Unser konservatives Kampfblatt Die Pforzheimer Zeitung ist laut ihren Angaben nun auch in der Web-2.0-Welt angekommen. Seit Anfang der Woche kommt die Homepage deutlich schicker daher. Es gibt nun endlich RSS-Feeds zu den verschiedenen Themenbereichen, die Artikelseiten sind etwas schmal, aber immerhin lesbar und die Pforzheimer Zeitung lässt sich nun auch online abonnieren und lesen. Als eigenständiges Abo mit 15 Euro im Monat erträglich, wieso allerdings Abonnenten der Printausgabe nochmal 3 Euro extra löhnen sollen, mag schwer verständlich sein.
Wie dem auch sei, man hätte es dabei belassen können und man hätte zumindest nicht unzufrieden mit dem Relaunch sein müssen. Auch die Audiokommentare hätte man mit etwas Toleranz ertragen können, auch wenn es durchaus Sinn machen würde, Texte vor der Aufnahme einmal durchzulesen. Dann würde ggf. die Betonung des Firmennamens von Continental tatsächlich auf „tal“ landen und nicht auf „tinen“. Kann man einer lokal kolorierten Zeitung wirklich nachsehen.
Aber man wollte es offenbar hart und ohne Kompromisse. Sehr hart. Wir müssen alle jetzt sehr, sehr tapfer sein und zusammenrücken.
Ich habe dich gewarnt!
Exorbitant gruselig ist nämlich das, was nun das Printorgan – die Multimediatechnik macht es möglich, dass Videokameras erschwinglich sind – an Videomaterial als „PZNews-TV“ ins Netz stellt: Idyllische Impressionen vom Wildpark, ein tontechnisch ziemlich misslungener Versuch, der Eisbärengeburtsmania etwas entgegenzusetzen, Frühstücksbesuche eines Redakteurs, eine relativ peinliche Definition des Internets von Günther Oettinger, einen Marco und noch vieles mehr.
Das erinnert alles fatal schwer an den Katastrophenfernsehsender namens „TV-Baden“, der vor über zehn Jahren den Äther unsicher gemacht hat und via Satellit europaweit die kommunalpolitischen Gedanken so manchen Dorfbürgermeisters unters Volk brachte, badische Mundart inklusive. Die wackeren Jungs hatten damals gar nicht gemerkt, dass ihr vierstündiges Programm, das in einer Schleife den ganzen Tag gezeigt wurde, mit Nachrichten nur peripher zu tun hatte, sondern allerfeinste Satire war. Das hohe Engagement, das liebevolle Experimentieren und das hübsch verzierte Mikrofon bei „PZNews-TV“ lässt befürchten, dass es nun einen würdigen Nachfolger gibt. Wirklich das erste Mal bin ich froh, dass in eine klassische Tageszeitung (noch) kein Video integriert werden kann.
Was bleibt zu sagen in der Sprachlosigkeit gegenüber diesen fernsehjournalistischen Juwelen? Sollte man klassischen Zeitungsredakteuren das Fernsehmachen ohne Waffenschein verbieten? Sollte die Verpflichtung zur Prüfung der Jugendschutzes nicht auch auf Fernsehambitionen klassischer Zeitungshäuser erweitert werden? Gibt es als Startgeschenk für das Online-Abo wenigstens ein komfortables Gummiband zum Befestigen der Kinnlade, damit diese vor Staunen gegenüber der Entsetzlichkeit nicht ständig aufklappt?
Ich weiß es nicht, sondern belasse es mit einem Einsteigertipp von mir Kameramannveteran an den „PZNews-TV“-Kameramann: Wenn man einen Camcorder mit elektronischem Verwackelungsschutz auf ein Stativ schnallt, schaltet man den Verwackelungsschutz ab.
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