idee der Sendung in kleine Häppchen dividieren, die der Benutzer themenmäßig selbst zusammenstellen kann? Theoretisch ebenfalls kein Problem! Das Einbinden einer Community in die Bücherauswahl oder gar die Einbindung von Benutzerrezensionen? Warum nicht?

Ein großartiges Feld, man muss nur wollen! Und es zeigt sich wunderbar, dass das Internet für das Feld von Ratgebersendungen wie gemacht ist – praktischerweise genau eine Programmsparte, die im öffentlich-rechtlichen Fernsehen in den letzten Jahren schwer gelitten hat und im Privatfernsehen noch nie ein Zuhause hatte.


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Kommentare

5 Antworten zu „Das Internet überholt das Fernsehen.“

  1. Avatar von ring2

    Stimme Dir zu, da geht einiges, wenn man sich Mühe macht, im Internet nicht nur das neue Fernsehen zu sehen.

    Beim „weiter lesen!“ Format sehe ich da noch viel vom guten alten Broadcast-Medium. Weißt Du wieviele Zugriffe die Sendungen haben?

    1. Avatar von Besim Karadeniz

      Also laut dem SPIEGEL haben die erste Sendung rund 160.000 Zuschauer gesehen, die zweite rund 63.000. Wobei nicht klar ist, wie die Wegzapper darin berücksichtigt sind. Für eine Fernsehsendung eher lausig, für eine Web-Produktion gar nicht so übel. Der Showdown kommt aber sicherlich erst nach ein paar Sendungen.

  2. Avatar von Christian S.

    Ein Fernsehformat ist kein Webformat. „Lesen!“ wird keine Erfolgsgeschichte. (Sorry, dass ich die Euphorie trübe.)

    1. Avatar von Besim Karadeniz

      Vor ein paar Jahren hätte ich ähnliches gesagt und das allein schon deshalb, weil ich mal Fernsehmachen gelernt habe. In der Zwischenzeit wäre ich mir da nicht mehr so sicher. Dass man Dinge fürs Web anders machen muss, ist klar, aber vielleicht geben sich die Lesen!-Macher ja eine Chance und kochen zur Not eben auf kleinerer Flamme. Abwarten und Tee trinken.

      1. Avatar von Christian S.

        Hey, ich bin Internet-Evangelist – mich musst du nicht überzeugen. Aber: Elke Heidenreich hat zum Start ernsthaft geglaubt, sie hätte im Internet bald mehr Zuschauer als im Fernsehen. Dabei ist das Unsinn: das „Lesen!“-Publikum ist wahrscheinlich nur zum E-Mail-Lesen im Internet vertreten. Hinzu kommt: „Lesen!“ im Internet wurde aus der Not geboren. Elke Heidenreich wurde vom ZDF schließlich rausgeworfen. 😉

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