Einer der hübscheren Aspekte der PS3 und des Playstation Networks ist, dass man durchaus experimentiert. So Experimente sind zum Beispiel fl0w, das den Benutzer seltsame Wassertierchen bei sphärischer Musik steuern lässt oder auch Reel Aquarium, mit dem der Anwender mit einer Webcam ein Aquarium manipulieren kann. Dinge, die sich kaum als „echtes“ Playstation-Spiel per Disc verkaufen lassen, bei denen aber der Online-Vermarktungsweg funktionieren kann, ganz klassisch nach der Theorie des Long Tail. Ein neueres Projekt, das man nicht wirklich als Spiel bezeichnen kann, ist Linger in Shadows, das es derzeit leider nur in English im Playstation Store zu kaufen gibt, immerhin aber für experimentierfreundliche 2,99 Euro.
Linger in Shadows ist, wenn man den Machern glauben mag, ein Projekt aus der Demoszene. Aufgebaut ist die weitgehend sinnfreie Geschichte in einen Zeitstrang von ein paar Minuten, der jedoch interaktive Elemente enthält. Zum einen ist das in vielen Szenen eine gewisse Freibeweglichkeit der Kamera, die mit der Dreieckstaste eingeschaltet werden kann und zum anderen können einzelne Elemente bewegt und gesteuert werden, beispielsweise durch Schütteln des Gamepads, durch die Steuerhebel oder die Richtungstasten. Das sieht leider alles nur weitgehend hübsch aus (immerhin in Full-HD) und hat auch nicht unanhörbare Geräusche – denn die Geschichte ist leider wirklich sehr kaputt: Katze schaut Hund zu, wie dieser zu einem Tempel fliegen will und dabei von einem schwarzen Irgendetwas versteinert wird. Roboter befreit Hund.
Für das Auffinden und Benutzen von interaktiven Elementen bekommt der Zuschauer Belohnungen in Form von PS3-Trophies, die größtenteils so genannte Greets, also Grüße an andere Demogruppierungen, sind. Netterweise zählen diese Trophies wie ganz normale Trophäen, so dass man mit relativ wenig Aufwand seine Reputation enorm ausbauen kann. 😉
Die Idee hinter Linger in Shadows ist, trotz der ziemlich verworrenen Geschichte, geil und ausgesprochen spannend, um es mal so zu sagen, wie es ist. Man nehme eine Geschichte und mache daraus nicht einfach einen Film, sondern ein interaktives Dingbums, in dem der Zuschauer aktiv Dinge steuern und beeinflussen kann. Tropfender Wasserhahn? Mach ihn zu. Der Straßenlärm stört? Fenster schließen. Oder den Jammer, den dein Avatar in der Hosentasche trägt, in die Hand nehmen und probieren, ob der die Funksteuerung der naheliegenden Ampel beeinflussen kann. Oder einfach mal die Perspektive eines Dialoges zwischen zwei Protagonisten frei wählen. Und so weiter. Interaktivität in einem Film, steuerbar mit einer Fernbedienung, beweglich innerhalb einer Zeitachse und ohne die üblichen Computerspielelemente.
Wäre ein Versuch wert, hier mal so Geschichtenschreiber wie Tom Clancy, Michael Crichton, Michael Marshall Smith etc. heranzulassen. Mit einer guten, mehrschichtigen Geschichte und ausgeklügeltem Gameplay könnte man daraus durchaus die Lücken zwischen klassischem „flachem“ Spielfilm, Computerspiel und Metaversum füllen, ohne dass der Zuschauer zum Computerspieler oder zum Programmierer werden muss.
Schreibe einen Kommentar